Leitsatz (amtlich)
Zur Bedeutung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 1983 (BVerfGE 65, 182) für die Schadensersatzpflicht eines Konkursverwalters, der Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan nicht auf der Grundlage des Beschlusses des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 1978 (BAGE 31, 176) als bevorrechtigte Konkursforderungen befriedigt hat.
Normenkette
KO §§ 61, 82; BetrVG § 112 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 25.10.1983) |
LG Hannover |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Oktober 1983 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz, weil er seine Pflichten als Verwalter im Konkurs der Hi. GmbH in S. verletzt habe.
Die Hi. GmbH, die ihren Geschäftsbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen zum Ende des Jahres 1976 einstellen wollte, hatte am 16. Dezember 1976 mit ihrem Betriebsrat einen Sozialplan (§ 112 Abs. 1 BetrVG) aufgestellt, nach dem an 15 zur Entlassung vorgesehene Betriebsangehörige Geldabfindungen gezahlt werden sollten. Andere Mitarbeiter, darunter der seit mehreren Jahren bei der Hi. GmbH tätige Kläger, sollten neue Arbeitsplätze bei einem Schwesterunternehmen der Gesellschaft, der Hey. GmbH, erhalten. In einer schriftlichen Vereinbarung vom 13./16. Dezember 1976 verpflichtete sich die Hi. GmbH gegenüber dem Kläger, ihm Leistungen aus dem Sozialplan für den Fall zu erbringen, daß er aufgrund betriebsbedingter Kündigung bis zum 30. Juni 1977 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Hey. GmbH ausscheiden würde.
Am 11. Mai 1977 wurde über das Vermögen der Hey. GmbH das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Der zum Konkursverwalter bestellte Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30. Juni 1977. In dem am 17. Mai 1977 sodann auch über das Vermögen der Hi. GmbH eröffneten Anschlußkonkursverfahren, in dem der Beklagte ebenfalls zum Konkursverwalter bestellt worden war, meldete der Kläger mit Schreiben vom 20. Juli 1977 eine Forderung von 21.278,04 DM „aus dem Sozialplan” zur Konkurstabelle an, die der Beklagte im Prüfungstermin vom 25. Juli 1977 bestritt.
Da ein Arbeitskollege des Klägers, bei dem dieselben tatsächlichen Gegebenheiten wie beim Kläger vorlagen, vor dem zuständigen Arbeitsgericht gegen den Beklagten eine Klage auf Feststellung erhoben hatte, daß sein Anspruch aus dem Sozialplan eine bevorrechtigte Forderung nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO darstelle, teilte der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 23. August 1977 mit, daß er sich „dem Ausgang dieses Rechtsstreites anhängen” wollte. Der um sein Einverständnis gebetene Beklagte beantwortete das Schreiben nicht. Nachdem der Kläger den Beklagten mit weiterem Schreiben vom 15. Dezember 1978 auf die Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 1978 (BAGE 31, 176) über die Einstufung der Ansprüche aus einem Sozialplan auf einen Rang vor Nr. 1 des § 61 Abs. 1 KO hingewiesen und ihn aufgefordert hatte, seinen Widerspruch gegen die angemeldete Forderung zurückzunehmen, teilte der Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom 29. März 1979 mit, der Fall des Arbeitskollegen sei noch nicht entschieden; sobald die Entscheidung des Arbeitsgerichts vorliege, werde er den Kläger entsprechend unterrichten. Das Arbeitsgericht verkündete am 4. Mai 1979 eine der Klage stattgebende Entscheidung; auch das Berufungsverfahren wurde am 25. März 1980 zugunsten des Arbeitskollegen des Klägers abgeschlossen. Der Beklagte verständigte den Kläger hiervon nicht. Dieser erfuhr erst im Schlußtermin des Konkursverfahrens vom 23. April 1982, daß er an der Schlußverteilung nicht teilnahm.
Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte habe ihn aufgrund des Schreibens vom 29. März 1979 mit seinem Arbeitskollegen gleichbehandeln, ihm aber zumindest durch Mitteilung des Ausgangs des von diesem geführten Prozesses rechtzeitig Gelegenheit geben müssen, auch seinerseits eine Feststellungsklage nach § 146 KO zu erheben, mit der er, wie er meint, Erfolg gehabt hätte, so daß auch seine zur Konkurstabelle angemeldete Forderung von 21.278,04 DM voll befriedigt worden wäre. Den durch den Ausfall entstandenen Schaden habe ihm der Beklagte zu ersetzen. Unter Kürzung seiner Forderung um einen Mitverschuldensanteil von 25 % verlangt der Kläger vom Beklagten die Zahlung von 15.958,53 DM.
Beide Vorinstanzen haben der Klage in Höhe von 10.639,02 DM nebst Zinsen stattgegeben. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte weiterhin die (volle) Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hält den Beklagten gemäß § 82 KO i.V.m. § 254 BGB für verpflichtet, dem Kläger die Hälfte des zur Konkurstabelle angemeldeten Forderungsbetrages als Schadensersatz zu zahlen.
Es läßt dahingestellt, ob der Beklagte dem Kläger eine Gleichbehandlung mit seinem Arbeitskollegen zugesagt habe oder ob er nach Erledigung des mit diesem geführten Arbeitsrechtsstreits verpflichtet gewesen wäre, den Widerspruch gegen die gleichgelagerte Forderung des Klägers von selbst zurückzunehmen. In Jedem Fall, so meint das Berufungsgericht, komme nämlich der Zusage des Beklagten, den Kläger über den Ausgang des Arbeitsgerichtsprozesses zu unterrichten, rechtliche Verbindlichkeit zu, gegen die er schuldhaft verstoßen habe. Sein pflichtwidriges Verhalten habe den Ausfall des Klägers mit der angemeldeten Forderung verursacht, da der Kläger nach entsprechender Information durch den Beklagten auch seinerseits eine Feststellungsklage erhoben und mit dieser, wie sein Arbeitskollege, Erfolg gehabt hätte, so daß auch er mit seiner Forderung aus der Konkursmasse voll befriedigt worden wäre. Zwar könne insoweit nicht nur auf den mutmaßlichen tatsächlichen Ablauf eines vom Kläger angestrengten Rechtsstreits abgestellt werden; vielmehr komme es auch darauf an, ob die vom Arbeitsgericht eingenommene Rechtsansicht zutreffend sei. Dies sei aber auf der Grundlage der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 1978 (a.a.O.) zu bejahen. Die in diesem Beschluß aufgestellten Grundsätze fänden auf die zwischen der Hi. GmbH und dem Kläger abgeschlossene Vereinbarung selbst dann Anwendung, wenn ihr der Betriebsrat nicht zugestimmt und sie deshalb nicht auf solche Weise zu einem Teil des Sozialplans gemacht haben sollte. Denn auch ohne derartige Zustimmung komme der mit der Regelung des Sozialplans inhaltlich übereinstimmenden Einzelabrede dieselbe Funktion zu wie einer Sozialplanforderung; der von ihr begünstigte Kläger sei genauso schutzwürdig wie die vom Sozialplan erfaßten Arbeitnehmer. Mit dem Landgericht sei dem Kläger allerdings ein Mitverschulden von 50 % anzulasten, da er nach dem Schreiben des Beklagten vom 29. März 1979 nicht jahrelang hätte untätig bleiben dürfen.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß der Beklagte gegen seine Pflichten als Konkursverwalter verstoßen hat und dem Kläger deshalb gemäß § 82 KO zum Schadensersatz verpflichtet sein kann.
a) Der Kläger, der eine Forderung zur Konkurstabelle angemeldet hatte, war, wie auch die Revision nicht infrage stellt, Beteiligter im Sinne des § 82 KO.
b) Ohne Rechtsverstoß hält das Berufungsgericht den Beklagten aufgrund seines Schreibens vom 29. März 1979 auch für verpflichtet, den Kläger über den Ausgang des von seinem Arbeitskollegen geführten Rechtsstreits zu unterrichten. Bei dieser auf dem Hintergrund des vorausgegangenen Geschehens vorgenommenen Würdigung der Erklärung des Beklagten (§ 133 BGB) hat das Berufungsgericht weder gegen gesetzliche Auslegungsregeln, noch gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen. Es hat insbesondere nicht, wie die Revision meint, Verfahrensfehlerhaft ein für die Auslegung bedeutsames Schreiben des Beklagten vom 29. Dezember 1978 außer Betracht gelassen. Abgesehen davon, daß, wie das Berufungsgericht darlegt, bereits vieles dafür spricht, daß dieses Schreiben gar nicht abgesandt worden ist, hatte der Beklagte nach der von ihm nicht mit einem Berichtigungsantrag (§ 320 ZPO) angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts (§ 314 ZPO) jedenfalls keinen Beweis dafür angetreten, daß es dem Kläger zugegangen ist.
c) Wie das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei ausführt, hat der Beklagte im Rahmen seiner Pflichten aus § 82 KO für das Versäumnis seiner Büroangestellten, den Kläger zu unterrichten, gemäß § 278 BGB wie für eigenes Verschulden einzustehen (Senatsurteil vom 21. März 1961 – VI ZR 149/60 – VersR 1961, 450, 452).
2. Der Beklagte ist jedoch nicht verpflichtet, dem Kläger wegen der Nichtberücksichtigung seiner Forderung als bevorrechtigte Konkursforderung Schadensersatz zu leisten.
a) Für die Frage, ob und welcher Schaden dem Kläger aus dem Verstoß des Beklagten gegen seine Pflichten als Konkursverwalter entstanden ist, kommt es darauf an, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten, also bei Unterrichtung des Klägers über den Ausgang des Prozesses seines Arbeitskollegen, genommen hätten und wie sich die Vermögenslage des Klägers dann gestaltet hätte. Hängt dies, wie im Streitfall, davon ab, wie die Entscheidung eines Gerichts (hier: des Arbeitsgerichts auf entsprechenden Feststellungsantrag des Klägers nach § 146 KO) ausgefallen wäre, so ist, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht darauf abzustellen, wie dieses Gericht tatsächlich entschieden haben würde, sondern darauf, wie es nach Ansicht des über den Schadensersatzanspruch erkennenden Gerichts richtigerweise hätte befinden müssen (BGHZ 72, 328, 330 m.w.N.; zur Entscheidung von Behörden vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1981 – III ZR 34/80 – VersR 1981, 851, 853). Selbst wenn die damalige Auffassung des seinerzeit für die Entscheidung zuständigen Arbeitsgerichts klar und zweifelsfrei zutage liegt, so kann ihr, falls sie sich aus gegenwärtiger Sicht des für den Ersatzprozeß zuständigen Richters als unrichtig darstellt, für die Ermittlung des zu ersetzenden Schadens keine Bedeutung zukommen (RG DRiZ 1933 Teil II Nr. 728; BGHZ 72, 328, 332). Da dem Kläger im Wege des Schadensersatzes nicht mehr zugesprochen werden darf als das, worauf er rechtmäßig Anspruch hat, hilft ihm der Nachweis, daß er den Vorprozeß gewonnen haben würde, allein nicht, falls er in jenem Prozeß nur unter Verletzung des Rechts hätte obsiegen können (BGH a.a.O.; Weber LM § 282 ZPO Nr/13). So liegt der Fall hier.
aa) Mit dem Berufungsgericht kann allerdings davon ausgegangen werden, daß dann, wenn der Kläger nach Unterrichtung über den Ausgang des von seinem Arbeitskollegen geführten Rechtsstreits in den Jahren 1979 oder 1980 auch seinerseits eine Feststellungsklage nach § 146 KO erhoben hätte, der Entscheidung die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 1978 (BAGE 31, 176 = NJW 1979, 774) zugrunde gelegt worden wären, nach dem Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan bevorrechtigte Konkursforderungen mit dem Rang vor Nr. 1 des § 61 Abs. 1 KO darstellten. Es kann weiter unterstellt werden, daß die vom Kläger zur Konkurstabelle angemeldete Forderung, obwohl sie ihre Grundlage nicht unmittelbar in dem zwischen der Hi. GmbH und deren Betriebsrat vereinbarten Sozialplan, sondern in einer Individualabsprache zwischen dem Kläger und der Hi. GmbH hatte, aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen als einer Sozialplanforderung gleichwertig angesehen worden wäre. Auf diese damalige Betrachtung der konkursrechtlichen Einordnung der vom Kläger angemeldeten Forderung kommt es jedoch, wie dargelegt, in dem jetzigen Schadensersatzprozeß des Klägers nicht entscheidend an.
bb) Gemäß dem nach Verkündung des Berufungsurteils veröffentlichten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 1983 (BVerfGE 65, 182 = NJW 1984, 475) verstößt die richterrechtliche Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Rang vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Art. 20 Abs. 3 GG und ist deshalb mit der Verfassung unvereinbar. Daher hat anschließend auch das Bundesarbeitsgericht durch Beschluß vom 30. April 1984 (NJW 1984, 2486 = MDR 1984, 1051) entschieden, daß derartige Abfindungsansprüche im Konkurs des Arbeitgebers einfache Konkursforderungen im Sinne von § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO darstellen (zur jetzigen Rechtslage vgl. das Gesetz über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren vom 20. Februar 1985 – BGBl. I S. 369).
b) Auf dieser rechtlichen Grundlage kann dem Kläger im Wege des Schadensersatzes kein Ausgleich dafür zuerkannt werden, daß die von ihm angemeldete Konkursforderung wegen des Fehlverhaltens des Beklagten nicht auf einen Rang vor Nr. 1 des § 61 Abs. 1 KO eingestuft und voll befriedigt worden ist.
3. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 563 ZPO), weil wie der Kläger geltend gemacht hat, der Beklagte ihm in seinem Schreiben vom 29. März 1979 eine Gleichbehandlung mit seinem Arbeitskollegen zugesagt habe oder nach Abschluß des von diesem geführten Rechtsstreits verpflichtet gewesen wäre, den Widerspruch gegen die vom Kläger zur Konkurstabelle angemeldete Forderung von sich aus zurückzunehmen.
a) Das Berufungsgericht hat die Frage, ob dem Schreiben des Beklagten vom 29. März 1979 eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung des Klägers mit seinem Arbeitskollegen entnommen werden kann, aus seiner Sicht zu Recht offen gelassen. Sie kann, da es insoweit keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen bedarf, vom erkennenden Senat durch Auslegung des Schreibens selbst entschieden werden (BGHZ 65, 107, 112; Senatsurteil vom 20. Dezember 1983 – VI ZR 19/82 – VersR 1984, 382, 383 m.w.N.). Die Frage ist zu verneinen. Gegen die Begründung einer solchen Rechtspflicht spricht bereits der eindeutige Wortlaut des Schreibens, nach dem der Beklagte den Kläger lediglich über die Entscheidung des Arbeitsgerichts unterrichten wollte. Nur in diesem Sinne hat der Kläger, wie sich insbesondere aus seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 9. Dezember 1982 ergibt, das Schreiben auch verstanden. Aus diesem Grunde kann es im Streitfall dahinstehen, ob der Verstoß des Beklagten gegen eine von ihm übernommene rechtliche Verpflichtung zur Gleichbehandlung des Klägers mit seinem Arbeitskollegen, nachdem der zu dessen Gunsten ergangenen Entscheidung des Arbeitsgerichts durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts die rechtliche Grundlage entzogen worden ist, schadensrechtlich zu einer anderen Beurteilung führen könnte als das Obsiegen des Klägers in einem von ihm selbst geführten Arbeitsgerichtsprozeß.
b) Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, daß der Beklagte nach Abschluß des von dem Arbeitskollegen des Klägers geführten Prozesses möglicherweise von Amts wegen gehalten war, seinen Widerspruch gegen den vom Kläger in Anspruch genommenen Vorrang fallen zu lassen. Mag dies auf der Grundlage des Beschlusses des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts seinerzeit der Fall gewesen sein, so fehlt es, nachdem das Bundesverfassungsgericht diesen Beschluß aufgehoben hat, doch jedenfalls aus der für den Schadensersatzprozeß des Klägers maßgeblichen heutigen Sicht an einer solchen Verpflichtung des Beklagten. Sie wird nicht etwa durch ein Recht des Klägers auf Gleichbehandlung mit seinem Arbeitskollegen (Art. 3 GG) begründet. Der Grundsatz der Gleichbehandlung kann nicht ins Feld geführt werden, um ein gesetzwidriges Begehren durchzusetzen; niemand hat einen Anspruch darauf, ebenso fehlerhaft behandelt zu werden wie ein anderer (Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz, 6. Aufl., Art. 3 Rdn. 182).
III.
Steht deshalb dem Kläger kein Anspruch auf Ersatz desjenigen Betrages zu, der ihm bei Einordnung seiner Forderung als bevorrechtigte Konkursforderung gezahlt worden wäre, so vermag der erkennende Senat doch nicht abschließend festzustellen, daß seine Klage in vollem Umfang unbegründet ist. Der Beklagte hatte seinerzeit nicht nur das Vorrecht des Klägers bestritten, sondern dessen gesamte Forderung. Ist aber dem Kläger durch die pflichtwidrige Nichtunterrichtung seitens des Beklagten insoweit ein Schaden entstanden, als die von ihm zur Konkurstabelle angemeldete Forderung bei der Schlußverteilung auch nicht mit dem Rang des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO befriedigt worden ist, so kann der Beklagte dem Kläger dafür zum Ersatz verpflichtet sein. Nun hat zwar der Kläger im ersten Rechtszug vorgetragen, daß auf die nicht bevorrechtigten Forderungen keine Konkursquote entfallen sei. Dieses Vorbringen steht jedoch im Widerspruch zu dem vom Kläger hierzu in Bezug genommenen Inhalt der Konkursakten 25 N 30/77 AG Hildesheim, nach dem an die Gläubiger solcher Forderungen eine Quote von 45 % ausgezahlt worden ist. Dem widersprüchlichen Vortrag des Klägers ist von den Vordergerichten nicht weiter nachgegangen worden, da der Rechtsstreit ganz auf die Anwendbarkeit der vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Grundsätze ausgerichtet worden ist. Das wird nunmehr unter Beachtung des § 139 ZPO nachzuholen sein. Dabei wird das Berufungsgericht zu der Frage, ob den Kläger ein Mitverschulden an der Nichtberücksichtigung seiner Forderung als einfache Konkursforderung trifft, neben dem von ihm bereits gewürdigten Umstand der langen Untätigkeit auch zu beachten haben, daß der Kläger ausweislich des Protokolls über den Schlußtermin vom 23. April 1982 zu diesem Termin zwar erschienen ist, jedoch keine Einwendung gegen das Schlußverzeichnis erhoben hat. Auch dies kann ein Mitverschulden begründen (RGZ 87, 151, 155; Jaeger/Weber, Konkursordnung, 8. Aufl., § 82 Anm. 12, § 86 Anm. 8, § 162 Anm. 4; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 9. Aufl., § 162 Rdn. 4).
Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit gemäß § 565 Abs. 1 ZPO zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Dr. Kullmann, Scheffen, Dr. Ankermann, Bischoff, RiBGH Dr. Schmitz befindet sich im Urlaub und kann daher nicht unterschreiben Dr. Kullmann
Fundstellen
Haufe-Index 1237718 |
NJW 1985, 2482 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1985, 693 |