Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 02.09.2009) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 2. September 2009 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Wohnungseinbruchsdiebstahl mit Waffen und mit gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verhängt und hat ihn unter Einbeziehung einer nach Tatbegehung rechtskräftig verhängten Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt – bei einem Jahr Teilvorwegvollzug der Strafe – angeordnet. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Revision auf die Überprüfung des Strafausspruchs beschränkt. Sie beanstandet mit der Sachrüge allein die Strafrahmenwahl des Landgerichts. Das – vom Generalbundesanwalt vertretene – Rechtsmittel bleibt erfolglos.
Rz. 2
1. Die Strafkammer hat Folgendes festgestellt: Der beträchtlich, wegen Diebstahls einschlägig vorbestrafte, unter Bewährung stehende Angeklagte ist medikamenten- und spielsüchtig sowie schwer persönlichkeitsgestört. Bewaffnet mit einer geladenen Schreckschusspistole, die einer scharfen Waffe täuschend ähnelte, und mit einem Reizgassprühgerät brach er in der Tatnacht maskiert in das Wohnhaus des Nebenklägers ein. Im Erdgeschoss nahm er zunächst einige weniger wertvolle Kleinigkeiten an sich, die er später auf der Flucht wegwarf. Nachdem es ihm nicht gelungen war, drei Tresore aufzuhebeln, begab er sich ins Obergeschoss und dort ins Schlafzimmer, um nun durch Androhung von Gewalt den Zugang zu wertvollerem Stehlgut durchzusetzen. Er weckte den Nebenkläger und seine Ehefrau mit den Worten: „Überfall! Liegen bleiben!” Der Nebenkläger ließ sich nicht einschüchtern, gebot dem Angeklagten, das Haus zu verlassen, drängte den Angeklagten – ungeachtet dessen Hinweises auf angebliche Tatgenossen – aus dem Schlafzimmer und entwand ihm die Pistole, wobei sich durch ein Handgemenge zwei Schüsse lösten. Der Angeklagte blieb „wie versteinert” stehen und bat um Rückgabe der Waffe. Der Nebenkläger hielt ihn indes zunächst noch fest und forderte seine Frau auf, die Polizei zu verständigen. Um fliehen zu können, spritzte der Angeklagte dem Nebenkläger Reizgas ins Gesicht.
Rz. 3
Das Landgericht hat die Strafe dem unter Verbrauch des vertypten Milderungsgrundes des § 21 StGB (§ 50 StGB) herangezogenen Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB entnommen. Die Möglichkeit einer für den Angeklagten günstigeren doppelten Verschiebung des Strafrahmens des § 250 Abs. 2 StGB gemäß § 49 Abs. 1 StGB nach § 21 und § 23 Abs. 2 StGB hat das Landgericht verworfen, da unter Berücksichtigung der versuchsbezogenen Strafmilderungsgründe eine Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB ausscheide.
Rz. 4
2. Diese Strafrahmenbestimmung ist ebenso wie die daran anknüpfende Strafzumessung im engeren Sinne rechtsfehlerfrei. Das Tatgericht hat den ihm eingeräumten, vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum für die Zubilligung eines minder schweren Falles (vgl. BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall Gesamtwürdigung 7; Gesamtwürdigung, fehlerfreie 1) nicht überschritten. Die der Strafrahmenwahl zugrunde gelegte tatgerichtliche Gesamtwürdigung ist weder lückenhaft noch widersprüchlich; es sind keine wesentlichen strafschärfenden Gesichtspunkte unerwähnt geblieben. Reue und weitgehendes Geständnis, Versuch und geringe Diebstahlsbeute, länger andauernde Untersuchungshaft bei erhöhter Strafempfindlichkeit und ein eher geringer Grad an angewendeter Gewalt durften strafmildernd berücksichtigt werden. Das Alter des Angeklagten und sein bisheriger krimineller Werdegang hinderten das Tatgericht nicht, bei ihm einen zu seinen Gunsten zu berücksichtigenden Eindruck der Unreife zu gewinnen. Die Vorbereitungsintensität hat das Landgericht ebenso zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt wie das Tatbild, das in besonderem Maße zur psychischen Beeinträchtigung der Opfer geeignet war; in diesem Zusammenhang bedurfte die festgestellte Maskierung des Angeklagten nicht unerlässlich der nochmaligen ausdrücklichen Erwähnung. Der Gesichtsverletzung des Nebenklägers durch Reizgas ist mit der strafschärfenden Beachtung der tateinheitlichen gefährlichen Körperverletzung hinreichend Rechnung getragen worden.
Rz. 5
Die verhängte Strafe mag im Blick auf die Vorbelastungen des Angeklagten und das Tatbild eher milde bemessen sein. Namentlich vor dem Hintergrund unbestritten rechtsfehlerfreier Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB und angesichts des eher untypischen Tatverhaltens des Angeklagten nach der persönlichen Konfrontation mit den Opfern, das eher Kopflosigkeit als besonders starke kriminelle Energie aufwies, sowie der Verwendung weniger gefährlicher Waffen ist die Strafe jedenfalls noch nicht unvertretbar niedrig, so dass das Revisionsgericht etwa das Ergebnis der Strafbemessung beanstanden müsste.
Unterschriften
Basdorf, Raum, Brause, König, Bellay
Fundstellen