Leitsatz (amtlich)
Ein Subventionsbegünstigter, der eine individuelle Beihilfe erhalten hat, die Gegenstand einer nach Art. 88 Abs. 2 EG-Vertrag erlassenen Entscheidung der Europäischen Kommission geworden ist, kann, auch wenn die Entscheidung allein an den beihilfegewährenden Mitgliedsstaat gerichtet ist, selbst eine Nichtigkeitsklage erheben; unterlässt er dies, wird die Entscheidung ihm gegenüber bestandskräftig (im Anschluss an EuGH, Rs.C-178/95, Wiljo, Slg. 1997, I-585).
Normenkette
EGVtr Art. 88, 230; AusglLeistG § 3a
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Dresden v. 22.1.2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin wurde von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben mit der Privatisierung ehemals volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen beauftragt. Mit notariellem Vertrag v. 25.6.1997 veräußerte sie im Rahmen des Flächenerwerbsprogramms nach § 3 AusglLeistG i. d. F. (a. F.) v. 27.9.1994 (BGBl. I, 2628) rund 61 ha Ackerland an den Beklagten, der die in nicht benachteiligten Gebieten i. S. d. EG-Verordnung Nr. 950/97 (ABl. EG Nr. L 142v. 2.6.1997 S. 1) gelegenen Flächen zuvor bereits gepachtet hatte. Unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des Ausgleichsleistungsgesetzes und der hierzu erlassenen Flächenerwerbsverordnung (FlErwV v. 20.12.1995, BGBl. I, 2072) vereinbarten die Parteien einen zum 30.8.1997 fällig werdenden Kaufpreis von insgesamt 297.913,38 DM, der sich aus einem Anteil für begünstigt erworbene Flächen von 293.890,63 DM und aus einem Anteil für zum Verkehrswert erworbene Flächen von 4.022,75 DM zusammensetzte. Der Kaufpreis ist gezahlt. Der Beklagte wurde noch im Jahre 1997 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Nach Vertragsschluss errichtete der Beklagte auf einem nicht von der Klägerin erworbenen Grundstück einen neuen Kuhstall und stattete diesen mit einer Stallmaschine aus. Zur Finanzierung der Investitionskosten von insgesamt rund 343.000 DM nahm er einen Bankkredit i. H. v. 199.600 DM auf, den er in monatlichen Raten von 2.697,75 DM (= 1.379,34 EUR) zurückzuführen hat.
Am 20.1.1999 entschied die Europäische Kommission (ABl. EG Nr. L 107v. 24.4.1999, 21), dass das in § 3 AusglLeistG a. F. geregelte Flächenerwerbsprogramm mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbare Beihilfen enthalte, soweit sich die durch den begünstigten Flächenerwerb gewährten Vorteile - wie hier - nicht auf den Ausgleich von Vermögensschäden beschränkten, die auf Enteignungen oder enteignungsgleichen Eingriffen staatlicher Stellen beruhten, und die Intensität der Beihilfe die Höchstgrenze von 35 % für landwirtschaftliche Flächen in nicht benachteiligten Gebieten gemäß der EG-Verordnung Nr. 950/97 überschreite. Der Bundesrepublik Deutschland wurde aufgegeben, gewährte Beihilfen nach Maßgabe des deutschen Rechts einschließlich Zinsen ab dem Zeitpunkt der Gewährung zurückzufordern und zukünftig Beihilfen dieser Art nicht mehr zu gewähren.
Auf der Grundlage der zur Erfüllung der Rückforderungspflicht durch das Vermögensrechtsergänzungsgesetz v. 15.9.2000 (BGBl. I, 1382) eingeführten Vorschriften des § 3a AusglLeistG bestimmte die Klägerin einen neuen Kaufpreis für die von dem Beklagten begünstigt erworbenen Flächen i. H. v. 459.050,14 DM, was 65 % des Verkehrswerts entspricht. Mit Schreiben v. 10.11.2000 forderte sie den Beklagten erfolglos zur Nachzahlung des Differenzbetrages von 165.159,51 DM sowie zur Zahlung von Zinsen für die Zeit v. 30.8.1997 bis zum 10.11.2000i. H. v. 28.764,51 DM auf. Den Gesamtbetrag i. H. v. 193.924,02 DM (= 99.151,78 EUR) nebst weiterer Zinsen ab dem 11.11.2000 macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage geltend, der die Vorinstanzen stattgegeben haben. Mit der von dem OLG zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht bejaht einen Nachzahlungsanspruch der Klägerin gem. § 3a AusglLeistG. Es hält diese Norm nicht für verfassungswidrig. Insbesondere verstoße sie weder gegen das Rückwirkungs- noch gegen das Übermaßverbot. Der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH zur Frage der Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung v. 20.1.1999 stehe die Bestandskraft dieser Entscheidung entgegen.
II.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung stand.
1. Zutreffend, und von der Revision nicht angegriffen, sieht das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 3a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 AusglLeistG als gegeben an. Danach gilt der am 25.6.1997 zwischen den Parteien geschlossene Vertrag mit der Maßgabe als bestätigt, dass sich der Kaufpreis auf den durch Anhebungserklärung der Klägerin nach § 3 Abs. 7 S. 1 und 2 AusglLeistG ergebenden Betrag bemisst. Die auf dieser Grundlage von der Klägerin vorgenommene Neuberechnung ist nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Dasselbe gilt für die nachgeforderten Zinsen.
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist es nicht geboten, den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag, ABl. EG Nr. C 325v. 24.12.2002 S. 33) um Vorabentscheidung der Frage zu ersuchen, ob die Entscheidung der Europäischen Kommission v. 20.1.1999 gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt und deshalb rechtswidrig ist.
a) Allerdings kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Gültigkeit dieser Kommissionsentscheidung an, so dass es nicht bereits an der auch in Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag vorausgesetzten (EuGH v. 6.10.1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T./Ministero della Sanità, Slg. 1982, 3415 Rz. 10; Schwarze, EU-Kommentar, Art. 234 EGV Rz. 45) und vom innerstaatlichen Gericht in eigener Zuständigkeit zu beurteilenden (EuGH v. 6.10.1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T./Ministero della Sanità, Slg. 1982, 3415 Rz. 10; v. 27.6.1991 - Rs. C-348/89, Mecanarte, Slg. 1991, I-3277 Rz. 47, 49; Grabitz/Hilf/Wohlfahrt, Das Recht der Europäischen Union, Altbd. II, Art. 177 Rz. 31) Erheblichkeit der Vorlagefrage fehlt. Wie der Senat in seinem Urt. v. 4.4.2003 in der Sache V ZR 314/02 (BGH, Urt. v. 4.4.2003 - V ZR 314/02, BGHReport 2003, 855 = WM 2003, 1491) im Einzelnen ausgeführt hat, waren die auf der Grundlage von § 3 AusglLeistG a. F. geschlossenen Kaufverträge mangels Notifizierung des Flächenerwerbsprogramms wegen Verstoßes gegen das unmittelbar geltende Durchführungsverbot des Art. 88 Abs. 3 S. 3 EG-Vertrag nichtig (§ 134 BGB). Da dieses Verbot erst mit der abschließenden Entscheidung der Europäischen Kommission gemäß Art. 88 Abs. 2 EG-Vertrag endet (EuGH v. 11.7.1996 - Rs. C-39/94, SFEI, Slg. 1996, I-3547 Rz. 38; Schroeder, ZHR 161 [1997], 805 [808 f.]), hätte die Unwirksamkeit der Kommissionsentscheidung v. 20.1.1999 zur Folge, dass auch die gem. § 3a Abs. 1 AusglLeistG als bestätigt geltenden Kaufverträge gegen das fortbestehende Durchführungsverbot verstießen und deshalb nichtig wären, womit es an einer Grundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Nachzahlungsanspruch fehlen würde. Denn ein wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nichtiges Rechtsgeschäft kann nur dann wirksam bestätigt werden, wenn das Verbot zwischenzeitlich entfallen ist (OLG Düsseldorf NJW 1976, 1638 [1639]; Staudinger/Roth, BGB, 1996, § 141 Rz. 18; Mayer-Maly Busche in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 141 Rz. 9; BGH BGHZ 11, 59 [60]).
b) Zu Recht geht das Berufungsgericht jedoch davon aus, dass sich der Beklagte nicht mehr auf eine etwaige Rechtswidrigkeit der Kommissionsentscheidung v. 20.1.1999 berufen kann, weil sie ihm gegenüber in Bestandskraft erwachsen ist.
Bestandskräftig wird die Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans, wenn sie von ihrem Adressaten oder von derjenigen natürlichen oder juristischen Person, die durch sie unmittelbar und individuell betroffen ist (Art. 230 Abs. 4 EG-Vertrag), nicht innerhalb der in Art. 230 Abs. 5 EG-Vertrag bestimmten Frist durch Erhebung einer Nichtigkeitsklage angefochten wird (EuGH v. 9.3.1994 - Rs. C-188/92, TWD Textilwerke Deggendorf, Slg. 1994, I-833 Rz. 13 f.; v. 30.1.1997 - Rs. C-178/95, Wiljo, Slg. 1997, I-585 Rz. 19 f. m. w. N.). Durch die an sie gerichtete Kommissionsentscheidung wurde der Bundesrepublik Deutschland aufgegeben, die in Form des begünstigten Flächenerwerbs gewährten Beihilfen teilweise zurückzufordern. Dies hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Beklagten als Beihilfeempfänger, da der Bundesrepublik jedenfalls in der Frage, ob und in welchem Umfang die Beihilfen zurückzufordern waren, keinerlei Ermessensspielraum verblieb und sie die Entscheidung der Europäischen Kommission lediglich zu vollziehen hatte (vgl. EuGH - Rs. 41-44/70, Fruit Company/Kommission, Slg. 1971, 411 Rz. 23, 29; Rs. C-386/96, Dreyfus/Kommission, Slg. 1998, I-2309 Rz. 43m. w. N.; Schwarze, EU-Kommentar, Art. 230 EGV Rz. 35, 41; Grabitz/Hilf/Booß, Das Recht der Europäischen Union, Bd. II, Art. 230 EGV Rz. 63, 65). Die individuelle Betroffenheit des Beklagten folgt daraus, dass bereits bei Erlass der Kommissionsentscheidung Zahl und Identität der durch das Rückforderungsgebot betroffenen Beihilfeempfänger endgültig feststanden (vgl. EuGH, Rs. C-112/77, Töpfer/Kommission, Slg. 1978, 1019 Rz. 9; Schwarze, EU-Kommentar, Art. 230 EGV Rz. 37). Soweit die Revision meint, im Falle von Beihilfesystemen oder Förderprogrammen komme eine Klagebefugnis der potenziell Begünstigten von vornherein nicht in Betracht, übersieht sie, dass es hier nicht um eine im Zuge der präventiven Beihilfenkontrolle erfolgte Versagung der Genehmigung eines angemeldeten Förderprogramms geht, dessen Begünstigte noch nicht abschließend feststehen (vgl. hierzu Leibrock, EuR 1990, 20 [24 f.]), sondern um die Rückforderung von Beihilfen, die - sei es auch im Rahmen eines Förderprogramms - bestimmten, individualisierbaren Empfängern bereits gewährt worden sind. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH ist deshalb davon auszugehen, dass eine Person, die - wie der Beklagte - eine individuelle Beihilfe erhalten hat, die Gegenstand einer auf der Grundlage von Art. 88 Abs. 2 EG-Vertrag erlassenen Entscheidung der Europäischen Kommission geworden ist, selbst eine Nichtigkeitsklage gem. Art. 230 Abs. 4 EG-Vertrag erheben kann, auch wenn die Entscheidung allein an den beihilfegewährenden Mitgliedstaat gerichtet ist (EuGH v. 17.9.1980 - Rs. C-730/79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671 Rz. 5; v. 9.3.1994 - Rs. C-188/92, TWD Textilwerke Deggendorf, Slg. 1994, I-833 Rz. 14; v. 30.1.1997 - Rs. C-178/95, Wiljo, Slg. 1997, I-585 Rz. 20; ebenso Geiger, EUV/EGV, 3. Aufl., Art. 88 EGV Rz. 25; Schwarze/Bär-Bouyssière, EU-Kommentar, Art. 88 EGV Rz. 47; Pache, EuZW 1994, 615 [618]; Schmidt-Räntsch, EuZW 1990, 376). Trotz seiner danach gegebenen Klagebefugnis hat es der Beklagte versäumt, gegen die ihm spätestens durch das Schreiben der Klägerin v. 10.11.2000 bekannt gewordene Kommissionsentscheidung binnen zwei Monaten Nichtigkeitsklage zu erheben. Die dadurch eingetretene Bestandskraft schließt es aus, die Gültigkeit dieser Kommissionsentscheidung im vorliegenden Rechtsstreit erneut in Frage zu stellen und zum Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens zu machen (vgl. EuGH v. 9.3.1994 - Rs. C-188/92, TWD Textilwerke Deggendorf, Slg. 1994, I-833 Rz. 17, 26; v. 30.1.1997 - Rs. C-178/95, Wiljo, Slg. 1997, I-585 Rz. 21; Geiger, EUV/EGV, 3. Aufl., Art. 234 Rz. 8; Pache, EuZW 1994, 615 [620]).
c) Unabhängig hiervon besteht auch für letztinstanzliche Gerichte keine Vorlagepflicht gem. Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (EuGH v. 6.10.1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T./Ministero della Sanità, Slg. 1982, 3415 Rz. 16; Geiger, EUV/EGV, 3. Aufl., Art. 234 Rz. 16; Schwarze, EU-Kommentar, Art. 234 EGV Rz. 46). Entgegen der Auffassung der Revision verstößt das in der Kommissionsentscheidung v. 20.1.1999 ausgesprochene Rückforderungsgebot offenkundig nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Gegenüber Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane kommt die Berufung auf diesen Grundsatz, der Bestandteil der Rechtsordnung der Gemeinschaft ist (EuGH - Rs. C-112/77, Töpfer/Kommission, Slg. 1978, 1019 Rz. 19), nur insoweit in Betracht, als die Gemeinschaft selbst einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (EuGH v. 10.1.1992 - Rs. C-177/90, Kühn, Slg. 1992, I-35 Rz. 14; Rs. C-112/77, Töpfer/Kommission, Slg. 1978, 1019 Rz. 20; v. 24.2.1987 - Rs. C-310/85, Deufil/Kommission, Slg. 1987, 901 Rz. 21; Grabitz/Hilf/Pernice/Mayer, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, nach Art. 6 EUV, Rz. 298); etwas Anderes lässt sich auch der Entscheidung des EuGH v. 13.12.2001, Rs. C-481/99, nicht entnehmen (EuGH v. 13.12.2001 - Rs. C-481/99, NJW 2002, 281 [283]). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Insbesondere ist der von den Bestimmungen des § 3 AusglLeistG a. F. ausgehende Rechtsschein einer wirksamen gesetzlichen Regelung allein vom deutschen Gesetzgeber veranlasst worden, der das Flächenerwerbsprogramm trotz fehlender Notifizierung und trotz teilweiser Unvereinbarkeit der vorgesehenen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt eingeführt hat. Aus diesen Gründen hätte auch die Anfechtung der Kommissionsentscheidung durch den Beklagten zu keinem Erfolg geführt.
3. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass die Regelung des § 3a AusglLeistG mangels Härtefallregelung gegen das Übermaßverbot verstoße.
Wie der Senat in seinem bereits zitierten Urt. v. 4.4.2003 im Einzelnen dargelegt hat, ermöglicht § 3a AusglLeistG in Übereinstimmung mit dem mutmaßlichen Parteiwillen die Aufrechterhaltung ansonsten nichtiger Grundstückskaufverträge mit einem den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Inhalt. Dies erfordert eine Erhöhung des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises, die den Käufern allerdings nicht aufgezwungen wird. Vielmehr haben sie die Möglichkeit, gem. § 3a Abs. 4 AusglLeistG von dem als bestätigt geltenden Kaufvertrag zurückzutreten und so die Rechtslage herbeizuführen, die ohne die Vorschriften des § 3a AusglLeistG bestände. Hat die gesetzliche Regelung mithin keine Verschlechterung der Rechtsstellung der Käufer zur Folge, dann kommt ein Eingriff in deren grundrechtlich geschützte Freiheiten, der die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten und übermäßig belastend wirken könnte (vgl. BVerfG v. 17.10.1990 - 1 BvR 283/85, BVerfGE 83, 1 [19] m. w. N.), von vornherein nicht in Betracht. Es bleibt deshalb dabei, dass § 3a AusglLeistG verfassungsrechtlich unbedenklich ist.
4. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass die gemeinschaftsrechtlich gebotene Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe - unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage sie erfolgt - auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls zu derart erheblichen Nachteilen für den Beihilfebegünstigten führen kann, dass sie treuwidrig und deshalb gem. § 242 BGB unzulässig ist (BGH, Urt. v. 4.4.2003 - V ZR 314/02, BGHReport 2003, 855 = WM 2003, 1491). Solche außergewöhnlichen Umstände sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.
Entgegen der Auffassung der Revision ist es ohne Belang, ob der Beklagte im Falle der Ausübung seines gesetzlichen Rücktrittsrechts mit der Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz hätte rechnen müssen, weil eine Amortisation seiner Investitionen in einen neuen Kuhstall und eine Stallmaschine innerhalb der Restlaufzeit des wiederauflebenden Pachtvertrags ausgeschlossen gewesen wäre. Dieser für den Beklagten möglicherweise unzumutbare Nachteil, der ohne die Regelung des § 3a AusglLeistG allein wegen der Nichtigkeit des ursprünglichen Kaufvertrags eingetreten wäre, wurde durch die Bestätigungsfiktion des § 3a Abs. 1 AusglLeistG gerade vermieden. Aus dem Umstand, dass die Ausübung des Rücktrittsrechts für den Beklagten wirtschaftlich unsinnig gewesen wäre, folgt nicht, dass die mit der Bestätigung verbundene Verpflichtung zur Kaufpreisnachzahlung ihrerseits unzumutbar sein müsste. Tatsächlich ist dies nicht der Fall. Der Beklagte hat nicht behauptet, dass er den von der Klägerin geforderten Nachzahlungsbetrag, etwa wegen der vorgenommenen Investitionen, nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten aufbringen kann. Im Übrigen hat ihm die Klägerin für den Fall, dass er zur Zahlung des nachgeforderten Betrags aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage sein sollte, mit Schreiben v. 10.11.2000 angeboten, begünstigt erworbene landwirtschaftliche Flächen aus dem Kaufvertrag v. 25.6.1997 herauszunehmen und den Vertrag nur im Übrigen auftrechtzuerhalten. Dass dem Beklagten wegen der Erweiterung seiner Produktionskapazitäten eine auch nur teilweise Verringerung seines Flächenbestandes nicht zumutbar gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Angesichts dieser Umstände ist eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Nachforderungsrechts gem. § 3a AusglLeistG unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB nicht geboten. Im Hinblick auf das grundsätzlich überwiegende öffentliche Interesse an der Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen (BGH, Urt. v. 4.4.2003 - V ZR 314/02, BGHReport 2003, 855 = Umdr. S. 13) ist der Beklagte zur Nachzahlung auch dann verpflichtet, wenn er auf den Bestand der Beihilfe vertraut hat.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1070873 |
BGHR 2004, 144 |
EWiR 2004, 969 |
VIZ 2004, 77 |
WM 2004, 693 |
ZfIR 2004, 566 |
EuZW 2004, 254 |
NJ 2004, 130 |
AuUR 2004, 122 |