Leitsatz (amtlich)
a) Sind in einer Anlage nicht nur vereinzelt, sondern gehäuft Eigenheime i. S. d. DDR-Rechts bzw. des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes anzutreffen, so kann dies den Gesamtcharakter der Anlage so stark beeinflussen, dass die ansonsten auf den Parzellen noch festzustellende kleingärtnerische Nutzung nicht mehr anlageprägend in Erscheinung tritt.
b) Sind in einer Anlage mehr als 50 v. H. der Parzellen mit derartigen Eigenheimen oder diesen nahe kommenden Baulichkeiten - Gebäude, die den größeren Teil des Jahres (April bis Oktober) durchgehend zu Wohnzwecken genutzt werden - bebaut, so kann die Gesamtanlage nicht mehr als Kleingartenanlage angesehen werden.
Normenkette
BKleingG § 3 Abs. 2, § 20a Nr. 7, 8; SachenRBerG § 5 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. e
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 11.04.2002) |
AG Berlin-Pankow/Weißensee |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 61 des LG Berlin v. 11.4.2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Am 22.9.1986 schloss die Beklagte mit dem Kreisverband P. des Verbands der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) einen "Kleingarten-Nutzungsvertrag" über die Parzelle Nr. 83 der aus 258 Parzellen bestehenden Anlage "F. ". Auf dem Pachtgrundstück befindet sich eine von der Beklagten zu Wohnzwecken genutzte Baulichkeit, die, wie dem von der Beklagten zu den Akten gereichten Schreiben des Bezirksamts P. von Berlin v. 18.1.1999 zu entnehmen ist, als Eigenheim i. S. d. Sachenrechtsbereinigungsgesetzes anzusehen ist.
Das Pachtgelände steht im Eigentum des klagenden Landes. Dieses ist in die zwischen den Pächtern und dem VKSK-Kreisverband P. bestehenden Verträge eingetreten, dessen Rechtsfähigkeit mangels Registrierung nach den Bestimmungen des Vereinigungsgesetzes der DDR erloschen ist und der seine Tätigkeit eingestellt hat.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung von Wohnlaubenentgelt und (anteilige) Erstattung von öffentlich-rechtlichen Lasten für die Jahre 1995 und 1996. Das AG hat dem Kläger den Anspruch auf Zahlung anteiliger öffentlich-rechtlicher Lasten zugebilligt und die weiter gehende Klage abgewiesen. Auf die Rechtsmittel beider Parteien hat das LG unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten auch der Klage auf Zahlung von Wohnlaubenentgelt bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen stattgegeben.
Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf (anteilige) Erstattung der öffentlich-rechtlichen Lasten nach § 5 Abs. 5 S. 1 BKleingG und ein Anspruch auf Wohnlaubenentgelt nach § 20a Nr. 8 S. 2 BKleingG zu, weil die Anlage "F. ", bezogen auf den Stichtag 3.10.1990, als Kleingartenanlage einzustufen sei und deshalb dem Anwendungsbereich des Bundeskleingartengesetzes unterfalle.
Dies wird von den tatrichterlichen Feststellungen nicht getragen.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach die Anlage "F. " dann als Kleingartenanlage und die in dieser Anlage befindliche Parzelle der Beklagten als Kleingarten zu behandeln ist, wenn zum Stichtag 3.10.1990 in der Gesamtanlage die kleingärtnerische Nutzung vorherrschend war.
a) Nach § 312 Abs. 1 des Zivilgesetzbuchs der DDR (ZGB) konnten land- und forstwirtschaftlich nicht genutzte Bodenflächen Bürgern zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung überlassen werden. Hauptformen dieser Bodennutzung waren Wochenendhäuser und Garagen, Kleingärten außerhalb des VKSK sowie Kleingärten, Mietergärten und Wochenendsiedlergärten im VKSK. Nutzungsverhältnisse nach den §§ 312 bis 315 ZGB, zu denen auch vor dem In-Kraft-Treten des Zivilgesetzbuchs am 1.1.1976 abgeschlossene Pachtverträge über die Nutzung von Grundstücken für Erholungszwecke gehörten (vgl. § 2 Abs. 2 S. 1 EGZGB, Art. 232 § 4 Abs. 4 EGBGB), sind, soweit sie eine kleingärtnerische Flächennutzung betreffen, mit Wirkung v. 3.10.1990 in Kleingartenpachtverhältnisse nach Maßgabe des Bundeskleingartengesetzes übergeleitet worden (§ 20a Nr. 1 BKleingG). Bezüglich der sonstigen zu Erholungszwecken genutzten Bodenflächen galten zunächst die §§ 312 bis 315 ZGB weiter (Art. 232 § 4 Abs. 1 EGBGB). Mit In-Kraft-Treten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes zum 1.1.1995 sind diese Rechtsverhältnisse in Miet- und Pachtverhältnisse nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch umgewandelt worden (§ 6 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG).
aa) Maßgebend dafür, ob ein Nutzungsverhältnis nach den Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes oder den allgemeinen Bestimmungen des Miet- und Pachtrechts, modifiziert durch die Regelungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes, zu beurteilen ist, ist die bei Wirksamwerden des Beitritts am 3.10.1990 tatsächlich ausgeübte Art der Nutzung (BGH, Urt. v. 6.3.2003 - III ZR 170/02, BGHReport 2003, 652 = VIZ 2003, 298, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; v. 16.12.1999 - III ZR 89/99, WM 2000, 779 [782]; vgl. auch Urt. v. 16.7.1998 - III ZR 288/97, BGHZ 139, 235 [238 ff.]). Demgegenüber tritt die Vertragssituation in den Hintergrund. Anders als nach dem Recht der Bundesrepublik war nach dem Recht der ehemaligen DDR die Unterscheidung zwischen kleingärtnerischer und sonstiger, Freizeitzwecken dienender Bodennutzung von untergeordneter Bedeutung. Hinzu kommt, dass in der Lebenswirklichkeit der DDR die Bodennutzung im Wesentlichen auf staatlicher Lenkung beruhte, wobei auf die von den beteiligten Nutzern und Grundstückseigentümern vereinbarte Vertragsgestaltung bzw. die zivilrechtliche Lage weniger Rücksicht genommen wurde (BGH, Urt. v. 16.12.1999 - III ZR 89/99, WM 2000, 779 [782]). Auf Grund dessen kommt - wovon ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - dem Umstand, dass der zwischen dem VKSK-Kreisverband und der Beklagten im September 1986 abgeschlossene Pachtvertrag ausdrücklich als Kleingarten-Nutzungsvertrag bezeichnet und als Vertragszweck die kleingärtnerische Bodennutzung nach Maßgabe der Kleingartenordnung angegeben worden ist, nur eine indizielle Bedeutung zu, die die Prüfung der am 3.10.1990 herrschenden tatsächlichen Nutzung nicht entbehrlich macht.
bb) In Fällen, in denen - wie hier - zu DDR-Zeiten der Nutzer sein Nutzungsrecht nicht unmittelbar vom Eigentümer oder Rechtsträger des Grundstücks, sondern von einem Hauptnutzer - also im Regelfalle von einem VKSK-Kreisverband - ableitete, ist auf den Charakter der gesamten Anlage, nicht auf den einzelner Parzellen abzustellen. Das ist schon deshalb notwendig, weil der sich auf die Anlage insgesamt beziehende Hauptnutzungsvertrag nur einheitlich entweder den Regelungen des Bundeskleingartengesetzes oder denen der Schuldrechtsanpassung unterworfen sein kann und auch für die Rechtsverhältnisse des Zwischenpächters zu den Endpächtern nicht teilweise andere Pachtregeln maßgeblich sein können als diejenigen, die für das Nutzungsverhältnis des Zwischenpächters zum Eigentümer gelten (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.1999 - III ZR 89/99, WM 2000, 779 [782 f.]).
Soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser Grundsätze Zweifel angemeldet hat, weil vorliegend pachtvertragliche Beziehungen infolge des Wegfalls des VKSK-Kreisverbands nur (noch) zwischen dem klagenden Land als dem Grundstückseigentümer und den derzeitigen Nutzern der einzelnen Parzellen bestehen, sind diese unbegründet.
Dem Senat ist aus einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten, die über die Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes auf ehemalige Erholungsgrundstücke i. S. d. §§ 312 ff. ZGB geführt worden sind, bekannt, dass viele Gliederungen des VKSK - wie hier - darauf verzichteten, sich ihre Rechtsfähigkeit durch eine Registrierung nach Maßgabe der Bestimmungen des Vereinigungsgesetzes der DDR v. 21.2.1990 (GBl. I S. 75) zu erhalten, und ihre Tätigkeit einstellten. Nicht selten bildeten sich hier parallel zu den in Auflösung befindlichen VKSK-Gliederungen Ortsvereine des Verbands der Garten- und Siedlerfreunde, die im Einvernehmen aller Beteiligten die Rolle des Zwischenpächters übernahmen (vgl. hierzu Mainczyk, BKleingG, 8. Aufl., § 20a Rz. 18 ff., insbesondere Rz. 19a; Stang, BKleingG, 2. Aufl., § 20a Rz. 28).
Soweit dies - wie vorliegend - nicht der Fall war, wurden die Pachtbeziehungen der einzelnen Nutzer unter Wegfall des Zwischenpächters unmittelbar mit dem Eigentümer fortgesetzt.
Angesichts des Umstands, dass zum Stichtag 3.10.1990 das rechtliche Schicksal bestehender Zwischenpachtverträge vielfach ungeklärt und die weitere Entwicklung noch offen war, darf aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die Frage der Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes auf das einzelne Nutzungsverhältnis nicht vom Fortbestand des Hauptpachtvertrags abhängig gemacht werden. Im Ergebnis bedeutet das, dass immer dann, wenn zu DDR-Zeiten die Nutzung von Grundstücken zu Erholungszwecken im VKSK erfolgte, für alle innerhalb einer Anlage befindlichen Parzellen dieselben pachtrechtlichen Vorschriften gelten, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob und mit welcher Rechtspersönlichkeit ein VKSK-Hauptnutzungsvertrag fortgesetzt wurde.
b) Die von der Beklagten genutzte Parzelle ist auch nicht deshalb vom Anwendungsbereich des Bundeskleingartengesetzes ausgenommen, weil sich auf ihr eine im Eigentum der Beklagten stehende Baulichkeit befindet, die zu Wohnzwecken genutzt wird. Wie der Senat mit Urt. v. 13.2.2003 (BGH, Urt. v. 13.2.2003 - III ZR 176/02, BGHReport 2003, 652 = ZOV 2003, 167 f.) entschieden hat, handelt es sich bei einer derartigen Parzelle nicht um einen Wohnungsgarten i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKleingG.
2. Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, wonach es sich bei der Anlage "F. " nach ihrem äußeren Erscheinungsbild um eine Kleingartenanlage i. S. d. § 1 Abs. 1 BKleingG handelt, wie folgt begründet: Nach einer von dem Kläger erstellten Bestandsaufnahme, deren tatsächlicher Inhalt von der Beklagten nicht bestritten werde, seien im August/September 2000 80 v. H. der vorhandenen Parzellen kleingärtnerisch genutzt worden (Vorhandensein von mindestens drei Obstbäumen). Davon, dass der Umfang der kleingärtnerischen Nutzung am 3.10.1990 geringer gewesen sei, könne nicht ausgegangen werden. Derartiges hätte die Beklagte nicht behauptet; dagegen spreche auch, dass die Nutzer der Anlage "F. " bei ihrer Teilnahme an Erntewettbewerben im Jahre 1988 gezeigt hätten, dass sie in erheblichem Umfang Obst und Gemüse ernteten, wobei sie im Vergleich mit anderen Anlagen ein überdurchschnittliches Ernteergebnis erzielt hätten.
Auf Grund dieser Umstände stehe fest, dass in der Anlage "F. " am 3.10.1990 die kleingärtnerische Nutzung vorherrschend gewesen sei. Dass die in der Anlage befindlichen Baulichkeiten teilweise zum Dauerwohnen genutzt wurden und werden sowie die in § 3 Abs. 2 BKleingG vorgegebene Größe für Gartenlauben nicht unerheblich überschreiten, sei ohne Belang. Wie die Übergangsregelungen des § 20a Nr. 7 und 8 BKleingG zeigten, spielten derartige - bestandsgeschützte - (Wohn-)Nutzungen und Laubengrößen für die Qualifizierung einer Anlage keine Rolle. Auch werde die Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes durch das Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht verdrängt.
Diese Ausführungen sind, wie die Revision zu Recht rügt, nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Nach § 20a Nr. 7 S. 1 BKleingG können vor dem Wirksamwerden des Beitritts rechtmäßig errichtete Gartenlauben, die die in § 3 Abs. 2 BKleingG vorgegebene Größe überschreiten, oder andere der kleingärtnerischen Nutzung dienende bauliche Anlagen unverändert genutzt werden. Gemäß § 20a Nr. 8 S. 1 BKleingG bleibt eine vor dem Wirksamwerden des Beitritts bestehende Befugnis des Kleingärtners, seine Laube dauernd zu Wohnzwecken zu nutzen, unberührt, soweit andere Vorschriften der Wohnnutzung nicht entgegenstehen.
Diese Überleitungsvorschriften, die dem Pächter der Kleingartenparzelle Bestandsschutz gewähren, zeigen, wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig erkannt hat, dass das Vorhandensein derartiger Baulichkeiten in einer Anlage der Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes nicht entgegensteht, sondern diese voraussetzt. Danach hindert eine "altrechtliche", mit Bestandsschutz versehene Wohnnutzung nicht die Einstufung des Grundstücks als Kleingartenland. Das gilt selbst dann noch, wenn die Wohnnutzung überwiegt (BGH, Urt. v. 13.2.2003 - III ZR 176/02, BGHReport 2003, 652 = ZOV 2003, 167 f. [168] m. w. N.). Wenn und soweit sich die zu Wohnzwecken genutzte Baulichkeit darüber hinaus als Eigenheim i. S. d. DDR-Rechts (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. e SachenRBerG) darstellt, genießt der Nutzer außerdem den weiter gehenden Schutz des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes. Dies ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil das betreffende Grundstück nach Durchführung der Sachenrechtsbereinigung (Verkauf des Grundstücks an den Eigentümer des Eigenheims, Bestellung eines Erbbaurechts) nicht mehr dem Anwendungsbereich des Bundeskleingartengesetzes unterfällt - Wesensmerkmal des Kleingartens ist, wie sich § 1 Abs. 2 Nr. 1 BKleingG (Eigentümergärten) entnehmen lässt, die Nutzung fremden Landes (BVerwG v. 2.9.1983 - 4 C 73/80, MDR 1984, 517 = NVwZ 1984, 581; Mainczyk, BKleingG, 8. Aufl., § 1 Rz. 26; Stang, BKleingG, 2. Aufl., § 1 Rz. 23) - und so die Gefahr einer "Zerstückelung der Kleingartenanlage" besteht (BGH, Urt. v. 16.7.1998 - III ZR 288/97, BGHZ 139, 235 [237 ff., insbesondere 240 f.]; Stang, BKleingG, 2. Aufl., § 20a Rz. 44).
Der Umstand, dass sogar das Vorhandensein von Eigenheimen i. S. d. DDR-Rechts die Unterstellung einer Anlage unter das Bundeskleingartengesetz nicht verbietet, bedeutet jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass bei der rechtlichen Einordnung einer Anlage ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit und die Art der Nutzung der auf den einzelnen Parzellen vorhandenen Baulichkeiten allein darauf abzustellen ist, ob auf den einzelnen Parzellen am 3.10.1990 in nennenswertem Umfang eine kleingärtnerische Nutzung stattgefunden hat, und schon immer dann, wenn dies - wie das Berufungsgericht angenommen hat (80 v. H.) - für den ganz überwiegenden Teil der Parzellen zutrifft, eine Kleingartenanlage i. S. d. § 20a Nr. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 BKleingG vorliegt. Vielmehr sind bei der Einstufung einer Anlage die vorhandenen Baulichkeiten sowie Art und Umfang ihrer Nutzung von vornherein in den Blick zu nehmen und bei der anzustellenden Gesamtabwägung zu berücksichtigen.
b) Nach § 3 Abs. 2 BKleingG sind in Kleingärten Lauben in einfacher Ausführung mit höchstens 24 m2 Grundfläche einschließlich überdachtem Freisitz zulässig; sie dürfen nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein.
Mit dieser Regelung soll vor allem sichergestellt werden, dass Charakter und Eigenart von Kleingartenanlagen erhalten bleiben; insbesondere soll verhindert werden, dass sich Kleingartenanlagen zu Wochenendhaus- oder Ferienhausgebieten entwickeln (BT-Drucks. 9/1900, 13). Die nach § 3 Abs. 2 BKleingG zulässigen Lauben haben danach nur eine der gärtnerischen Nutzung des Grundstücks dienende Hilfsfunktion. Sie dienen der Aufbewahrung von Geräten für die Gartenbearbeitung und von Gartenerzeugnissen sowie kurzfristigen Aufenthalten des Kleingärtners und seiner Familie aus Anlass von Arbeiten oder der Freizeiterholung im Garten. Mag dabei auch das gelegentliche behelfsmäßige Übernachten in der Laube noch nicht im Widerspruch zur kleingärtnerischen Nutzung stehen, so darf die Laube jedenfalls nicht eine Größe und eine Ausstattung haben, die zu einer regelmäßigen Wohnnutzung, etwa an den Wochenenden, einladen (vgl. BVerwG v. 17.2.1984 - 4 C 55/81, NJW 1984, 1576).
Da das Gesetz schon die Schaffung der Voraussetzungen für ein dauerndes Wohnen unterbinden will, sind insbesondere die Herstellung und Unterhaltung entsprechender Ver- und Entsorgungsanlagen und -einrichtungen (Anschluss an das Elektrizitäts-, Gas- und Fernwärmenetz; Abwasserbeseitigungsanlagen; Telefonanschluss etc.) und das Anbringen ortsfester Heizvorrichtungen (Kamin, Schornstein) nicht erlaubt (Mainczyk, BKleingG, 8. Aufl., § 3 Rz. 9 ff.; Stang, BKleingG, 2. Aufl., § 3 Rz. 17).
Ein im Rahmen der Novellierung des Bundeskleingartengesetzes im federführenden Bundestagsausschuss für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau gestellter Antrag der SPD-Fraktion, diese strengen Anforderungen zu lockern und dem Kleingärtner den Anschluss an die Elektrizitäts-, Wasser- und Abwasserversorgung ausdrücklich zu gestatten, wurde von der Ausschussmehrheit aus verfassungsrechtlichen und sozialpolitischen Gründen abgelehnt (BT-Drucks. 12/6782, 8; s. dazu auch Mainczyk, BKleingG, 8. Aufl., Einl. Rz. 53 f.).
c) Daraus wird deutlich, dass ein mit den notwendigen Versorgungseinrichtungen ausgestattetes und zur Deckung des Wohnbedarfs einer Familie geeignetes Eigenheim i. S. d. DDR-Rechts bzw. des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, mag es auch hinsichtlich Bauart und Bauausführung nicht den in den alten Bundesländern bei Ein- und Zweifamilienhäusern üblichen Wohnstandards entsprechen, innerhalb einer Kleingartenanlage einen Fremdkörper darstellt. Zwar hindert vor dem Hintergrund, dass in der Rechtswirklichkeit der DDR im Zeitpunkt des Beitritts nach den Maßstäben des Bundeskleingartengesetzes "idealtypische" Kleingartenanlagen kaum anzutreffen waren und der Gesetzgeber durch die Einfügung des § 20a Nr. 7 und 8 BKleingG zu erkennen gegeben hat, dass derartige Abweichungen von dem idealtypischen Erscheinungsbild bis zu einem gewissen Grad hinzunehmen sind, auch das Vorhandensein mehrerer solcher Eigenheime nicht die Einstufung einer Gesamtanlage als Kleingartenanlage. Die Überleitungsvorschriften des § 20a Nr. 7 und 8 BKleingG rechtfertigen es aber nicht, bei der Qualifizierung einer Anlage die dem § 3 Abs. 2 BKleingG zu Grunde liegenden Wertungen des Gesetzgebers völlig auszublenden. Daher können derartige Eigenheime jedenfalls dann, wenn sie nicht mehr nur vereinzelt, sondern gehäuft auftreten, den Gesamtcharakter der Anlage so stark beeinflussen, dass die ansonsten auf den Parzellen noch anzutreffende kleingärtnerische Grundstücksnutzung (Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten) nicht mehr anlageprägend in Erscheinung tritt.
Dies hat das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Würdigung verkannt.
II.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Eine abschließende sachliche Entscheidung des Senats (§ 563 Abs. 3 ZPO) kommt nicht in Betracht, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zur Beschaffenheit und Nutzungsart der auf der Anlage "F. " am 3.10.1990 vorhandenen Baulichkeiten getroffen hat. Das ist nachzuholen.
1. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Die Beantwortung der Frage, ob land- und forstwirtschaftliche Bodenflächen, die Bürgern der DDR von einer Gliederung des VKSK zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung nach Maßgabe der §§ 312 ff. ZGB zur Verfügung gestellt wurden, nach Herstellung der deutschen Einheit auf Grund der am 3.10.1990 herrschenden Nutzung den Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes oder den Regeln der Schuldrechtsanpassung unterliegen, erfordert eine umfassende Würdigung des Gesamtcharakters der Anlage, die in erster Linie Sache des Tatrichters ist. Dessen Einschätzung unterliegt nur eingeschränkt der revisionsgerichtlichen Nachprüfung. Dabei geht es insbesondere nicht an, ihm bezüglich einzelner Nutzungselemente feste Bewertungsmaßstäbe vorzugeben, anhand derer sich sozusagen mathematisch exakt die Qualifizierung der Anlage vornehmen lässt.
Ungeachtet dessen bleibt festzuhalten, dass insbesondere zum Dauerwohnen geeignete und der Sachenrechtsbereinigung unterliegende Eigenheime i. S. d. DDR-Rechts der kleingärtnerischen Bodennutzung in so gravierender Weise widersprechen, dass mit derartigen Eigenheimen bebaute Parzellen bei der Bewertung der Anlage als nicht (mehr) kleingärtnerisch genutzte Flächen zu veranschlagen sind, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang auf diesen Parzellen noch Obst, Gemüse und sonstige Früchte erzeugt werden. Gleiches hat für solche Parzellen zu gelten, auf denen etwa ein mit allen Versorgungseinrichtungen versehenes und im Übrigen nach den Maßstäben des Rechts der DDR die bautechnischen Anforderungen für eine Wohnnutzung erfüllendes Gebäude errichtet worden ist, das nur deshalb nicht zur Benutzung auch in den Wintermonaten geeignet ist, weil es nicht geheizt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.2003 - V ZR 361/02 , zur Veröffentlichung bestimmt). Ein derartiges Grundstück steht ebenfalls zur kleingärtnerischen Bodennutzung in erheblichem Widerspruch. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine Sachenrechtsbereinigung nicht stattfindet und das Gebäude nicht den besonderen Bestandsschutz des § 20a Nr. 8 BKleingG unterliegt, sondern nur den geringeren Bestandsschutz des § 20a Nr. 7 BKleingG genießen dürfte und deshalb dieser Widerspruch nicht so klar zutage tritt wie bei Eigenheimen i. S. d. DDR-Rechts.
b) Hieraus ergibt sich vorliegend:
aa) Nach dem Vorbringen des Klägers soll es 1988 in der Anlage "F. " 89 "Dauerbewohner" (dies entspricht 34 v. H. der Nutzer insgesamt) gegeben haben, wobei mindestens 45 Dauerbewohnern Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zustehen. Nach dem Vortrag der Beklagten sollen weitere 43 v. H. der Nutzer ihre Grundstücke durchgehend den überwiegenden Teil des Jahres (April bis Oktober) als Wohnung nutzen; nochmals weitere 23 v. H. der Nutzer sollen sich immerhin an den Wochenenden in ihren Baulichkeiten aufhalten. Dabei sollten lediglich 38 v. H. der Befragten die von ihnen genutzten Baulichkeiten als Laube und (noch) nicht als Haus eingestuft haben, wobei nur 3 der befragten Laubenbesitzer angegeben haben, dass die Laube die Größe von 24 m2 nicht überschreite.
bb) Geht man von dem Vorbringen der Beklagten aus, mit dem sich das Berufungsgericht nicht auseinander gesetzt hat, so kann die Anlage "F. " schon deshalb nicht mehr als Kleingartenanlage angesehen werden, weil sich auf mehr als 50 v. H. der Parzellen massive Bauwerke befinden - bzw. sich schon zum Stichtag 3.10.1990 befunden haben -, die von ihren Nutzern ganzjährig oder durchgehend mehr als 6 Monate jährlich zu Wohnzwecken genutzt werden bzw. wurden.
2. Das Berufungsgericht wird sich ggf. mit den weiteren Rügen der Revision zu befassen haben, auf die näher einzugehen für den Senat nach dem derzeitigen Verfahrensstand kein Anlass besteht.
Dies gilt auch, soweit die Revision geltend macht, der Kläger könne selbst bei Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes kein Wohnlaubenentgelt nach § 20a Nr. 8 S. 2 BKleingG verlangen. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass im Ansatz keine Bedenken dagegen bestehen, dem Nutzer einer Kleingartenparzelle ein nach den vom V. Zivilsenat des BGH entwickelten Grundsätzen zu bemessendes Wohnlaubenentgelt auch dann aufzuerlegen, wenn die auf seiner Parzelle befindliche und dauernd zu Wohnzwekken genutzte Baulichkeit der Sachenrechtsbereinigung unterliegt (BGH, Urt. v. 13.2.2003 - III ZR 176/02, BGHReport 2003, 652 = ZOV 2003, 167 f. [168]).
Fundstellen
Haufe-Index 965164 |
BGHZ 2004, 71 |
BGHR 2003, 1119 |
NZM 2003, 913 |
VIZ 2003, 538 |
ZfIR 2003, 1057 |
NJ 2004, 31 |
DVBl. 2003, 1471 |
UPR 2003, 455 |