Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortführung einer KG
Orientierungssatz
Zur Frage der Fortsetzung eines wegen des Todes des gesetzlichen Vertreters einer beklagten KG ausgesetzten Rechtsstreits gegen dessen Erben.
Normenkette
ZPO § 245 Abs. 1, § 241; BGB § 161 Abs. 2, § 131
Tenor
Der Rechtsstreit ist weiterhin ausgesetzt.
Tatbestand
Mit der gegen die beklagte Kommanditgesellschaft gerichteten Klage hat der Kläger die Feststellung beantragt, daß er Inhaber der auf seinem Grundstück für die Beklagte eingetragenen Grundschulden sei. Das Landgericht hat der Klage – vorbehaltlich der Rechte der Beklagten aus einem von ihr erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluß – stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen hat die Beklagte Revision eingelegt.
Vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist ist der alleinige persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten, F. K., verstorben. Der Senat hat deshalb auf Antrag des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten durch Beschluß vom 18. Juni 1975 das Verfahren gemäß §§ 246, 241 ZPO ausgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 14. Mai 1981 hat der Kläger unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des am 13. März 1981 erteilten Erbscheins erklärt, er nehme den Rechtsstreit gegenüber A. K. als der Alleinerbin des persönlich haftenden Gesellschafters F. K. auf. Dieser Schriftsatz ist der Erbin zugestellt worden.
Die Beklagte widerspricht einer Fortsetzung des Verfahrens und vertritt die Auffassung, daß Prozeßpartei weiterhin die Gesellschaft sei und eine Aufnahme des Rechtsstreits gegenüber der Erbin des persönlich haftenden Gesellschafters nicht möglich sei.
Entscheidungsgründe
Die Parteien streiten über die Frage, ob der ausgesetzte Rechtsstreit fortzusetzen ist. Darüber ist gemäß § 303 ZPO durch Zwischenurteil zu entscheiden (vgl. Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht 13. Aufl. § 58 III 1 a; Zöller/Vollkommer, ZPO 13. Aufl. § 303 Anm. II 2 b; Wieczorek, ZPO 2. Aufl. § 241 Anm. C II).
Die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Verfahrens gegen die Beklagte sind nicht gegeben.
Aussetzungsgrund war der Tod des gesetzlichen Vertreters der beklagten Kommanditgesellschaft (§ 246 Abs. 1, § 241 ZPO). In diesem Falle wird der Rechtsstreit nur dann fortgesetzt, wenn entweder der neue Vertreter seine Bestellung anzeigt oder wenn die Gegenpartei ihre Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Gericht anzeigt und diese Anzeige dem neuen Vertreter zugestellt wird (§ 246 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 241 Abs. 1 ZPO). Diese letztere Möglichkeit, um die es hier geht, setzt indessen voraus, daß die Zustellung an den wahren gesetzlichen Vertreter bewirkt wird, weil nur er zur Vertretung in dem fortzusetzenden Verfahren legitimiert ist (vgl. Stein/Jonas, ZPO 19. Aufl. § 241 Anm. II 1; Thomas/Putzo, ZPO 11. Aufl. § 241 Anm. 3 b bb; unklar Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 39. Aufl. § 241 Anm. 4, wonach die Vertretungsbefugnis erst „im weiteren Verfahren” zu prüfen sei).
Vorliegend hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14. Mai 1981 seine Absicht mitgeteilt, das Verfahren fortzusetzen. Dazu hat er lediglich vorgetragen, daß F. K., der verstorbene persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten, von seiner Ehefrau allein beerbt worden sei. Dies jedoch genügt nicht für eine Fortsetzung des Verfahrens gegen die Beklagte. Denn allein die Stellung als Alleinerbin besagt noch nichts darüber, ob die Erbin auch die gesellschaftsrechtliche Position des Erblassers als gesetzlicher Vertreter der Beklagten erlangt hat. Insoweit kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht.
Grundsätzlich wird eine Kommanditgesellschaft durch den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters aufgelöst, sofern nicht der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt (§ 161 Abs. 2, § 131 Nr. 4 HGB). Daß hier etwa der Gesellschaftsvertrag aufgrund einer erbrechtlichen Nachfolgeklausel den Fortbestand der Gesellschaft unter Einschluß der Erbin vorsieht (vgl. dazu BGHZ 22, 186; 68, 225) und wie gegebenenfalls die Rechtsstellung der Erbin des verstorbenen Komplementärs vertraglich geregelt ist, hat der Kläger nicht dargelegt. Da für die Frage, ob der Erbe auch in die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Erblassers nachrückt, in erster Linie der Gesellschaftsvertrag maßgeblich ist (BGH Urteil vom 6. November 1958, II ZR 146/57, LM HGB § 139 Nr. 2; MünchKomm/Leipold § 1922 Rdn. 36), hätte es dazu einer besonderen Darlegung bedurft.
Sollte hingegen – wofür die von der Beklagten behauptete Löschung der Gesellschaft im Handelsregister sprechen könnte – von dem gesetzlichen Regelfall der Auflösung auszugehen sein, so würde sich das zwar nicht notwendig auf die Rechts- und Parteifähigkeit der Beklagten auswirken. Denn auch nach der Auflösung würde die Kommanditgesellschaft bei noch vorhandenem Vermögen als Liquidationsgesellschaft fortbestehen, selbst wenn sie inzwischen im Handelsregister gelöscht worden wäre (BGH Urteil vom 21. Juni 1979, IX ZR 69/75, NJW 1979, 1987 m.w.N.). Die Liquidationsgesellschaft wird jedoch nach § 161 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 149 Satz 2 HGB durch die Liquidatoren gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Liquidatoren und damit nur gemeinsam Vertretungsberechtigte (vgl. § 150 Abs. 1 HGB) sind nach § 146 Abs. 1 HGB sämtliche Gesellschafter, bei der Kommanditgesellschaft also auch der Kommanditist (Baumbach/Duden/Hopt, HGB 24. Aufl. § 146 Anm. 2 A), wenn nicht durch Beschluß der Gesellschafter oder durch den Gesellschaftsvertrag die Liquidation nur einzelnen Gesellschaftern oder einem Dritten übertragen ist. Aus dem bloßen Umstand, daß die Alleinerbin des persönlich haftenden Gesellschafters zur Mitwirkung an der Liquidation berechtigt ist (vgl. § 146 Abs. 1 Satz 2 HGB), ergibt sich folglich nicht, daß sie auch alleinige Liquidatorin ist.
Eine andere Frage ist, ob die Fortsetzungsanzeige vom 14. Mai 1981, mit welcher der Kläger die Aufnahme des Rechtsstreits gegenüber der Alleinerbin erklärt hat, etwa darauf abzielt, die bisher gegen die Kommanditgesellschaft gerichtete Klage nunmehr gegen den persönlich haftenden Gesellschafter (§ 161 Abs. 1, § 128 HGB) und in dieser vermeintlichen Eigenschaft gegen dessen Alleinerbin zu führen. Eine Fortsetzung des Verfahrens zu diesem Zweck wäre jedoch unzulässig.
Zwar ist der Übergang vom Gesellschaftsprozeß zum Gesellschafterprozeß möglich; dabei handelt es sich aber um einen gewillkürten Parteiwechsel (BGHZ 62, 131; BGH Urteil vom 29. September 1981, VI ZR 21/80, NJW 1982, 238), welcher in der Revisionsinstanz ausgeschlossen ist (RGZ 160, 204, 212; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 20. Aufl. § 561 Rdn. 4; Baumbach/Lauterbach/Hartmann aaO § 263 Anm. 2 C). Ob ein gewillkürter Parteiwechsel in der Revisionsinstanz dann berücksichtigt werden könnte, wenn die beklagte Gesellschaft erst nach Abschluß des Berufungsverfahrens wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wird und mangels verteilbaren Vermögens auch nicht mehr als Liquidationsgesellschaft fortbestehen kann, mithin als Partei nicht mehr existent ist (vgl. dazu Robert Fischer, Festschrift für Hedemann, 1958, S. 74, 91), bedarf hier keiner Erörterung. Denn zum einen ist ein solcher Sachverhalt nicht behauptet; zum anderen könnte in diesem Falle dem beabsichtigten Parteiwechsel auf der Beklagtenseite nur Rechnung getragen werden, wenn im Rahmen des anhängigen Revisionsverfahrens ein entsprechender Sachantrag gestellt würde. Dieses Verfahren aber ist ausgesetzt und nicht schon deshalb fortsetzbar, weil ein Parteiwechsel beabsichtigt ist. Für die Frage der Fortsetzung des Verfahrens spielt es keine Rolle, ob die Beklagte ihre Rechts- und Parteifähigkeit verloren hat, da auch die erloschene Gesellschaft zur Beendigung des Prozesses noch eine Erledigungserklärung abgeben und zur Kostentragung verurteilt werden könnte (vgl. BGH Urteil vom 29. September 1981 aaO). Der Wegfall des einzigen persönlich haftenden Gesellschafters ist insoweit kein unüberwindliches Hindernis; denn in diesem Falle kommen die Liquidatoren (§§ 146 Abs. 1, 149 Satz 2 HGB) als Vertreter in Betracht.
Bei dieser Sachlage ist die angeordnete Aussetzung des Verfahrens nicht beendet.
Fundstellen
Haufe-Index 650082 |
ZIP 1982, 1318 |