Leitsatz (amtlich)
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Laufzeit einer Bierbezugsverpflichtung von 10 Jahren benachteiligt den Gastwirt jedenfalls im Regelfall nicht unangemessen i.S. des § 9 Abs. 1 AGBG.
Normenkette
AGBG § 9
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. April 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Brauerei hatte mit dem Beklagten, der seinerzeit die Gaststätte „Haus F.” in L. betrieb, mehrere Verträge geschlossen, darunter am 6. Dezember 1989 einen „Darlehens-, Kauf- und Bierlieferungsvertrag”. In diesem Vertrag war unter anderem bestimmt:
„§ 1 Kaufvertrag
Die Brauerei verkauft und übereignet Herrn W. P. als Inventar für die Gaststätte im Hause B. straße, L. (bisher Haus F.) die aus der Anlage zu diesem Vertrag ersichtlichen Gegenstände. Der Kaufpreis beträgt ca. 120.000 DM plus 14 % MWSt DM 16.800, insgesamt DM 136.800.
Der Verkauf des Inventars erfolgt unter Eigentumsvorbehalt. Das Eigentum an den Gegenständen geht auf den Darlehensnehmer erst über, wenn alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag einschließlich der Getränkebezugsverpflichtung restlos erfüllt sind.”
Zusätzlich gewährte die Klägerin dem Beklagten in dem Vertrag ein Bardarlehen in Höhe von 13.200 DM und vereinbarte mit ihm, daß der Kaufpreis für das Inventar in ein Darlehen umgewandelt werden sollte, so daß der Gesamtdarlehensbetrag 150.000 DM betrug. Gemäß § 3 des Vertrages war das Darlehen durch einen Aufschlag je Hektoliter bezogenen Bieres, mindestens jedoch mit monatlich 1.250 DM ab 1. März 1990 zu tilgen. Ferner verpflichtete sich der Beklagte nach § 4 des Vertrages für die Dauer von zehn Jahren, endend am 28. Februar 2000, im einzelnen aufgeführte Biersorten ausschließlich und ununterbrochen bei der Klägerin direkt oder einer ihrer Vertriebsstellen bzw. selbständigen Verleger zu beziehen und zum Ausschank und Verkauf zu bringen, wobei eine Mindestabnahmepflicht von 4000 hl vereinbart war. Gemäß § 8 des Vertrages – Besondere Vereinbarungen – sollte die Getränkebezugsverpflichtung durch eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens nicht beeinflußt werden. Ferner sollten die von der Brauerei anzuschaffenden und an den Darlehensnehmer zu verkaufenden Inventargegenstände von diesem angegeben und von der Brauerei dem Darlehensnehmer zum Einkaufspreis weiterberechnet werden.
Durch Verträge vom 19. Februar 1990, 27. Juli 1990 und 12. September 1994 gewährte die Klägerin dem Beklagten weitere Darlehen in Höhe von insgesamt 70.022,52 DM. Ab Ende Oktober 1997 bezog der Beklagte Bier nicht mehr von der Klägerin, sondern von der D. -Brauerei.
Die Klägerin hat den Beklagten im ersten Rechtszug auf Unterlassung anderweitigen Bierbezugs bis Ende der vertraglichen Laufzeit sowie auf Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns für die Zeit vom 1. November 1997 bis 31. Mai 1998 in Höhe von 54.979,44 DM, hilfsweise für die Zeit ab 1. Juni 1998 bis Vertragsende, in Anspruch genommen. Nach Klageabweisung durch das Landgericht hat die Klägerin in der Berufungsinstanz ihren Unterlassungsanspruch wegen Zeitablaufs für erledigt erklärt und nur noch Schadensersatz in der vorgenannten Höhe begehrt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
I. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der Klägerin stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns nicht zu, weil der Beklagte jedenfalls für den streitigen Zeitraum nicht mehr gemäß § 4 des Vertrages zum Bierbezug verpflichtet gewesen sei, da die Klausel nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam sei. Zwar seien im Gaststättengewerbe Bierlieferungsverträge auch mit längerer Bezugsbindung unter Einschluß einer Ausschließlichkeitsvereinbarung durchaus nicht unüblich. „Sehr langfristige Bezugsbindungen” bedürften jedoch einer besonderen Rechtfertigung; den evidenten Nachteilen des Gastwirts müßten angemessene Gegenleistungen der Brauerei gegenüberstehen, jedenfalls müsse den Nachteilen durch gewährte Vorteile angemessen Rechnung getragen werden. Die Prüfung des gesamten Vertragsinhalts führe hier zu einer unangemessenen Benachteiligung des Beklagten. So habe die Klausel über die zehnjährige Bezugsbindung für den Beklagten keinerlei Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung vorgesehen. Die Bezugsbindung sei ferner mit einer Mindestabnahmepflicht von immerhin 4.000 hl und einer Ausschließlichkeitsklausel verbunden gewesen, so daß der Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, durch Ausweitung der in Ausschank zu bringenden Biersorten eine Umsatz- und Gewinnsteigerung zu erzielen; außerdem habe der Beklagte die von der Klägerin jeweils festgesetzten Bierabnahmepreise hinzunehmen gehabt, wobei nicht abzusehen gewesen sei, ob diese konkurrenzfähig sein würden.
Die in der zehnjährigen Bindung liegende erhebliche Benachteiligung sei auch weder durch die Darlehensgewährung noch durch anderweitige Vorteile gerechtfertigt bzw. ausgeglichen. Das in Höhe von 150.000 DM zur Verfügung gestellte Darlehen sei nur zu einem Teil von 38.000 DM ungesichert gewesen, der Rest sei zur Begleichung des Kaufpreises für das anzuschaffende Inventar verwendet worden und durch Sicherungsübereignung gesichert gewesen. Die ausbedungene Verzinsung mit 8 % jährlich habe der Klägerin problemlos eine Refinanzierung gestattet und allenfalls geringfügig unter dem marktüblichem Zins gelegen, den der Beklagte anderweitig zu zahlen gehabt hätte. Im Hinblick auf die Darlehensgewährung sei es daher nur gerechtfertigt gewesen, der Klägerin einen Ausgleich dafür zu gewähren, daß der Rückzahlungsanspruch ungesichert gewesen sei. Diesem Interesse der Klägerin wäre zum einen dadurch genügt gewesen, daß der Beklagte nur bis zur Rückzahlung des Darlehens an die Bezugspflicht gebunden geblieben wäre. Zum anderen wäre eine Mindestlaufzeit vorzusehen gewesen, die der Beklagte auch bei vorzeitiger Rückzahlung einzuhalten gehabt hätte; diese Mindestlaufzeit hätte im konkreten Fall nicht mehr als fünf Jahre betragen dürfen. Eine feste Bezugsbindung von zehn Jahren ohne Rücksicht auf die Tilgung des gesicherten Darlehens stelle dagegen eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Beklagten dar.
II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die zehnjährige Bierbezugsverpflichtung des Beklagten als Allgemeine Geschäftsbedingung Vertragsinhalt geworden, so daß die Angemessenheitsprüfung am Maßstab des § 9 AGBG zu erfolgen hat. Danach ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st.Rspr. vgl. BGHZ 143, 103, 113 m.w.Nachw.).
Für Bierlieferungsverträge mit individuell ausgehandelten Laufzeiten hat der Senat eine Festlegung auf höchstzulässige Bezugsbindungen stets vermieden und darauf hingewiesen, daß es einer unter Berücksichtigung von Inhalt, Motiv und Zweck des jeweiligen Vertrages vorzunehmenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Parteien im Einzelfall bedürfe. Die Dauer der zulässigen Bezugsbindung hängt daher wesentlich von Art und Umfang der von der Brauerei erbrachten Gegenleistung sowie von dem sachlichen Umfang der Bindung ab (BGH, Urteil vom 23. November 1983 – VIII ZR 333/82, WM 1984, 88 unter II 2 b m.w.Nachw.; siehe auch Paulusch, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Brauerei- und Gaststättenrecht, 9. Aufl., Rdnr. 137). In einigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist für den „Normalfall” eine Bindungsdauer von 15 Jahren als zulässig angesehen worden (BGHZ 74, 293, 298; BGH, Urteil vom 24. März 1981 – KZR 18/80, WM 1981, 687 unter II 3 m.w.Nachw.).
2. Soweit – wie im vorliegenden Fall – die Laufzeit der Bierbezugsverpflichtung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart worden ist, benachteiligt eine zehnjährige Bindungsdauer den Gastwirt, der den Bierlieferungsvertrag als Kaufmann (jetzt Unternehmer, § 24 AGBG) abgeschlossen hat, jedenfalls im Regelfall nicht unangemessen. Da dem Gastwirt im Zusammenhang mit einem derartigen Bierlieferungsvertrag regelmäßig ein Darlehen zur Verfügung gestellt wird, das dem Aufbau oder der Fortführung der Gastwirtschaft dient und das durch den kontinuierlichen Getränkebezug amortisiert wird, ist eine solche Bindung unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche (§ 24 S. 2, 2. HS AGBG) sowie der beiderseitigen Interessen und Bedürfnisse der Parteien hinzunehmen (vgl. Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 9 Rz. B 105; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rdnr. 251; Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Bierlieferungsvertrag Rdnr. 13 f).
Die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen rechtfertigen keine andere Beurteilung.
a) Daß der formularmäßig abgeschlossene Vertrag vom 6. Dezember 1989 keine Möglichkeit einer vorzeitigen Vertragsbeendigung für den Beklagten vorsah, stellt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine mißbräuchliche einseitige Verfolgung der Interessen der Klägerin dar. Wie alle Dauerschuldverhältnisse können langfristige Bierlieferungsverträge aus wichtigem Grund auch ohne vertragliche Regelung fristlos gekündigt werden. Diese Kündigungsbefugnis ist das notwendige Korrelat zur langfristigen Bindung des Gastwirts an eine Brauerei. Sie kann zwar zu einer nicht unerheblichen Einengung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Gastwirtes führen; da die Brauerei jedoch in aller Regel einen Teil ihrer Leistungen am Beginn des Vertragsverhältnisses erbringt und zwar in der Erwartung der Einhaltung der Bezugsbindung während der gesamten künftigen Laufzeit, sind an die Befugnisse des Gastwirts, sich vorzeitig vom Vertrag zu lösen, strenge Anforderungen zu stellen; entscheidend ist dabei, ob dem Gastwirt die weitere Erfüllung des Vertrages schlechthin nicht mehr zugemutet werden kann (BGH, Urteil vom 21. Mai 1975 – VIII ZR 215/72, WM 1975, 850 unter II 5; BGH, Urteil vom 10. März 1976 – VIII ZR 268/74, WM 1976, 508 unter III 1; siehe auch Paulusch aaO Rdnr. 159 ff). Ein solches Kündigungsrecht des Beklagten aus wichtigem Grund war auch hier nicht ausgeschlossen.
b) Nach der Nachfolgeklausel in § 5 des Vertrages haftet zwar der Beklagte im Falle einer Übertragung des Vertrages auf einen Rechtsnachfolger weiterhin für die Verpflichtungen aus dem Vertrag. Eine Klausel, die den Gastwirt selbst dann gesamtschuldnerisch neben dem Nachfolger weiterhaften lassen will, wenn der Vertragspartner der Nachfolge zugestimmt hat, ist in einem Automatenaufstellvertrag für unwirksam erklärt worden (BGH, Urteil vom 29. Februar 1984 – VIII ZR 350/82, WM 1984, 663 unter II a 2 bb). Hier aber sieht die Nachfolgeklausel ein Zustimmungserfordernis der Brauerei nicht vor, so daß die Mithaftung des bisherigen Gaststätteninhabers die Gefährdung ihres Erfüllungsinteresses durch Übertragung der Bezugsverpflichtung auf einen ihr unbekannten Dritten auszugleichen geeignet ist; sie ist deshalb im Regelfall nicht als unangemessen im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG anzusehen (vgl. Paulusch aaO Rdnr. 290 a.E.).
c) Aus der vereinbarten Mindestabnahmepflicht von 4.000 hl und der Festsetzung der Abnahmepreise durch die Klägerin ergibt sich ebenfalls keine unzumutbare Benachteiligung des Beklagten. Da dieser bereits zuvor mit dem jetzigen Konzessionsinhaber Pu. eine andere Gaststätte betrieben hatte, auf die im Vertrag vom 6. Dezember 1989 Bezug genommen wird, kann davon ausgegangen werden, daß er die Absatzmöglichkeit für die Gaststätte „Haus F.” beurteilen konnte und sich nur auf einen erzielbaren Absatz eingelassen hat; daß die Bierabnahmepreise der Klägerin nicht konkurrenzfähig gewesen wären und der Beklagte hierdurch Nachteile hinzunehmen gehabt hatte, ist von diesem selbst nicht behauptet worden.
d) Zwar wurde die Dispositionsfreiheit des Beklagten durch die zehnjährige Bierbezugsverpflichtung mit Ausschließlichkeitsvereinbarung in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt. Die Bezugsbindung stellt jedoch die Gegenleistung des Beklagten für die Zurverfügungstellung des Darlehens in Höhe von insgesamt 150.000 DM durch die Klägerin dar, das der Beklagte nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin selbst aufzubringen nicht in der Lage war und welches ihm erst den Betrieb der Gaststätte ermöglichte; in einem solchen Fall sind im Regelfall engere Bindungen des Gastwirts an die Brauerei gerechtfertigt (s.o. II 2; so auch Paulusch aaO Rdnr. 105). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war das von der Klägerin gewährte Darlehen nicht nur in Höhe von 38.000 DM ungesichert, vielmehr stellte auch die Sicherungsübereignung des Gaststätteninventars keine ausreichende Sicherung dar, da dieses, wie das Berufungsgericht selbst ausführt, relativ rasch an Wert verliert, was auch durch die festgelegte steuerliche Abschreibung mit 0,84 % monatlich nicht ausgeglichen werden kann (vgl. auch BGH, Urteil vom 15. November 2000 – VIII ZR 322/99 unter II 1 b, teilweise veröffentlicht in MDR 2001, 380 f). Daß eine Verzinsung von jährlich 8 % ausbedungen war, die jedenfalls nicht über dem marktüblichen Zins lag, stellte danach zwar keinen Vorteil, aber auch keine Benachteiligung des Beklagten dar, da dieser auch anderweitig Darlehenszinsen hätte zahlen müssen; nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin lag der vereinbarte Zinssatz dagegen sogar noch unter dem damaligen marktüblichen Zins.
e) Die vereinbarte zehnjährige Laufzeit der Bierbezugsverpflichtung hält sich im übrigen auch im Rahmen der Höchstlaufzeiten, von deren Einhaltung Art. 8 Abs. 1 d der Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 1984/83 der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 22. Juni 1983 (ABl. L I 173/5) die Freistellung von Bierlieferungsverträgen von den Kartellverboten des Art. 85 Abs. 1 EGV a.F. abhängig macht; es kann deshalb offenbleiben, ob den dort genannten Höchstlaufzeiten Leitbildfunktion zukommt (so Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 9 AGBG Rdnr. 70; offengelassen in BGHZ 143, 103, 115 betreffend Tankstellenverträge). Wenn das Berufungsgericht demgegenüber eine Bindung des Beklagten an die Bezugspflicht lediglich bis zum Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung und im Streitfall eine Mindestlaufzeit von nicht mehr als fünf Jahren als angemessen ansieht, berücksichtigt es nicht ausreichend das Wesen des Bierlieferungsvertrages, bei welchem die langfristige Bindung des Gastwirts das Äquivalent für die Aufwendungen der Brauerei darstellt, die rechtlos gestellt wäre, wenn sich ihr Vertragspartner seinen Verpflichtungen durch vorzeitige Darlehensrückzahlung – möglicherweise mit Mitteln einer anderen Brauerei – entledigen könnte (vgl. Paulusch aaO Rdnr. 164).
3. Der Vertrag vom 6. Dezember 1989 ist auch nicht, was das Berufungsgericht offengelassen hat, gemäß § 34 GWB a.F., der für den vorliegenden Vertrag weiterhin anzuwenden ist (BGH, Urteil vom 2. Februar 1999 – KZR 51/97, WM 1999, 1371 unter II 1 a), in Verbindung mit § 125 BGB unwirksam. Nach seinem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt umfaßte er auch die nachfolgenden Vereinbarungen der Parteien über die Anschaffung und Bezahlung des Gaststätteninventars, so daß die erforderliche Schriftform gewahrt ist.
a) Zwar hat die Klägerin mit Abschluß des Vertrages entgegen der Regelung in § 1 kein Gaststätteninventar an den Beklagten verkauft und dementsprechend auch nicht die dort vorgesehene Anlage mit einem Verzeichnis über die unter Eigentumsvorbehalt verkauften Gegenstände erstellt; vielmehr sind unstreitig die nach Vertragsschluß angeschafften Inventargegenstände sowie die sonstigen mit der Gaststätteneinrichtung verbundenen Kosten aus dem zur Verfügung gestellten Darlehen bezahlt worden, wobei die Inventargegenstände in das Sicherungseigentum der Klägerin überführt worden sind. In § 8 Nr. 9 des Vertrages vom 6. Dezember 1989 war auch bestimmt, daß die von der Klägerin anzuschaffenden und an den Beklagten zu verkaufenden Inventargegenstände von diesem angegeben und zum Einstandspreis berechnet werden sollten. Damit handelte es sich bei der insoweit nicht eindeutigen vertraglichen Regelung hinsichtlich des Erwerbs des Gaststätteninventars durch den Beklagten nicht um eine Falschbezeichnung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Dezember 1985 – KZR 4/85, NJW-RR 1986, 724 unter I 3 b), sondern um eine auslegungsbedürftige Regelung; in einem solchen Fall ist der Schriftform des § 34 GWB a.F. genügt, wenn sich der durch Auslegung ermittelte Vertragsinhalt aus dem schriftlichen Text herleiten läßt (BGH, Urteil vom 9. November 1982 – KZR 26/81, NJW 1983, 1493 unter II 1; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1985 aaO). Eine Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages dahingehend, daß das erforderliche Gaststätteninventar erst von der Klägerin – auf Veranlassung des Beklagten – zu erwerben war und sodann an den Beklagten unter Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes zugunsten der Klägerin verkauft werden sollte, ist daher unter Berücksichtigung der im Vertrag unter § 8 getroffenen „Besonderen Vereinbarungen” möglich, so daß der Schriftform des § 34 GWB a.F. genügt ist.
b) Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt es sich ferner bei der Auswechslung zweier Biersorten, auf die sich die Parteien im Vertragsverlauf später mündlich geeinigt hatten, um einen Punkt, der für die kartellrechtliche Bewertung ohne jegliche Bedeutung ist und deshalb einer schriftlichen Niederlegung nicht bedurfte (vgl. BGHZ 54, 145, 148 f; BGH, Urteil vom 12. Mai 1976 – KZR 17/75, NJW 1976, 1743 unter II 1).
4. Eine Nichtigkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages gemäß § 138 Abs. 1 BGB scheidet nach den vorangegangenen Darlegungen ebenfalls aus. § 138 Abs. 1 BGB stellt bereits im objektiven Bereich höhere Anforderungen an Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags als § 9 Abs. 1 AGBG und setzt eine grobe Interessenverletzung von erheblicher Stärke (vgl. BGH, Beschluß vom 16. April 1996 – XI ZR 234/95, ZIP 1996, 957 unter III 2 c) voraus, die hier nicht vorliegt.
III. Da sonach der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatz wegen Gewinnentgangs dem Grunde nach zusteht, die Vorinstanzen zur Höhe des Anspruchs jedoch – von ihrem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen haben, war der Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball, Dr. Leimert, Dr. Wolst
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 25.04.2001 durch Mayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 599915 |
BGHZ |
BGHZ, 279 |
BB 2001, 1431 |
DB 2001, 1715 |
NJW 2001, 2331 |
NWB 2001, 2502 |
BGHR 2001, 578 |
DNotI-Report 2001, 119 |
EWiR 2001, 889 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 1618 |
ZAP 2001, 1011 |
ZIP 2001, 1245 |
MDR 2001, 926 |
GuG-aktuell 2002, 6 |
LL 2001, 686 |