Leitsatz (amtlich)
a) Durch das Versprechen eines Lohns für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe wird eine unvollkommene Verbindlichkeit (Naturalobligation) begründet.
b) Die Vorschrift des § 656 BGB findet auf Verträge, durch die sich der eine Vertragspartner zu einer auf Herbeiführung einer Eheschließung gerichteten Tätigkeit (Nachweis oder Vermittlung) verpflichtet, entsprechende Anwendung.
c) Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder im Formularvertrag eines Ehevermittlers enthaltene Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Vergütung hält der Inhaltskontrolle stand, wenn sich der Ehevermittler gegenüber dem Auftraggeber zur Leistung von Diensten verpflichtet hat.
d) Eine AGB- oder Formularvertragsklausel, nach der der Ehevermittler eine im voraus empfangene, nicht erfolgsabhängige Vergütung auch bei vorzeitiger Kündigung in jedem Fall behalten darf, ist unwirksam. An ihre Stelle tritt der hier entsprechend anwendbare § 628 BGB.
e) Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein auf Eheanbahnung gerichteter Vertrag wegen Vereinbarung einer überhöhten Vergütung als sittenwidrig angesehen werden kann.
f) § 656 Abs. 1 Satz 2 BGB schließt die Rückforderung eines Ehemäklerlohns oder einer Eheanbahnungsvergütung insoweit nicht aus, als sie darauf gestützt wird, daß infolge besonderer Nichtigkeitsgründe noch nicht einmal eine unvollkommene Verbindlichkeit bestand, oder darauf, daß der ursprünglich bestehende Rechtsgrund nachträglich weggefallen ist.
Normenkette
BGB §§ 656, 138; AGBG §§ 9, 10 Nr. 7
Verfahrensgang
OLG Nürnberg (Urteil vom 24.09.1981) |
LG Ansbach |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 24. September 1981 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Am 11. Juni 1980 erteilte der Kläger dem Beklagten auf einem von diesem zur Verfügung gestellten Formular einen Ehevermittlungsauftrag, in dem es u.a. heißt:
„Hiermit beauftrage ich … die Eheanbahnung Friedl S., D., mir bei der Auswahl eines geeigneten Ehepartners behilflich zu sein.
Ich beauftrage die Eheanbahnung, alle notwendigen und mich beschreibenden Insertionen vorzunehmen und mich in ihre Kartei aufzunehmen, ferner mir Partnervorschläge zu machen.
Ich bezahlte für diese Vermittlertätigkeit eine pauschale Dienstleistungsgebühr in
Höhe von |
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3.600,– DM |
+ 13 % Mehrwertsteuer |
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468,– DM |
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insgesamt |
4.068,– DM |
Diese Gebühr ist am Tage der Auftragserteilung fällig, ich werde sie wie folgt entrichten:
Außer diesem Betrag entstehen mir keine weiteren Kosten.
Diese Dienstleistungsgebühr deckt pauschal alle Bearbeitungskosten, Auslagen, auch Insertionen und alle Nebenkosten der Ehevermittlung, ohne Rücksicht auf den Umfang der Tätigkeit der Ehevermittlung. Ein Rückforderungsanspruch ist in keinem Fall gegeben, auch nicht bei Aufkündigung oder sonstiger vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses.
Die Eheanbahnung Friedl S. ist für mich bis zum Erfolg tätig, längstens jedoch auf die Dauer von 24 Monaten. Bei Erfolg, d.h. bei Eheschließung mit einem der vermittelten Partner, verpflichte ich mich, ein Erfolgshonorar in Höhe von – entfällt – DM zu zahlen.
Dieser Vertrag kann auf eigenen Wunsch jederzeit gekündigt werden, was jedoch keinen Anspruch auf Rückzahlung der Dienstleistungsgebühr ganz oder zum Teil gibt. …
Mündliche Nebenabreden haben keine Gültigkeit.”
Die Worte
„Außer diesem Betrag entstehen mir keine weiteren Kosten”
und
„entfällt”
sind handschriftlich in das Formular eingefügt worden.
Den Betrag von 4.068,– DM bezahlte der Kläger bei Vertragsschluß. Mit Schreiben vom 18. Juni, 27. Juni und 8. Juli 1980 unterbreitete der Beklagte dem Kläger insgesamt 6 Partnervorschläge. Am 7. August 1980 richtete der vom Kläger beauftragte Rechtsanwalt Dr. A. ein Schreiben an den Beklagten, in dem er die Tätigkeit des Beklagten beanstandete und ihn zur Rückzahlung des Betrages von 4.068,– DM aufforderte. Weiter heißt es in dem Schreiben:
„Es versteht sich von selbst, daß mein Mandant künftig jede Vermittlungstätigkeit ihrerseits ablehnt. Insofern wird der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag gekündigt. …”
Am 11. August 1980 gab der Beklagte bei 20 verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften Inserate in Auftrag, in denen der Kläger beschrieben wurde und für die der Beklagte 1.586,04 DM zahlte. Am 25. September 1980 übermittelte er dem Kläger die Anschrift von zwei weiteren unverheirateten Frauen und forderte ihn auf, sich mit diesen in Verbindung zu setzen.
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe für ihn so gut wie nichts getan und ihn belogen und getäuscht. Er habe sich mit den drei Damen, die der Beklagte ihm vor dem 3. August 1980 genannt habe, telefonisch in Verbindung gesetzt. Eine von diesen habe es ohne Jede Begründung abgelehnt, mit ihm, dem Kläger, Verbindung aufzunehmen. Die beiden anderen hätten zum Ausdruck gebracht, daß sie an einer Ehevermittlung überhaupt kein Interesse hätten. Danach habe ihn der Beklagte veranlaßt, zu einem Rendezvous mit einer Dame in die Pfalz zu fahren, ohne diese Dame zu verständigen.
Der Beklagte bestreitet, das Kündigungsschreiben erhalten zu haben.
Er behauptet, daß ihm folgende Unkosten entstanden seien:
Provision für die Vermittlung des Vertrages |
900,–DM |
Umsatzsteuer |
468,–DM |
Insertionskosten (unstreitig) |
1.586,04 DM |
Umgelegte Allgemeinkosten, die je Vermittlungsversuch nach einem in einem anderen Rechtsstreit eingeholten Gutachten 118,– DM betragen |
826,–DM |
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 4.068,– DM nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
1. Das Berufungsgericht meint, der Vertrag, den der Beklagte und der Kläger geschlossen haben, sei ein Ehemäklervertrag gem. § 656 BGB, der „dienstvertragliche Elemente” aufweise. Der Beklagte habe zwar in ihm eine Verpflichtung zum Tätigwerden übernommen; diese Verpflichtung sei aber gegenüber dem „Auftrag zur Ehevermittlung” von untergeordneter Bedeutung. Das ist nicht folgerichtig.
Auch durch einen Auftrag zur Ehevermittlung – das Berufungsgericht versteht den Ausdruck „Auftrag” offensichtlich nicht im technischen Sinn des § 662 BGB – kann eine Pflicht zum Tätigwerden begründet werden. Ebenso wie man den Maklervertrag im Sinne des § 652 BGB von dem Maklerdienstvertrag begrifflich trennen muß, ist auch bei Eheanbahnungsverträgen zwischen solchen zu unterscheiden, bei denen lediglich der Interessent einseitig für den Fall einer erfolgreichen Anbahnungstätigkeit die Zahlung einer Vergütung verspricht, und solchen, bei denen sich der Eheanbahner gegen ein einmaliges oder fortlaufendes Entgelt zu einer auf Herbeiführung der Ehe gerichteten Tätigkeit verpflichtet. Daß der zwischen den Parteien zustandegekommene Vertrag kein Ehemäklervertrag im eigentlichen Sinne, sondern ein Eheanbahnungsdienstvertrag war, kann nach dem Wortlaut der Vertragsurkunde und nach der Auslegung, die ihr vom Berufungsgericht gegeben worden ist, nicht zweifelhaft sein. Der Kläger hatte den Beklagten beauftragt, ihm „bei der Auswahl eines geeigneten Ehepartners behilflich zu sein, … alle notwendigen … Insertionen vorzunehmen”, ihn in die vom Beklagten geführte „Kartei aufzunehmen” und ihm „Partnervorschläge” zu machen. Beide Vorinstanzen verstehen dies dahin, daß sich der Beklagte zu dieser Tätigkeit verpflichtet hat; diese Auslegung ist naheliegend und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Vergütung, die der Kläger versprochen hatte, war ohne Rücksicht auf den Erfolg der Tätigkeit des Beklagten zu zahlen. Der zwischen den Parteien zustandegekommene Vertrag entspricht daher dem Typus des Maklerdienstvertrags.
2. Seinem reinen Wortlaut nach findet § 656 BGB nur auf das einseitige, erfolgsabhängige Vergütungsversprechen Anwendung. Die Gründe, die den Gesetzgeber veranlaßt haben, ein solches Versprechen für unklagbar zu erklären, treffen in gleicher Weise auch auf Dienstverträge zu, die eine Eheanbahnung zum Gegenstand haben. Die Bedenken, die in der Reichstagskommission geäußert wurden (Mugdan, Materialien, 2. Band, S. 1292 unter IV) und die zur Einführung des § 656 in das BGB geführt haben, richteten sich gegen die entgeltliche Eheanbahnung schlechthin, nicht gerade gegen die besondere Form des erfolgsabhängigen Ehemäklerlohnversprechens. Wenn im Gesetz der Eheanbahnungsdienstvertrag nicht ausdrücklich erwähnt wird, so ist das offenbar darauf zurückzuführen, daß damals diese Form des Eheanbahnungsvertrages im Rechtsleben noch nicht in Erscheinung getreten war. Wäre dies der Fall gewesen, so hätte der Gesetzgeber von seiner Grundeinstellung aus auch den Eheanbahnungsdienstvertrag der Regelung des § 656 BGB unterworfen. Auf diese Verträge muß daher die genannte Gesetzesvorschrift entsprechend angewandt werden. Hiervon ist auch der II. Zivilsenat in BGHZ 25, 124 ausgegangen; dort wird (auf S. 126) ausgeführt, daß § 656 sowohl Klagen auf Ehemäklerlohn als auch auf die „geschuldeten Dienste” des Ehemäklers ausschließe; das setzt aber voraus, daß § 656 BGB auch solche Verträge trifft, die eine Verpflichtung zur Leistung von Ehemäklerdiensten begründen. Nicht ganz zutreffend ist es, wenn in diesem Zusammenhang in der Rechtsprechung von einer „Einkleidung des Ehemäklervertrages in das rechtliche Gewand eines Dienstvertrages” gesprochen wird (OLG Frankfurt/Main NJW 1983, 397); meist wird die dienstvertragliche Ausgestaltung des Eheanbahnungsvertrages ernstlich gewollt und nicht etwa nur zur Umgehung des § 656 BGB gewählt sein. In dem hier zur Entscheidung stehenden Fall fehlt es an jedem Anhaltspunkt für eine solche Umgehungsabsicht.
II.
Obwohl nach dem Wortlaut des § 656 BGB durch einen Ehevermittlungsvertrag „eine Verbindlichkeit nicht begründet” wird, haben sich die Vorinstanzen für berechtigt gehalten, den von den Parteien abgeschlossenen Vertrag daraufhin zu überprüfen, ob er wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig ist und ob die in ihm enthaltenen Einzelbestimmungen einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz standhalten. Sie haben auch – scheinbar im Widerspruch zu § 656 Abs. 1 Satz 2 BGB – den Beklagten zur Rückzahlung der empfangenen Tätigkeitsvergütung verurteilt, und zwar das Landgericht, weil der Vertrag als Ganzes sittenwidrig und daher nichtig sei, das Oberlandesgericht, weil die Vergütungsvereinbarung nach dem AGB-Gesetz unwirksam sei. Gegen diesen rechtlichen Ansatzpunkt bestehen keine Bedenken.
1. Für eine Prüfung der Frage, ob ein konkreter Eheanbahnungsvertrag nach § 138 BGB nichtig ist wäre allerdings dann kein Raum, wenn der Gesetzgeber im § 656 BGB generell Nichtigkeit des Ehemäkler- und Eheanbahnungsvertrages angeordnet hätte. In diesem Falle wäre auch die Frage, inwieweit allgemeine Geschäftsbedingungen, die solchen Verträgen zugrundeliegen, der Inhaltskontrolle standhalten, gegenstandslos; denn Inhaltskontrolle setzt einen gültigen Vertrag voraus. In der Tat ist gelegentlich die Ansicht vertreten worden, der Gesetzgeber habe in § 656 BGB die Sittenwidrigkeit der auf Eheanbahnung gerichteten Verträge bindend feststellen wollen (Kohler Archiv für Bürgerliches Recht 5, 131; 12, 317; RG JW 1906, 713). Nach der herrschenden Lehre ist jedoch ein solcher Vertrag nicht als nichtig anzusehen; er begründet vielmehr eine unvollkommene Verbindlichkeit (Naturalobligation), die zwar erfüllt, nicht aber eingeklagt werden kann (Palandt/Thomas BGB 30. Aufl. § 656 Anm. 1; Jauernig/Vollkommer BGB 2. Aufl. § 656 Anm. 2 b aa; Staudinger BGB 11. Aufl. § 656 Rdn. 3 d; Enneccerus/Lehmann Schuldrecht 15. Bearbeitung § 158 IV 3, vgl. aber auch § 3 II 1 a; Soergel/Erdsiek/Mühl, BGB 9. Aufl. § 656 Rdn. 1; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse § 656 Anm. 2 a; wohl auch Erman/Werner BGB 7. Aufl. § 656 Rdn. 1; w.N. bei Schöpf, Recht und Praxis der modernen Ehevermittlung Fn. 288; ähnlich die Auffassung von Larenz Schuldrecht 13. Aufl. Bd. I § 2 III; 12. Aufl. Bd. II § 54; Schöpf a.a.O. S. 57; Soergel/Mormann, BGB 11. Aufl. § 656 Rdn. 2, die zwar die Entstehung einer Verbindlichkeit leugnet, die Lohnvereinbarung aber als einen vom Gesetz anerkannten Erwerbsgrund behandelt; zweifelnd Palandt/Thomas a.a.O. in den neueren Auflagen). Der Senat schließt sich der herrschenden Auffassung an. Während der Beratung des BGB in der Reichstagskommission ist zwar die Ansicht geäußert worden, das Geben und Nehmen eines Ehemäklerlohns werde von der großen Mehrheit der Bevölkerung als unsittlich angesehen; allein diese Einstellung sei mit dem sittlichen Charakter der Ehe vereinbar; wenn sie noch nicht in allen Kreisen durchgedrungen sein sollte, so sei das ein Grund mehr, daß der Gesetzgeber ihr zum Durchbruch verhelfe (Mugdan Materialien 2. Band S. 1292 unter IV). Die Kommissionsmitglieder, die diese Ansicht vertreten haben, wollten ersichtlich § 656 BGB als einen Sonderfall des § 138 BGB ansehen, der nur deshalb im Gesetz besonders erwähnt wurde, um alle Zweifel an der Sittenwidrigkeit des Geschäfts auszuschließen. In der Fassung des Gesetzes hat dieser Gedanke jedoch keinen Ausdruck gefunden. Die gesetz gebenden Körperschaften haben vielmehr dem § 656 BGB eine Fassung gegeben, die dem Wortlaut des § 762 entspricht. Diese Vorschrift beruht aber unbestritten nicht auf dem Gedanken, daß Spiel und Wette unsittlich seien. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber in Art. 36 EGBGB zwar die Gewerbeordnung dem BGB angepaßt, dabei aber dem § 35 Abs. 3 GewO, der unter gewissen Voraussetzungen die Untersagung der gewerbsmäßigen Heiratsvermittlung zuließ und damit dieses Gewerbe grundsätzlich als erlaubt anerkannte, nicht gestrichen und durch ein generelles Verbot dieser Tätigkeit ersetzt hat.
Ist aber ein entgeltlicher Eheanbahnungsvertrag nicht schon als solcher nichtig, dann ist es nicht ausgeschlossen, daß der gezahlte Ehemäklerlohn gem. § 812 BGB zurückgefordert wird, wenn besondere Nichtigkeitsgründe vorliegen, die selbst die Entstehung einer unvollkommenen Verbindlichkeit ausgeschlossen haben, oder wenn die Zahlung auf AGB-Klauseln beruhte, die der Inhaltskontrolle nicht standhalten.
2. Dem steht auch die Vorschrift des § 656 Abs. 1 Satz 2. BGB nicht entgegen. Sie schließt nur solche Rückzahlungsansprüche aus, die darauf gestützt werden, daß der Auftraggeber nach § 656 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht hätte zur Leistungen gezwungen werden können. Es ist allgemein anerkannt, daß der Ehemäklerlohn dann zurückverlangt werden kann, wenn die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung vorliegen, also zum Beispiel, wenn der Interessent durch Drohung oder Betrug zur Zahlung veranlaßt worden war. Das gleiche muß dann gelten, wenn Umstände vorliegen, die auch bei eine klagbaren Verpflichtung den Leistenden zur Rückforderung die von ihm Gezahlten berechtigen würden. Der Rückforderungsanspruch ist daher sowohl dann gegeben, wenn wegen besonderer Nichtigkeitsgründe noch nicht einmal eine unvollkommene Verbindlichkeit begründet wurde, als auch dann, wenn – etwa wegen vorzeitiger Auflösung des Vertrages – der Rechtsgrund für die geleistete Zahlung weggefallen ist.
III.
1. Das Landgericht hat den Ehevermittlungsvertrag wegen eines groben Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung für sittenwidrig gehalten. Der Kläger habe als Vorausleistung den nicht unerheblichen Betrag von 4.068,– DM zahlen müssen, während sich der Beklagte lediglich verpflichtet habe, „alle notwendigen und den Kläger beschreibenden Insertionen vorzunehmen und ihn in die Kartei aufzunehmen, ferner ihm Partnervorschläge zu machen”. Wie viele Inserate der Beklagte aufzugeben hatte und in welchen zeitlichen Abständen dies geschehen sollte, sei nicht festgelegt gewesen; die Aufgabe der Inserate sei daher dem Ermessen des Beklagten überlassen worden. Die Aufnahme in die Kartei sei eine Selbstverständlichkeit gewesen, die dem Kläger für sich allein noch keinen Nutzen gebracht habe. Seiner Verpflichtung, dem Kläger Partnervorschläge zu machen, habe der Beklagte nach dem Wortlaut des Vertrages bereits dann genügt, wenn er dem Kläger während der gesamten Laufzeit zwei mögliche Ehepartnerinnen benannt habe; denn die Zahl der geschuldeten Partnervorschläge sei im Vertrag nicht ziffernmäßig festgelegt worden. Daß es mindestens zwei Partnervorschläge sein mußten, folgert das Landgericht offenbar aus dem Gebrauch des Plurals im Formular. Das Landgericht hat nicht verkannt, daß das grobe Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für sich allein noch nicht ein Rechtsgeschäft nichtig macht. Das für die Annahme der Sittenwidrigkeit erforderliche subjektive Moment sieht es in dem Streben des Beklagten nach mühelosem Gewinn. Daß der Beklagte von diesem Streben geleitet gewesen sei, ergebe sich wiederum aus dem Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung.
Das Berufungsgericht hat diesen Gedankengang teilweise gebilligt, sich jedoch nicht abschließend darüber geäußert, ob es den Vertrag für nichtig hält. Das Revisionsgericht kann diese Frage nicht unbeantwortet lassen; denn nur wenn der Vertrag als Ganzes rechtsgültig ist, kann geprüft werden, ob seine einzelnen Bestimmungen der Inhaltskontrolle standhalten.
2. Rechtlich zu beanstanden sind bereits die Überlegungen des Landgerichts zum objektiven Mißverhältnis zwischen der vom Beklagten versprochenen Leistung und der vom Kläger übernommenen Zahlungsverpflichtung. Es berücksichtigt auf der Seite des Beklagten nur diejenigen Tätigkeiten, zu denen sich dieser im Formularvertrag ausdrücklich verpflichtet hat. Hierin liegt eine Verletzung der §§ 157t 242 BGB. Ist der Umfang der Leistungen, die der eine Vertragspartner schuldet, im Vertrag nicht genau festgelegt, so ist er nach Treu und Glauben zu bestimmen; dabei kommt es vor allem auf den Zweck des Vertrages an. Bei richtiger Betrachtungsweise hätte geprüft werden müssen, welchen Umfang die Tätigkeit des Beklagten haben mußte, um mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Erfolg herbeizuführen. Daraus hätte sich dann ergeben, wieviel Inserate er aufzugeben, wieviel Partnervorschläge er zu machen hat und welche Bemühungen sonst von ihm erwartet werden konnten. Dieser Leistungsumfang ist mit dem vereinbarten Entgelt zu vergleichen. Erst dann läßt sich zuverlässig feststellen, ob ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.
3. Darüberhinaus wird zu beachten sein, daß zur Annahme der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts auch nach § 138 Abs. 1 BGB das bloße Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht genügt; es muß vielmehr noch ein subjektives Moment hinzukommen. Das Landgericht sieht dieses subjektive Moment im verwerflichen Streben des Beklagten nach mühelosem Gewinn. Daß sich der Beklagte von diesem Streben leiten lasse, folgert es wiederum aus dem von ihm angenommenen Mißverhältnis. Damit läßt es entgegen dem Gesetz im Endergebnis doch das rein objektive Mißverhältnis genügen. Auch in dieser Hinsicht wird das Berufungsgericht zusätzliche tatsächliche Feststellungen zu treffen haben.
IV.
Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, daß der zwischen den Parteien geschlossene Formularvertrag der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz unterliegt. Die Folgerungen, die es daraus zieht, halten jedoch nicht im vollen Umfang einer rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Der Beklagte verlangt, wie die meisten Heiratsvermittler, Vorauszahlung der Vergütung. Das Berufungsgericht sieht darin eine nach § 11 Nr. 2 AGB unzulässige Klausel. Dem kann nicht gefolgt werden. Das Gesetz zwingt durch den Ausschluß der Klagbarkeit des Ehemäklerlohns den Vermittler zur Vorauskasse. Würde man dies für unzulässig erklären und den Vermittler zur Rückzahlung der im voraus empfangenen Vergütung verpflichten, so würde man den Eheanbahnungsinstituten die wirtschaftliche Grundlage entziehen. Da, wie unter II 1 ausgeführt, die entgeltliche Ehevermittlung als eine rechtlich erlaubte und vom sittlichen Standpunkt aus unbedenkliche Tätigkeit anzusehen ist, darf den Vermittlern nicht die einzige rechtliche Möglichkeit genommen werden, sich ihren Vergütungsanspruch zu sichern.
Die Begründung, die das Berufungsgericht für seine gegenteilige Auffassung gibt, ist nicht überzeugend. Es beanstandet die Vorauszahlungsvereinbarung, weil dadurch dem Zahlungspflichtigen das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 und das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB genommen werden. Dieser Gedanke ist schon deshalb verfehlt, weil § 320 BGB ebenso wie § 273 BGB einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch voraussetzt. Gegenüber einem unklagbaren Anspruch braucht der Schuldner kein Zurückbehaltungsrecht, weil es in seinem Belieben steht, ob er den Anspruch erfüllen will.
2. Mit Recht beanstandet das Berufungsgericht jedoch die in dem Formularvertrag enthaltene Klausel, nach der das im voraus entrichtete Entgelt „in keinem Fall” zurückgezahlt wird, also insbesondere auch dann nicht, wenn der Auftraggeber des Beklagten von dem ihm vertraglich eingeräumten Kündigungsrecht zulässigerweise Gebrauch macht. Das Berufungsgericht verweist mit Recht darauf, daß der Beklagte danach die volle Vergütung selbst dann behalten darf, wenn er noch keinerlei oder nur ganz geringfügige Leistungen erbracht hat. Eine solche Regelung ist mit § 10 Nr. 7 AGBG unvereinbar. Besonders unangemessen erscheint diese Klausel deshalb, weil sie selbst dann eingreift, wenn der Beklagte durch vertragswidriges Verhalten seinem Auftraggeber Grund zur Kündigung gegeben hatte.
3. Die Unwirksamkeit der Klausel hat zur Folge, daß an ihrer Stelle das verdrängte Gesetzesrecht Anwendung findet (§ 6 AGBG). Da die Parteien dem zwischen ihnen geschlossenen Eheanbahnungsvertrag dienstvertraglichen Charakter gegeben haben, muß die ergänzende Gesetzesvorschrift aus dem Dienstvertragsrecht entnommen werden. Hierfür kommt nur § 628 BGB in Frage. Diese Vorschrift setzt zwar eine außerordentliche Kündigung entweder nach § 626 oder nach § 627 BGB voraus. Sie zeigt jedoch, wie der Gesetzgeber den Interessenkonflikt zwischen Dienstverpflichtetem und Dienstberechtigtem in den Fällen lösen will, in denen es durch eine Kündigung zu einer Auflösung des Vertragsverhältnisses kommt, bevor der Zeitraum abgelaufen ist, für den die Vergütung geschuldet wird; gegen eine entsprechende Anwendung in Fällen der vorliegenden Art bestehen daher keine Bedenken.
V.
Soweit das Berufungsgericht nicht zu dem Ergebnis kommen sollte, daß der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist, wird es nach Maßgabe des § 628 BGB zu prüfen haben, in welchem Umfang die Vergütung zurückzugewähren ist. Dabei wird es vor allem darauf ankommen, ob die vom Kläger ausgesprochene Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten veranlaßt worden ist; das Berufungsgericht wird den diesbezüglichen Vortrag des Klägers tatrichterlich zu würdigen haben. Zur vollständigen Rückzahlung der Vergütung wird der Beklagte unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt nur dann verpflichtet sein, wenn er dem Kläger durch vertragswidriges Verhalten Anlaß zur Kündigung gegeben hat und wenn infolge der Kündigung die bisherigen Leistungen des Beklagten für den Kläger kein Interesse mehr haben (§ 628 Abs. 1 Satz 2 BGB). Im übrigen wird die Vergütung auf einen Betrag zu kürzen sein, der zur vereinbarten Gesamtvergütung im gleichen Verhältnis steht wie die tatsächliche Laufzeit des Vertrages zur vertraglich vorgesehenen Laufzeit von 24 Monaten. Sollte die Kündigung auf einem Umstand beruhen, den der Beklagte nicht zu vertreten hat, so wird er hinsichtlich der für eine spätere Zeit im voraus entrichteten Vergütung nur die Bereicherung herauszugeben haben (§ 628 Abs. 1 Satz 3 BGB); er wird daher die empfangene Vergütung insoweit nicht zurückgewähren müssen, als sie die Aufwendungen, die der Beklagte durch seine Bemühungen für den Kläger gehabt hat, nicht übersteigen.
Dagegen ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung keine Handhabe, um auch die sog. Vorlaufkosten des Beklagten zu berücksichtigen. Er wäre zwar berechtigt gewesen, mit dem Kläger zu vereinbaren, daß bei einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages ein bestimmter, seinen tatsächlichen Vorlaufkosten entsprechender Betrag ihm auf Jeden Fall verbleibt und daß lediglich der überschießende Betrag entsprechend der tatsächlichen Laufzeit des Vertrages reduziert wird; eine solche Regelung wäre nicht nach § 10 Nr. 7 AGBG zu beanstanden gewesen. Das Gericht ist jedoch nicht berechtigt, durch ergänzende Vertragsauslegung an die Stelle einer unzulässigen Klausel die zulässige Klausel zu setzen, die der Verwender der AGB oder des Formularvertrags voraussichtlich gewählt haben würde, wenn ihm die Unzulässigkeit der beanstandeten Klausel bekannt gewesen wäre. Vielmehr tritt nach § 6 Abs. 2 AGBG an die Stelle der unzulässigen Klausel die gesetzliche Regelung, auch wenn eine für den Verwender günstigere Gestaltungsmöglichkeit besteht (Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner AGBG § 6 Rdn. 7).
VI.
Der Umstand, daß die Tätigkeit des Beklagten für den Kläger keinen Erfolg gehabt hat, kann nur im Rahmen des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB berücksichtigt werden. Dagegen kann eine Rückzahlung der Gesamtvergütung nicht mit der Begründung verlangt werden, nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 652, 656 BGB habe der Ehemäkler grundsätzlich nur bei erfolgreichen Bemühungen einen Lohnanspruch. Die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Vergütung ist bei Eheanbahnungsverträgen der vorliegenden Art rechtlich zulässig; sie ist auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in einem Formularvertrag nicht zu beanstanden. Die Unwirksamkeit der Klausel, durch die das Rückforderungsrecht des Klägers schlechthin ausgeschlossen werden sollte, läßt die Gültigkeit des übrigen Vertragsinhalts unberührt (§ 6 Abs. 1 AGBG).
Im übrigen wird das Berufungsgericht den Beklagten nur dann aufgrund von § 628 BGB (analog) zur teilweisen Rückzahlung des Entgelts verurteilten können, wenn es die bestrittene Behauptung des Klägers, dem Beklagten sei das Kündigungsschreiben zugegangen, tatrichterlich geprüft und für zutreffend befunden hat.
Unterschriften
Dr. Hoegen, Dehner, Dr. Schmidt-Kessel, Rassow, Dr. Zopfs
Fundstellen
Haufe-Index 1502461 |
BGHZ |
BGHZ, 309 |
NJW 1983, 2817 |
Nachschlagewerk BGH |
JZ 1984, 40 |