Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 11.10.2004) |
Tenor
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 11. Oktober 2004 werden verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen.
Tatbestand
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft, die ihre – vom Generalbundesanwalt nicht vertretene – Revision auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts kaufte der Angeklagte, ein seit 1990 jedenfalls teilweise auch in der Nähe von Leipzig lebender niederländischer Staatsangehöriger, gestohlene LKW von unbekannten Tätern auf. Die LKW hatten insgesamt einen Zeitwert von etwa 320.000 DM. Der Angeklagte, der in Grimma und Zschortau in zwei Hallen einen angemeldeten Gebrauchtfahrzeug- und Schrotthandel betrieb, zerlegte die zwischen Juli 2000 und Juni 2001 im weiteren Umfeld von Leipzig entwendeten sechs LKW der Marke Mercedes-Benz in Kenntnis ihrer deliktischen Herkunft, um sich durch deren Verkauf eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sind unbegründet.
1. Die vom Angeklagten mit der Sachrüge begründete Revision bleibt ohne Erfolg. Die umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler ergeben. Die Überführung des Angeklagten, der in der Hauptverhandlung die Einlassung verweigert hat, beruht auf einer vollständigen, rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung. Dass das Landgericht ihn als Beteiligten der Vortat ausgeschlossen hat, steht hierzu nicht in einem den Angeklagten belastenden Widerspruch. Schließlich brauchte das Landgericht bei dem komplexen, in der Beweiswürdigung schwierigen Fall mit Auslandsbezug nicht näher darzulegen, dass keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK vorlag.
2. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft zeigt keinen Rechtsfehler auf.
a) Die strafmildernde Berücksichtigung der Ausländereigenschaft des Angeklagten ist indes nicht frei von Bedenken. Der Ausländerstatus rechtfertigt nur bei Vorliegen besonderer Umstände eine Strafmilderung. Solche Umstände kommen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Angeklagte bei Vollzug einer Freiheitsstrafe innerhalb der Haftanstalt erhebliche sprachliche Verständigungsschwierigkeiten zu gewärtigen hat oder der Kontakt zu seiner Familie erheblich erschwert ist (BGHSt 43, 233, 234; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Ausländer 2).
Beide Gesichtspunkte liegen hier nicht vor. Der Angeklagte hat zehn Jahre lang zumindest teilweise in Deutschland gelebt und ist nach den Urteilsfeststellungen der deutschen Sprache mächtig. Eine Erschwerung seiner Kontakte zu seiner Familie wirkt schon deshalb nicht strafmildernd, weil hier nahe liegt, dass der Angeklagte nach § 71 IRG die Freiheitsstrafe in den Niederlanden verbüßen wird. Im vorliegenden Fall mag allenfalls eine Härte für den Angeklagten darin zu sehen sein, dass bei einer Verbüßung der Freiheitsstrafe in den Niederlanden der Kontakt zu seiner zehnjährigen Tochter beeinträchtigt wäre, die in der Nähe von Leipzig lebt und die er bislang regelmäßig besucht hat. In diesem Sinne dürfte das Landgericht auch die von der Staatsanwaltschaft beanstandete Wendung gemeint haben. Im Übrigen schließt der Senat – in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt – aufgrund ihrer eher beiläufigen Erwähnung aus, dass die Ausländereigenschaft für das Landgericht ein bestimmender Gesichtspunkt im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO bei der Strafzumessung gewesen sein könnte.
b) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht nicht die über den reinen Sachwert der entwendeten LKW hinausgehenden Schäden unberücksichtigt gelassen. Vielmehr hat es sämtliche Umstände gewürdigt, die als verschuldete Auswirkungen der Tat im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB strafschärfend herangezogen werden dürfen. So hat das Landgericht Feststellungen getroffen über die bei den Geschädigten durch die Entwendung der LKW verursachten Verdienstausfälle und die ihnen entgangenen Aufträge. Dass es diesen Gesichtspunkt im Rahmen der konkreten Strafzumessung nicht wiederholt hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
c) Die Bildung der Gesamtstrafe begegnet gleichfalls keinen Bedenken. Das Landgericht durfte bei einem Gesamttatzeitraum von knapp einem Jahr und sechs Einzeltaten von einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgehen. Im Übrigen lassen die Erwägungen zur Gesamtstrafe keinen Rechtsfehler erkennen.
Unterschriften
Basdorf, Häger, Raum, Brause, Schaal
Fundstellen
Haufe-Index 2565561 |
NStZ 2006, 35 |
wistra 2005, 457 |
www.judicialis.de 2005 |