Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 2. September 1999 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Mit der Sachrüge beanstandet der Angeklagte im wesentlichen seine Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens und das Strafmaß. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Nach den Feststellungen bot Anfang 1996 V. dem über finanzielle Schwierigkeiten klagenden Angeklagten an, für ihn eine Drogenkurierfahrt zu unternehmen und gegen gute Bezahlung Kokain aus Venezuela nach Europa zu schmuggeln. Da dem Angeklagten das Risiko im Hinblick auf seine einschlägige Vorstrafe – wegen eines Transportes von knapp 600 Kilogramm Haschisch fünf Jahre Freiheitsstrafe und 55 Millionen Peseten Geldstrafe durch das Nationalgericht in Madrid im Juli 1993 sowie Einziehung seiner Segelyacht – zu groß erschien, lehnte er dieses Ansinnen ab, einigte sich dann aber mit V. darauf, daß ein Dritter als eigentlicher Kurier das Rauschgift transportieren und dabei von dem Angeklagten begleitet und überwacht werden sollte, der seinerseits den Flug nach Venezuela und zurück nach D. organisieren sollte. Dafür sollte er „zumindest” sämtliche Unkosten erhalten sowie weitere 1.000 DM.
Mitte März 1996 holte der Angeklagte den von V. als Kurier ausgesuchten schwer herzkranken portugiesischen Staatsangehörigen C. vom Bahnhof in F. ab, brachte ihn für mehrere Tage in seiner Wohnung in K. unter, kaufte die Flugscheine und flog getrennt sitzend mit C. nach Isla Margarita, wo sie mehrfach die Hotels wechselten, bis dem Angeklagten zwei Hartschalenkoffer gebracht wurden, in deren Böden eine große Menge Kokain versteckt war. Er brachte die Koffer zu C. und wies diesen an, sie mit Kleidung zu füllen. Nach getrenntem Einchecken und Rückflug am 4. April 1996 passierte C. den deutschen Zoll in D. alleine; dort wurde das Rauschgift entdeckt und sichergestellt. Insgesamt führte C. bei der Einreise 3.700 Gramm Kokain mit Wirkstoffgehalten von 80,1 % bis 91,5 % entsprechend einer Mindestmenge von 3.186,95 Gramm Kokainhydrochlorid mit sich. C. wurde später vom Landgericht D. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (in einem minder schweren Fall) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
2. Die Verurteilung des Angeklagten auch wegen täterschaftlich unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält entgegen der Auffassung der Revision und des Generalbundesanwalts rechtlicher Nachprüfung stand. Die Frage, ob die Beteiligung an der Tat Mittäterschaft oder Beihilfe ist, beurteilt sich auch bei dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß der Begriff des Handeltreibens wegen seiner weiten Auslegung jede eigennützige, den Umsatz fördernde Tätigkeit erfaßt, selbst wenn es sich nur um eine gelegentliche, einmalige oder vermittelnde Tätigkeit handelt. Auch eine eigennützige Förderung fremder Umsatzgeschäfte kann den Begriff des Handeltreibens erfüllen (BGHSt 34, 124, 125). Daher kann grundsätzlich auch die Tätigkeit eines Kuriers, der selbständig gegen Entlohnung Betäubungsmittel transportiert, ohne selbst Käufer oder Verkäufer zu sein, mittäterschaftliches Handeltreiben sein (st. Rspr., vgl. BGHR § 29 l BtMG Handeltreiben 36; BGH StV 1998, 596), sofern seine Rolle nicht nur ganz untergeordnet ist (BGH NStZ-RR 1999, 24). Für einen Beteiligten, der dem Kurier übergeordnet ist, diesen anleitet und überwacht, gelten diese Grundsätze erst recht. Es ist Sache des Tatrichters, aufgrund einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung des Täters umfaßten Umstände zu entscheiden, ob dieser als Mittäter oder nur als Gehilfe an der Straftat beteiligt war (BGHR BtMG § 29 I Nr. 1 Handeltreiben 25). Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so daß Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Angeklagten abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 1999, 451, 452).
Diese Kriterien hat das Landgericht beachtet. Nach dem gemeinsam entwickelten Tatplan sollte V. den „eigentlichen” Kurier aussuchen und dem Angeklagten zuführen, während dieser – arbeitsteilig – in eigener und alleiniger Verantwortung die Vorbereitung für das Abholen und die Einfuhr des Rauschgifts nach Deutschland organisieren sollte. Er selbst nahm das Rauschgift in Venezuela entgegen und gab es an C. weiter, der das eigentliche Entdeckungsrisiko alleine tragen sollte, und der von dem Angeklagten, der ihn ständig überwachte, zu allen Einzelheiten Anweisungen erhielt. Zu Recht hat das Landgericht diese Tatbeiträge als wesentliche Voraussetzungen für einen späteren gewinnbringenden Weiterverkauf gewertet. Nach der Vorstellung des Angeklagten sollte er gerade nicht Kurier einer, was von vornherein geplant war, großen Menge Kokain sein. Er wollte schon im Hinblick auf seine Vorstrafe nicht das Entdeckungsrisiko eines Kurieres tragen, sondern aus dem Hintergrund den Transport lenken und den Eintritt des Taterfolgs sicherstellen, so daß er mit seinem Tatbeitrag nicht lediglich fremdes Tun fördern wollte. Weder isoliert betrachtet noch im Vergleich zu V. war sein Handeln von untergeordneter Art (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 24).
Dem stehen auch die Feststellungen zur Eigennützigkeit nicht entgegen. Denn aus ihnen ergibt sich nicht nur, daß der Angeklagte „zumindest” seine Unkosten und weitere 1.000 DM erhalten sollte, sondern daß V. und der Angeklagte handelseinig wurden, um dem Angeklagten aus seinen finanziellen Schwierigkeiten zu helfen (UA S. 5). Die Mitwirkung eines Beteiligten in der Rolle eines gleichberechtigten Partners spricht zwar für die Annahme von Mittäterschaft (vgl. BGH NStZ 1984, 413; 1991, 91), ist jedoch umgekehrt nicht Voraussetzung hierfür. Gerade bei arbeitsteilig organisiertem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sind Aufgabenbereich, Risikotragung und Stellung innerhalb der Händlerhierarchie erfahrungsgemäß stark unterschiedlich, was sich häufig auch in unterschiedlicher Teilhabe am erzielbaren Gewinn auswirkt.
3. Die Ausführungen zum Strafausspruch lassen Rechtsfehler nicht erkennen; die Revision zeigt solche auch nicht auf. Ein Verstoß gegen den Grundsatz schuldangemessenen Strafens liegt nicht vor (vgl. dazu BGHSt 20, 266). Auch stehen die Strafen des Angeklagten und die des C. nicht in einem schlechthin unvertretbaren Verhältnis zueinander (vgl. dazu BGHR StGB § 46 II Zumessungsfehler 1, Wertungsfehler 23).
Unterschriften
Kutzer, Rissing-van Saan, Miebach, Winkler, Pfister
Fundstellen
Haufe-Index 540619 |
www.judicialis.de 2000 |