Verfahrensgang
BPatG (Urteil vom 16.04.1999) |
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Juristischen Beschwerdesenats und Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 16. April 1999 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des am 26. September 1987 angemeldeten und am 31. März 1993 veröffentlichten
europäischen Patents 309 596 (Streitpatents). Das Streitpatent umfaßt 12 Patentansprüche, von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:
„A pumping apparatus for delivering liquid at a high pressure at which compressibility of the liquid becomes noticable, and at a selectable flow rate, comprising
- a first piston (10) for reciprocation in a first pump chamber (7), the first pump chamber having an inlet port and an outlet port,
- a second piston (20) for reciprocation in a second pump chamber (18), the second pump chamber having an inlet port and an outlet port,
- a conduit connection (12, 14) between the outlet port of the first pump chamber and the inlet port of the second pump chamber,
- an inlet valve (4) connected to the inlet port of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the first pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
- an outlet valve (13) connected to the outlet of the first pump chamber for allowing flow of liquid into the second pump chamber and for inhibiting flow in the opposite direction,
- drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for reciprocating the first and the second piston,
- wherein the liquid in the first pump chamber is compressed to a high pressure before delivery of the compressed liquid into the second pump chamber,
characterised by
control means (41, 42, 43, 44, 35) coupled to the drive means (30, 34; 31, 33; 32, 36) for adjusting the stroke lengths of the pistons (10, 20) between their top dead centre and their bottom dead centre, respectively, in response to the desired flow rate of the liquid delivered at the outlet of the pumping apparatus, with the stroke volume (i.e., the amount of liquid displaced during a pump cycle) being decreased when the flow rate is decreased and vice versa, such that pulsations in the flow of the liquid delivered to the output of the pumping apparatus are reduced.”
In der Streitpatentschrift ist dieser Anspruch wie folgt ins Deutsche übersetzt:
„Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, und mit wählbarer Flußrate mit
- einem ersten Kolben (10), der in einer ersten Pumpenkammer (7) eine Hubbewegung vollführt, wobei die erste Pumpenkammer eine Einlaß- und eine Auslaßöffnung besitzt,
- einem zweiten Kolben (20), der in einer zweiten Pumpenkammer (18) eine Hubbewegung vollführt, wobei die zweite Pumpenkammer eine Einlaß- und eine Auslaßöffnung besitzt,
- einer Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslaßöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlaßöffnung der zweiten Pumpenkammer,
- einem an die Einlaßöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossenen Einlaßventil (4), durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird,
- einem an den Auslaß der ersten Pumpenkammer angeschlossenen Auslaßventil (13), durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird,
- Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens,
- wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird,
gekennzeichnet durch
mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steuermittel (41, 42, 43, 44, 35) zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt in Abhängigkeit von der gewünschten Flußrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpeinrichtung, wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge) sich mit abnehmender Flußrate verringert und umgekehrt, derart, daß Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden.”
Wegen des Wortlauts der übrigen Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin hält das Streitpatent für nicht patentfähig. Sie ist insbesondere der Auffassung, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei durch die amerikanische Patentschrift 4 681 513 neuheitsschädlich vorweggenommen, jedenfalls aber nahegelegt.
Die Beklagte hat das Streitpatent mit der Maßgabe verteidigt, daß in Patentanspruch 10 eine Alternative gestrichen werden solle.
Mit dieser Maßgabe hat das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt, das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären.
Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Univ.-Prof. Dr.-Ing. H. M. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Wie das Bundespatentgericht hat auch der Senat nicht die Überzeugung gewonnen, daß der Gegenstand der Streitpatents nicht patentfähig ist, so daß die Nichtigkeitsklage zu Recht abgewiesen worden ist (Artt. 52 Abs. 1, 54, 56, 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
I. Das Streitpatent betrifft eine Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit wählbarer Flußrate. Solche Vorrichtungen werden, wie die Streitpatentschrift erläutert, insbesondere in der Flüssigkeitschromatographie eingesetzt, um die bewegliche Phase durch die Trennsäule hindurchzuführen. Dabei soll einerseits die Flußrate einstellbar sein, andererseits die eingestellte Flußrate zur Vermeidung von Meßfehlern möglichst konstant (schwankungsfrei) gehalten werden.
Die Patentschrift beschreibt, daß Hubkolbenpumpen mit nur einem Kolben von Haus aus mit Flußschwankungen (Pulsationen) behaftet seien, weil der Kolben nur während eines Teils des Pumpzyklus' fördere. Zur Reduzierung dieser Pulsationen sei es bekannt, eine Doppelkolbenpumpe zu verwenden, deren miteinander verbundene Pumpenköpfe jeweils einen Hubkolben besitzen, die über Nocken und eine Nockenwelle mit einem vorbestimmten Phasenabstand angetrieben werden, so daß sich ein relativ gleichmäßiger Förderstrom ergebe. Zudem seien zusätzliche Pulsationsdämpfer bekannt.
Bei den in der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie auftretenden hohen Drücken bilde jedoch die Kompressibilität der Lösungsmittel eine zusätzliche Quelle für Flußpulsationen. Bei jedem Kompressionszyklus der Pumpe müsse der erste Kolben vor Beginn der Förderung der Flüssigkeit erst einen bestimmten Weg zurücklegen, um die Flüssigkeit auf den endgültigen Förderdruck zu bringen, was zu Flußpulsationen entsprechend der Pumpenfrequenz führe, die sich insbesondere bei niedrigen Flußraten und entsprechend kleineren Spitzen (Peaks) im Chromatogramm störend bemerkbar machten.
Aus der amerikanischen Patentschrift 4 352 636 sei es bekannt, die durch die Kompressibilität der Lösungsmittel erzeugten Pulsationen durch speziell ausgebildete Nocken zu reduzieren, deren Form so gewählt sei, daß sich während des gesamten Rotationszyklus mit Ausnahme eines kurzen Abschnitts zu Beginn des Ausstoßhubs des ersten Kolbens die gleiche Fördermenge ergebe, um durch eine Vorkompressionsphase und den resultierenden positiven Förderpuls die Kompressibilität der Flüssigkeit auszugleichen. Die Vorkompressionsphase sei jedoch von einer Vielzahl von Parametern abhängig, die nicht alle präzise bestimmt werden könnten, so daß eine Restpulsation zu erwarten sei. Außerdem benötige die Konstruktion präzise bearbeitete Nocken und sei damit verhältnismäßig kompliziert.
Hieraus ergibt sich, wie in der Streitpatentschrift angegeben, das technische Problem, eine Pumpeinrichtung zur Verfügung zu stellen, die es mit konstruktiv einfachen Mitteln erlaubt, innerhalb eines breiten Bereichs von Flußraten nachteilige Auswirkungen von Pulsationen auf die chromatographischen Meßergebnisse weitgehend zu vermeiden.
Erfindungsgemäß soll dies mit folgender Merkmalskombination erreicht werden:
Pumpeinrichtung zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, mit einer wählbaren Flußrate, umfassend
eine erste Pumpenkammer (7),
1.1 in der ein erster Kolben (10) eine Hubbewegung vollführt und
1.2 die eine Einlaßöffnung und eine Auslaßöffnung aufweist,
eine zweite Pumpenkammer (18),
2.1 in der ein zweiter Kolben (20) eine Hubbewegung vollführt und
2.2 die eine Einlaßöffnung und eine Auslaßöffnung aufweist,
- eine Verbindungsleitung (12, 14) zwischen der Auslaßöffnung der ersten Pumpenkammer und der Einlaßöffnung der zweiten Pumpenkammer,
ein Einlaßventil (4)
4.1 das an die Einlaßöffnung der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und
4.2 durch das ein Flüssigkeitsstrom in die erste Pumpenkammer eintreten kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird,
ein Auslaßventil (13),
5.1 das an den Auslaß der ersten Pumpenkammer angeschlossen ist und
5.2 durch das Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer einströmen kann und eine Strömung in entgegengesetzter Richtung verhindert wird,
Antriebsmittel (30, 34; 31, 33; 32, 36)
6.1 für die Hubbewegung des ersten und des zweiten Kolbens,
6.2 wobei die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer auf einen hohen Druck komprimiert wird, bevor die komprimierte Flüssigkeit in die zweite Pumpenkammer gefördert wird,
mit den Antriebsmitteln (30, 34; 31, 33; 32, 36) gekoppelte Steuermittel (41, 42, 43, 44, 35)
7.1 zur Einstellung der Hublängen der Kolben (10, 20) zwischen ihrem jeweiligen oberen und unteren Totpunkt
7.2 in Abhängigkeit von der gewünschten Flußrate der geförderten Flüssigkeit am Ausgang der Pumpenvorrichtung,
7.3 wobei das Hubvolumen (d.h. die während eines Pumpzyklus verdrängte Flüssigkeitsmenge) mit abnehmender Flußrate verringert wird und umgekehrt,
7.4 derart, daß Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden („such that pulsations … are reduced”).
Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der Streitpatentschrift zeigt ein Ausführungsbeispiel der Erfindung.
Die Streitpatentschrift erläutert, daß erfindungsgemäß die Flußrate, die bei den bekannten Fördersystemen bei gleichbleibendem Hubvolumen durch Veränderung der Hubfrequenz der Kolben verändert worden sei, durch Veränderung sowohl der Hubfrequenz als auch des Hubvolumens verändert werde. Daraus ergeben sich zwei Vorteile:
- Zum einen wird mit – bei kleinerer Flußrate – kleiner werdendem Hubvolumen auch das Volumen kleiner, das vor Beginn des Förderns auf den Enddruck zu komprimieren ist, was die Kompressionsphase verkürzt und zu geringeren Pulsationen führt.
- Zum anderen bedeutet ein geringeres Hubvolumen eine höhere Hubfrequenz und damit eine entsprechend höhere Frequenz der verbleibenden Pulsationen. Sie wirkt sich günstig aus, weil hochfrequente Pulsationen eher wie ein gleichmäßiges Hintergrundsignal wirken, das das gesamte Chromatogramm im wesentlichen gleichmäßig beeinflußt; außerdem führt, wie Prof. Dr.-Ing. S. in dem von der Beklagten erstinstanzlich vorgelegten Privatgutachten darlegt und der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, das Speicherverhalten des Systems zu einer Art „Tiefpaßwirkung”, d.h. zu einer Glättung der Pulsationen, die um so ausgeprägter erfolgt, desto höher die Pulsationsfrequenz ist.
Mit konstruktiv einfachen Mitteln werden damit die nachteiligen Auswirkungen von Pulsationen in dem besonders kritischen Bereich der niedrigeren Flußraten reduziert.
Anspruch 1 des Streitpatents läßt hierbei offen, in welchem konkreten Maße bei einer Verringerung der Flußrate die Hublänge reduziert werden soll und welche Hubdauer und Hubfrequenz sich demgemäß bei einer vorgegebenen Flußrate ergeben. Stellt man den Zusammenhang wie in dem angefochtenen Urteil und nachstehend wiedergegeben graphisch dar (wobei h die Hublänge und T(h) die Dauer des Kolbenhubs bezeichnen), bleibt demgemäß ebenso offen, wo genau zwischen dem Nullpunkt und dem Punkt 1 auf der eine Flußrate V(2) ≪ V(1) ≪ V(0) darstellenden Geraden V(1) der dem Verhältnis Hublänge zu Hubdauer entsprechende „Betriebspunkt” B(1') liegt, wie die Form der Kurve B' offenbleibt, die die Betriebspunkte B(0), B(1') und B(2') verbindet und die, wie dargestellt, eine Gerade sein kann, aber nicht sein muß.
Jedoch erhält der Fachmann, bei dem es sich um einen Diplomingenieur mit vertieften Kenntnissen im Bereich der Feinmechanik, der Hochdrucktechnik und der Steuerungstechnik und Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Flüssigkeitschromatographen handelt, durch das funktionale Merkmal 7.4 eine Zielrichtung vorgegeben, an der er sich bei der Auswahl des „Betriebspunktes” B(x') orientieren kann, indem er diesen so wählt, daß die Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom wirksam verringert werden. Darüber hinaus muß die Kurve B' der Bedingung h(0) ≫ h(1') ≫ h(2') … ≫ h(n') genügen, die sich aus Merkmal 7.3 ergibt, d.h. die Hublänge darf, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat, nach dem Verständnis des Fachmanns vom Wortsinn dieses Merkmals bei einer einstellbaren geringeren Flußrate nicht ansteigen oder gleichbleiben, soweit nicht die technischen Gegebenheiten, wie insbesondere die Auflösung des Schrittmotors, eine Veränderung nur um bestimmte Inkremente zulassen. Eine Ausnahme von dieser Bedingung bilden nur die in der Beschreibung des Streitpatents erwähnten sehr geringen Flußraten unter etwa 0,1 ml/min, bei denen das Hubvolumen bis herunter zur Flußrate Null auf einem konstanten Wert gehalten wird (Sp. 11 Z. 42 – 49). Der Fachmann erkennt, wie der gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, daß dies mit der erfindungsgemäßen Lehre deshalb vereinbar ist, weil bei sehr geringen Hubvolumina eine weitere Verringerung des Hubvolumens praktisch nicht oder nicht mehr sinnvoll realisierbar sein kann.
II.Ein Gegenstand mit diesen Merkmalen war am Anmeldetag des Streitpatents neu.
Die – wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht – von dem im Prüfungsverfahren und im Nichtigkeitsverfahren erörterten Stand der Technik für eine neuheitsschädliche Vorwegnahme allein in Betracht kommende amerikanische Patentschrift 4 681 513 („Saito”) beschreibt keine Pumpeinrichtung mit Steuermitteln, mit denen im vorstehend erläuterten Sinne das Hubvolumen mit abnehmender Flußrate derart verringert wird, daß störende Pulsationen in dem an den Ausgang der Pumpeinrichtung geförderten Flüssigkeitsstrom verringert werden (Merkmale 7.3 und 7.4).
Mit dem in Sp. 5 Z. 10 bis Sp. 8 Z. 26 beschriebenen bevorzugten Ausführungsbeispiel, das durch das nachfolgende, in Fig. 7 dargestellte Blockdiagramm veranschaulicht wird, offenbart diese Druckschrift eine Pumpeinrichtung mit den Merkmalen 1 bis 6.2 des Streitpatents.
Es handelt sich um eine Pumpeinrichtung, die in Übereinstimmung mit Merkmal 1 zum Fördern von Flüssigkeit unter hohem Druck, bei dem sich die Kompressibilität der Flüssigkeit bemerkbar macht, vorgesehen ist. Die Pumpe weist zwei hintereinander geschaltete Pumpeneinheiten 50, 40 auf, die durch eine Leitung 60 miteinander verbunden sind (Merkmal 3). Jede Pumpeneinheit weist einen Kolben 53, 43 auf, der in einer Pumpenkammer eine Hubbewegung vollführt (Merkmale 1.1 und 2.1). In Einlaßöffnungen und Auslaßöffnungen jeder Pumpeneinheit sind Rückschlagventile 52, 51; 42, 41 angeordnet, die ein Rückströmen der Flüssigkeit verhindern (Merkmale 1.2, 2.2, 4 und 5). Der Antrieb der Kolben 53, 43 erfolgt über Nockenscheiben 55, 45, die jeweils von einem Schrittmotor 56, 46 angetrieben werden (Merkmal 6.1). Die Schrittmotoren führen Drehbewegungen in alternierender Drehrichtung durch, die mit Hilfe der Nockenscheiben in die oszillierende Bewegung der Kolben umgesetzt werden. Wegen der hintereinander geschalteten Pumpeneinheiten muß die Flüssigkeit in der ersten Pumpenkammer vor Beginn der Förderung zunächst auf den Druck, der in der Verbindungsleitung und der zweiten Pumpenkammer herrscht, vorverdichtet werden, da sich erst danach die Rückschlagventile öffnen (Merkmal 6.2).
Die Pumpeinrichtung soll für drei unterschiedliche Analysebereiche des nachgeschalteten Flüssigkeitschromatographen einsetzbar sein, nämlich für die Mikroanalyse mit einer Flußrate bis 0,1 µl/min, die Semimikroanalyse mit einer Flußrate bis 1 µl/min und die Makroanalyse mit einer Flußrate bis 10 µl/min. Die Druckschrift erläutert, daß es sehr schwierig sei, diese drei Flußratenbereiche (die sich um den Faktor 100 unterscheiden) durch die Verwendung einer konventionellen Pumpenanordnung abzudecken, bei der die Nocken zum Antrieb der Kolben in einer Richtung rotieren. Wenn die Nocken jeden Flußratenbereich abdecken sollten, würde die Hubdauer bei großen Flußraten so kurz, daß sich die Kolben von der Nockenscheibe abhöben, während bei kleinen Flußraten die Geschwindigkeit des Schrittmotors so stark verlangsamt werden müßte, daß dieser nicht mehr glatt rotieren könnte (Sp. 4, Z. 4 bis 14 der US-Patentschrift).
Zur Bewältigung dieses Problems ist bei dem bevorzugten Ausführungsbeispiel vorgesehen, auf den Nockenscheiben 55, 45, mit denen die Kolben angetrieben werden, – wie in der nachfolgend wiedergegebenen Fig. 10 gezeigt – insgesamt fünf aneinander anschließende, sich zu 360° ergänzende Winkelbereiche vorzusehen, von denen zwei (P(1), P(2)) als Hilfssegmente dienen und die übrigen drei als Nutzsegmente für jeweils einen der drei unterschiedlichen Analysebereiche eingesetzt werden, und zwar der Nockenbereich M für die Mikroanalyse, der Nockenbereich S für die Semimikroanalyse und der Nockenbereich N für die Makroanalyse (US-Patentschrift Sp. 7, Z. 54 – Sp. 8 Z. 4). In den Winkelbereichen M, S und N weisen die Nocken Kontur-Segmente mit jeweils unterschiedlicher, jedoch innerhalb der einzelnen Winkelbereiche konstanter Steigung auf. Dabei soll sich bei einer minimal erreichbaren Flußrate von 5,955 µl/min in der Makroanalyse eine Hublänge von 11.191 µm, bei einer Flußrate von 0,5955 µl/min in der Semimikroanalyse eine Hublänge von 621 µm und bei einer Flußrate von 0,05955 µl/min in der Mikroanalyse eine Hublänge von 31 µm ergeben.
Der zentrale Steuerkreis 63 bestimmt abhängig von dem eingegebenen Wert für die gewünschte Flußrate die Rotationsgeschwindigkeit und den Winkelbereich, über den die Schwenkbewegung zum Antrieb des zweiten Kolbens erfolgt (Sp. 6, Z. 42 bis 56). In Abhängigkeit von der Bewegung des zweiten Kolbens wird der Antriebsmotor 56 für den ersten Kolben 53 geregelt. Der sich in der Druckleitung 62 einstellende Enddruck der Pumpe wird mit dem Drucksensor 64 erfaßt. Falls sich Druckpulsationen im Übergangsbereich zwischen der Förderung der ersten und der zweiten Pumpeneinheit ergeben, wird die Vorkompressionsphase der ersten Pumpeneinheit durch Erhöhung oder Erniedrigung der Kolbengeschwindigkeit des ersten Kolbens so verändert, daß die Druckschwankungen verringert werden (US-Patentschrift Sp. 7, Z. 3 – 26).
In der Entgegenhaltung ist somit zwar die Verringerung des Hubvolumens für niedrigere Flußraten beschrieben, jedoch nur für den Übergang von der Makroanalyse zur Semimikroanalyse oder von der Semimikroanalyse zur Mikroanalyse. Dagegen ist der Schrift, wie bereits das sachkundig besetzte Bundespatentgericht angenommen und die eingehende Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, nichts dafür zu entnehmen, daß auch innerhalb der Analysebereiche bei Wahl einer niedrigeren Flußrate das Hubvolumen verringert werden könnte. Insbesondere bezieht der Fachmann nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Angaben in der Entgegenhaltung zur Veränderung des Winkelbereichs (Sp. 6 Z. 44 – 56) nur auf den Wechsel zwischen den für die unterschiedlichen Analysebereiche vorgesehenen Winkelbereichen M, S und N, nicht jedoch auf die Möglichkeit, einen dieser Bereiche bei geringerer Flußrate nur teilweise zu überstreichen. Der vorstehend zu I formulierten Gültigkeitsbedingung für den Verlauf der Kurve B ist somit nicht genügt, Merkmal 7.3 nicht erfüllt.
Es kommt hinzu, daß die Schrift auch keinen Anhaltspunkt dafür bietet, daß die Verringerung des Hubvolumens bei dem Übergang von einem „gröberen” zu einem „feineren” Analysebereich an der Zielsetzung orientiert wäre, Pulsationen zu reduzieren (Merkmal 7.4), oder dieses Ziel auch nur objektiv zu erreichen geeignet wäre.
Die Zielsetzung bei der Ausgestaltung der Nocken mit Bereichen unterschiedlicher Steigung ist eine andere, wie sich aus Sp. 4 Z. 4 – 14 der US-Patentschrift und der darauf bezogenen Aufgabe ergibt, eine Pumpenanordnung bereitzustellen, die ein Fluid über einen ziemlich breiten Bereich von Flußraten fördern kann (Sp. 4 Z. 28 – 30). Es gilt nämlich sowohl ein Abheben der Kolben von den Nockenscheiben bei zu hoher Geschwindigkeit als auch eine nicht-glatte Rotation bei zu niedriger Geschwindigkeit des Schrittmotors zu vermeiden. Zwar erwähnt die Entgegenhaltung auch als Anliegen der Erfindung, eine Pumpenanordnung bereitzustellen, die nur kleine Anzahl von Flußratenpulsationen erzeugt (Sp. 4 Z. 22 – 24). Jedoch wird dieses Ziel mit anderen Mitteln verfolgt, nämlich dadurch, daß die Vorkompressionsphase der ersten Pumpeneinheit gegebenenfalls durch Erhöhung oder Erniedrigung der Kolbengeschwindigkeit des ersten Kolbens so verändert wird, daß die Druckschwankungen verringert werden. Deswegen setzt die Entgegenhaltung, anders als das Streitpatent, auch zwingend zwei gesondert ansteuerbare Schrittmotoren für die beiden Nocken voraus. Schließlich ergibt sich auch nichts anderes aus der des weiteren genannten Zielsetzung, eine Pumpenanordnung bereitzustellen, deren Flußrate verändert werden kann, ohne das Zeitintervall der Flußratenpulsationen allzu lang zu machen (Sp. 4 Z. 25 – 27). Sie knüpft an die Darlegung in der Beschreibung an, ein Mittel, die Abnahme der durchschnittlichen Flußrate aufgrund des höheren Förderdrucks zu mindern, bestehe darin, den Hub des Kolbens zu verlängern und damit die Frequenz der Absorptionen des Kompressionsvorgangs pro Zeiteinheit zu reduzieren; werde die Hubdauer jedoch auf einen extrem großen Wert wie z.B. eine Minute angehoben, werde die sonst übliche Wirkung der Ladung auf die Pumpe zum Glätten von Flußratenpulsationen oder die Wirkung eines Dämpfers zum Entfernen von Flußratenpulsationen nicht mehr erreicht werden können (Sp. 3 Z. 42 – 61). Es geht der Schrift somit auch in diesem Zusammenhang gerade nicht um eine kontinuierliche Verringerung des Hubs bei abnehmenden Flußraten, sondern lediglich um die Vermeidung extrem hoher Frequenzen.
Es läßt sich auch nicht feststellen, daß bei der in der Entgegenhaltung beschriebenen Pumpeinrichtung durch die Verringerung des Hubvolumens bei Wahl eines feineren Analysebereichs mit niedrigerer Flußrate tatsächlich Pulsationen reduziert würden. Denn wie dort in Sp. 8 Z. 17 – 26 beschrieben wird, muß die Einlaßpumpe 50 das Fluid bei einer größeren Flußrate fördern als die Auslaßpumpe 40; ist die Nocke 55 im Profil mit der Nocke 45 identisch, ist es deshalb notwendig, die Nocke 55 über zwei oder mehrere der Winkelbereiche zu rotieren. Da die Übergänge zwischen den Winkelbereichen unstetig sind, werden hierdurch, wie der Privatgutachter Prof. Dr. S. eingehend begründet und der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, zwangsläufig Pulsationen verursacht. Zwar weist die Formulierung der Entgegenhaltung, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, den Fachmann darauf hin, daß auch nicht-identische Nockenprofile denkbar wären. Jedoch fehlt es an einer konkreten Offenbarung, wie solche nicht identischen Nockenprofile ausgestaltet werden könnten, ebenso wie an jedem Hinweis, daß ihre Verwendung wünschenswert sein könnte. Auch hieran wird deutlich, daß der Entgegenhaltung nichts dafür zu entnehmen ist, durch ein abnehmendes Hubvolumen bei abnehmender Flußrate störende Pulsationen zu reduzieren.
Dafür läßt sich schließlich auch nichts aus dem Argument der Klägerin herleiten, die Ausgestaltung der Nocken mit Segmenten unterschiedlicher Steigung sei nur Gegenstand des bevorzugten Ausführungsbeispiels und des Anspruchs 5 der Entgegenhaltung, während Anspruch 1 ganz allgemein Nocken lehre, die an jeder rotierenden Welle zum Zusammenwirken mit den an den freien Enden jedes Kolbens angebrachten Nockenstößeln befestigt seien, und Schrittmotoren, die so gesteuert würden, daß sie innerhalb eines Winkelbereichs vor und zurück rotierten, der entsprechend der gewünschten Flußrate gesteuert sei („stepper motors being controlled to rotate back and forth within an angular range controlled according to the desired flow rate”). Es ist schon zweifelhaft, ob der Fachmann diesen Anspruch trotz der beschriebenen Nachteile eines alle Flußratenbereiche abdeckenden Nockens dahin versteht, daß die Nocken auch mit gleichmäßiger Steigung ausgebildet sein können, denn wie der gerichtliche Sachverständige erläutert hat, erlaubt es die begrenzte Schrittmotorauflösung dem Fachmann nicht, bei der Vorrichtung nach Saito kurzerhand auf unterschiedliche Nockensegmente zu verzichten. Jedenfalls ist dem nicht weiter erläuterten, allgemein formulierten Anspruch für den Fachmann, wie der Sachverständige bestätigt hat, mangels entsprechender Erläuterungen oder wenigstens Zielvorgaben in der Beschreibung aber nicht zu entnehmen, daß die Steuerung so erfolgen soll, daß bei Wahl einer geringeren Flußrate ein kleinerer Winkelbereich überstrichen wird.
III.Hiernach läßt sich aber auch nicht feststellen, daß der Stand der Technik dem Fachmann die technische Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents nahegelegt hat. Die amerikanische Patentschrift 4 681 513 enthält nach dem Vorstehenden ebensowenig eine Anregung, schädliche Pulsationen dadurch zu verringern, daß das Hubvolumen mit abnehmender Flußrate verringert wird, wie der übrige im Verfahren erörterte Stand der Technik, der keine Pumpeinrichtung für hohe Drücke kennt, bei der eine Steuerung der Hublänge der Kolben vorgesehen ist. Der Fachmann mußte daher, um zu der Erfindung zu gelangen, sich von den bislang verfolgten Lösungen abkehren, Pulsationen durch Dämpfungseinrichtungen und dergleichen so weit wie möglich zu vermeiden, und statt dessen den anderen Weg einschlagen, die Pulsationen in möglichst kleine und hochfrequente Flußschwankungen umzuwandeln, die das chromatographische Meßergebnis nicht oder nur wenig stören. Der gerichtliche Sachverständige hat dies dahin ausgedrückt, daß das Streitpatent nicht wie der Stand der Technik versuche, Druckschwankungen zu eliminieren, sondern sie als systemimmanent betrachte und es unternehme, ihre Auswirkungen auf das Ergebnis der Messung zu minimieren, indem es die Höhe der Pulsationen mit abnehmender Flußrate reduziere und gleichzeitig die Frequenz der Pulsationen möglichst hoch halte. Allein sein allgemeines Fachwissen konnte den Fachmann, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, nicht auf diesen bislang nicht begangenen Weg führen.
IV.Die auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 12 des Streitpatents werden bereits durch die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 getragen und haben deshalb mit diesem Bestand.
V.Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver, Meier-Beck, Asendorf
Fundstellen