Leitsatz (amtlich)
a) Die Ausschlussfrist des § 7 Abs. 8 S. 2 VermG wird gewahrt, wenn der Verfügungsberechtigte dem Berechtigten das Schreiben, mit dem er seine Ansprüche geltend macht, innerhalb der Frist mittels Telekopie zuleitet.
b) Nach § 7 Abs. 2 VermG sind auch Werterhöhungen auszugleichen, die vor dem 8.5.1945 herbeigeführt worden sind. Das gilt auch in den Fällen des § 1 Abs. 6 VermG.
c) Der Anspruch auf Wertausgleich nach § 7 Abs. 2 VermG steht auch dem Erben des Verfügungsberechtigten zu, der die Werterhöhung selbst vorgenommen hat oder auf seine Kosten von Dritten hat vornehmen lassen.
Normenkette
VermG § 1 Abs. 6, § 7 Abs. 2, 8
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des OLG Naumburg v. 7.4.2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Am 11.5.1937 verkaufte die jüdische Gemeinde zu Berlin verfolgungsbedingt der Stadt S. mehrere dort gelegene Grundstücke. Die Stadt verschmolz diese Grundstücke und parzellierte sie neu. Eine der neu gebildeten Parzellen verkaufte sie 1938 dem Rechtsvorgänger der Kläger, der 1963 verstarb. Dieser ließ 1938 auf dem Grundstück ein Wohnhaus errichten.
Am 14.7.2000 übertrug das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen das Eigentum an dem Grundstück der Beklagten. Dieser Bescheid wurde dem für die als Erben noch nicht ermittelten Kläger bestellten Nachlasspfleger am 17.7.2000 zugestellt und am 17.8.2000 bestandskräftig. In einem Schreiben v. 17.8.2001 forderte der Nachlasspfleger die Beklagte zur Zahlung von Wertausgleich auf. Dieses Schreiben leitete er ihr am gleichen Tage auch mittels Telekopie zu.
Die Kläger verlangen im Hinblick auf die Bebauung Wertausgleich i.H.v. 194.000 DM (= 99.190,62 EUR). Das LG hat ihrer Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich die von dem OLG zugelassene Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen.
Entscheidungsgründe
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts (OLG Naumburg, Urt. v. 7.4.2004 - 11 U 104/03, VIZ 2004, 528) ist die Beklagte verpflichtet, den Klägern Ausgleich für die Werterhöhung zu leisten, die das Grundstück mit seiner Bebauung durch deren Rechtsvorgänger erfahren hat. Dieser Anspruch sei innerhalb der in § 7 Abs. 8 S. 2 VermG bestimmten Ausschlussfrist von einem Jahr nach Eintritt der Bestandskraft geltend gemacht worden. Die Bestandskraft sei am 17.8.2000 eingetreten. Es reiche aus, dass der Nachlasspfleger die Ansprüche der Erben am 17.8.2001 mittels Telekopie geltend gemacht habe. Dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass die Werterhöhung vor dem 8.5.1945 erfolgt sei. Nach § 7 Abs. 2 VermG komme es allein darauf an, dass die Werterhöhung bis zum Ablauf des 2.10.1990 vorgenommen worden sei. Eine Sonderregelung für Berechtigte nach § 1 Abs. 6 VermG bestehe nicht. Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift in dem Sinn, dass nur Werterhöhungen nach dem 8.5.1945 erfasst seien, stehe im Widerspruch zu ihrem Zweck. Verhindert werden solle, dass der Berechtigte durch die Rückübertragung mehr erhalte, als er seinerzeit verloren habe. Unschädlich sei auch, dass die Kläger als bei Wirksamwerden der Rückübertragung "gegenwärtig Verfügungsberechtigte" die Werterhöhung nicht selbst vorgenommen hätten, sondern ihr Rechtsvorgänger. Als Erben seien sie nämlich in vollem Umfang in die Rechtsstellung des seinerzeitigen Verfügungsberechtigten eingetreten. Die Höhe des Anspruchs habe das LG, sachverständig beraten, zutreffend ermittelt.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.
1. Die Kläger haben die Ausschlussfrist für die Geltendmachung ihrer Ansprüche nach § 7 Abs. 2 VermG entgegen der Auffassung der Revision nicht versäumt.
a) Nach § 7 Abs. 8 S. 2 VermG ist der Anspruch auf Wertausgleich nach Maßgabe von § 7 Abs. 2 VermG ausgeschlossen, wenn er nicht innerhalb eines Jahres ab Eintritt der Bestandskraft des Rückübertragungsbescheids schriftlich ggü. dem Berechtigten geltend gemacht wird. Diese Frist lief hier am 17.8.2001 ab. An diesem Tag hat der Nachlasspfleger die Beklagte aufgefordert, an den Nachlass Wertausgleich zu leisten. Zugegangen ist der Beklagten innerhalb der Frist zwar nicht das unterzeichnete Original des Schreibens, wohl aber eine Telekopie. Das reichte zur Fristwahrung aus.
b) Der Revision ist allerdings einzuräumen, dass der Gesetzgeber mit der Verwendung des Begriffs "schriftlich" regelmäßig auf die Anforderungen Bezug nimmt, die § 126 BGB an die Schriftform stellt (Einsele in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 126 Rz. 2). Schriftlich kann eine Erklärung in diesem Sinne nur in einer Urkunde abgegeben werden, die von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet ist. Daran fehlt es bei einer Telekopie, weil sie keine Unterschrift, sondern nur deren Abbild trägt. Eine empfangsbedürftige Erklärung, die nach materiellem Recht der Schriftform unterliegt, kann dem Empfänger zudem auch nur in dieser Form und nicht durch Übersendung einer Telekopie wirksam zugehen (BGH v. 28.1.1993 - IX ZR 259/91, BGHZ 121, 224 [229] = MDR 1993, 532 = CR 1994, 29; Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, § 126 Rz. 16; Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 126 Rz. 11; Einsele in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 126 Rz. 14). Der Zweck, den der Schriftformzwang im materiellen Recht verfolgt, nämlich dem Erklärenden die Bedeutung seiner Erklärung vor Augen zu führen, kann grundsätzlich nicht durch eine Telekopie erreicht werden. Im Prozessrecht ist das anders. Hier genügt nach § 130 Nr. 6 ZPO anstelle einer Unterschrift deren Wiedergabe auf einer Telekopie, was auch schon vor dem In-Kraft-Treten dieser Vorschrift am 1.1.2002 anerkannt war (GmS-OGB v. 5.4.2000 - GmS-OGB 1/98, MDR 2000, 1089 m. Anm. Liwinska = CR 2000, 578 = NJW 2000, 2340 [2341]). Bei § 7 Abs. 8 S. 2 VermG liegt es ebenso (Wasmuth, RVI, § 7 VermG Rz. 229 mit § 30 VermG Rz. 31). Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte, dem Willen des Gesetzgebers und dem Zweck der Vorschrift.
aa) § 7 Abs. 8 S. 2 VermG ist durch das Vermögensrechtsbereinigungsgesetz v. 20.10.1998 (BGBl. I, 3180) in das Vermögensgesetz eingefügt worden. In dem Entwurf dieses Gesetzes war nur die Geltendmachung innerhalb einer bestimmten Frist vorgesehen, jedoch nicht, in welcher Form die Geltendmachung sollte erfolgen können (BT-Drucks. 13/10246, 3, 12). Hiermit war der Bundesrat nicht einverstanden. Nach seiner Auffassung sollte die Frist nur durch eine gerichtliche Geltendmachung gewahrt werden können (BT-Drucks. 13/10246, 24), was die Bundesregierung ablehnte (BT-Drucks. 13/10246, 34). Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens schlug der federführende Rechtsausschuss dem Plenum des Deutschen Bundestages vor, im Rahmen eines Kompromisses das Petitum des Bundesrates aufzugreifen und formelle Anforderungen an die Geltendmachung zu stellen, dabei jedoch statt der gerichtlichen eine schriftliche Geltendmachung ausreichen zu lassen (BT-Drucks. 13/11041, 28). Das schließt es aus, an die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen nach § 7 Abs. 8 S. 2 VermG strengere Anforderungen als an die ursprünglich von dem Bundesrat vorgeschlagene gerichtliche Geltendmachung zu stellen. Die Geltendmachung gem. § 7 Abs. 8 S. 2 VermG ist daher an den Anforderungen an Prozesshandlungen zu messen. Ihnen genügt auch die Übersendung eines Schreibens mittels Telekopie.
bb) Nur eine solche Auslegung entspricht auch dem Zweck der Vorschrift. Er besteht darin, dem Berechtigten einerseits und dem Verfügungsberechtigten andererseits rasch Klarheit darüber zu verschaffen, ob und ggf. welche Ansprüche nach Eintritt der Bestandskraft des Rückübertragungsbescheids noch geltend gemacht werden sollen und für welche Ansprüche noch Rückstellungen vorzunehmen sind (BT-Drucks. 13/10246, 12). Die Schriftlichkeit soll dabei nur gewährleisten, dass aus dem Schriftstück hervorgeht, dass der Berechtigte bzw. der Verfügungsberechtigte die dort bezeichneten Ansprüche geltend macht und dass das Schriftstück kein Entwurf ist. Diesem Zweck wird durch die Übersendung einer Telekopie Genüge getan.
2. Zu Recht hat sich das Berufungsgericht ferner auf den Standpunkt gestellt, nach § 7 Abs. 2 VermG seien auch Werterhöhungen auszugleichen, die vor dem 8.5.1945 herbeigeführt worden seien.
a) Diese Auffassung entspricht dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 S. 1 VermG. Danach kommt es darauf an, ob die Werterhöhung bis zum Ablauf des 2.10.1990 herbeigeführt wurde. Ob sie vor oder nach dem 8.5.1945 stattfand, ist dagegen unerheblich.
b) Der Wortlaut geht nicht über das von dem Gesetzgeber Gewollte hinaus. Er ist deshalb entgegen der Auffassung der Revision auch nicht teleologisch auf Werterhöhungen nach dem 8.5.1945 zu reduzieren.
aa) Die Notwendigkeit einer solchen teleologischen Reduktion von § 7 Abs. 2 S. 1 VermG lässt sich nicht mit dem Verweis auf § 7 VermG i.d.F. des Einigungsvertrages begründen. In jener Fassung sah § 7 VermG einen Wertausgleich zwar nur für werterhöhende Maßnahmen nach Überführung des Grundstücks in Volkseigentum vor. Diese Beschränkung des Wertausgleichs hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 7 VermG durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz v. 14.7.1992 (BGBl. I, 1257) aber gerade aufgegeben. Die Aufgabe dieser Beschränkung stellt eines der zentralen Anliegen der Neuregelung dar (BT-Drucks. 12/2944, 52). Unzutreffend ist auch die Annahme der Revision, § 7 VermG i.d.F. des Einigungsvertrages habe in den Fällen des § 1 Abs. 6 VermG nicht gegolten. Die Vorschrift mag in solchen Fällen weniger Bedeutung gehabt haben als in anderen. Anwendbar war sie aber auch auf einen Berechtigten nach § 1 Abs. 6 VermG, etwa dann, wenn das einem Berechtigten nach § 1 Abs. 6 VermG entzogene Grundstück später in Volkseigentum überführt wurde.
bb) Auch aus der Entstehung der Neuregelung des § 7 VermG im Rahmen des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes lässt sich ein einschränkender Gestaltungswille des Gesetzgebers nicht ableiten. Für die Auffassung der Revision lässt sich zwar anführen, dass die Einführung eines Ausgleichs für private Werterhöhungen auf den Vorschlag zu Nr. 13 der Stellungnahme des Bundesrates zum Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz (BT-Drucks. 12/2695, 11) zurückgeht (BT-Drucks. 12/2944, 52) und der Bundesrat dort einen Wertausgleich für den Fall gefordert hat, dass ein dingliches Nutzungsrecht nach Maßgabe des heutigen § 16 Abs. 3 S. 1 VermG aufgehoben wird. Das betraf zwar vor allem Investitionen nach dem 8.5.1945, erfasste aber auch Investitionen aus der Zeit davor. Denn dingliche Nutzungsrechte konnten nach den Verkaufsgesetzen der DDR auch an Gebäuden entstehen, die vor dem 8.5.1945 errichtet und später in Volkseigentum überführt worden waren. Der Bundesrat hat seinen Vorschlag zudem nicht mit den Interessen speziell dieser Nutzer, sondern damit begründet, dass der Verzicht auf einen Ausgleich privater Werterhöhungen ein tragendes Prinzip des Vermögensgesetzes durchbräche, wonach der Vermögenswert so zurückzugeben sei, wie er entzogen wurde. Deshalb sei eine Werterhöhung abzuschöpfen. Dieses Prinzip lässt sich nicht auf einzelne Fallgruppen begrenzen. Es gilt vielmehr für alle Werterhöhungen, seien sie nun vor oder nach dem 8.5.1945 vorgenommen worden. Deshalb hat der Gesetzgeber die punktuellen Änderungsvorschläge des Bundesrates nicht übernommen, sondern sich dazu entschlossen, § 7 VermG völlig neu zu konzipieren und auf eine andere Grundlage zu stellen. Tragendes Prinzip der Neuregelung ist es, dass private Investitionen nach der bewirkten Werterhöhung und öffentliche Investitionen nach dem abgeschriebenen Aufwand zu ersetzen sind (BT-Drucks. 12/2944, 52). Das schließt eine Differenzierung danach, ob die Investitionen vor oder nach dem 8.5.1945 stattgefunden haben, aus.
c) Eine einschränkende Auslegung des § 7 Abs. 2 VermG lässt sich auch nicht damit begründen, dass das Vermögensgesetz nach § 1 Abs. 6 S. 1 VermG auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen "entsprechend" anzuwenden ist, die in der Zeit v. 30.1.1933 bis zum 8.5.1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen und auf andere Weise verloren haben. Diese Formulierung beruht darauf, dass das Vermögensgesetz der Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen v. 15.6.1990 diente, die nach seinem Art. 41 Abs. 1 und seiner Anlage III Teil des Einigungsvertrages wurde, eine Wiedergutmachung von NS-Unrecht in der ehemaligen DDR aber noch nicht vorsah (BT-Drucks. 11/7831, 1, 3). Mit der entsprechenden Anwendung des Vermögensgesetzes wollte der Gesetzgeber den Gerichten nicht etwa besondere Auslegungsspielräume bei der Anwendung des Vermögensgesetzes auf die Fälle des § 1 Abs. 6 VermG eröffnen. Er wollte im Gegenteil die vorhandene Lücke im Wiedergutmachungsrecht schließen und sicherstellen, dass die Wiedergutmachung des NS-Unrechts nach den gleichen Grundsätzen erfolgt wie die Wiedergutmachung des DDR-Unrechts (Neuhaus in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Vermögensgesetz, § 1 VermG Rz. 131; Wasmuth, RVI, § 1 VermG Rz. 146, 149). Wenn dessen Regelungen bei Berechtigten nach § 1 Abs. 6 VermG im Einzelfall nicht sachgerecht erschienen, wie etwa § 4 Abs. 1 VermG, hat der Gesetzgeber dort eine ausdrückliche, punktuell abweichende Regelung getroffen (Neuhaus in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Vermögensgesetz, § 1 VermG Rz. 131). In § 7 Abs. 2 VermG fehlt eine solche Sonderregelung. Er gilt ohne Einschränkungen auch in den Fällen des § 1 Abs. 6 VermG. Es kommt deshalb nicht auf die Frage an, in welchem Umfang nach den Einzelnen, insoweit zudem, wie die Revision einräumt, nicht einheitlichen Rückerstattungsgesetzen der Alliierten ein Wertausgleich zu leisten gewesen wäre.
3. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht schließlich an, dass ein Erbe nach § 7 Abs. 2 S. 1 VermG Wertausgleich auch für Werterhöhungen verlangen kann, die nicht von ihm selbst, sondern von dem Erblasser oder auf dessen Kosten vorgenommen worden sind.
a) Der Revision ist allerdings einzuräumen, dass § 7 Abs. 2 S. 2 VermG allgemein so verstanden wird, dass der gegenwärtig Verfügungsberechtigte Ersatz nur solcher Maßnahmen verlangen kann, die von ihm selbst oder auf seine Kosten von Dritten vorgenommen worden sind (Meyer-Seitz in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Vermögensgesetz, § 7 VermG Rz. 31b; Budde-Hermann in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 7 VermG Rz. 44; Wasmuth, RVI, § 7 VermG Rz. 81). Einigkeit besteht allerdings auch darüber, dass eine solche Auslegung der Vorschrift in Widerspruch zu ihrem Zweck steht (Meyer-Seitz in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Vermögensgesetz, § 7 VermG Rz. 31b; Wasmuth RVI, § 7 VermG Rz. 81). Danach sollen mit dem Wiedergutmachungszweck des Vermögensgesetzes nicht in Einklang stehende Vermögensvorteile bei dem Berechtigten abgeschöpft und demjenigen zugewiesen werden, der sie herbeigeführt hat und der durch die Rückübertragung des Grundstücks einen Nachteil erleidet. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn den Erben eines Verfügungsberechtigten, der die sonstigen Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 VermG erfüllt, ein Ausgleich versagt bliebe. Ein solcher Wertzuwachs muss nach der Konzeption des § 7 VermG abgeschöpft und dem Erblasser und seinen Erben zugeordnet werden, weil das Grundstück vor der Werterhöhung entzogen worden ist und die Werterhöhung nicht dem Berechtigten gebührt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Erblasser, wie hier, vor dem In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes oder danach verstorben ist. Denn der Erbe tritt in die Rechtsstellung des Erblassers ein, der einen Ausgleich nach § 7 Abs. 2 VermG hätte verlangen können, wenn er das Wirksamwerden der Rückübertragung erlebt hätte. Ob es zu dieser Abschöpfung kommt, hängt nach dem heute verbreiteten Verständnis des § 7 Abs. 2 VermG in solchen Fällen von dem Zufall ab, ob der Erblasser das Wirksamwerden der Rückübertragung erlebt oder ob er vorher stirbt. Eine solche Unterscheidung ist nicht sachgerecht und wäre in dem hier allerdings nicht gegebenen Fall, dass der Erblasser nach In-Kraft-Treten der Neufassung des § 7 VermG im Jahre 1992 gestorben wäre, unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Erbrecht auch verfassungsrechtlich bedenklich. Die Erben erfahren in diesen Fällen nämlich keinen anderen angemessenen Ausgleich. Denkbar wäre ein Wertausgleich nach § 7 Abs. 1 VermG. Ob ein solcher Ausgleich den Erben des Verfügungsberechtigten überhaupt zusteht, ist umstritten (dafür Wasmuth, RVI, § 7 VermG Rz. 81; dagegen Meyer-Seitz in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Vermögensgesetz, § 7 VermG Rz. 31b), kann hier aber offen bleiben. Denn der dort vorgesehene deutlich geringere Wertausgleich wäre für die hier vorliegende private Investition jedenfalls nicht angemessen und ist deshalb auch nur für öffentliche Investitionen vorgesehen worden. § 7a VermG gewährt einen Ausgleich nur im Falle eines Kaufvertrags, nicht aber bei dem hier vorliegenden Erbfall. Fehlt aber ein anderer angemessener Ausgleich, können der gesetzgeberische Wille und der Zweck der Vorschrift sachgerecht nur verwirklicht werden, wenn der Ausgleichanspruch nach § 7 Abs. 2 VermG auch den Erben des Verfügungsberechtigten zugebilligt wird, der die Werterhöhung selbst vorgenommen hat oder auf seine Kosten von Dritten hat vornehmen lassen.
b) Dieser Auslegung der Vorschrift steht entgegen der herrschenden Meinung ihr Wortlaut nicht entgegen. Nach § 7 Abs. 2 S. 1 VermG hängt der Wertausgleich allein davon ab, dass die Werterhöhung von einer natürlichen Person (oder dieser gleich gestellten juristischen Person) als gegenwärtig Verfügungsberechtigter vorgenommen worden ist. Als gegenwärtig Verfügungsberechtigter handelt eine natürliche (oder gleich gestellte juristische) Person nach § 2 Abs. 3 S. 1 VermG dann, wenn das Grundstück in dem nach dem Gesetz maßgeblichen Zeitpunkt in ihrem Eigentum oder ihrer Verfügungsmacht steht. Welches der hier maßgebliche Zeitpunkt ist, legt § 7 VermG aber weder in Abs. 2 S. 1 noch in Abs. 5 S. 1 ausdrücklich fest. Dies lässt sich anhand des Wortlauts auch nicht ohne weiteres erschließen. Danach kann auf den Zeitpunkt abzustellen sein, in dem die Verfügungsmacht auf den Berechtigten übergeht. Das ist nach § 34 Abs. 1 S. 1 VermG gewöhnlich der Zeitpunkt, in dem der Rückübertragungsbescheid unanfechtbar wird und der Berechtigte die festgesetzten Pflichten zum Wertausgleich und zur Erstattung von Lastenausgleich erfüllt oder hierfür Sicherheit leistet. In Betracht kommt andererseits der Zeitpunkt, in dem der Rückübertragungsbescheid erlassen wird, etwa dann, wenn er für sofort vollziehbar erklärt wird und das Eigentum sofort auf den Berechtigten übergeht (BGH, Urt. v. 14.5.2004 - V ZR 304/03, BGHZ 159, 179 = BGHReport 2004, 1271 = MDR 2004, 1233 = VIZ 2004, 496). Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann schließlich auch auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem die Werterhöhung vorgenommen wird (so z.B. Meyer-Seitz in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, Vermögensgesetz, Stand August 1997, § 7 VermG Rz. 31b). Ist der Wortlaut somit offen, kann der maßgebliche Zeitpunkt nur nach Konzeption und Zweck der Regelung bestimmt werden. Danach ist, wie dargelegt, der zuletzt genannte Zeitpunkt jedenfalls dann maßgeblich, wenn, wie hier, bei dem Wirksamwerden der Rückübertragung die Erben des Eigentümers verfügungsberechtigt waren, der die Werterhöhung selbst vorgenommen hat oder auf seine Kosten von Dritten hat vornehmen lassen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1394858 |
BGHR 2005, 1368 |
DWW 2005, 388 |
FamRZ 2005, 1551 |
NJW-RR 2005, 1330 |
ZfIR 2005, 742 |
MDR 2005, 1340 |
NJ 2005, 528 |
NotBZ 2005, 361 |