Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.01.2004) |
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6. Januar 2004 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung von sichergestellten Betäubungsmitteln sowie von Verpackungsmaterial angeordnet. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision hat keinen Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts arbeitete der aus Marokko stammende Angeklagte in der Gaststätte seines Neffen in Kö. als Aushilfskraft. Dieser trat zunächst mit der Bitte an ihn heran, einen gebrauchten Pkw auf seinen Namen zuzulassen, weil er eine günstigere Schadenfreiheitsklasse in der Haftpflichtversicherung beanspruchen könne. Kurze Zeit später teilte der Neffe des Angeklagten diesem mit, er wolle am nächsten Tag in die Niederlande fahren, um vier Kilogramm Haschisch zu kaufen und nach Deutschland einzuführen. Der Angeklagte solle ihm dabei helfen. Er gab dem Angeklagten einen Betrag von 300 DM als Entlohnung; als dieser sich gleichwohl weigerte, forderte er im Hinblick auf seine frühere Unterstützung des Angeklagten von diesem einen „Gefallen”. Der Angeklagte erklärte sich daraufhin schließlich einverstanden. Zu seiner Motivation hat das Landgericht festgestellt: „Der Angeklagte handelte nicht mit Gewinnstreben, sondern ließ sich von seinem Neffen auch aus verwandtschaftlicher Verbundenheit und wegen der ihm von diesem gewährten Vorteile überreden, die Kurierfahrt zu unternehmen, wobei die zuvor übergebene Summe von 300 DM bei der Motivation des Angeklagten nur einen sekundären Beweggrund darstellte” (UA S. 12).
Am Tattag fuhr der Angeklagte mit dem auf seinen Namen zugelassenen Pkw in die Niederlande; sein Neffe K. fuhr getrennt von ihm mit einem zweiten Pkw dorthin. In einer nicht genannten Stadt in den Niederlanden überließ der Angeklagte das Fahrzeug auf Geheiß seines Neffen zwei unbekannten Männern und wartete in einem Café. Der Pkw Mazda war, was der Angeklagte nicht wußte, zuvor professionell zum Drogentransport umgebaut worden. Während der Angeklagte wartete, wurden in einem unter dem Fahrzeugboden angebrachten Stauraum 73,218 kg Haschisch mit einem Gesamt-THC-Gehalt von 3,972 kg eingebaut. Sodann wurde das Fahrzeug wieder dem Angeklagten übergeben. Dieser fragte weder nach dem Ort des Verstecks im Fahrzeug noch nach der genauen Menge des versteckten Rauschgifts. Das Landgericht hat festgestellt, er habe billigend in Kauf genommen, 10 kg (statt der von K. mitgeteilten 4 kg) Haschisch zu transportieren. Nach dem Grenzübertritt nach Deutschland wurde der Angeklagte von der Polizei observiert, die durch eine Telefonüberwachungsmaßnahme von dem Transport informiert war. Bei einer Kontrolle des Fahrzeugs konnte zunächst das verborgene Haschisch nicht gefunden werden; der Pkw wurde jedoch sichergestellt; bei näherer Untersuchung fand man die oben genannte Menge. Der Angeklagte, der von seinem Neffen telefonisch gewarnt worden war, setzte sich zunächst am 13. November 2001 nach Marokko ab, stellte sich aber im Juli 2003 freiwillig den deutschen Justizbehörden und legte das Geständnis ab, auf dessen Inhalt die Feststellungen des Landgerichts im wesentlichen beruhen.
2. Die Verurteilung wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BGHSt 38, 315 f.; BGH NStZ-RR 1999, 186; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 19, 31, 34). Auch der Schuldspruch wegen tateinheitlichen täterschaftlichen Handeltreibens in nicht geringer Menge wird von den Feststellungen getragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs macht sich auch derjenige wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig, der als Kurier in fremdem Auftrag aus eigennützigen Gründen Rauschgift einführt und dadurch vorsätzlich eine fremde Absatztätigkeit fördert; ein eigenes Umsatzgeschäft des Kuriers oder hierauf gerichtete Aktivitäten sind nach dem von der Rechtsprechung angewendeten weiten Begriff des Handeltreibens nicht erforderlich (vgl. etwa BGHSt 29, 239, 240; 34, 124, 125; BGH NStZ-RR 1999, 186). Zwar ist nicht jede täterschaftliche Einfuhr und auch nicht jede eigennützige Förderung fremder Umsatzgeschäfte als täterschaftliches Handeltreiben zu bewerten. Die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Beihilfe folgt vielmehr allgemeinen Regeln; eine ganz untergeordnete – wenn auch eigennützige – Förderung fremder Umsatzgeschäfte genügt in der Regel für die Annahme von Täterschaft nicht (vgl. BGH StV 1995, 198; BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 – 2 StR 506/98 = NStZ-RR 1999, 186; Körner, BtMG 5. Aufl. § 29 Rdn. 296 f.; jew. m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben lag hier die Annahme einer nur unterstützenden Gehilfenstellung des Angeklagten nicht so nahe, daß die Abgrenzung zur Täterschaft im Urteil ausdrücklicher Erörterung bedurfte. Zwar war der Angeklagte weder über Lieferanten noch Abnehmer oder sonstige Beteiligte des geplanten Geschäfts noch über das Versteck und über die genaue Menge des transportierten Rauschgifts informiert und führte den Transport unter Begleitung und Anleitung seines Neffen K. durch. Er hatte jedoch als Alleinfahrer vorübergehend Alleingewahrsam an den Betäubungsmitteln und insoweit auch Tatherrschaft. Auch die Eigennützigkeit des Angeklagten ist nach den getroffenen Feststellungen noch zu bejahen. Der Angeklagte handelte, wenn auch nur sekundär, jedenfalls auch im Hinblick auf das Entgelt von 300 DM. Im übrigen ergibt sich aus den Feststellungen, daß er die Tat auch als Gegenleistung für die ihm gewährte – und aus seiner Sicht auch weiter zu gewährende – Arbeitsmöglichkeit und Unterkunft in der Gaststätte seines Neffen beging. Diese wirtschaftlichen Vorteile reichen, auch wenn sie den Angeklagten nur neben der verwandtschaftlichen Verbundenheit zur Tatbeteiligung motivierten, zur Annahme der Eigennützigkeit aus.
3. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe eine Transportmenge von 10 kg für möglich gehalten und gebilligt, beschwert den Angeklagten nicht. Zwar fehlt es insoweit an der Feststellung konkreter Umstände, auf welche das Landgericht gerade diese Mengenannahme gestützt hat. Nach den Umständen der Tat hätte dem Angeklagten jedoch die Gesamtmenge des transportierten Rauschgifts zugerechnet werden können.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Otten, Rothfuß, Fischer, Roggenbuck
Fundstellen
Haufe-Index 2557702 |
NStZ 2004, 696 |