Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen einem freien Mitarbeiter einer Rundfunk- und Fernsehanstalt, dessen arbeitsrechtliche Statusklage gegen die Anstalt aufgrund fehlerhafter Prozeßführung seines Bevollmächtigten rechtskräftig abgewiesen worden ist, im Blick auf die ihm obliegende Schadensminderungspflicht zuzumuten ist, die Anstalt erneut auf Feststellung zu verklagen, daß er zu ihr in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehe.
Normenkette
BGB § 254
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.02.1990) |
LG Düsseldorf |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Februar 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist als „freier Mitarbeiter” beim S. Rundfunk als Autor und Realisator (Filmemacher) tätig. beklagten Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Die RFFU gewährte ihm im Mai 1985 antragsgemäß Rechtsschutz für eine Klage gegen den S. Rundfunk vor dem Arbeitsgericht S.. Dazu erteilte er den beim Landesbezirk S. des DGB tätigen Rechtssekretären Prozeßvollmacht.
Mit der im Juni 1985 erhobenen Klage begehrte der Kläger die Feststellung, daß er zum beklagten S. Rundfunk in einem ungekündigten und unbefristeten Dauerarbeitsverhältnis stehe. Das Arbeitsgericht wies die Klage mit Urteil vom 28. Februar 1986 ab. Nachdem die Rechtssekretäre des Beklagten die Berufungsfrist schuldhaft versäumt hatten, wies das Landesarbeitsgericht Saarland den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zurück und verwarf seine Berufung als unzulässig.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger den beklagten DGB wegen fehlerhafter Prozeßführung auf Schadensersatz in Anspruch. Er verlangt für die Zeit vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Dezember 1987 den Unterschiedsbetrag zwischen den ihm als freiem Mitarbeiter gezahlten Honoraren und der Vergütung, die ihm als angestelltem Redakteur zugestanden hätte (insgesamt 106.283,40 DM). Außerdem begehrt er die Feststellung, daß der Beklagte zum Ersatz des materiellen Zukunftsschadens (ab 1. Januar 1988) verpflichtet sei.
Die Vorinstanzen haben den auf Zahlung gerichteten Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und der Feststellungsklage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Zwischen den Parteien ist außer Streit, daß der Beklagte dem Kläger wegen der Versäumung der Berufungsfrist im Vorprozeß aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der Beklagte nimmt auch den Standpunkt des Berufungsgerichts hin, der Kläger stehe zum S. Rundfunk in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Die Revision beschränkt sich auf die Rüge, das Berufungsgericht hätte ein Mitverschulden des Klägers prüfen und bejahen müssen; der Kläger habe es schuldhaft unterlassen, nach Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils vor dem Arbeitsgericht erneut gegen den S. Rundfunk auf Feststellung zu klagen, daß er zu diesem in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehe; dadurch habe er seine Schadensabwendungs- und -minderungspflicht verletzt (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB). Darin liegt eine wirksame Beschränkung der Revisionsanträge.
Der Revisionskläger kann seine Revisionsanträge (§ 554 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) in der Weise beschränken, in der auch die Zulassung der Revision (§ 546 Abs. 1 ZPO) und deren Annahme (§ 554 b ZPO) beschränkbar ist (Zöller/Schneider ZPO 16. Aufl. § 554 Rn. 6 i.V.m. § 546 Rn. 43 ff. und § 554 b Rn. 5 m.w.Nachw.). Der Bundesgerichtshof hat in gefestigter Rechtsprechung die Beschränkung der Zulassung auf eines von mehreren Verteidigungsmitteln, das einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs betrifft, als wirksam angesehen (BGHZ 53, 152, 154 f.; 76, 397, 399) und dabei auch die Rechtsmittelbeschränkung auf den Einwand des Mitverschuldens anerkannt, sofern dieser sich vom Grund der Haftung trennen läßt (BGHZ 76, 397, 399 f.; BGH Urteil vom 30. September 1980 – VI ZR 213/79 – BGHWarn 1980 Nr. 232). Dies ist für den Einwand nach § 254 Abs. 2 BGB, um den es hier allein geht, regelmäßig zu bejahen (BGHZ 76, 397, 399 f.; vgl. auch Weber LM ZPO § 546 Nr. 105 a Bl. 1152) und trifft auch im vorliegenden Fall zu.
II.
1. Die Schadensabwendungs- und -minderungspflicht kann dem Geschädigten den Gebrauch von Rechtsmitteln gebieten (RGZ 98, 345, 347; BGH Urteil vom 9. Dezember 1965 – II ZR 177/63 – VersR 1966, 340, 341; BSG MDR 1968, 355, 356; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 90, 17, 32); erforderlichenfalls hat er Klage zu erheben (Grunsky in MünchKomm 2. Aufl. § 254 Rn. 56; s. auch Senatsurteil vom 5. Mai 1988 – III ZR 116/87 – BGHR BGB § 254 Abs. 2 Satz 1 – enteignender Eingriff 1). Voraussetzung hierfür ist, daß die in Betracht kommende Maßnahme Aussicht auf Erfolg verspricht (Alff in BGB-RGRK 12. Aufl. § 254 Rn. 49; Staudinger/Medicus BGB 12. Aufl. § 254 Rn. 55; Grunsky a.a.O.; Lange, Schadensersatz 2. Aufl. § 10 X 3 f; vgl. auch BGH Urteil vom 9. Dezember 1965 a.a.O.) und daß ihr nicht im Einzelfall Gesichtspunkte der Zumutbarkeit entgegenstehen (Grunsky a.a.O.).
2. Das Berufungsgericht hat sich mit der Mitverschuldensfrage nicht ausdrücklich auseinandergesetzt. Dem Zusammenhang seiner Ausführungen ist jedoch seine Absicht zu entnehmen, die Auffassung des Landgerichts auch in diesem Punkt zu bestätigen. Das Landgericht hat ein Mitverschulden mit der Begründung verneint, der Beklagte habe nicht substantiiert dargetan, zu welchem Zeitpunkt der Kläger eine erneute Feststellungsklage gegen den S. Rundfunk mit Aussicht auf Erfolg hätte erheben können; eine solche Klage könne nur auf Tatsachen gestützt werden, die nach der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozeß entstanden seien; außerdem fehle es an einer vorbehaltlosen Verpflichtung des Beklagten, die Kosten und Risiken eines neuen Rechtsstreits zu übernehmen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu Recht sieht die Revision ein Mitverschulden des Klägers darin, daß er nach Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Urteils nicht erneut Statusklage gegen den S. Rundkunf erhoben hat.
a) Eine erneute arbeitsrechtliche Feststellungsklage hätte Aussicht auf Erfolg gehabt.
aa) Das Bundesarbeitsgericht hat im Anschluß an den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Januar 1982 (BVerfGE 59, 231) für die Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse freier Mitarbeiter bei Rundfunk- und Fernsehanstalten folgende Grundsätze aufgestellt (BAGE 41, 247; vgl. ferner BAG Urteile vom 12. September 1984 – 5 AZR 571/81 – und vom 16. Dezember 1987 – 5 AZR 468/86):
Über die rechtliche Einordnung des Rechtsverhältnisses (Dienst- oder Arbeitsvertrag) entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung des Vertrages, die dem Geschäftsinhalt tatsächlich nicht entspricht. Was Geschäftsinhalt ist, kann sich aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Parteien und aus der tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben. Widersprechen sich Vereinbarungen und praktische Durchführung, so ist letztere maßgebend.
Der freie Mitarbeiter ist Arbeitnehmer, wenn sein Beschäftigungsverhältnis durch seine persönliche Abhängigkeit in Gestalt seiner Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Dienstleistung geprägt ist, mag ihm auch ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbständigkeit verbleiben.
Derartige Arbeitnehmer können zeitlich befristet oder auf Produktionsdauer beschäftigt werden, wenn dies nach dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte erforderlich ist. Im Einzelfall bedarf es einer Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Arbeitnehmers an einem Bestandsschutz und den Einbußen, welche die Anerkennung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses für die Rundfunkfreiheit bedeutet. Liegt bei der letzten von mehreren Befristungen ein sachlicher Grund nicht vor, so entsteht ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit.
bb) Das Berufungsgericht hat zu den das Beschäftigungsverhältnis des Klägers prägenden Merkmalen festgestellt:
Der Kläger war zunächst von 1967 bis 1971 beim S. Rundfunk tätig; er ist dort, nachdem er vorübergehend für andere Sender der ARD gearbeitet hatte, seit 1979 wieder – und zwar zumindest bis 1987 in unveränderter Form – beschäftigt. Mit seiner Tätigkeit für den S. Rundfunk, die sich auf mindestens 20 Tage monatlich erstreckte und bei der er, soweit sich aus produktionstechnischen Abläufen nichts anderes ergab, an Dienstzeiten nicht gebunden war, erzielte er 4/5 bis 5/6 seines Einkommens. Seine Arbeiten erbrachte er im wesentlichen für zwei Redaktionen des Fernsehens, das Magazin „S 3” und den „S. Bilderbogen”. Als Autor und Realisator behandelte er Themen aus Wissenschaft und Gesellschaft, die teils von ihm selbst vorgeschlagen, teils von der jeweiligen Redaktion an ihn herangetragen wurden. Soweit seine Themenvorschläge bei den zuständigen Redakteuren Anklang fanden, erstellte er ein Expose, das er der Redaktionskonferenz vorlegte. Diese besprach es in seiner Abwesenheit und gab gelegentlich auch Änderungsanweisungen. Sodann erteilte die Redaktion einen Produktionsauftrag an die technische Direktion und die Abteilung Disposition, die das Produktionsteam zusammenstellte. Der Kläger sprach die Drehorte und Drehzeiten ab und legte im Zusammenwirken mit dem Kameramann die Einzelheiten der Bildgestaltung fest. Traten hierbei Differenzen auf, so wurden zwei Einstellungen abgedreht. Die Entscheidung, welche Version verwendet werden sollte, fiel beim Schnitt in Zusammenarbeit mit der Cutterin und gegebenenfalls mit dem zuständigen Redakteur. Die geschnittene Filmversion wurde von der Redaktion begutachtet und gelegentlich abgeändert, bevor der Bericht im Synchronstudio unter Zuziehung eines beim Sender beschäftigten Sprechers fertiggestellt wurde. Der Filmtext stammte vom Kläger als Autor, wurde aber gegebenenfalls von der Redaktion bearbeitet. Die Vergütung des Klägers erfolgte aufgrund von Einzelhonorarverträgen für die jeweilige Produktion.
cc) Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen davon auszugehen, daß die Arbeitsgerichte einer erneuten Statusklage stattgegeben und entschieden hätten, der Kläger stehe zum S. Rundfunk in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.
Außer Frage stand dabei, daß die Rechtsbeziehung des Klägers zum S. Rundfunk angesichts seiner weitgehenden Weisungsgebundenheit in zeitlicher und sachlicher Hinsicht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Arbeitsverhältnis zu beurteilen war. Die vom Arbeitsgericht Saarbrücken im Vorprozeß vertretene Auffassung, die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze bezögen sich nicht auf „Altfälle”, hätte der rechtlichen Prüfung ersichtlich nicht standgehalten. Allerdings hat der Kläger im Berufungsrechtszug Änderungen in der Vertragsdurchführung behauptet, die nach seiner Ansicht einer erneuten Statusklage hätten entgegenstehen können: Seit Frühjahr 1986 werde er vom S. Rundfunk hauptsächlich zur Erstellung von Fernsehfeatures und Dokumentationen von halbstündiger Dauer eingesetzt; der S. Rundfunk rechne nunmehr Recherchen, Realisation (Regie), Text und Endfertigung als unterschiedliche Honorarbestandteile ab; dabei würden Recherchen und Text als reine Autorenleistungen angesehen und von den sonstigen Leistungen getrennt. Dieses Vorbringen ist indessen nicht geeignet, die Erfolgsaussicht einer erneuten Klage in Frage zu stellen; denn die durch den Umfang der Weisungsgebundenheit geprägte persönliche Abhängigkeit des Klägers wird durch die behaupteten Änderungen nicht berührt.
Darüber hinaus hätten die Arbeitsgerichte auf die erneute Feststellungsklage angesichts der langjährigen Beschäftigung des Klägers beim S. Rundfunk jedenfalls die zwischen den Vertragspartnern zuletzt getroffene Vereinbarung über eine Befristung der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit bzw. deren Beschränkung auf den Zeitraum einer Produktion für unwirksam erklärt und damit dem Arbeitsverhältnis auf Dauer Bestandsschutz zugebilligt. Der Kläger gehörte zwar zu den programmgestaltenden Mitarbeitern; jedoch war nach den tatsächlichen Feststellungen sein künstlerischer und fachlicher Einfluß nicht so hoch zu bewerten, daß in seinem Fall der Gesichtspunkt der Rundfunkfreiheit nur jeweils befristete Beschäftigungen hätte rechtfertigen können.
Die Erfolgsaussicht einer erneuten Statusklage scheitert auch nicht an der Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils. Diese hindert die Gerichte in weiteren Prozessen lediglich an der Feststellung, der Kläger habe schon vor dem 28. Februar 1986 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum S. Rundfunk gestanden, verwehrt es ihnen aber nicht, für die Zeit danach aufgrund dann getroffener weiterer Vereinbarungen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu bejahen. Dabei können auch solche Tatsachen berücksichtigt werden, die bereits Grundlage des arbeitsgerichtlichen Urteils waren; denn Feststellungen, die sich auf derartige Tatsachen beziehen, nehmen an der Rechtskraft des ersten Urteils nicht teil (Senatsurteil vom 17. Februar 1983 – III ZR 174/81 – NJW 1983, 2032).
b) Die Erhebung einer erneuten Statusklage wäre für den Kläger auch nicht unzumutbar gewesen.
Aus der Führung des Arbeitsgerichtsprozesses waren ihm im Verhältnis zum S. Rundfunk erkennbare Nachteile nicht erwachsen. Derartige Nachteile mögen zwar, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, im Falle einer erneuten Klage zu befürchten gewesen sein. Das rechtfertigt aber nicht den Schluß, der Beklagte habe den Kläger im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als stehe dieser auf Lebenszeit in einem unbefristeten, von rechtlichen und tatsächlichen Risiken freien Arbeitsverhältnis zum S. Rundfunk. Wenn der Kläger den Standpunkt vertritt, zwischen ihm und dem S. Rundfunk bestehe nach wie vor ein unbefristeter Arbeitsvertrag, und den Beklagten wegen fehlerhaften Verhaltens bei der Durchsetzung dieses Standpunkts haftbar machen will, so kann er im Blick auf die ihm obliegende Schadensminderungspflicht nicht zeitlich unbegrenzt davon absehen, den S. Rundfunk auf Erfüllung der aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Pflichten zu verklagen. Sollte er die erneute Statusklage nur deswegen nicht erhoben haben, weil ihm sein Anwalt aufgrund fehlerhafter Beurteilung der Sach- und Rechtslage von einer solchen Maßnahme abgeraten hat, so müßte er sich das etwaige Anwaltsverschulden nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB zurechnen lassen.
Eine Verjährung des Ersatzanspruchs hätte dem Kläger selbst dann nicht gedroht, wenn entsprechend § 51 BRAO von einer nur dreijährigen Verjährungsfrist auszugehen wäre; im übrigen hat der Beklagte dem Kläger gegenüber – soweit ersichtlich erstmalig mit schreiben vom 7. Juli 1987 – auf die Verjährungseinrede verzichtet.
Die Zumutbarkeit der Klageerhebung scheitert auch nicht an der Kostenfrage. Kommt der Geschädigte seiner Schadensabwendungs- und -minderungspflicht nach, so hat ihm der schädiger die dabei entstandenen Aufwendungen zu ersetzen, und zwar auch dann, wenn die Maßnahme ohne Verschulden des Geschädigten erfolglos geblieben ist (Palandt/Heinrichs BGB 50. Aufl. § 254 Rn. 33). Demgemäß hat der Beklagte schon in seinem Schreiben an den damaligen Rechtsanwalt des Klägers vom 17. Juli 1987 zu erkennen gegeben, daß er eine „Kostenübernahme” erwäge, falls die RFFU als die für den Kläger zuständige Organisation Rechtsschutz verweigern sollte. In zweiter Instanz hat er dann endgültig seine Bereitschaft erklärt, dem Kläger für eine erneute Klage uneingeschränkt Rechtsschutz zu gewähren. Notfalls hätte der Kläger bis zur Klärung der Kostenfrage Prozeßkostenhilfe in Anspruch nehmen müssen.
3. Soweit der Mitverschuldensvorwurf reicht, ist das Schadensersatzbegehren des Klägers in vollem Umfang unbegründet. Offen bleibt jedoch, in welchem Zeitpunkt der Kläger im Blick auf die ihm obliegende Schadensminderungspflicht die erneute Statusklage zumutbarerweise hätte erheben müssen (zur Möglichkeit zeitlicher Differenzierung s. Senatsurteil vom 6. Oktober 1983 – III ZR 50/82 – BGHWarn 1983 Nr. 267).
a) Auszugehen ist dabei von der Erwägung, daß der Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten der Rechtssekretäre des Beklagten die arbeitsgerichtliche Feststellung erzielt hätte, er stehe zum S. Rundfunk in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, und daß ihm dann der durch die Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistete Bestandsschutz zugute gekommen wäre. Demgegenüber ist das Beschäftigungsverhältnis des Klägers infolge der Pflichtverletzung des Beklagten mit Unsicherheiten und Risiken behaftet, die sich daraus ergeben, daß der S. Rundfunk (auch) im Blick auf die Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Urteils dem Rechtsverhältnis die Anerkennung als Dauerarbeitsvertrag verweigert. Dabei ist unerheblich, daß bei zutreffender rechtlicher Würdigung die Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils von Anfang an einer erneuten Statusklage nicht entgegengestanden hätte. Für die Beurteilung des Mitverschuldens unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit ist entscheidend, daß – auch aus der Sicht einer anwaltlich beratenen Partei – Zweifel über die Tragweite der Rechtskraft bestehen konnten und eine erneute Klage gegen den S. Rundfunk von vornherein mit dieser Unsicherheit belastet war. Die Entscheidung, auf welche Schadenszeiträume sich der Mitverschuldensvorwurf bezieht, hängt mithin von dem Gewicht dieses durch die Pflichtverletzung des Beklagten geschaffenen Beurteilungsrisikos ab.
b) Daraus folgt: Vor Zustellung des Beschlusses, durch den das Landesarbeitsgericht das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers zurückgewiesen und seine Berufung als unzulässig verworfen hat, also vor dem 8. September 1986, schied eine erneute Klageerhebung von vornherein aus. Wann dem Kläger eine solche Maßnahme nach dem genannten Zeitpunkt zuzumuten war, hängt von der konkreten Entwicklung seiner Rechtsbeziehungen zum S. Rundfunk ab. Je frühzeitiger er geklagt hätte, desto größer wäre die Gefahr gewesen, daß die Arbeitsgerichte ihm die Rechtskraft des Urteils vom 28. Februar 1986 entgegengehalten hätten. Dieses Risiko verringerte sich erst mit zunehmender Zahl weiterer Produktionsaufträge, die seine weitere Tätigkeit für den S. Rundfunk eindeutig als unselbständigen Bestandteil seiner langjährigen Beschäftigung vor und nach dem arbeitsgerichtlichen Urteil auswiesen. Eine erneute Statusklage mit Feststellungswirkung vom Zeitpunkt der Klageerhebung an war ihm mithin erst zuzumuten, als die nach Rechtskraft des Urteils getroffenen Vereinbarungen bereits ein solches Eigengewicht erlangt hatten, daß sie – in Verbindung mit den vor dem 28. Februar 1986 erteilten Produktionsaufträgen – die Annahme eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zweifelsfrei rechtfertigten.
III.
Der festgestellte Sachverhalt ermöglicht dem Senat nicht die abschließende Beurteilung, zu welchem Zeitpunkt der Kläger hiernach die erneute Klage hätte erheben müssen, um dem Vorwurf des Mitverschuldens zu entgehen. Dazu bedarf es weiterer Feststellungen insbesondere zu Zahl und Inhalt der dem Kläger nach dem arbeitsgerichtlichen Urteil erteilten und von ihm ausgeführten weiteren Produktionsaufträge. Auch wird zu klären sein, wann er anwaltlichen Rat in Anspruch genommen hat, ohne den ihm eine hinreichend zuverlässige Beurteilung des Prozeßrisikos nicht möglich war. Das Berufungsgericht wird den Parteien Gelegenheit geben müssen, zu diesen Fragen, denen die Tatsacheninstanzen bisher nicht die ihnen zukommende rechtliche Bedeutung beigemessen haben, weiter vorzutragen.
Unterschriften
Krohn, Werp, Rinne, Wurm, Deppert
Fundstellen
Haufe-Index 1237650 |
BGHR |
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