Leitsatz (amtlich)
1. Die Benennung der Zwecke der Ermächtigung zur Ausnutzung eines genehmigten Kapitals unter Ausschluss des Bezugsrechts muss nicht im Ermächtigungsbeschluss, sondern kann auch in einem nach § 203 Abs. 2 Satz 2, § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG der Hauptversammlung zugänglich zu machenden Vorstandsbericht durch eine nicht abschließende, beispielhafte Aufzählung von Ausschlussfällen erfolgen.
2. Beschließt die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft eine Satzungsänderung, durch die der Vorstand bei der Nutzung eines genehmigten Kapitals ermächtigt wird, über den Ausschluss des Bezugsrechts zu entscheiden, ist der entsprechend § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG zu erstellende Vorstandsbericht bei der Auslegung des Hauptversammlungsbeschlusses heranzuziehen.
Normenkette
AktG § 186 Abs. 4 S. 2, § 203 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 11. August 2021 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. Oktober 2021 im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Nebenintervenientin zu tragen hat.
Klägerin und Nebenintervenientin tragen die Kosten des ersten Rechtszugs.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Nebenintervenientin zu tragen hat.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Beklagte ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 6.431.951 €, das in eine entsprechende Anzahl von auf den Inhaber lautende Stückaktien ohne Nennbetrag eingeteilt ist. Klägerin und Nebenintervenientin sind Aktionäre der Beklagten.
Rz. 2
Am 10. Mai 2017 veröffentlichte die Beklagte im elektronischen Bundesanzeiger die Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung am 28. Juni 2017. Als Tagesordnungspunkt 6 war die Beschlussfassung über die Ermächtigung des Vorstands zur Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals durch Änderung von § 5 Abs. 2 der Satzung aufgeführt, der wie folgt neu gefasst werden sollte:
"Der Vorstand ist ermächtigt, das Grundkapital der Gesellschaft mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum 27. Juni 2022 einmalig oder mehrmalig um bis zu insgesamt € 3.215.975,00 gegen Bar- und/oder Sacheinlagen durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender nennwertloser Stückaktien zu erhöhen (Genehmigtes Kapital 2017). […]
Der Vorstand ist jedoch ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen. […]."
Rz. 3
Der in der Einberufung zur Hauptversammlung bekanntgemachte Bericht des Vorstands zur Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts hatte u.a. folgenden Inhalt:
"Vorstand und Aufsichtsrat schlagen der Hauptversammlung die Beschlussfassung über die Schaffung eines neuen "Genehmigten Kapitals 2017" mit der Möglichkeit zum Ausschluss des Bezugsrechts durch Änderung von § 5 Absatz 2 der Satzung vor. Es soll das bisher bestehende und nicht ausgenutzte Genehmigte Kapital 2012 ablösen. Mit dem Genehmigten Kapital 2017 soll die Gesellschaft in die Lage versetzt werden, auch künftig einen entsprechenden Finanzbedarf schnell und flexibel zu decken. Der Nennbetrag des genehmigten Kapitals darf die Hälfte des Grundkapitals, das zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, nicht übersteigen. [...]
Die Aktionäre haben bei der Ausnutzung des Genehmigten Kapitals 2017 grundsätzlich ein Bezugsrecht. […] Die vorgeschlagene Ermächtigung sieht jedoch vor, dass der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre ausschließen kann. […]
Gegenwärtig besteht keine konkrete Absicht der Verwaltung, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen. Der Vorstand wird die jeweils nächste Hauptversammlung über die Ausnutzung des Genehmigten Kapitals 2017 unterrichten, sofern und soweit er künftig von der Ermächtigung Gebrauch macht.
Im Rahmen der gebotenen abstrakten Betrachtung kommt ein künftiger Einsatz des Genehmigten Kapitals 2017 unter anderem, aber nicht ausschließlich, in den folgenden Fällen in Betracht.
Für Spitzenbeträge […]
Erleichterter Bezugsrechtsausschluss im Sinne des § 186 Absatz 3 Satz 4 AktG […]
Sollte der Vorstand von der durch §§ 203 Absatz 1 und 2, 186Absatz 3 Satz 4 AktG gegebenen Möglichkeit zum vereinfachten Bezugsrechtsausschluss Gebrauch machen, würde auf das Ermächtigungsvolumen der anteilige Betrag am Grundkapital, der auf Aktien entfällt, die seit dem Zeitpunkt der Eintragung des Genehmigten Kapitals 2017 unter Bezugsrechtsausschluss in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung von § 186 Absatz 3 Satz 4 AktG ausgegeben oder veräußert werden, angerechnet. […]
Bei einer Barkapitalerhöhung, wenn dies erforderlich erscheint, um einen höheren Ausgabekurs der Aktien zu erzielen, als er bei Gewährung des gesetzlichen Bezugsrechts möglich wäre und der Erlös dazu dient, einen akuten Finanzbedarf der Gesellschaft zudecken […]
Bei Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen zur Gewährung von Aktien im Rahmen des Erwerbs von Unternehmen, Unternehmensteilen oder Beteiligungen an Unternehmen oder von sonstigen Vermögensgegenständen oder zur Gewährung von Aktien im Rahmen des Erwerbs von gegen die Gesellschaft gerichteten Geldforderungen aus Lieferungen und/oder Leistungen oder aus Rückzahlungs- und/oder Zinsforderungen aus Darlehensvereinbarungen […]"
Rz. 4
Die Hauptversammlung stimmte Tagesordnungspunkt 6 und der entsprechenden Satzungsänderung mit der erforderlichen Mehrheit zu. Die Klägerin nahm an der Hauptversammlung teil und erklärte Widerspruch gegen den Hauptversammlungsbeschluss. Mit ihrer Anfechtungsklage will sie den Beschluss der Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 6 insoweit für nichtig erklären lassen, als der Vorstand zum Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt wurde. Hilfsweise begehrt sie, den Beschluss insgesamt für nichtig zu erklären.
Rz. 5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
Rz. 7
I. Das Berufungsgericht (OLG Nürnberg, ZIP 2021, 1756) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 8
Der Beschluss der Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 6 sei weder hinsichtlich der Schaffung des genehmigten Kapitals noch hinsichtlich der Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss rechtswidrig oder gar nichtig.
Rz. 9
Die Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss sei sachlich gerechtfertigt. Hierfür genüge es, dass die Maßnahme im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liege und der Hauptversammlung allgemein und in abstrakter Form bekannt gegeben werde. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt.
Rz. 10
Es liege auch keine Verletzung der aus § 203 Abs. 2 Satz 2, § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG folgenden Berichtspflicht vor. Dass der Vorstandsbericht nicht abschließend sämtliche denkbaren Anwendungsfälle eines Ausschlusses des Bezugsrechts enthalte, führe nicht zur Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses. Spiegelbildlich zu den materiellen Anforderungen an die Beschlussfassung genüge der Vorstand seiner Berichtspflicht mit der allgemeinen Bekanntgabe der Maßnahme in abstrakter Form. Hierzu reiche es aus, lediglich beispielhaft Fälle aufzuzeigen, in denen ein Bezugsrechtsausschluss in Betracht komme und im Interesse der Gesellschaft liege. Die Ausnutzung des genehmigten Kapitals unter Ausschluss des Bezugsrechts müsse im Hinblick auf ihre sachliche Rechtfertigung den angeführten Zwecken vergleichbar sein und im Kern entsprechen.
Rz. 11
II. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der von der Hauptversammlung gefasste Beschluss, mit dem der Vorstand zur Schaffung eines genehmigten Kapitals und dazu ermächtigt wurde, das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, verstößt nicht gegen Gesetz oder Satzung (§ 243 Abs. 1 AktG).
Rz. 12
1. Entgegen der Auffassung der Revision kann die Hauptversammlung die Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre nach § 203 Abs. 2 Satz 1, Satz 2, § 186 Abs. 4 AktG im Rahmen eines genehmigten Kapitals uneingeschränkt in das pflichtgemäße Ermessen des Vorstands stellen. Die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss, wie sie hier durch Satzungsänderung erteilt wurde, bedarf keiner abschließenden Aufführung der mit einer Ausschließung des Bezugsrechts verfolgten Zwecke. Die Benennung der Zwecke der Ermächtigung zur Ausnutzung eines genehmigten Kapitals unter Ausschluss des Bezugsrechts muss nicht im Ermächtigungsbeschluss, sondern kann auch in einem nach § 203 Abs. 2 Satz 2, § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG der Hauptversammlung zugänglich zu machenden Vorstandsbericht durch eine nicht abschließende, beispielhafte Aufzählung von Ausschlussfällen erfolgen.
Rz. 13
a) Genehmigtes Kapital dient dazu, der Aktiengesellschaft bzw. ihren Verwaltungsorganen die Bewegungsfreiheit zu geben, die erforderlich ist, um auf dem Kapital- und Beteiligungsmarkt sich bietende Gelegenheiten rasch, flexibel und erfolgreich ausnutzen zu können. Zur Wahrnehmung solcher Gelegenheiten kann es im Einzelfall erforderlich und gerechtfertigt sein, das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, wozu der Vorstand nach § 203 Abs. 2 Satz 1 AktG ermächtigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 136 f. - Siemens/Nold; Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 148/03, BGHZ 164, 241, 246 f. - Mangusta/Commerzbank I; Beschluss vom 21. November 2005 - II ZR 79/04, ZIP 2006, 368 Rn. 4; Beschluss vom 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2110 Rn. 3).
Rz. 14
aa) Der regelmäßig auf künftige, noch unbestimmte Kapitalbeschaffungsmaßnahmen abzielende Ermächtigungsbeschluss bedarf seinerseits keiner sachlichen Rechtfertigung, die nur in Bezug auf eine konkrete Maßnahme sinnvoll beurteilt werden könnte. Vielmehr hat die Hauptversammlung lediglich zu prüfen und darüber zu entscheiden, ob die ihr in allgemeiner Form von der Verwaltung vorgeschlagene Maßnahme bei abstrakter Beurteilung im Interesse der Gesellschaft liegt (BGH, Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 139 - Siemens/Nold; Beschluss vom 21. November 2005 - II ZR 79/04, ZIP 2006, 368 Rn. 4;Beschluss vom 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122 Rn. 4; Beschluss vom 21. Juli 2008 - II ZR 1/07, ZIP 2009, 913 Rn. 8).
Rz. 15
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht es der Hauptversammlung grundsätzlich frei, die Grenzen der von ihr erteilten Ermächtigung zu bestimmen (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122 Rn. 5; Urteil vom 18. Mai 2009 - II ZR 262/07, BGHZ 181, 144 Rn. 26- Mindestausgabebetrag). Sie kann die Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts dabei auch uneingeschränkt in das pflichtgemäße Ermessen des Vorstands stellen (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122 Rn. 5; Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 139- Siemens/Nold; aus dem Schrifttum etwa Koch, AktG, 17. Aufl., § 203 Rn. 26;T. Busch/D. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 5. Aufl., Rn. 45.12; Schickerling, Information und Rechtsschutz beim genehmigten Kapital unter Bezugsrechtssausschluss, 2007, S. 68; Ekkenga, AG 2001, 615, 617; Kindler, ZGR 1998, 35, 62). In diesem Fall kann die Maßnahme naturgemäß nicht konkret umschrieben und mit konkreten Erfordernissen begründet werden, aber gleichwohl von der Hauptversammlung auf ihre allgemeine Vereinbarkeit mit dem wohlverstandenen Gesellschaftsinteresse geprüft werden (BGH, Beschluss vom 21. November 2005 - II ZR 79/04, ZIP 2006, 368 Rn. 5).
Rz. 16
cc) So hat es der Bundesgerichthof u.a. gebilligt, den Vorstand zur Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten im Sinne von § 221 AktG zwecks Erwerbs von Beteiligungen o.ä. sowie zur Gewinnung neuer Investoren für die Gesellschaft zu ermächtigen, wenn dies mit dem Interesse der Gesellschaft an der flexiblen Ergreifung sich bietender Finanzierungsmöglichkeiten begründet wird (BGH, Beschluss vom 21. November 2005 - II ZR 79/04, ZIP 2006, 368 Rn. 7). Ebenso hat der Bundesgerichtshof es ausreichen lassen, die Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts damit zu begründen, dass die Gesellschaft hierdurch die Flexibilität zu kurzfristiger Wahrnehmung günstiger Kapitalmarktsituationen erhalte und durch diese Maßnahme auch ein Kursänderungsrisiko für den Zeitraum einer Bezugsfrist vermieden werden könne (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122 Rn. 5).
Rz. 17
b) Die gegen diese Rechtsprechung erhobenen Einwände der Revision greifen nicht durch.
Rz. 18
aa) Der Senat teilt nicht das Bedenken der Revision, mit einer uneingeschränkten, im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands stehenden Ermächtigung werde dieser nicht ausreichend gebunden und erhalte einen zu großen Spielraum, um den Ausschluss des Bezugsrechts zu rechtfertigen (vgl. KK-AktG/Kuntz, 3. Aufl., § 203 Rn. 131, 49 ff.; Lieder in Bügers/Körber/Lieder, AktG, 5. Aufl., § 203 Rn. 36; Bednarz, DB 2021, 2956; Goslar, EwiR 2018, 327, 328; Kocher, BB 2018, 781, 787; Lingen, AG 2021, R 280, R 282). Für die Zulässigkeit einer uneingeschränkten, im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands stehenden Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts sprechen Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 203 Abs. 2 AktG.
Rz. 19
(1) Der Wortlaut der Vorschrift verlangt keine Beschränkung der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss auf bestimmte von der Hauptversammlung vorgegebene Zwecke. Auch soweit § 203 Abs. 2 Satz 2 AktG die sinngemäße Geltung von § 186 Abs. 4 AktG anordnet, folgt hieraus für den Inhalt eines Vorstandsberichts (§ 186 Abs. 4 Satz 2 AktG) nur, dass die Gründe für die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss anzugeben sind, was auch das Interesse der Gesellschaft an einer uneingeschränkten Ermächtigung der Verwaltung umfassen kann (a.A. Liebert, Der Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften, 2003, S. 190 f.).
Rz. 20
(2) Mit der Einführung des § 203 Abs. 2 AktG bezweckte der Gesetzgeber zwar den Schutz des Bezugsrechts der Aktionäre, das nach der bis dahin geltenden Rechtslage vom Vorstand im Rahmen eines genehmigten Kapitals auch dann ausgeschlossen werden konnte, wenn die Ermächtigung keine Bestimmung hierzu enthielt. Die Aktionäre sollten über die Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts selbst entscheiden, was der Hauptversammlung unter sinngemäßer Anwendung des § 186 Abs. 4 AktG vorher anzukündigen ist (§ 203 Abs. 2 Satz 2 AktG). Der Gesetzgeber ist gleichwohl davon ausgegangen, dass sich im Zeitpunkt der Ausübung der Ermächtigung durch den Vorstand die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft geändert haben können und die Hauptversammlung dem Vorstand auch hierfür die Kompetenz übertragen darf, eine den wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasste Entscheidung zum Bezugsrecht im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu treffen (Begründung des Regierungsentwurfs, Kropff, Aktiengesetz 1965, S. 305; ähnlich die Begründung zur Vorgängervorschrift § 191 Abs. 2 AktG: RegE AktG, BT-Drucks. III/1915, S. 194 und BT-Drucks. IV/171, S. 194).
Rz. 21
Damit hatte der Gesetzgeber gerade vor Augen, dass der Vorstand das genehmigte Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts in einem Fall ausnutzen darf, der im Zeitpunkt der Erteilung der Ermächtigung durch die Hauptversammlung noch nicht absehbar ist. Diesem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel widerspräche es, abschließende Vorgaben für die Ausübung der Ermächtigung zu verlangen, zumal niemand über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg genau vorhersehen kann, für welche Zwecke das genehmigte Kapital und ein diesbezüglicher Ausschluss des Bezugsrechts sinnvoll genutzt werden können (Schickerling, Information und Rechtsschutz beim genehmigten Kapital unter Bezugsrechtsausschluss, 2007, S. 68; Waclawik, ZIP 2006, 397, 399).
Rz. 22
bb) Entgegen der Auffassung der Revision sind die Aktionäre durch den ihnen zustehenden gerichtlichen Rechtschutz vor einem rechtswidrigen Ausschluss ihres Bezugsrechts hinreichend geschützt.
Rz. 23
(1) Mit den durch die "Siemens/Nold"-Entscheidung aufgestellten Anforderungen an den Ermächtigungsbeschluss zur Schaffung eines genehmigten Kapitals sollte der Schutz der Aktionäre weder herabgesetzt noch der Kompetenzbereich des Vorstands zu Lasten der Hauptversammlung erweitert werden (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 254 - Mangusta/Commerzbank II). Die konkrete Prüfung, ob eine bestimmte Maßnahme von der Ermächtigung gedeckt und der Ausschluss des Bezugsrechts sachlich gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1978 - II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 45 f.), hat der Vorstand, unter Kontrolle des Aufsichtsrats (§ 204 Abs. 1 Satz 2 AktG), vorzunehmen, wenn er von der Ermächtigung Gebrauch macht (BGH, Beschluss vom 21. November 2005 - II ZR 79/04, ZIP 2006, 368 Rn. 5; Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 139 f. - Siemens/Nold).
Rz. 24
(2) Die Aktionäre können die Entscheidung des Vorstands im Wege der Unterlassungs- oder Feststellungsklage dahingehend überprüfen lassen, ob der Vorstand bei der Ausnutzung des genehmigten Kapitals bzw. der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss unter Überschreitung der ihm eingeräumten Kompetenzen Entscheidungen getroffen hat, die von den gesetzlichen Vorgaben und/oder dem Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung nicht gedeckt sind (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 254 - Mangusta/Commerzbank II; Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 140 f.; Urteil vom 10. Juli 2018 - II ZR 120/16, BGHZ 219, 215 Rn. 17; Urteil vom 7. Mai 2019 - II ZR 278/16, ZIP 2019, 1478 Rn. 15 ff.).
Rz. 25
(3) Wenn die Gesellschaft einem Unterlassungsurteil zuwider handelt oder entgegen einem Feststellungsurteil den tatsächlich geschaffenen Zustand zum Nachteil der klagenden Aktionäre aufrechterhält, kann dieses Grundlage für die Geltendmachung konkreter Sekundäransprüche im Klagewege gegen die Gesellschaft bilden, die wiederum bei der Verwaltung Rückgriff nehmen kann (§ 93 Abs. 2, § 116 Satz 1 AktG), sowie entsprechende Anträge in der Hauptversammlung, etwa auf Versagung der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, auf Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder (§ 103 AktG) oder auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 147 AktG, rechtfertigen (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 254 - Mangusta/Commerzbank II).
Rz. 26
c) Nach diesen Grundsätzen ist der von der Beklagten unter Tagesordnungspunkt 6 gefasste Beschluss mit seiner im Vorstandsbericht gegebenen Begründung nicht zu beanstanden. Die Benennung der Zwecke der Ermächtigung zur Ausnutzung eines genehmigten Kapitals unter Ausschluss des Bezugsrechts muss nicht im Ermächtigungsbeschluss, sondern kann auch in einem nach § 203 Abs. 2 Satz 2, § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG der Hauptversammlung zugänglich zu machenden Vorstandsbericht durch eine nicht abschließende, beispielhafte Aufzählung von Ausschlussfällen erfolgen.
Rz. 27
aa) Der Beschluss der Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 6 umfasst die im Vorstandsbericht genannten Beispielsfälle und bindet die Verwaltung bei der Ausübung der Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts. Beschließt die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft eine Satzungsänderung, wonach der Vorstand bei der Nutzung eines genehmigten Kapitals ermächtigt wird, über den Ausschluss des Bezugsrechts zu entscheiden, ist der entsprechend § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG zu erstellende Vorstandsbericht bei der Auslegung des Hauptversammlungsbeschlusses heranzuziehen.
Rz. 28
(1) Satzungsbestimmungen, denen, wie bei der Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts, körperschaftsrechtlicher Charakter zukommt, sind grundsätzlich nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1988 - II ZR 96/88, BGHZ 106, 67, 71; Urteil vom 11. Oktober 1993 - II ZR 155/92, BGHZ 123, 347, 350; jeweils mwN; Urteil vom 31. Januar 2023 - II ZR 144/21, WM 2023, 437 Rn. 17). Dabei kommen Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung ebenso maßgebende Bedeutung zu wie dem systematischen Bezug der Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Die Auslegung des Berufungsgerichts unterliegt der freien Nachprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr.; z.B. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1991 - II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 364; Urteil vom 11. Oktober 1993 - II ZR 155/92, BGHZ 123, 347, 350; Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 279/09, ZIP 2011, 2357 Rn. 8; Urteil vom 29. Juli 2014 - II ZR 243/13, BGHZ 202, 202 Rn. 14; Urteil vom 31. Januar 2023 - II ZR 144/21, WM 2023, 437 Rn. 17). Nichts anderes gilt für den satzungsändernden Beschluss (BGH, Urteil vom 13. Oktober 1966 - II ZR 56/64, BeckRS 1966, 31173483; Urteil vom 9. November 2021 - II ZR 137/20, ZIP 2022, 77 Rn. 12; Urteil vom 18. Januar 2022 - II ZR 71/20, ZIP 2022, 793 Rn. 15).
Rz. 29
(2) Bei der Auslegung können auch aus den Registerakten ersichtliche Umstände Berücksichtigung finden (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1991 - II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 366; Urteil vom 11. Oktober 1993 - II ZR 155/92, BGHZ 123, 347, 350 f. mwN.; Beschluss vom 26. November 2007 - II ZR 227/06, AG 2008, 83 Rn. 2). Deshalb hat der Senat Vorstandsberichte, die den Aktionären bei Einberufung der Hauptversammlung in vollem Umfang oder ihrem wesentlichen Inhalt nach bekanntgemacht werden, bei der Auslegung von Hauptversammlungsbeschlüssen herangezogen, weil sie gemäß § 130 Abs. 3 AktG der Niederschrift als Anlage beigefügt oder inhaltlich in die Niederschrift aufgenommen und nach der Versammlung gemäß § 130 Abs. 5 AktG in Form einer öffentlich beglaubigten Abschrift mit der Niederschrift zum Handelsregister eingereicht werden (BGH, Beschluss vom 30. Januar 1995 - II ZR 132/93, ZIP 1995, 372, 373; Urteil vom 19. Mai 2015 - II ZR 176/14, BGHZ 205, 319 Rn. 37; vgl. bereits BGH, Urteil vom 19. April 1982 - II ZR 55/81, BGHZ 83, 319). Aber auch wenn der Bericht der Hauptversammlung gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG zugänglich gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2022 - II ZR 103/20, BGHZ 234, 19) und nicht bereits in der Einladungsbekanntmachung enthalten ist, muss er der notariell aufgenommenen Niederschrift als Anlage beigefügt und gem. § 130 Abs. 5 AktG zum Handelsregister eingereicht werden (MünchKommAktG/Kubis, 5. Aufl., § 130 Rn. 80; Mülbert in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 130 Rn. 121; KK-AktG/Noack/Zetzsche, 4. Aufl., § 130 Rn. 265; a.A. lediglich freiwillig: Drinhausen in Hölters/Weber, AktG, 4. Aufl. 2022, § 130 Rn. 39; Ziemons in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 130 Rn. 79; Wachter/Wachter, AktG, 4. Aufl., § 130 Rn. 73; BeckOGK AktG/Wicke, Stand 1.1.2023, § 130 Rn. 89).
Rz. 30
(3) Danach kann der Bericht des Vorstands der Beklagten zur Auslegung des Beschlusses über die Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts herangezogen werden. Der Bericht war in der Einladung zur Hauptversammlung bekannt gemacht worden, die der Notar als Anlage zur Niederschrift über die Hauptversammlung vom 28. Juni 2017 mit aufgenommen hat.
Rz. 31
bb) Die allgemeine Umschreibung der Zwecke der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss kann auch durch eine nicht abschließende, beispielhafte Benennung von Ausschlussfällen erfolgen (Koch, AktG, 17. Aufl., § 203 Rn. 26; Fuhrmann, WuB 2022, 15, 18). Die Aktionäre bringen damit zum Ausdruck, in welchen Fällen der Ausschluss des Bezugsrechts auf der Grundlage einer abstrakten Beurteilung im Gesellschaftsinteresse liegt. Für die Ausübung der Ermächtigung in einem nicht benannten Fall, die nach dem Vorstandsbericht ausdrücklich eröffnet werden sollte, folgt daraus, dass der Vorstand ein die jeweilige Maßnahme legitimierendes Gesellschaftsinteresse unabhängig von den beispielhaft aufgeführten Ausschlussfällen, für die ein entsprechender Wille der Hauptversammlung bereits zum Ausdruck gebracht wurde, feststellen muss.
Rz. 32
Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen einer gegen einen Verwaltungsbeschluss angestrengten Aktionärsklage kommt dem Aktionärsschutz dabei entgegen. Bei der Beurteilung der Frage, ob sich der Vorstand beim Ausschluss des Bezugsrechts innerhalb des ihn bindenden Rahmens seiner Ermächtigung gehalten hat, handelt es sich in erster Linie um eine Rechtsfrage. Wird die Ermächtigung wie hier im Vorstandsbericht lediglich beispielhaft konkretisiert, läuft die Verwaltung zudem Gefahr, die Grenzen der Ermächtigung bei Inanspruchnahme eines Analogfalls zu überschreiten. Soweit tatsächliche Voraussetzungen der Ermächtigung im Streit stehen, haben die Aktionäre bei einer gegen Verwaltungsbeschlüsse im Rahmen der Ausübung eines genehmigten Kapitals gerichteten Klage den Eingriff in ihr Bezugsrecht darzulegen und zu beweisen (vgl. Decher, ZGR 2019, 1122, 1156; Schäfer/Zickgraf, ZHR 185 [2021], 226, 248), während die Gesellschaft darzulegen und zu beweisen hat, dass die Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts sachlich gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - II ZR 120/16, BGHZ 219, 215 Rn. 45 ff.; BeckOGK AktG/Drescher, Stand 1.1.2023, § 243 Rn. 252) und sich innerhalb der Grenzen der ihr erteilten Ermächtigung hält. Bestehende Unklarheiten der durch die Hauptversammlung erteilten Ermächtigung dürfen angesichts der grundsätzlichen Kompetenz der Hauptversammlung für den Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 AktG) nicht zum Nachteil der die Ermächtigung erteilenden Aktionäre gehen. Vielmehr hat der Vorstand bei Zweifeln über das Vorliegen der Voraussetzungen von der Ausübung abzusehen und die Ermächtigung geht ins Leere (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122 Rn. 5).
Rz. 33
2. Weitergehende Anforderungen an die materielle Rechtfertigung des Ermächtigungsbeschlusses sind entgegen der Auffassung der Revision weder aufgrund der Aktionärsstruktur der Beklagten noch des Umfangs der Ermächtigung zu stellen.
Rz. 34
a) Die Anforderungen an den Ermächtigungsbeschluss und den Vorstandsbericht unterscheiden sich nach der Rechtsprechung des Senats nicht danach, wer die Aktien der Gesellschaft hält. Die von der Revision befürwortete Verschärfung der Anforderungen bei Vorhandensein eines Großaktionärs findet im Gesetz keine Stütze; sie ist auch nicht sachgerecht. Gegen diese Sichtweise spricht bereits, dass dem Ermächtigungsbeschluss mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals zustimmen muss (§ 202 Abs. 2 Satz 2 AktG). Diese breite Mehrheit wird unabhängig davon, wie sie sich zusammensetzt, mit dem genehmigten Kapital andere Ziele verfolgen können als die die Maßnahme ablehnende Minderheit. Die Minderheitsgesellschafter sind in dem Fall, dass die erforderliche Mehrheit breit gestreut ist, in gleicher Weise schutzwürdig wie bei Vorhandensein eines Großaktionärs. Umgekehrt rechtfertigt der Umstand, dass sich das für einen Ermächtigungsbeschluss nötige Kapital in einer Hand befindet, nicht, der Gesellschaft die flexible Ausnutzung günstiger, kurzfristiger Finanzierungsmöglichkeiten durch Aufstellung nicht praktikabler Anforderungen zu verwehren. Tragender Grund für die Aufgabe der früheren Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 19. April 1982 - II ZR 55/81, BGHZ 83, 319) war nämlich, dass die dort aufgestellten Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss im Rahmen eines genehmigten Kapitals zu streng und nicht praktikabel waren (BGH, Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 132/93, BGHZ 136, 133 - Siemens/Nold). Der Gefahr, dass der Vorstand bei der Ausübung der Ermächtigung das Gesellschaftsinteresse gegenüber desjenigen eines die Verwaltung beherrschenden Großaktionärs zurückstellt, ist deshalb auch hier nicht bereits auf der Ebene des Ermächtigungsbeschlusses zu begegnen (a.A. Priester, AG 2022, 117, 120 ff.). Vielmehr ist eine derartige Vorstandsentscheidung vor dem Hintergrund der sachlichen Rechtfertigung der Maßnahme sowie der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53a AktG) besonders streng zu prüfen (BeckOGK AktG/Wamser, Stand 1.1.2023, § 203 Rn. 85).
Rz. 35
b) Ohne Erfolg bleibt auch der weitergehende Einwand der Revision, bei einer Aktiengesellschaft mit einem Mehrheitsaktionär bedürfe der Ermächtigungsbeschluss einer zusätzlichen sachlichen Rechtfertigung, wenn der Vorstand zum Bezugsrechtsausschluss bei Barkapitalerhöhungen jenseits der Grenze des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ermächtigt werde. Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass die Anforderungen an Ermächtigungsbeschluss und Vorstandsbericht nicht vom Umfang der Ermächtigung abhängen (BGH, Beschluss vom 21. November 2005 - II ZR 79/04, ZIP 2006, 368 Rn. 5). Solche zusätzlichen Anforderungen lassen sich insbesondere nicht aus dem Rechtsgedanken des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG herleiten, weil dort nur der Spezialfall einer sachlichen Rechtfertigung normiert ist, derer es bei einem auf unbestimmte Kapitalbeschaffungsmaßnahmen abzielenden Ermächtigungsbeschluss gerade nicht bedarf (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122 Rn. 4).
Rz. 36
3. Über den von der Revision verfolgten Hilfsantrag, den Hauptversammlungsbeschluss insgesamt für nichtig zu erklären, ist nicht zu entscheiden. Der Antrag steht unter der zulässigen prozessualen Bedingung, dass die Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts nicht isoliert angefochten werden kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Rz. 37
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss als selbständiger Streitgegenstand isoliert angefochten werden, wenn nach dem Beschlussinhalt kein innerer Zusammenhang zwischen den Beschlussgegenständen besteht oder ein solcher nicht hergestellt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 1982 - II ZR 55/81, ZIP 1982, 689, 692 [insoweit nicht in BGHZ 83, 319 abgedruckt]; Beschluss vom 11. Juni 2007 - II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122 Rn. 6; Urteil vom 19. Mai 2015 - II ZR 176/14, BGHZ 205, 319 Rn. 33).
Rz. 38
b) So liegt es hier. Nach dem Bericht des Vorstands (§ 186 Abs. 4 Satz 2 AktG) soll den Aktionären bei Ausnutzung des "Genehmigten Kapitals 2017" grundsätzlich ein Bezugsrecht zustehen, wodurch ausreichend ausgedrückt ist, dass mit der Ermächtigung nicht nur bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhungen bezweckt sind (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. April 1982 - II ZR 55/81, ZIP 1982, 689, 692).
Rz. 39
4. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits ist von Amts wegen (§ 308 Abs. 2, § 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO) dahingehend zu korrigieren, dass der Streithelferin, die nicht Rechtsmittelklägerin ist, gemäß § 101 Abs. 2, § 100 Abs. 1 ZPO die Kosten des ersten Rechtszugs gleichanteilig mit der Klägerin aufzuerlegen sind und sie ihre eigenen Kosten selbst zu tragen hat, da diese Vorschriften im Verhältnis der Streitgenossen untereinander nicht anwendbar sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2014 - II ZB 22/13, WM 2014, 2222 Rn. 8).
Born |
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B. Grüneberg |
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V. Sander |
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von Selle |
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Adams |
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Fundstellen
Haufe-Index 15747730 |
BB 2023, 1665 |
BB 2024, 196 |
DB 2023, 1659 |
DB 2023, 2169 |
DStR 2023, 1542 |