Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 17. April 1997 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der LPG Pflanzenproduktion P. (im folgenden: LPG). Die Kläger sind die Erben von E. K., der Mitglied der LPG und als Eigentümer eines Bodenreformgrundstücks im Grundbuch eingetragen war. Die Kläger verlangen die Herausgabe des 1959/60 auf dem Bodenreformland errichteten Wohngebäudes, in dem E. K. bis 1974 wohnte. Anschließend übernahm die LPG die Bewirtschaftung gegen Ablösung des von K. seinerzeit zur Finanzierung aufgenommenen Kredites in Höhe von noch rd. 26.000 Mark und gegen Zahlung eines Entschädigungsbetrages von 5.000 Mark für Eigenleistungen. Die LPG nutzt das Gebäude seitdem durch Vermietung.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht meint, den Klägern stehe kein Anspruch auf Herausgabe des Gebäudes zu, da die Beklagte daran nach Art. 233 § 2 b Abs. 1 EGBGB i.V.m. Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 b EGBGB selbständiges Gebäudeeigentum erworben habe.
II.
Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Ob die Beklagte selbständiges Eigentum an dem herausverlangten Gebäude erworben hat, bedarf keiner Entscheidung. Der Senat wäre an einer dahingehenden Feststellung möglicherweise schon deswegen gehindert, weil ein von den Klägern nunmehr vorgelegter, in der Revisionsinstanz zu berücksichtigender (vgl. Senatsurt. v. 3. April 1998, V ZR 143/97, Umdruck S. 5) Bescheid des Oberfinanzpräsidenten der Oberfinanzdirektion Rostock ergangen ist, durch den der Antrag der Beklagten auf Feststellung und Zuordnung gesonderten Gebäudeeigentums zurückgewiesen wurde (Art. 233 § 2 b Abs. 2 und 3 EGBGB i.V.m. § 2 VZOG). Dieser Bescheid hat zwar noch keine Bestandskraft erlangt, weil die Beklagte ihn angefochten hat. Er ist jedoch im Rahmen der ihm zukommenden Tatbestandswirkung – auch inhaltlich – von allen Behörden und Gerichten (letztere soweit sie nicht zur Entscheidung über Rechtsbehelfe gegen den Bescheid berufen sind) zu beachten und hindert eine abweichende Entscheidung (vgl. Senatsurt. v. 19. Juni 1998, V ZR 43/97, ZfIR 1998, 474).
2. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Kläger Eigentümer des herausverlangten Gebäudes sind. Dem Klagebegehren steht jedenfalls der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
a) In Betracht kommt zunächst – wie von der Revisionserwiderung geltend gemacht –, daß der Beklagten Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zustehen, die ein Besitzrecht begründen (vgl. Senat BGHZ 131, 368, 371), das dem Herausgabeanspruch entgegengehalten werden kann.
aa) Bauliche Nutzungen fremder Grundstücke durch landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften werden nach Maßgabe der Vorschriften des § 7 SachenRBerG geschützt. Eines der in Absatz 2 dieser Norm aufgeführten Regelbeispiele greift allerdings nicht ein. In Betracht kommt allein Abs. 2 Nr. 5. Danach ist Voraussetzung, daß die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft ein Gebäude auf einem Grundstück errichtet oder erworben hat, das ihrem gesetzlichen Bodennutzungsrecht nach § 18 Abs. 1 LPGG vom 2. Juli 1982 (GBl. I S. 443 ff) bzw. nach § 8 Abs. 1 LPGG vom 3. Juni 1959 (GBl. I S. 577 ff) unterlag (vgl. Vossius, Sachenrechtsbereinigung, 2. Aufl., § 7 Rdn. 12). Das ist nach den getroffenen Feststellungen nicht der Fall. Das mit dem Wohnhaus bebaute Grundstück ist von E. K. nicht in die LPG eingebracht worden und wurde daher von ihrem Nutzungsrecht nicht erfaßt.
bb) Der Sachverhalt könnte jedoch möglicherweise die Anwendung von § 7 Abs. 1 SachenRBerG rechtfertigen. Nach dieser als Auffangtatbestand ausgestalteten Regelung wird allgemein die Errichtung oder der Erwerb von Wohnhäusern durch landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften auf fremden Grundstücken der Sachenrechtsbereinigung zugeführt. Ob die LPG das herausverlangte Gebäude errichtet hat, hat das Berufungsgericht offen gelassen. Ein Erwerb im Rechtssinne hat nicht stattgefunden. Dem könnte aber gleichzuachten sein, daß die LPG im Jahre 1974 das Gebäude wirtschaftlich wie ein Eigentümer übernommen hat. Sie hat den noch offenen Kreditbetrag von rd. 26.000 Mark/DDR abgelöst und Eigenleistungen Kühls in Höhe von 5.000 Mark/DDR vergütet. Sie hat damit den wirtschaftlichen Gegenwert des Gebäudes im wesentlichen erbracht. Dieser ist E. K. zugute gekommen. Ferner hat sie seitdem die Bewirtschaftungskosten getragen sowie die Nutzungen gezogen. Dies geschah ausweislich eines Protokolls des Vorstandes der LPG vom 19. März 1974 nicht im Rahmen einer zeitlich begrenzten Nutzungsvereinbarung, sondern um das Grundstück endgültig zu übernehmen.
An diesem wirtschaftlichen Ergebnis ändert sich auch nichts, wenn – wie die Kläger vorgetragen haben – E. K. davon ausgegangen ist, daß das Gebäude im Wege eines Besitzwechsels an einen Herrn L. gelangt ist. K. hat jedenfalls mit L. keine Vereinbarungen über die Nutzung des Gebäudes getroffen, vielmehr seine Position in wirtschaftlicher Hinsicht vollständig aufgegeben und die weitere tatsächliche Verwendung der LPG – wenn auch möglicherweise mit einer anderen Zielrichtung – überlassen. Die LPG hat in der Folgezeit de facto eine Eigentümerstellung inne gehabt.
b) Ob diese zu DDR-Zeiten unangefochtene Rechtsposition der Rechtsvorgängerin der Beklagten die entsprechende Anwendung von § 7 Abs. 1 SachenRBerG erlaubt, ist nicht zweifelsfrei. Möglicherweise steht dem entgegen, daß die Norm in erster Linie nach dem Nachzeichnungsprinzip die – mit der hier vorliegenden Konstellation nicht übereinstimmenden – sog. hängenden Fälle einer baulichen Nutzung erfassen will, also solche Fälle, in denen eine bauliche Investition des Nutzers vorliegt, die durch Verleihung eines Nutzungsrechts hätte abgesichert werden können (vgl. Czub, in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, § 7 Rdn. 44 ff). Die Frage braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Jedenfalls ist es den Klägern nach Treu und Glauben verwehrt, die ihnen – allenfalls – formal gebliebene Eigentümerstellung gegenüber der Beklagten durchzusetzen (§ 242 BGB). E. K. hatte sich nämlich seiner Befugnisse faktisch entäußert und dafür den wirtschaftlichen Gegenwert von der Rechtsvorgängerin der Beklagten erhalten. Das Ergebnis dessen ist in der Folgezeit von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden. Insoweit ist es auch hier ohne Bedeutung, ob E. K. sich vorgestellt hat, zugunsten von Herrn L. das Gebäude zur Verfügung gestellt zu haben. Denn mit L. selbst hat er keine Absprachen getroffen, und auf die Verwendung durch die LPG, mit der er sich – insbesondere wegen der Ausgleichszahlung – auseinandergesetzt hat, hatte er keinen Einfluß und haben die Kläger ihm einen solchen auch nicht zugeschrieben. Das Verlangen nach Rückgabe des Gebäudes stellt sich unter diesen Umständen als treuwidrig dar.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Hagen, Lambert-Lang, Tropf, Schneider, Krüger
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 25.09.1998 durch Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen