Leitsatz (amtlich)
Auch Samstage gelten als Werktage im Sinne von § 11 Nr. 3 VOB/B (1973).
Verfahrensgang
OLG Hamm (Entscheidung vom 13.10.1977) |
LG Münster |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Oktober 1977 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als weiteren 39.900 DM verurteilt worden ist.
Auch insoweit wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 9/20 und die Beklagte 11/20. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin 3/4 der Gerichtskosten und 2/7 der außergerichtlichen Kosten, die Beklagte 1/4 der Gerichtskosten und 5/7 der außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand
Im Juli 1975 übertrug die L. (LEG) N.-W. namens der Beklagten der Klägerin die Ausrüstung von Mietshäusern mit neuen Fenstern. Vertragsbedingungen der LEG sowie die VOB/B sind Bestandteil des Auftrags. In der Vergabeverhandlung wurde abweichend von den Vertragsbedingungen für jeden Tag der Terminüberschreitung eine Vertragsstrafe von 1.500 DM vereinbart. Die Arbeiten sollten vor dem 1. Oktober 1975 beendet sein, wurden aber erst Mitte Dezember 1975 abgeschlossen und wiesen dann noch Mängel auf.
Die Klägerin hat 93.949,40 DM restlichen Werklohn nebst Zinsen eingeklagt. Die Beklagte hat mit einem Vertragsstrafenanspruch von 108.000 DM für 72 Säumnistage aufgerechnet und wegen der Werkmängel ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von nur 11.449,40 DM Zug um Zug gegen bestimmte Nachbesserungen verurteilt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht ihr weitere 46.200 DM Zug um Zug gegen die Nachbesserungen zugesprochen.
Der Senat hat die gegen das gesamte Berufungsurteil gerichtete Revision der Beklagten nur insoweit angenommen, als diese zur Zahlung von mehr als weiteren 39.900 DM verurteilt worden ist. Insoweit erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Zu entscheiden ist noch über 6.300 DM (ohne Zinsen) sowie über die gesamten Kosten.
Das Berufungsgericht hat der Klage in Höhe von 6.300 DM stattgegeben, weil die zur Aufrechnung gestellte Vertragsstrafenforderung der Beklagten insoweit nicht bestehe. Zwar könne die Beklagte für die Zeit vom 1. Oktober bis 18. November 1975 Vertragsstrafe fordern, und zwar im Oktober 1.500 DM je Werktag, im November 150 DM je Werktag. Samstage seien aber keine Werktage im Sinne von § 11 Nr. 3 VOB/B. Daher sei für vier Samstage im Oktober und zwei Samstage im November keine Vertragsstrafe angefallen.
Die Meinung des Berufungsgerichts, Samstage seien keine Werktage im Sinne von § 11 Nr. 3 VOB/B, ist irrig.
1.
§ 11 Nr. 3 der hier maßgebenden VOB/B (1973) lautet, ebenso wie bereits § 11 Nr. 3 der VOB/B (1952):
"Ist die Vertragsstrafe nach Tagen bemessen, so zählen nur Werktage; ist sie nach Wochen bemessen, so wird jeder Werktag angefangener Wochen als 1/6 Woche gerechnet."
Aus dem letzten Halbsatz ergibt sich deutlich, daß auch Samstage "Werktage" im Sinne von § 11 Nr. 3 VOB/B sind. Daran hat man bei der Neufassung der VOB/B (1973) bewußt festgehalten (vgl. dazu Brügmann BauR 1978, 22, 24). Ob und inwieweit an Samstagen im Baugewerbe praktisch gearbeitet wird, spielt dabei keine Rolle.
Der Senat hat diese Auffassung bereits beiläufig in NJW 1975, 1701, 1702 geäußert. Er hält daran fest. Sie entspricht der fast einhelligen Auffassung des Schrifttums (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB 8. Aufl. B § 11 Rn. 9 a; Korbion/Hochstein, VOB-Vertrag Rn. 90; Heiermann/Riedl/Schwaab, VOB B § 11 Rn. 6; Daub/Piel/Soergel/Steffani, VOB B Erl Z. 0110; Winkler, VOB B § 5 Anm. 2; Werner/Pastor, Der Bauprozeß 2. Aufl., Rn. 648; a.A. früher Ingenstau/Korbion, VOB 7. Aufl. B § 11 Rn. 9; zweifelnd Brügmann a.a.O.).
Aus § 193 BGB (in der seit dem Gesetz vom 14. April 1965 geltenden Fassung) läßt sich für die Gegenmeinung nichts herleiten. Diese Vorschrift betrifft nur einen bestimmten Leistungstag, oder den letzten Tag einer Leistungsfrist. Im übrigen würde die Bestimmung der vertraglich vereinbarten VOB/B einer davon abweichenden gesetzlichen Regelung vorgehen.
2.
Das angefochtene Urteil kann daher in dem genannten Umfang keinen Bestand haben. Die Sache ist zur abschließenden Entscheidung reif. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts sind alle Voraussetzungen für den Vertragsstrafenanspruch der Beklagten in Höhe von 6.300 DM gegeben. Infolge der Aufrechnung hat die Klägerin also einen um 6.300 DM niedrigeren Anspruch als das Berufungsgericht ihr zuerkannt hat. Sie kann nicht weitere 46.200 DM, sondern nur weitere 39.900 DM fordern.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92, 97 ZPO. Bei ihr ist berücksichtigt, daß für den angenommenen Teil der Revision, mit dem die Klägerin unterlegen ist, erheblich höhere Gerichtskosten entstanden sind als für den nicht angenommenen Teil, mit dem die Revision der Beklagten erfolglos geblieben ist.
Fundstellen
Haufe-Index 3018741 |
DB 1978, 2313 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1978, 2594 |
NJW 1978, 2594 (Volltext mit amtl. LS) |
MDR 1979, 132 (Volltext mit amtl. LS) |