Verfahrensgang
OLG Zweibrücken (Urteil vom 23.11.1999) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das am 23. November 1999 verkündete Urteil des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken aufgehoben, soweit in diesem zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil aufgehoben, soweit deren Berufung gegen ihre auf die Widerklage der Beklagten erfolgte Verurteilung zur Herausgabe der Prozeßbürgschaft der B., vom 12. März 1998 über 100.000,– DM zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin errichtete als Generalunternehmerin für eine Bauherrengemeinschaft ein Seniorenzentrum in L.. In diesem Zusammenhang wurde durch ein Architekturbüro bei der Beklagten eine gebrauchte Notstromanlage bestellt, die von der Beklagten geliefert und zunächst dem Architekturbüro, später aber der Klägerin in Rechnung gestellt und teilweise von dieser bezahlt wurde. Wegen geltend gemachter Mängel kam es nicht zu einer endgültigen Inbetriebnahme; die Anlage wurde später verschrottet. Die Klägerin hat die gezahlte Vergütung von 71.729,05 DM sowie aufgewendete Sachverständigenkosten von der Beklagten verlangt; weiter hat sie eine Mietzinsminderung von 205.535,– DM geltend gemacht, die der Pächter des Seniorenzentrums gegenüber der Bauherrengemeinschaft erstritten habe und die sie dieser zu ersetzen habe. Das Landgericht hat der Klage zunächst in vollem Umfang stattgegeben. Nach Aufhebung dieser Entscheidung und Zurückverweisung der Sache durch das Berufungsgericht hat es die Klage abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten die Klägerin zur Herausgabe einer als Prozeßbürgschaft geleisteten Bürgschaftsurkunde über 100.000,– DM verurteilt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Klage in Höhe des Betrags von 71.729,05 DM nebst Zinsen vorbehaltlich eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und in diesem Umfang die Sache an das Landgericht zurückverwiesen; die weitergehende Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Hiergegen richten sich die Revisionen beider Parteien. Der Senat hat die Revision der Klägerin nicht zur Entscheidung angenommen, soweit sie die Forderung über 205.535,– DM betrifft. Die Klägerin beantragt, unter Zurückweisung der Revision der Beklagten und unter Aufhebung des angefochtenen und Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Widerklage abzuweisen. Die Beklagte beantragt, unter Zurückweisung der Revision der Klägerin und unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen haben im Umfang ihrer Annahme Erfolg. Sie führen insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
I. 1. Das Berufungsgericht ist abweichend von der ersten Instanz davon ausgegangen, daß die Klägerin aktiv legitimiert sei. In Übereinstimmung mit dem Landgericht hat es dabei die ursprüngliche Zuordnung als problematisch angesehen. Die Grundsätze für eine Zuordnung des Architektenhandelns für den Bauherrn ließen sich nicht unbeschränkt heranziehen, weil die Klägerin nicht Bauherrin gewesen sei. Die Klägerin habe den Vertrag jedoch jedenfalls später wirksam übernommen. Dies hat das Berufungsgericht mit Vorgängen ab dem 1. April 1992 begründet (BU 15 – 17). Das Berufungsgericht ist weiter zu dem Ergebnis gekommen, die Forderung sei dem Grunde nach gerechtfertigt. Unabhängig davon, ob man den Vertrag hinsichtlich der Mängel Kauf- oder Werkvertragsrecht unterstelle, könne die Klägerin wegen der mehrfach gerügten Unbrauchbarkeit der Anlage Sachmängelgewährleistungsansprüche geltend machen. Durch die Beweisaufnahme erster Instanz sei erwiesen, daß die Anlage bis zu ihrem Ausbau nie betriebsbereit gewesen sei. Ungeklärt sei lediglich, ob dies auch auf Umstände zurückzuführen sei, die die Klägerin zu vertreten habe (BU 18).
2. a) Die Beklagte meint demgegenüber, nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme habe eine Vertragsübernahme nicht festgestellt werden können. Hierüber habe sich das Berufungsgericht nicht ohne Verstoß gegen die Bestimmung des § 398 ZPO hinwegsetzen können.
Die Rüge ist nicht begründet. Das Landgericht hat eine Vertragsübernahme allein deshalb verneint, weil sich die Klägerin darauf nicht berufen habe (GA II 413). Insoweit beruhte sein Urteil nicht auf der Beweisaufnahme, sondern allein auf der Würdigung des Sachvortrags der Klägerin. Damit konnte sich das Berufungsgericht aber mit der Beweiswürdigung des Landgerichts nicht in Widerspruch setzen.
b) Berechtigt ist dagegen die weitere Rüge, daß das Berufungsgericht den Beibringungsgrundsatz (§ 286 ZPO) nicht ausreichend beachtet habe. Zwar wurde in der Berufungsbegründung (GA III 436 ff.) zum Vertragsschluß vorgetragen. Hinweise, daß sich die Klägerin auch auf eine Vertragsübernahme habe stützen wollen, finden sich dort indessen nicht.
3. Die Beklagte macht weiter geltend, ein Zwischenurteil über den Grund hätte nicht erlassen werden dürfen, weil der Streit über den Grund nicht entscheidungsreif gewesen sei (§ 304 ZPO).
a) aa) Hinsichtlich des Vorliegens von Mängeln stütze sich das Berufungsgericht auf die Feststellungen in dem ersten landgerichtlichen Urteil, die es selbst als fehlerhaft bezeichnet habe, ohne daß die von ihm beanstandeten Fehler in der Folgezeit beseitigt worden seien. Die Beklagte habe in ihrer ersten Berufungsbegründung unter Beweisantritt vorgetragen, daß die Mängel beseitigt worden seien; das Berufungsgericht habe in seinem ersten Berufungsurteil beanstandet, daß das Landgericht dieses Vorbringen übergangen habe. Im zweiten Berufungsurteil habe das Berufungsgericht den von ihm gerügten Fehler selbst begangen, indem es die hierzu benannten Zeugen nicht vernommen habe. Außerdem habe das Berufungsgericht gegen die Bindungswirkung seines ersten Urteils verstoßen.
bb) Auch diese Rüge ist begründet. Das Berufungsgericht hätte dem unter Beweis gestellten Vortrag, die Mängel seien beseitigt worden, nachgehen müssen. Lag nämlich kein Mangel (mehr) vor, kam ein erfolgreiches Vorgehen der Klägerin wegen der Mängel weder auf kaufvertragsrechtlicher (§§ 459 ff. BGB a.F.) noch auf werkvertragsrechtlicher (§§ 635 ff., 326 BGB a.F.) Grundlage in Betracht.
b) Die Beklagte macht weiter geltend, das Berufungsgericht habe tatsächlich den Anspruchsgrund nicht geklärt. Es gebe der ersten Instanz nämlich auf zu prüfen, ob die Beklagte sich darauf berufen könne, daß die Klägerin erforderliche Vorleistungen nicht erbracht habe und nur ein begrenzter Verwendungszweck vereinbart worden sei und die Anlage den diesbezüglichen Anforderungen bei ordnungsgemäßer Erbringung der bauseits geschuldeten Vorarbeiten hätte gerecht werden können. Dies ist in der Tat Gegenstand der Prüfung des geschuldeten Leistungsumfangs als Voraussetzung für eine Mangelhaftigkeit, den das Berufungsgericht bei Erlaß eines Grundurteils hätte klären müssen. Damit ist der Revision darin beizutreten, daß der Streit über den Grund im Sinn des § 304 ZPO nicht entscheidungsreif war.
II. 1. Wegen der Widerklageforderung hat sich das Berufungsgericht im wesentlichen auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils gestützt. Dort ist dazu ausgeführt, die Prozeßbürgschaft sei von der Beklagten gestellt worden, um eine von der Klägerin eingeleitete Zwangsvollstreckung aus dem früheren Urteil abzuwenden. Spätestens mit Erlaß des klageabweisenden Urteils sei die Grundlage für diese Bürgschaft entfallen. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, daß die Beklagte die Bürgschaft bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits gestellt und dies in der Bürgschaftsurkunde zum Ausdruck gebracht habe. Vielmehr mache die Beklagte zutreffend geltend, daß Geschäftsgrundlage die übereinstimmende Annahme der Parteien gewesen sei, es müsse ein – wenn auch nur vorläufiger – Zahlungstitel vorliegen. Die Klägerin habe aber keinen Vollstreckungstitel mehr. Das Ergebnis entspreche auch Sinn und Zweck der Regelung des § 717 Abs. 7 ZPO, dem Vollstreckungsschuldner die umgehende Erstattung seiner Leistung zu gewährleisten, wenn dem Gläubiger ein vorläufiger Titel nicht mehr zur Verfügung stehe. Das Berufungsgericht hat ergänzend angemerkt, daß eine Teilforderung dem Grunde nach gerechtfertigt sei, ändere hieran nichts, weil das Grundurteil insoweit keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe.
2. Die Klägerin beruft sich demgegenüber – gestützt auf § 286 ZPO – auf den Wortlaut der Bürgschaftsverpflichtung „bis zum Ende des Rechtsstreits”. Diesen hat das Berufungsgericht indessen berücksichtigt. Die Revision rügt aber mit Erfolg die Nichtberücksichtigung eines Schreibens des Zeugen W. vom 10. Februar 1998 (GA II 360), in dem dieser unter anderem erklärt hatte, er werde der Beklagten die benötigten Mittel zur Verfügung stellen, um die Forderung der Klägerin im Falle des Obsiegens zu begleichen. Mit diesem Schreiben hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Es kann im Revisionsverfahren nicht ausgeschlossen werden, daß das Auslegungsergebnis, das das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung gefunden hat, hierdurch beeinflußt worden ist. Hierfür kann zunächst schon sprechen, daß sich die Bürgschaft nur auf 100.000,– DM belief, obwohl die vorläufig vollstreckbare Forderung nahezu 300.000,– DM betrug, womit die Klägerin der Beklagten ersichtlich entgegengekommen ist. Aus diesem Zusammenhang kann es erklärbar sein, daß die Bürgschaftsverpflichtung ihrem Wortlaut nach nicht an das Bestehen einer vollstreckbaren Forderung, sondern an die Anhängigkeit des Rechtsstreits anknüpfte. Auf dieser Grundlage kann dieser Bestimmung eine gesteigerte Bedeutung zukommen.
III. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtzug – gegebenenfalls auf Grund ergänzenden Vortrags der Parteien – die Aktivlegitimation der Klägerin zu klären haben. Es wird weiter zu klären haben, welche Leistungen die Beklagte schuldete und ob auf dieser Grundlage nicht beseitigte Mängel vorlagen. Hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde wird es die Auslegung der Vereinbarung über die Stellung der Prozeßbürgschaft unter umfassender Würdigung des Streitstoffs erneut vorzunehmen haben und dabei auch die Interessenlagen der Beteiligten zu berücksichtigen haben.
Unterschriften
Melullis, Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver, Asendorf
Fundstellen