Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 18.12.2001) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18. Dezember 2001, soweit es den Angeklagten S. betrifft, wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
Das Landgericht Mannheim hat den Angeklagten S. wegen Betruges in acht Fällen, wegen bandenmäßigen Betruges in weiteren 42 Fällen sowie wegen Kapitalanlagebetruges in Tateinheit mit versuchtem bandenmäßigen Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten, wirksam beschränkten Revision allein gegen die Nichtanordnung des Verfalls von rund 3.975.490 DM. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die Strafkammer hat zum Vorliegen der Voraussetzungen des Verfalls folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte gab am 1. September 1997 seine Stelle als Niederlassungsleiter einer Bank in Mannheim auf und wechselte zur Sch./K.-Gruppe. Der Mitangeklagte Sch. eröffnete dem Angeklagten spätestens am 10. Februar 1998, daß die Firmengruppe im wesentlichen durch betrügerische Leasingfinanzierungen am Leben erhalten würde. Seit diesem Zeitpunkt übernahm der Angeklagte eigenverantwortlich u.a. die Erläuterung der Bilanzen der Sch./K.-Gruppe und der angeschlossenen Unternehmen gegenüber den Banken und Leasingfirmen. Dafür verlangte der Angeklagte für seine dauerhafte Mitwirkung an den Straftaten die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von rund 3,9 Millionen DM. Der Höhe dieses Betrages lag zugrunde, daß sich der Angeklagte für den Fall der Entdeckung Einkünfte sichern wollte, wie er sie aus seiner Tätigkeit bei der Bank bezogen hatte. Auf Veranlassung des Mitangeklagten wurde der Betrag in der Zeit vom 1. April 1998 bis 22. Oktober 1999 in insgesamt vier Tranchen auf das auf ein auf den Namen E. S. – der Mutter des Angeklagten – lautendes Konto bei einer Bank in Zürich überwiesen (UA S. 48, 76). Verfügungsberechtigter und wirtschaftlicher Inhaber des Kontos war der Angeklagte. Der Insolvenzverwalter der Sch./K.-Gruppe hat bereits Schadensersatzansprüche verschiedener Finanzinstitute gegenüber dem Angeklagten angemeldet; dieser hat bereits auf die Herausgabe der Gelder verzichtet.
2. Mit ihrer Verfahrensbeschwerde nach § 244 Abs. 2 StPO macht die Beschwerdeführerin geltend, die Strafkammer habe es unterlassen, die Herkunft der Gelder aufzuklären. Sie habe insbesondere der Frage nachgehen müssen, „ob diese Gelder inkriminierten Ursprungs und aus den angeklagten Straftaten erlangt wurden”. Ein Ersuchen an die Polizei mit dem Auftrag weiterer Aufklärung hätte ergeben, daß der Mitangeklagte Sch. dem Angeklagten S. die Gelder über Dritte zukommen ließ und diese aus legalen Geschäften der F.-Gruppe stammten und damit dem Verfall unterlägen.
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift ausgeführt hat, ist die Verfahrensbeschwerde in nicht zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Eine Aufklärungsrüge ist nur dann begründet, wenn der Tatrichter es unterlassen hat, eine bestimmte Beweistatsache unter Benutzung eines bestimmten Beweismittels aufzuklären, obwohl sich ihm die unterbliebene Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Eine zulässige Aufklärungsrüge setzt deshalb u.a. voraus, daß ein bestimmtes Beweismittel und ein bestimmtes zu erwartendes Beweisergebnis benannt werden (vgl. nur BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 6). Für die Behauptung, bei den an den Angeklagten überwiesenen Geldern handele es sich um Zahlungen Dritter aus legalen Geschäften mit dem Mitangeklagten Sch., fehlt es an der Angabe eines bestimmten Beweismittels, dessen Benutzung sich dem Gericht aufgrund bestimmter und belegter Tatsachen hätte aufdrängen müssen. Ein Ersuchen an die Polizei mit dem Auftrag, bestimmte Überprüfungen oder Ermittlungen erst vorzunehmen, ist kein Beweismittel in diesem Sinne.
3. Die Nichtanordnung des Verfalls des Auszahlungsanspruchs hält rechtlicher Überprüfung stand. Zu Recht hat die Kammer angenommen, daß der Verfallsanordnung § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen steht, weil der Vermögensvorteil aus der Tat erlangt wurde und Gegenansprüche der Verletzten bestehen. Dabei sind „aus der Tat” alle Vermögenswerte erlangt, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. BGH NJW 2001, 693 = NStZ 2001, 155 = StV 2001, 155), insbesondere also eine Beute. Um Vorteile „für die Tat” handelt es sich demgegenüber, wenn Vermögenswerte dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, die nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung gezahlt wird. Teilen Mittäter die Beute unter sich, hat daher jeder seinen Anteil „aus der Tat” erlangt.
Nach der Würdigung der Kammer stammten die auf dem Konto bei dem Bankhaus B. eingezahlten Gelder in diesem Sinn „aus Taten” des Angeklagten. Allerdings führt die Kammer wiederholt aus, der Betrag von 3,9 Millionen DM sei dem Angeklagten von den anderen Tatbeteiligten „für seine Mitwirkung an den Straftaten” gewährt worden (UA S. 48, 76). Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, meint die Kammer mit dieser mißverständlichen Formulierung nicht, daß der Angeklagte Vermögensvorteile, die nicht aus den vom Angeklagten begangenen rechtswidrigen Taten selbst stammten, als Gegenleistung für seine Tatbeteiligung erhalten sollte. Vielmehr will sie auf diese Weise zum Ausdruck bringen, daß dem Angeklagten von den anderen Tatbeteiligten ein Anteil an der Beute aus den Taten, an denen er beteiligt war (UA S. 98), eingeräumt wurde (so ausdrücklich UA S. 67).
Auch die Beweiswürdigung, aufgrund derer die Kammer zu der Feststellung gelangt, die Gelder stammten aus den betrügerischen Geschäften der Sch./K.-Gruppe, an denen der Angeklagte beteiligt war, ist tragfähig. Die Kammer stützt sich in diesem Zusammenhang darauf, daß die erste Zahlung erst sieben Wochen, nachdem der Angeklagte sich als Mittäter an den Betrugshandlungen beteiligt hatte, geleistet wurde (UA S. 76). Außerdem berücksichtigt sie, daß im Unternehmen des Angeklagten Sch. nur in einem geringen Umfang Gelder in den Verkehr gebracht wurden, die nicht in strafbarer Weise erlangt wurden. Im Hinblick auf die erheblichen Summen, die einerseits dem Angeklagten S. zuflossen und andererseits den geringen legal erworbenen Mitteln sowie im Hinblick darauf, daß konkrete Anhaltspunkte dafür fehlten, daß die Gelder für den Angeklagten gerade aus solchen Geschäften herrührten, durfte die Kammer zugunsten des Angeklagten annehmen, daß die Gelder auf dem Schweizer Konto aus Taten stammten, an denen er beteiligt war.
Unterschriften
Schäfer, Wahl, Boetticher, Kolz, Hebenstreit
Fundstellen
Haufe-Index 2559358 |
DB 2003, 336 |
WM 2002, 2413 |
wistra 2003, 57 |
NStZ-RR 2003, 10 |
ZBB 2003, 31 |