Leitsatz (amtlich)
Ist eine Anlage-Kommanditgesellschaft so organisiert, daß sich die Anleger nur mittelbar über einen Treuhänder an ihr beteiligen können, so kann auch eine Pflichtverletzung des Treuhänders ein wichtiger Grund sein, der den Anlager berechtigt, sich von seiner „Beteiligung” zu lösen.
Tatbestand
Die klagende Aktiengesellschaft („W.AG”) ist Gründerkommanditistin und Treuhandkommanditistin der J. GmbH & Co KG. Weitere (Gründerkommanditistin) Kommanditistin ist die Firma E. J.. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die J.-GmbH. Nach dem Gesellschaftsvertrag übernahm die Klägerin eine Einlage von 2 Mio DM; ihr ist ferner das Recht eingeräumt worden, für den hier in Frage stehenden „W.AG-Fonds Nr 24” die Erhöhung der Kommanditeinlage bis zum Betrage von 3,4 Mio DM zu verlangen (§ 4). Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages ist sie berechtigt und verpflichtet, als Treuhänderin der treugeberisch Beteiligten des W.AG-Fonds 24 stille Gesellschaftsverträge im Verhältnis 30 :70 (im Vergleich zur Kommanditeinlage) abzuschließen. Nach Zeichnung von 7 Mio DM wurde der W.AG-Fonds 24 geschlossen.
Der Beklagte wies die Klägerin durch „Beitrittserklärung W.AG-Fonds 24” vom 30./31. Dezember 1974 an, in Höhe von 60.000 DM (nebst 5% Agio) eine Kommanditbeteiligung an der J. GmbH & Co KG und eine Beteiligung an der mit dieser Gesellschaft gebildeten stillen Gesellschaft zu erwerben. Er beauftragte sie ferner, die erworbenen Rechte entsprechend einem Treuhandvertrag vom 27. September 1974 treuhänderisch zu verwalten, erkannte den Kommanditgesellschaftsvertrag als für sich verbindlich an und trat gleichzeitig einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei, deren alleiniger Zweck die gemeinschaftliche Wahrnehmung der Rechte der Zeichner des W.AG-Fonds 24 war; hierbei wurde ausdrücklich festgelegt, daß die „wirtschaftliche Kommanditbeteiligung” und die „stille Gesellschaftsbeteiligung” der Zeichner nicht zum Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehören sollten (§ 1 des Vertrages der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft vom 27.9.1974).
Mit Rundschreiben vom März 1975 teilte die Klägerin den Zeichnern (und damit dem Beklagten) unter anderem mit:
„Wir möchten Sie davon in Kenntnis setzen, daß hinsichtlich des W.-AG-Fonds 24 und der J. mbH & Co KG eine Neuabgrenzung der Aufgaben zwischen der W.-AG (Dr R.-Gruppe) und der Reederei E. J. vereinbart worden ist, um eine bessere sachliche Zuordnung der Schiffahrtsaktivitäten zu erreichen.
Im Rahmen dieser Vereinbarung soll ua die Treuhandschaft für die Zeichner des W.-AG-Fonds 24 von der W.-AG auf E. J. übergehen, wobei Herr J. das Recht erhalten soll, die Ausübung der Treuhandfunktion später auf eine von ihm mitzugründende Aktiengesellschaft zu übertragen, deren Aufsichtsratsvorsitz er übernehmen wird. Außerdem ist beabsichtigt, ein namhaftes Kreditinstitut maßgeblich an dieser Aktiengesellschaft zu beteiligen.
Zur Durchführung dieser Maßnahmen dürfen wir Sie bitten, uns die anliegende Zustimmungserklärung zum Wechsel des Treuhänders unterzeichnet zurückzusenden”.
Der Beklagte gab die erbetene Zustimmungserklärung nicht ab, kündigte vielmehr mit Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 19. September 1975 den Treuhandvertrag und die übrigen mit der Beitrittserklärung vom 30./31. Dezember 1974 zustande gekommenen Vereinbarungen fristlos „aus wichtigem Grunde”. Er hat die nach der Beitrittserklärung zu erbringenden Einlagen nicht erbracht.
Die Klägerin glaubt, den Beklagten an seinen in der Beitrittserklärung übernommenen Verpflichtungen festhalten zu können und beantragt, ihn zu verurteilen, an die J.-GmbH & Co KG 63.000 DM nebst Zinsen zu zahlen, hilfsweise diesen Betrag auf ein Treuhandkonto der Klägerin zu entrichten, weiter hilfsweise, die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Erbringung der Einlage freizustellen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet, weil die Klägerin das zwischen den Parteien bestehende Treuhandverhältnis verletzt habe und der Beklagte wegen der damit verbundenen Erschütterung der Vertrauensgrundlage zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen sei. Es leitet dies im einzelnen aus dem Vorschlag auf Übertragung der Treuhänderstellung in dem Rundschreiben vom März 1975 und daraus her, daß die Klägerin diesen Vorschlag mit der Wirkung durchgesetzt hat, daß sie nur noch für einen geringen Teil der Zeichner Treuhänderin ist. Die Klägerin habe sich dadurch der Möglichkeit begeben, die Interessen ihrer Treugeber wirksam zu vertreten; der neue Treuhänder bestimme rechtlich und wirtschaftlich das Schicksal des geringen Restfonds, dessen Verwaltung ihr noch obliege. Die Erschütterung der Vertrauensgrundlage ergebe sich daraus, daß die Auswechslung der Treuhänder ohne Mitteilung eines sachlichen Grundes und ohne Kontaktaufnahme mit der von den Fondszeichnern gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorgeschlagen und vollzogen worden sei und der neue Treuhänder, E. J., gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der J.-GmbH.
Fundstellen
Haufe-Index 648020 |
BGHZ 73, 294 |
BGHZ, 294 |