Leitsatz (amtlich)
Eine entsprechend § 166 Abs. 1 BGB erfolgende Zurechnung des Wissens eines Vertreters des Gläubigers von den Anspruch begründenden Umständen i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB kommt auch dann nicht in Betracht, wenn sich der Anspruch zwar nicht gegen den Vertreter selbst richtet, jedoch mit einem gegen ihn gerichteten Anspruch in einem so engen Zusammenhang steht, dass auch hier die Befürchtung besteht, der Vertreter werde nicht zu einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs beitragen (Fortführung von BGH, Urt. v. 15.3.2011 - II ZR 301/09, NJW-RR 2011, 832; v. 12.6.1989 - II ZR 334/87, NJW-RR 1989, 1255).
Normenkette
BGB § 166 Abs. 1, § 199 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
OLG Zweibrücken (Urteil vom 27.09.2012; Aktenzeichen 4 U 2/12) |
LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 16.11.2011; Aktenzeichen 6 O 269/11) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 27.9.2012 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien, zwei Wohnungseigentümergemeinschaften, streiten um die Rückzahlung eines Betrags von 10.000 EUR, der am 31.7.2006 durch den Verwalter L. von dem Konto der Klägerin auf das Konto der Beklagten überwiesen wurde. L. war nicht nur der Verwalter beider Parteien, sondern auch der zahlreicher anderer Wohnungseigentümergemeinschaften. Er hob jahrelang von den Konten der von ihm verwalteten Wohnungseigentümerschaften Geldbeträge für eigene Zwecke ab. Zur Verdeckung der Abhebungen nahm er eine Vielzahl von Überweisungen zwischen den Konten der Wohnungseigentümergemeinschaften vor. Nach der Überweisung am 31.7.2006 überwies L. noch am gleichen Tag einen Teilbetrag von 5.000 EUR vom Konto der Beklagten auf das Konto einer anderen von ihm verwalteten Wohnungseigentümergemeinschaft. Einen weiteren Teilbetrag von 5.000 EUR hob er am 1.8.2006 vom Konto der Beklagten für eigene Zwecke ab. L. wurde im Jahr 2010 wegen Untreue in 740 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Rz. 2
Die Klägerin erfuhr von der Überweisung von ihrem Konto auf das Konto der Beklagten im Sommer 2007. Sie hat wegen der streitgegenständlichen Forderung am 21.12.2010 einen Mahnbescheid beantragt, der am 22.12.2010 erlassen und der Beklagten am 19.1.2011 zugestellt worden ist.
Rz. 3
Das LG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 10.000 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das OLG zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 4
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
Rz. 5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich der zuerkannte Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB. Durch die Überweisung L......s sei die Beklagte nicht durch Leistung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB), sondern in sonstiger Weise bereichert worden. Die Beklagte könne sich gem. § 819 Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen. Denn sie müsse sich das Handeln und Wissen L. s um das Fehlen des rechtlichen Grundes für die Überweisung in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Es gelte der allgemeine Rechtsgedanke, dass derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, sich das Wissen des anderen zurechnen lassen müsse.
Rz. 6
Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB habe Ende des Jahres 2007 begonnen, nachdem die Klägerin im Sommer 2007 von der streitgegenständlichen Überweisung Kenntnis erlangt habe. Dagegen müsse sich die Klägerin für den Lauf der Verjährungsfrist nicht das Wissen L. s hinsichtlich der bereits im Jahr 2006 vorgenommenen Überweisung zurechnen lassen. Für eine solche Wissenszurechnung blieben diejenigen Personen außer Betracht, die den Schaden verursacht hätten und selbst Schuldner seien. Der Klägerin als Opfer einer vorsätzlich zu ihrem Nachteil begangenen unerlaubten Handlung sei die Kenntnis des Täters von der auch vor ihr verheimlichten Tat nicht verjährungsschädlich zuzurechnen. Das gelte auch für ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten.
Rz. 7
Durch die Beantragung des am 19.1.2011 der Beklagten zugestellten Mahnbescheids am 21.12.2010 habe die Klägerin die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO rechtzeitig gehemmt.
II.
Rz. 8
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
Rz. 9
1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte sei durch die Überweisung L. s von dem Konto der Klägerin nicht durch Leistung eines anderen, sondern in sonstiger Weise bereichert worden (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB). Eine Leistung der Klägerin an die Beklagte i.S.v. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB scheidet schon deshalb aus, weil aus Sicht beider Parteien ein mit der Überweisung verfolgter Leistungszweck fehlte. Insbesondere war kein Kausalverhältnis erkennbar, auf das sich die Überweisung hätte beziehen können.
Rz. 10
2. Der Anspruch der Klägerin ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, nicht gem. § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Denn die Beklagte kann sich gem. § 819 Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
Rz. 11
Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Vorschrift des § 166 Abs. 1 BGB, der Kenntnisse des Vertreters dem Vertretenen zurechnet, im Rahmen des § 819 Abs. 1 BGB zumindest entsprechend anwendbar (BGH, Urt. v. 25.3.1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 295 f.; v. 20.2.1979 - VI ZR 256/77, VersR 1979, 523, 526 und vom 29.3.1962 - VII ZR 238/60, WM 1962, 609, 610; so auch OLG Hamm, VersR 2009, 1416, 1417; OLG Köln OLGReport Köln 1998, 141; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 819 Rz. 3). Nach § 166 Abs. 1 BGB muss derjenige, der sich im rechtsgeschäftlichen Verkehr bei der Abgabe von Willenserklärungen eines Vertreters bedient, es im schutzwürdigen Interesse des Adressaten hinnehmen, dass ihm die Kenntnis des Vertreters als eigene zugerechnet wird. Er kann sich nicht auf eigene Unkenntnis berufen. Aus diesem der Vorschrift des § 166 BGB innewohnenden allgemeinen Rechtsgedanken hat der BGH hergeleitet, dass sich - unabhängig von dem Vorliegen eines Vertretungsverhältnisses - derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss (BGH, a.a.O.).
Rz. 12
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Gegen die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts werden von der Revision keine Einwendungen erhoben. L. war als Verwalter der organschaftliche Vertreter der Beklagten, der für die Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr in weitem Umfang handeln konnte (vgl. zur Stellung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft BGH, Urt. v. 27.9.2002 - V ZR 320/01, NJW 2003, 589, 590; Beschl. v. 2.6.2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 162). Er war insb. nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG in der bis zum 30.6.2007 geltenden Fassung für die Verwaltung der eingenommenen Gelder zuständig. Die Beklagte hat sich daher seine Kenntnis von dem fehlenden Rechtsgrund der Überweisung entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen zu lassen mit der Folge, dass sie sich gem. § 819 Abs. 1 BGB i.V.m. § 818 Abs. 4 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann.
Rz. 13
Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht deshalb, weil L. im Rahmen der Überweisung als Verwalter nicht nur auf Seiten der Beklagten, sondern auch auf Seiten der Klägerin - veruntreuend - tätig war. Hierdurch wird die Schutzwürdigkeit der Interessen der Klägerin nicht verringert. Die Haftungsverschärfung in § 819 Abs. 1 BGB hat ihren Grund darin, dass der Bereicherungsschuldner ab Kenntniserlangung von dem mangelnden Rechtsgrund auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs nicht vertrauen darf und ihn daher gesteigerte Sorgfaltspflichten im Umgang mit dem Erlangten treffen. Er kann gleichsam als "Verwahrer fremden Guts" angesehen werden (Wendehorst in BeckOK, BGB, § 819 [1.11.2013], Rz. 2 unter Hinweis auf die Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band II, S. 55). Die gesteigerten Sorgfaltspflichten des Bereicherungsschuldners finden ihre Begründung mithin in der von ihm erkannten Zuordnung des Erlangten zu einer fremden Vermögenssphäre. Sie bestehen unabhängig davon, wer auf Seiten des Bereicherungsgläubigers konkret in dessen Vermögen zum Vorteil des Bereicherungsschuldners eingegriffen hat.
Rz. 14
3. Das Berufungsgericht hat schließlich auch die Verjährung des Bereicherungsanspruchs der Klägerin ohne Rechtsfehler verneint. Das Wissen L. s um die von ihm vorgenommene rechtsgrundlose Überweisung vom 31.7.2006 ist der Klägerin im Rahmen von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zuzurechnen. Dementsprechend begann die Verjährungsfrist noch nicht Ende des Jahres 2006, sondern erst Ende des Jahres 2007.
Rz. 15
a) Für den bereicherungsrechtlichen Anspruch gilt die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB, die drei Jahre beträgt und nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Hinsichtlich der vorgenannten subjektiven Voraussetzungen ist grundsätzlich auf die Person des Gläubigers abzustellen. Im Fall der gesetzlichen Vertretung muss sich allerdings der Vertretene das Wissen seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen (Grothe in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 199 Rz. 33; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 199 Rz. 24). Demgegenüber ist die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters für den Verjährungsbeginn regelmäßig unerheblich (BGH, Urt. v. 15.10.1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 652 zu § 852 BGB a.F.). § 166 BGB ist in diesem Bereich wegen des Zwecks der Verjährungsvorschriften nicht anwendbar (BGH, Urt. v. 15.10.1992, a.a.O.; Gehrlein/Weinland, jurisPK/BGB, 6. Aufl., § 166 Rz. 18).
Rz. 16
b) Von dem vorgenannten Grundsatz hat die Rechtsprechung - zunächst im Zusammenhang mit § 852 BGB a.F. - eine am Rechtsgedanken des § 166 BGB orientierte Ausnahme in solchen Fällen zugelassen, in denen sich der Anspruchsteller eines sog. Wissensvertreters bedient. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn jemand, der einen Vertreter mit einem bestimmten Aufgabenkreis betraut und ihm in diesem Aufgabenkreis die Kenntnisnahme von Tatsachen überträgt, aus der inneren Geschäftsverteilung einem Dritten gegenüber den Einwand der Unkenntnis herleiten wollte. Der Anspruchsteller könnte auf diese Weise den Beginn der Verjährungsfrist durch Einschaltung eines Wissensvertreters willkürlich hinauszögern (BGH, Urt. v. 29.1.1968 - III ZR 118/67, NJW 1968, 988 f.). Zur Vermeidung eines solchen, mit dem Schutzgedanken von § 852 BGB a.F. nicht zu vereinbarenden Ergebnisses hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass sich der Anspruchsinhaber im Rahmen des § 852 BGB a.F. das Wissen eines Dritten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB als eigenes Wissen zurechnen lassen muss, wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten, insb. mit der Betreuung und Verfolgung der in Frage stehenden Ersatzforderung, in eigener Verantwortung betraut hat (Senat, Urteil vom 29.1.1968, a.a.O.; BGH, Urt. v. 23.1.2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rz. 35; v. 4.2.1997 - VI ZR 306/95, BGHZ 134, 343, 347 f; v. 18.1.1994 - VI ZR 190/93, NJW 1994, 1150, 1151).
Wesentlich für die Wissenszurechnung ist dabei, dass die Erlangung der Tatsachenkenntnis, die dem Anspruchsteller zugerechnet werden soll, zu dem Aufgabenkreis des Vertreters gehört, auch wenn dieser die zur Kenntnis genommenen Tatsachen nicht an den Vertretenen weitergibt (Senat, Urteil vom 29.1.1968, a.a.O.; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 199 Rz. 15).
Rz. 17
Nach der Rechtsprechung des Senats können diese zu § 852 BGB a.F. entwickelten Grundsätze auch auf § 199 BGB übertragen werden (BGH, Urt. v. 13.12.2012 - III ZR 298/11, NJW 2013, 448, 449; so auch Grothe in MünchKomm/BGB, a.a.O., § 199 Rz. 34; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 199 Rz. 24; Mansel, NJW 2002, 89, 92; Gaier, NZM 2003, 90, 94). Der Verjährungsbeginn ist in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB der Regelung des § 852 BGB a.F. nachgebildet (Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040, 107). Für ihn gelten die vorgenannten, an Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgerichteten Erwägungen in gleichem Maße. Dementsprechend wäre es auch im Hinblick auf den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB treuwidrig, wenn durch die Einschaltung eines Dritten als Wissensvertreter die Verjährung willkürlich hinausgezögert werden könnte.
Rz. 18
c) Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen ist es zwar nicht von vorneherein ausgeschlossen, das durch L. im Zusammenhang mit der Verwaltung der Gelder dieser Gemeinschaften erlangte Wissen der jeweils betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaft zuzurechnen (vgl. OLG München NJW-RR 2007, 1097, 1098; OLG Hamm, NJOZ 2009, 3753, 3759; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 199 Rz. 24; Gaier, NZM 2003, 90, 94 ff.; Otto, Die Bestimmung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, 2006, S. 179 f.).
Rz. 19
Eine Zurechnung des Wissens L. s kommt jedoch angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles dennoch nicht in Betracht.
Rz. 20
aa) Dem Anspruchsgegner kann es im Einzelfall nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Wissenszurechnung eines Vertreters des Anspruchstellers zu berufen. Dies kommt u.a. dann in Betracht, wenn sich der betreffende Anspruch gerade gegen diejenige Person richtet, deren Wissen zugerechnet werden soll (BGH, Urt. v. 15.3.2011 - II ZR 301/09, NJW-RR 2011, 832 Rz. 10; v. 12.6.1989 - II ZR 334/87, NJW-RR 1989, 1255, 1259; Grothe in MünchKomm/BGB, a.a.O., Rz. 33a; Otto, a.a.O., S. 184). In solchen Fällen kann nicht erwartet werden, dass der Schuldner dafür sorgt, dass die Ansprüche gegen ihn selbst geltend gemacht werden (BGH, Urt. v. 15.3.2011, a.a.O.).
Rz. 21
Ein derartiger, eine Wissenszurechnung des Vertreters ausschließender Ausnahmefall liegt nicht nur vor, wenn sich der Anspruch allein gegen den Wissensvertreter selbst richtet. Er ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn sich der Anspruch zwar gegen einen Dritten richtet, jedoch mit einem gegen den Wissensvertreter gerichteten Anspruch in einem so engen Zusammenhang steht, dass auch hier die Befürchtung besteht, der Vertreter werde nicht zu einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs beitragen (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rz. 25; Otto, a.a.O.; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB [2009], § 199 Rz. 61). In einer solchen Situation ist der Vertreter einer vergleichbaren Interessenkollision ausgesetzt wie bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen sich selbst (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2008 - IX ZR 54/07, NJW-RR 2009, 123 Rz. 17 für die Interessenkollision eines in einem Gesamtvollstreckungsverfahren bestellten Verwalters bei Ansprüchen gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses wegen unzureichender Überwachung desselben Verwalters). Auch hier kann nicht erwartet werden, dass er für die Geltendmachung der Ansprüche des Vertretenen (gegen den Dritten) sorgt. Denn auch hier würde ihm zugleich die Geltendmachung eines Anspruchs gegen ihn selbst drohen.
Rz. 22
bb) Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben. Der streitgegenständliche Bereicherungsanspruch der Klägerin richtet sich zwar nicht gegen ihren ehemaligen Verwalter L. Für diesen bestand indes im Hinblick auf die Verfolgung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte dennoch eine erhebliche Interessenkollision. Bei der unberechtigten Überweisung handelt es sich nämlich um eine - doppelrelevante - Tatsache, deren Aufdeckung nicht nur zur Geltendmachung von Ansprüchen der Klägerin gegen die Beklagte, sondern auch zur Geltendmachung von Ansprüchen - der Klägerin oder der Beklagten - gegen L. selbst hätte führen können. Dessen Situation war damit ohne Weiteres mit derjenigen vergleichbar, in der sich der streitgegenständliche Anspruch unmittelbar gegen den Wissensvertreter selbst richtet. Auch vorliegend war daher nicht zu erwarten, dass L. die Verfolgung des Bereicherungsanspruchs gegen die Beklagte in die Wege leiten oder auch nur zu ihr beitragen würde. Das bereits am 31.7.2006 bei L. vorhandene Wissen um die anspruchsbegründende Überweisung kann der Klägerin im Rahmen von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB daher nicht zugerechnet werden.
Rz. 23
Vielmehr war die den Verjährungsbeginn auslösende Kenntnis der Klägerin i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst im Sommer des Jahres 2007 gegeben. Die Ende des Jahres 2010 eintretende Verjährung des Anspruchs der Klägerin wurde sodann gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO durch die am 21.12.2010 erfolgte Beantragung eines der Beklagten am 19.1.2011 zugestellten Mahnbescheids rechtzeitig gehemmt.
Fundstellen
Haufe-Index 6471012 |
BB 2014, 1042 |
BB 2014, 385 |
DB 2014, 1431 |
DB 2014, 6 |
EBE/BGH 2014 |
NZM 2014, 355 |
WM 2014, 900 |
ZMR 2014, 562 |
ZfIR 2014, 755 |
JZ 2014, 243 |
JuS 2014, 1032 |
MDR 2014, 330 |
NJ 2014, 256 |
NJ 2014, 8 |
NJW-Spezial 2014, 194 |
ZNotP 2014, 31 |
GreifRecht 2014, 4 |
LL 2014, 317 |