Leitsatz (amtlich)
Zur Anfechtung wegen Arglist, wenn das zugesandte Angebotsschreiben zur Irreführung geeignete Angaben hinsichtlich der Entgeltlichkeit und der Laufzeit des abzuschließenden Vertrags enthält.
Normenkette
BGB § 123 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 16.07.2003; Aktenzeichen 23 S 168/02) |
AG Ratingen |
Tenor
Die Revision gegen das am 16.7.2003 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Veranstaltungen der Unterhaltungsbranche organisiert und mit Technik ausstattet. Die Beklagte unterhält im Internet ein Firmenverzeichnis, in das sich interessierte Unternehmen eintragen lassen können.
Unter dem 7.3.2001 übersandte die Beklagte u.a. der Klägerin ein mit "Online Verlag" und "Offerte" überschriebenes und als "Eintragungsantrag und Korrekturabzug" bezeichnetes Angebot "zur Aufnahme in unser bundesdeutsches Online-Firmenverzeichnis im Internet". In dem Schreiben hieß es dann weiter: "Bitte wählen Sie aus unserem Angebot die von Ihnen gewünschte Eintragungsform und senden Sie uns den Eintragungsauftrag bis spätestens 30.4.2001 zurück." Als Eintragungsformen konnten ein Grundeintrag, ein hervorgehobener Eintrag, ein hervorgehobener Eintrag mit Firmenlogo und ein zusätzlicher Verweis auf die Internet-Homepage angekreuzt werden. Während bei den anderen ankreuzbaren Einträgen ein Betrag als Aufpreis angegeben war, war der Preis für den Grundeintrag nur anschließenden, kleiner gedruckten Hinweisen zu entnehmen, wo es u.a. hieß: "Die Richtigkeit der oben aufgeführten Firmendaten sowie die Aufnahme in das Firmenverzeichnis zum Preis von jährlich 845 EUR netto für den Grundeintrag wird durch Unterschrift bestätigt." Auf der Rückseite des Schreibens waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten abgedruckt. Unter der mit "Eintragungszeitraum" überschriebenen Nr. 2 hieß es: "Die Laufzeit des Vertrages beträgt zwei Jahre."
Die Klägerin sandte das Schreiben mit Unterschriften v. 30.4.2001 und ihrem Firmenstempel versehen an die Beklagte zurück, nachdem sie den Grundeintrag an der dafür vorgesehenen Stelle angekreuzt und ihr Unternehmen betreffende Angaben ergänzt hatte, die bisher gefehlt hatten oder falsch angegeben waren. Die Beklagte berechnete das Entgelt für einen einjährigen Grundeintrag und mahnte die sich ergebende Summe von 1.917,11 DM später bei der Klägerin an. Hierauf zahlte die Klägerin.
Mit Schreiben v. 18.9.2001 focht die Klägerin den Vertrag mit der Beklagten wegen arglistiger Täuschung an. Hierzu behauptet sie, sie sei auf Grund der Gestaltung des Anschreibens davon ausgegangen, dass es sich um ein Formular eines Telefonbuchverlags handele, der sich nach Mitteilung der Telekom mit ihr in Verbindung setzen würde, weil sie ihre Telefonnummer bei der Telekom gewechselt habe. Bei Ankreuzen des "Grundeintrags" und Unterzeichnung des Schreibens habe sie gemeint, eine kostenlose Leistung zu erhalten. Außerdem sei sie über die Laufzeit des Vertrags getäuscht worden. Erst nach Erhalt der Rechnung und der darauf folgenden Mahnung habe sie erkannt, dass sie einen entgeltlichen Vertrag über zwei Jahre geschlossen habe. Den angemahnten Betrag habe sie bezahlt, um einer gerichtlichen Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen. Erst danach habe sie Rechtsrat eingeholt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags v. 30.4.2001 sowie Rückzahlung des berechneten Betrags nebst Zinsen begehrt.
Das angerufene AG hat diese Klage abgewiesen. Die von der Klägerin hiergegen eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben.
Die Klägerin verfolgt nunmehr mit der Revision ihr Klagebegehren weiter.
Die Beklagte tritt diesem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
Die zugelassene und auch sonst zulässige Revision der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Das LG hat eine arglistige Täuschung der Klägerin durch die Beklagte verneint, weil das von der Beklagten verwendete Angebotsschreiben alle für die Entschließung des Angebotsempfängers maßgeblichen Angaben enthalte und diese bei einem Studium des Schriftstücks mit der gebotenen Aufmerksamkeit hätten erkannt werden können. Das bekämpft die Revision vergeblich.
a) § 123 Abs. 1 BGB erlaubt die Anfechtung einer Willenserklärung, wenn der Betreffende zu deren Abgabe durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist. Das setzt voraus, dass er sich bei Abgabe seiner Willenserklärung über einen Umstand geirrt hat, weil ein anderer eine Täuschungshandlung begangen hat, sowie dass der Irrtum den Entschluss zur Abgabe der Willenserklärung veranlasst hat, wobei es ausreicht, wenn die Täuschungshandlung eine von mehreren Ursachen ist und die Entschließung lediglich beeinflusst hat (BGH v. 23.3.1982 - X ZR 76/80, BGHZ 83, 283 [291] = MDR 1982, 749 - Hartmetallkopfbohrer; RGZ 77, 309 [314]). Die Täuschungshandlung kann in Angaben bestehen, die Tatsachen vorspiegeln, entstellen oder - bei Bestehen einer Aufklärungspflicht - verschweigen (BGH, Urt. v. 18.3.2003 - X ZR 19/01, BGHReport 2003, 846 = GRUR 2003, 702 [703] - Gehäusekonstruktion). Sofern sie nur geeignet ist, den entstandenen Irrtum hervorzurufen und hierdurch den Entschluss zur Abgabe der Willenserklärung zu beeinflussen, kommt als Täuschungshandlung aber auch jede andere Handlung in Betracht, wenn der Handelnde sich der Eignung bewusst ist (BGH, Urt. v. 28.11.1984 - IV ZR 81/83, VersR 1985, 156) oder jedenfalls mit der Möglichkeit rechnet, der Gegner werde bei Kenntnis die Willenserklärung nicht oder nicht mit dem gewünschten Inhalt abgeben (BGH v. 23.3.1982 - X ZR 76/80, BGHZ 83, 283 [291] = MDR 1982, 749 - Hartmetallkopfbohrer, m.w.N.), und er gleichwohl die Handlung mit dem Willen vornimmt, den Irrtum hervorzurufen und den Gegner zur Abgabe der Willenserklärung zu veranlassen. Denn dann ist der - bereits bei bedingtem Vorsatz gegebene - Täuschungswille vorhanden, der die Arglist i.S.d. § 123 Abs. 1 BGB kennzeichnet (BGH, Urt. v. 3.2.1998 - X ZR 18/96, GRUR 1998, 650 [651] - Krankenhausmüllentsorgungsanlage).
b) Was die hiernach erforderlichen Voraussetzungen anbelangt, ist im Streitfall der revisionsrechtlichen Überprüfung zunächst zu Gunsten der Klägerin zu Grunde zu legen, dass sie dem Irrtum erlegen ist, kein Angebot zu einem entgeltlichen Vertrag über eine Laufzeit von zwei Jahren erhalten zu haben und mit der Unterzeichnung der "Offerte" keine Zahlungsverpflichtung und keine Bindung über zwei Jahre einzugehen. Denn das Berufungsgericht hat weder das Gegenteil festgestellt, noch die entsprechende Behauptung der Klägerin als nicht bewiesen angesehen.
c) Ferner hat der Senat davon auszugehen, dass das Anschreiben der Beklagten geeignet war, diesen Irrtum bei der Klägerin hervorzurufen und hierdurch deren Entschließung zur Unterzeichnung des Angebots zu beeinflussen. Denn das Berufungsgericht hat nicht nur darauf hingewiesen, nicht zu verkennen, dass die "Offerte" durch ihre Gestaltung erhebliches Irreführungspotential enthalte; es hat auch seinen weiteren Überlegungen zu Grunde gelegt, dass ein unaufmerksamer Leser, wie es die Klägerin gewesen sei, Gefahr laufe, im Hinblick auf die Entgeltlichkeit des Grundeintrags und die Laufzeit des Vertragsverhältnisses einem Irrtum zu unterliegen. Die hiermit vom Berufungsgericht angenommene Eignung, jedenfalls bestimmte Adressaten, zu denen auch die Klägerin gehört, zu täuschen und auf diese Weise zu beeinflussen, reicht aus, weil das Anfechtungsrecht nach § 123 Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen ist, wenn der dem Irrtum Unterlegene die wahre Sachlage aus Fahrlässigkeit nicht kannte (st.Rspr.; z.B. BGH, Urt. v. 28.4.1971 - VIII ZR 258/69, NJW 1971, 1795 [1798], m.w.N.; Urt. v. 28.9.1988 - VIII ZR 160/87, MDR 1989, 57 = CR 1989, 375 = NJW 1989, 287 [288]). Bedenken, die erforderliche Eignung der weiteren revisionsrechtlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils zu Grunde zu legen, bestehen auch nicht deshalb, weil das Berufungsgericht seine Annahme einer zur Irreführung und zur Beeinflussung geeigneten Handlung nicht weiter als soeben angegeben begründet hat. Denn Gegenrügen sind insoweit seitens der Beklagten nicht erhoben. In der Revisionserwiderung spricht diese vielmehr selbst davon, dass ihr Anschreiben Darstellungsmängel enthalte.
d) Schließlich ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Irrtum der Klägerin auf dem Anschreiben der Beklagten und dessen Irreführungseignung beruht und hierin eine Ursache für den Entschluss der Klägerin liegt, das Schreiben zu unterzeichnen und zurückzuschicken. Der Hinweis des Berufungsgerichts, der Irrtum der Klägerin beruhe nicht auf der "Offerte", sondern auf einer Unaufmerksamkeit der Klägerin, die der in eigener Angelegenheit anzuwendenden Sorgfalt zuwiderlaufe, kann das nicht in Frage stellen. Er besagt lediglich, dass auch die Klägerin ihrerseits eine Ursache für ihren Irrtum gesetzt hat. Das schließt - wie die Revision zu Recht ausführt - eine arglistige Täuschung jedoch nicht aus. Da es Ziel des § 123 Abs. 1 BGB ist, dass einem auf Täuschungswillen beruhenden Verhalten begegnet werden kann, muss vielmehr auch der anfechten können, der dem Täuschenden die Irreführung leicht gemacht hat (BGH, Urt. v. 28.9.1988 - VIII ZR 160/87, MDR 1989, 57 = CR 1989, 375 = NJW 1989, 287 [288]).
e) Die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin ein Anfechtungsrecht nach § 123 Abs. 1 BGB hat, hängt mithin davon ab, ob die Beklagte die "Offerte" in dem Bewusstsein, dass sie sich in der geschehenen Weise zur Irreführung und Beeinflussung eignet, und mit dem Willen, den Adressaten zu täuschen, der Klägerin zugesandt hat. Da es hierbei ausschließlich um Gegebenheiten geht, die zum subjektiven Bereich menschlichen Handelns gehören, sind diese Voraussetzungen regelmäßig dem unmittelbaren Beweis nicht zugänglich. Auf das Wissen und Wollen des Anfechtungsgegners muss vielmehr in aller Regel aus den objektiv feststellbaren Umständen des jeweiligen Falls geschlossen werden (BGH, Urt. v. 15.1.1985 - X ZR 16/83, WM 1985, 673).
(1) In Fällen, in denen - wie hier - eine Täuschung durch ein Anschreiben in Frage steht, bietet vor allem dessen Inhalt und Aufmachung Anhaltspunkte. Enthält das Schreiben objektiv unrichtige Angaben, wird insoweit regelmäßig bereits hieraus auf den erforderlichen subjektiven Tatbestand geschlossen werden können (BGH, Urt. v. 3.2.1998 - X ZR 18/96, GRUR 1998, 650 [651] - Krankenhausmüllentsorgungsanlage). Bei Aufmachung eines Angebotsschreibens in Art einer Rechnung (typische Rechnungsmerkmale; Angabe einer Zahlungsfrist), bei dem klein gedruckte Hinweise auf den Angebotscharakter völlig in den Hintergrund treten, hat die Rechtsprechung das ebenfalls angenommen (BGHSt 47, 1; OLG Frankfurt NStZ-RR 2002, 47; AG Bückeburg Mitt. 2004, 326; vgl. aber auch LG Frankfurt/M. NStZ-RR 2000, 7). Der Schluss auf den erforderlichen Täuschungswillen wird ferner dann häufig möglich sein, wenn erkennbar für den Adressaten wichtige Umstände verschwiegen sind, obwohl eine Offenbarungspflicht besteht.
Keiner dieser Sachverhalte ist hier jedoch zu beurteilen. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich des Anschreibens der Beklagten, das angesichts seiner einleitenden Bezeichnung "Offerte" und der weiteren Angabe, man möge aus einem Angebot auswählen, den Angebotscharakter nicht verbirgt, festgestellt, dass es alle für die Entschließung des Angebotsempfängers maßgeblichen Angaben enthält. Auch die Revision zieht nicht in Zweifel, dass sämtliche Umstände, über welche die Klägerin sich nach ihrer Behauptung geirrt hat, vollständig und richtig angegeben sind.
(2) Damit rückt vor allem in den Blickpunkt die Frage, ob aus der Art und Weise, wie diese Umstände in dem Anschreiben dargestellt sind, auf den erforderlichen Täuschungswillen der Beklagten geschlossen werden kann. Deren Beantwortung ist jedoch entgegen der der Revision zu Grunde liegenden Meinung in keiner Hinsicht vorgegeben. Insbesondere kann ein Täuschungswille nicht schon deshalb ohne weiteres angenommen werden, weil die Darstellung zur Irreführung geeignet ist. So kann eine irreführende Darstellung beispielsweise auch auf einem bloß ungeschickten Vorgehen bei der Formulierung beruhen, das allein nicht Ausdruck einer arglistigen Täuschung ist (BGH, Urt. v. 3.2.1998 - X ZR 18/96, GRUR 1998, 650 [651] - Krankenhausmüllentsorgungsanlage). Bei lediglich irreführender Darstellung wird es deshalb vor allem darauf ankommen, wie stark die maßgeblichen Punkte verzerrt oder entstellt wiedergegeben sind und ob vom Absender wegen des Grades der Verzerrung oder Entstellung hätte erwartet werden können, dass Adressaten die wahren Umstände nicht richtig oder nicht vollständig erkennen können. Bejahendenfalls wird eher darauf geschlossen werden können, dass das Schreiben tatsächlich in der Erwartung, dass die Adressaten sich irren, und in dem Bewusstsein und mit dem Willen zu täuschen, abgesandt wurde, als wenn das Schreiben nur eine geringe Irreführungsgefahr in sich birgt.
(3) Die hiernach erforderliche Abwägung im Einzelfall ist Sache des Tatrichters. Das Berufungsgericht hat sie im Streitfall ersichtlich dahin getroffen, dass die von ihm angenommene Irreführungsgefahr nicht von solchem Gewicht sei, dass auf eine arglistige Täuschung geschlossen werden könne oder gar müsse. Denn das Berufungsgericht hat, und zwar entgegen der auf § 547 Nr. 6 ZPO gestützten Rüge der Revision sowohl hinsichtlich der Entgeltlichkeit als auch hinsichtlich der Laufzeit des angebotenen Vertrags, schon eine Entstellung von Tatsachen verneint angesichts des Umstands, dass das Anschreiben der Beklagten den kaufmännischen Verkehr betreffe, der beinhalte, sich vor rechtsverbindlicher Unterzeichnung eines Schriftstücks erschöpfend - auch was das sog. Klein Gedruckte anbelange - vergewissert zu haben, welche Wirkungen hierdurch hervorgerufen werden.
(4) Als tatrichterliche Würdigung ist die solchermaßen begründete Verneinung des erforderlichen Täuschungswillens bei der Beklagten nur daraufhin zu überprüfen, ob sie vollständig und rechtlich möglich sowie nicht gegen Denk-, Natur- oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr.; z.B. BGH, Urt. v. 11.2.1987 - IVb ZR 23/86, MDR 1987, 566 = NJW 1987, 1557 [1558]), wenn der Revisionsführer insoweit Mängel rügt (§§ 551 Abs. 3 Nr. 2b, 557 Abs. 3 S. 2 ZPO). Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision jedoch nicht auf. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts liegt vielmehr im Rahmen der dem Tatrichter nach § 286 ZPO übertragenen Bewertung und Tatsachenfeststellung. Denn dass für den Grundeintrag der in den nachfolgenden Hinweisen genannte Preis von jährlich 845 EUR netto zu zahlen ist, ist durch ein Sternchen sowohl beim Grundeintrag als auch bei den Hinweisen in einer gebräuchlichen Form der Verweisung auf der Vorderseite des Anschreibens der Beklagten dokumentiert und über die zweijährige Laufzeit verhalten sich die - wie ebenfalls durchaus üblich - auf der Rückseite wiedergegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die auch nicht etwa in besonders kleinem Druck gehalten oder wegen ihres Umfangs besonders unübersichtlich sind. Soweit die Revision sich auf ein Urteil des OLG München v. 15.3.2001 bezieht, welches ein ggü. der Beklagten vom LG München I am 23.8.2000 ausgesprochenes Verbot zum Gegenstand hat, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Eintragung in ein Firmenverzeichnis mit dem auch der Klägerin zugesandten Formular zu werben, kann dem Berufungsgericht nicht vorgeworfen werden, die im Rahmen des § 3 UWG a.F. getroffene Einschätzung einer in hohem Maße bestehenden Irreführung nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Das Berufungsgericht hat diese Einschätzung eines anderen Gerichts lediglich nicht für im Streitfall entscheidungserheblich gehalten, wie seinem Hinweis entnommen werden kann, es brauche nicht entschieden zu werden, ob die "Offerte" den Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb unterfalle, weil das im Hinblick auf § 123 Abs. 1 BGB ohne Belang sei. Auch diese Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, weil ein wettbewerbsrechtliches Verbot bereits ergehen kann, wenn eine zu Wettbewerbszwecken begangene Handlung zur Irreführung geeignet ist (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG Rz. 25, m.w.N.) und § 3 UWG a.F. anders als § 123 Abs. 1 BGB einen Täuschungswillen auf Seiten des Werbenden nicht voraussetzt.
Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte trotz des vom LG München I ausgesprochenen gerichtlichen Verbots die Versendung ihres Vertragsangebots an die Klägerin vorgenommen hat, musste das Berufungsgericht im Streitfall nicht auf eine Arglist der Beklagten schließen. Ein auf § 3 UWG a.F. gestütztes gerichtliches Verbot - auch wenn es wie hier (nur) im Wege einstweiliger Verfügung ergangen und noch anfechtbar ist - kann allerdings durchaus als Anzeichen genommen werden, dass der gleichwohl weiterhin in der untersagten Weise im Wettbewerb Auftretende den im konkreten Fall eingetretenen Irrtum jedenfalls billigend in Kauf genommen und daher insoweit mit Täuschungswillen gehandelt hat. Denn durch ein auf § 3 UWG a.F. gestütztes gerichtliches Verbot wird dem Unterlassungsschuldner normalerweise die Eignung seiner Handlung, Irrtum zu erregen, vor Augen geführt, so dass im Wiederholungsfall angenommen werden kann, er nehme jedenfalls in Kauf, dass sich hier die vom Gericht festgestellte Gefahr realisiert und der Irrtum tatsächlich eintritt. Ein solcher auf Arglist hinweisender Normalfall ist vorliegend jedoch nicht gegeben, weil das Anschreiben der Beklagten auch Gegenstand einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung in Düsseldorf war und das LG Düsseldorf - anders als das LG München I - durch am 11.10.2000 verkündetes Urteil den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hatte. Bei Absendung der Offerte v. 7.3.2001 lagen der Beklagten also zwei widerstreitende Urteile vor, was die Irreführungseignung des Anschreibens anbelangt. Unter diesen Umständen ist es im Ergebnis aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das Verhalten der Beklagten nicht als Ausdruck einer arglistigen Täuschung der Klägerin gewertet hat.
2. Die Abweisung der Klage begegnet auch nicht etwa deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Rechtsprechung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss eine Verantwortlichkeit bereits dann anerkennt, wenn eine Partei auch nur fahrlässig einen zum Vertragsschluss führenden Irrtum der anderen Partei veranlasst hat (BGH, Urt. v. 7.2.1968 - VIII ZR 139/66, NJW 1968, 985 [987]; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, MDR 1998, 25 = NJW 1998, 302 [303 ff.]) und die Vertragserfüllung dann unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs verweigert werden kann (BGH, Urt. v. 11.5.1979 - V ZR 75/78, NJW 1979, 1983, m.w.N.; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, MDR 1998, 25 = NJW 1998, 302 [303 ff.]). Denn ein solcher Gegenanspruch kann gem. § 254 BGB bei überwiegendem Mitverschulden des Geschädigten entfallen. Ein solches einer Schadensersatzpflicht der Beklagten entgegenstehendes eigenes Verschulden der Klägerin hat das LG ersichtlich mit seinen Hinweisen bejahen wollen, dass es einerseits gerade im kaufmännischen Verkehr Sache jeder Partei sei, sich vor Leistung einer rechtsverbindlichen Unterschrift erschöpfend vergewissert zu haben, welche Wirkungen durch die Unterzeichnung hervorgerufen werden, und dass andererseits der Inhalt des Angebots der Beklagten unschwer erkennbar gewesen sei. Die Revision befasst sich mit einem Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo nicht und erinnert gegen diese Bewertung des beiderseitigen Verhaltens nichts.
3. Das angefochtene Urteil ist entgegen der insoweit erhobenen Rüge der Revision ferner nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil es Ausführungen zu einem Rücktrittsrecht der Klägerin nach § 13a UWG a.F. nicht enthält. Dieses Rücktrittsrecht setzt nicht nur eine zur Irreführung geeignete Werbeangabe voraus; die Werbung muss - kumulativ - unwahr sein, also eine oder mehrere Tatsachen unrichtig angeben oder verschweigen. Das Berufungsgericht hat das für den Streitfall verneint. Die Revision legt nicht dar, dass Gegenteiliges geltend gemacht gewesen sei. Besondere Ausführungen zu § 13a UWG a.F. erübrigten sich deshalb.
4. Ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler des angefochtenen Urteils ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass das Berufungsgericht weder auf die Regelung der Entgeltlichkeit des Grundeintrags noch auf die eine Laufzeit von zwei Jahren beinhaltende Klausel in dem Angebotsschreiben der Beklagten § 3 AGBG angewandt hat. Die Entgeltlichkeit hat das Berufungsgericht nicht als überraschend angesehen, weil der durchschnittliche Angebotsempfänger nicht damit rechne, auch nur den Grundeintrag in das Online-Firmenverzeichnis der Beklagten kostenlos zu erhalten. Gegen diese im Rahmen des § 286 ZPO mögliche Bewertung bringt die Revision nichts vor. Was die Klausel über die Laufzeit des angebotenen Vertrags anbelangt, hat das Berufungsgericht weder diese selbst noch ihre Aufnahme in die auf der Rückseite abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten als ungewöhnlich angesehen. Mit dem Hinweis, dass hierdurch sog. essentialia negotii nicht an versteckter Stelle genannt seien, hat das Berufungsgericht insoweit auch eine Begründung gegeben, so dass die Berufung der Revision auf § 547 Nr. 6 ZPO hier ebenfalls von vornherein ins Leere geht. Soweit die Revision noch als übersehen rügt, dass derjenige, dem ein jährlicher Preis für eine Leistung genannt werde, grundsätzlich nicht damit rechne, dass die Mindestlaufzeit des Vertrags zwei Jahre betrage, argumentiert sie damit, dass das nach § 13a UWG a.F. neben der Ungewöhnlichkeit der Klausel notwendige Überraschungsmoment im Streitfall nicht fehle. Hierauf kommt es jedoch nicht an, wenn der Tatrichter - wie hier das Berufungsgericht hinsichtlich der Laufzeit von zwei Jahren - in Anwendung des § 286 ZPO bereits die Ungewöhnlichkeit der Klausel verneint. Abgesehen davon kann die Frage, ob die Laufzeitklausel Vertragsbestandteil geworden ist, sowohl hinsichtlich des auf § 123 Abs. 1 BGB bzw. § 13a UWG a.F. gestützten Begehrens nach Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags als auch hinsichtlich des nur das Entgelt für das erste Vertragsjahr betreffenden Rückzahlungsbegehrens dahinstehen.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1346234 |
DStZ 2005, 539 |
BGHR 2005, 885 |
NJW-RR 2005, 1082 |
WM 2005, 1287 |
JA 2005, 673 |
MDR 2005, 1217 |
WRP 2005, 749 |
MMR 2005, 447 |