Leitsatz (amtlich)
Das Erfordernis, der GmbH einen oder mehrere Geschäftsführer zu bestellen, verpflichtet die Gesellschaft im Verhältnis zu Gesellschaftsgläubigern nicht, das Amt selbst unentgeltlich zu übernehmen oder die zur Bezahlung der Dienstbezüge erforderlichen Beträge nachzuschießen, wenn das Stammkapital dafür nicht ausreicht.
Tatbestand
Die klagende Sparkasse betrieb die Zwangsversteigerung von Grundbesitz der N GmbH & Co., deren persönlich haftende Gesellschafterin die N Verwaltungs-GmbH war. Der Geschäftsführer dieser GmbH legte am 22. Oktober 1981 sein Amt nieder. Weder der damalige Alleingesellschafter noch der Beklagte, der am 21. Mai 1982 die beiden Geschäftsanteile von je 10.000 DM zum Preise von 1 DM erworben hatte, bestellten einen neuen Geschäftsführer. Um im Zwangsversteigerungsverfahren Zustellungen an die Kommanditgesellschaft zu ermöglichen, beantragte die Klägerin am 17. Mai 1982 beim Registergericht, der GmbH einen Notgeschäftsführer zu bestellen. Ohne Vorschuß auf die Dienstbezüge war jedoch niemand bereit, dieses Amt zu übernehmen. Nachdem die Klägerin dem Dipl.Kfm. W 5.650 DM gezahlt und dieser daraufhin der Übernahme des Amtes zugestimmt hatte, bestellte ihn das Registergericht am 16. Juni 1982 zum Notgeschäftsführer. W hat seine Vergütungsansprüche an die Klägerin abgetreten.
Das Konkursverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft war schon am 31. Januar 1982 mangels Masse eingestellt worden; am 30. Juli 1982 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH aus demselben Grunde nicht eröffnet.
Die Klägerin fordert vom Beklagten die Erstattung des Vorschusses von 5.650 DM. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr bis auf Mahnkosten von 20 DM stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag weiter, die Berufung insgesamt zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, der vom Notgeschäftsführer an die Klägerin abgetretene Vergütungsanspruch richte sich nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern auch gegen den Beklagten als den Gesellschafter; der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, daß der Klägerin nach § 13 Abs. 2 GmbHG nur das Gesellschaftsvermögen hafte; denn er habe von der Bestellung eines Geschäftsführers in der Absicht abgesehen, das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren zu blockieren, und dadurch gegen die guten Sitten verstoßen. Gegen diese Begründung wendet sich die Revision mit Recht. Sie vermag eine Haftung des Beklagten weder im Verhältnis zum Notgeschäftsführer noch gegenüber der Klägerin zu rechtfertigen.
2. Der Geschäftsführer hatte allenfalls einen Vergütungsanspruch gegen die GmbH, nicht aber gegen den Beklagten als deren Gesellschafter, so daß er der Klägerin keinen Anspruch gegen den Beklagten abgetreten haben kann. Für den Geschäftsführer gab es keinen Gesichtspunkt, der eine persönliche Haftung des Gesellschafters hätte auslösen können. Er ist vom Amtsgericht gerade deshalb bestellt worden, weil der Beklagte nicht für einen Geschäftsführer gesorgt hatte, und er hatte sich schon vor Übernahme des Amtes darauf eingerichtet, daß die GmbH ihm nichts bezahlen werde; das war der Grund, weshalb er sich die Bezüge von der Klägerin vorschießen ließ. Der Gesellschafter war hierzu nicht verpflichtet. Er hatte zwar für handlungsfähige Organe zu sorgen, nicht aber auch dafür, daß die GmbH die Geschäftsführer selbst dann noch bezahlen konnte, wenn ihr Stammkapital dafür nicht mehr ausreichte; ebensowenig haftet er dem Geschäftsführer unmittelbar (§ 13 Abs. 2 GmbHG).
3. Bestand danach keine Verpflichtung des verklagten Gesellschafters gegenüber dem Notgeschäftsführer, so hat die Klägerin, als sie diesem den Vorschuß zahlte, weder ein Geschäft des Beklagten geführt noch ihn in Höhe des gezahlten Betrages ohne Rechtsgrund bereichert. Damit entfallen auch von der Klägerin selbst begründete Ansprüche auf Aufwendungsersatz oder Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung.
4. Der Beklagte ist der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt sittenwidriger Schädigung schadensersatzpflichtig. Das Berufungsgericht hat zwar einen Verstoß gegen die guten Sitten darin gesehen, daß der Beklagte von der Bestellung eines Geschäftsführers in der Absicht abgesehen habe, das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren zu blockieren. Dadurch wurde aber noch keine Ersatzpflicht begründet. Ein Verstoß gegen die guten Sitten durch Unterlassen zum Nachteil der Gläubiger setzte voraus, daß die Vornahme der unterlassenen Handlung in deren Interesse sittlich geboten war. Davon kann keine Rede sein. Die Gesellschafter sind den Gläubigern gegenüber nicht verpflichtet, einen Geschäftsführer zu bestellen; denn die Gläubiger haben ohne weiteres die Möglichkeit, der GmbH, die sie in Anspruch nehmen wollen, vom Registergericht einen Notgeschäftsführer bestellen zu lassen, wie es die Klägerin schließlich auch getan hat. Daß sie dazu die Kosten hat vorschießen müssen, kann sie dem Gesellschafter nicht anlasten; denn dieser ist nicht verpflichtet, Beträge nachzuschießen, damit die GmbH den Geschäftsführer bezahlen kann, oder selbst das Amt unentgeltlich zu übernehmen.
Auf die Revision des Beklagten ist deshalb die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das Urteil des Landgerichts, das die Klage abgewiesen hat, zu bestätigen.
Fundstellen
Haufe-Index 649115 |
NJW 1985, 637 |
ZIP 1985, 283 |