Leitsatz (amtlich)
1. Nach Abtrennung und Anklageerhebung gegen einen von mehreren Beschuldigten, gegen die von der Staatsanwaltschaft zunächst gemeinsam in einem Tatkomplex ermittelt wird, ergibt sich in dem abgetrennten Verfahren weder eine Pflicht des Gerichts zur Aktenbeiziehung noch ein Recht des Angeklagten auf Einsicht in die Akten des Ausgangsverfahrens, solange in jenem Verfahren die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind und die Gewährung von Akteneinsicht den Untersuchungszweck nach pflichtgemäßer Beurteilung der Staatsanwaltschaft gefährden würde (im Anschluss an BGHSt 49, 317).
2. Auch ein Beteiligter an der Vortat einer Geldwäsche, der gemäß § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB wegen Geldwäsche selbst nicht strafbar ist, kann Mitglied einer Bande sein, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat (§ 261 Abs. 4 Satz 2 StGB).
Normenkette
StPO § 147 Abs. 1-2, 5; StGB § 261 Abs. 4 S. 2, Abs. 9 S. 2
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 28.10.2004) |
Tenor
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 28. Oktober 2004 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen.
4. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldwäsche in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und die Anrechnung der in Spanien erlittenen Auslieferungshaft im Verhältnis 1: 1 angeordnet. Die auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt mit der Verfahrensrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs.
1. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte im April 2000 im Zusammenwirken mit dem anderweitig verfolgten B. K. den inzwischen rechtskräftig verurteilten St. beauftragte, insgesamt sechs Millionen Schweizer Franken mit dem Pkw von E. nach Madrid zu transportieren. Es handelte sich hier hierbei um Teile der Tatbeute aus einem erpresserischen Menschenraub mit schwerer räuberischer Erpressung, den der deswegen inzwischen rechtskräftig verurteilte Bruder des Angeklagten, T. D., im Jahr 1996 begangen hatte.
Dies wusste der Angeklagte. Er ging davon aus, dass B. K., der an ihn herantrat und um Mithilfe bei den Geldtransporten bat, seinerseits von seinem damals bereits inhaftierten Bruder beauftragt war.
B. K. teilte dem Angeklagten den Aufbewahrungsort des zu transportierenden Geldes mit und nannte ihm die näheren Einzelheiten der geplanten Transporte; hiernach richtete sich der Angeklagte im Folgenden. Er übergab im Abstand von etwa zwei Wochen jeweils auf Grund neuen Tatentschlusses jeweils drei Millionen Schweizer Franken zuzüglich eines Kurierlohns von 10.000 US-Dollar an den von B. K. benannten Kurier St., der das Geld in seinem Pkw verborgen nach Madrid verbrachte und dort an einem vereinbarten Ort deponierte.
Kurze Zeit später, am 26. Mai 2000, verbrachte der Kurier St. das Geld auf Veranlassung des B. K. wieder nach A., wo er es weisungsgemäß in den Räumen der von ihm betriebenen physiotherapeutischen Praxis versteckte. Im Oktober 2000 beauftragten der Angeklagte und B. K. den Kurier St., das Geld nach Lüttich zu bringen, wo er es an einen bislang unbekannt gebliebenen Mann übergab. Das Geld konnte, wie auch der weitaus größte Teil der übrigen Beute aus der Tat des T. D., bis heute nicht sichergestellt werden.
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte aus Gefälligkeit gegenüber seinem damals bereits inhaftierten Bruder handelte, um dessen Tatbeute dem Zugriff der Ermittlungsbehörden und der von der Vortat Geschädigten zu entziehen. Dass der Angeklagte eine Entlohnung erhielt oder dass ihm eine solche versprochen war, hat es nicht festgestellt; ebenso nicht, dass der Angeklagte auf Grund einer mit seinem Bruder und B. K. getroffenen Abrede handelte, künftig gemeinsam mehrere selbstständige Taten der Geldwäsche hinsichtlich der aus der Tat des T. D. herrührenden Gegenstände (unmittelbare Tatbeute oder bereits „gewaschenes” Geld) zu begehen.
Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte habe in den genannten drei Fällen jeweils eine Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB in der Tatvariante des Gefährdens des Auffindens begangen, in den Fällen 1 und 2 zugleich Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB in den Varianten des Sich-Verschaffens und des Einem-Dritten-Verschaffens, im Fall 3 zugleich Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB in der Variante des Einem-Dritten-Verschaffens.
2. Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
Die Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 338 Nr. 8 StPO ist unbegründet.
a) Der Verteidiger des Angeklagten hatte in der Hauptverhandlung beantragt, die Hauptverhandlung auszusetzen, die Akten des von der Staatsanwaltschaft gegen mehrere Beschuldigte geführten Ausgangsverfahrens 99 Js … beizuziehen, von dem das vorliegende Verfahren mit Anklageerhebung abgetrennt wurde, und ihm insoweit Akteneinsicht zu gewähren. In der Schlussverfügung der Staatsanwaltschaft war vermerkt:
„Soweit die Ermittlungen Anhaltspunkte dafür bieten, dass der Beschuldigte L. D. neben den 6 Millionen Schweizer Franken und 40.000 US-Dollar weitere Teile aus dem Lösegeld für T. D. verwahrt und hiervon auch den Lebensunterhalt für sich und seine Familie in Brasilien bestritten hat, werden die Ermittlungen im Ursprungsverfahren 99 Js … fortgeführt. Eine Anklageerhebung bzgl. weiterer Taten ist bereits wegen des Spezialitätsgrundsatzes im Auslieferungsverfahren nicht möglich.”
Das Landgericht unterbrach daraufhin die Hauptverhandlung und gab unter Bezugnahme auf entsprechende Verfügungen des Vorsitzenden vor Beginn der Hauptverhandlung der Staatsanwaltschaft auf, die vollständigen Akten des Ursprungsverfahrens dem Gericht alsbald vorzulegen. Mit Schreiben des Leitenden Oberstaatsanwalts vom selben Tag trat die Staatsanwaltschaft Aachen dem entgegen, da die Ermittlungen in jenem Verfahren noch nicht abgeschlossen seien und eine Aktenübersendung den Ermittlungszweck gefährden würde (§ 147 Abs. 2 StPO).
Das Landgericht wies daraufhin den Aussetzungsantrag der Verteidigung zurück. In der Beschlussbegründung führte es aus, es halte an der Rechtsauffassung fest, dass das Akteneinsichtsrecht sich nach Abtrennung des vorliegenden Verfahrens und Anklageerhebung auch auf die Akten des Ausgangsverfahrens erstrecke; die Weigerung der Staatsanwaltschaft, die Akten vorzulegen, sei daher verfahrensfehlerhaft. Hieraus entstehe aber kein so schwerwiegender Verfahrensmangel, dass ein Verfahrenshindernis begründet sei. Die Strafkammer habe keine Möglichkeit mehr, die vollständigen Akten beizuziehen.
Die Revision rügt, das Landgericht habe auf der Grundlage seiner – nach Ansicht der Revision zutreffenden – Rechtsauffassung die Hauptverhandlung aussetzen und weitere Bemühungen um Beiziehung der Akten entfalten müssen.
b) Ein Rechtsfehler im Sinne von § 338 Nr. 8 StPO lag nicht vor; die Zurückweisung des Aussetzungsantrags durch das Landgericht ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat teilt allerdings die Ansicht des Landgerichts nicht, die Staatsanwaltschaft habe die Akten des Ausgangsverfahrens vorlegen müssen. Soweit das Landgericht sich, wie die Revision, auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamm in StV 1993, 299, und des Oberlandesgerichts Bremen in StV 1993, 377 gestützt hat, lagen diesen Entscheidungen jeweils andere Sachverhalte zu Grunde; hierauf ist schon in der Stellungnahme des Behördenleiters der Staatsanwaltschaft Aachen vom 13. September 2004 an den Vorsitzenden der erkennenden Strafkammer zutreffend hingewiesen.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat im Urteil vom 11. November 2004 – 5 StR 299/03 = BGHSt 49, 317 = NJW 2005, 300 entschieden, dass § 147 Abs. 2 StPO ein zeitweiliges Hindernis für die Akteneinsicht des Verteidigers auch dann begründet, wenn gegen den Beschuldigten ein weiteres, noch nicht abgeschlossenes Ermittlungsverfahren durchgeführt wird, welches mit dem Verfahren, in dem bereits Anklage erhoben ist, im Zusammenhang steht. Allein der Umstand, dass in einem Verfahren bereits Anklage erhoben ist, rechtfertigt es nicht, den Gesichtspunkt der Gefährdung des Untersuchungszwecks in weiteren, zu einem „Gesamtkomplex” zählenden Ermittlungsverfahren von vornherein zurücktreten zu lassen (so auch Laufhütte in KK-StPO 5. Aufl., § 147 Rdn. 6; anders wohl Lüderssen in LR 25. Aufl., § 147 Rdn. 71 f.).
Entsprechendes gilt auch nach Abtrennung eines zunächst gegen mehrere Beschuldigte geführten Ermittlungsverfahrens und Anklageerhebung gegen einen von ihnen; jedenfalls dann, wenn wie hier keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Abtrennung etwa missbräuchlich erfolgt wäre oder dass sich aus den Akten des noch nicht abgeschlossenen Ausgangsverfahrens irgendwelche Tatsachen ergeben, welche für die Beurteilung der angeklagten Tat von Bedeutung und im abgetrennten Verfahren nicht bekannt sind. Es würde zu widersinnigen Ergebnissen führen und die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung wesentlich beeinträchtigen, wenn die Beschränkung der Akteneinsicht gemäß § 147 Abs. 2 StPO ohne weiteres entfallen würde, sobald die Ermittlungen gegen einen von mehreren Mitbeschuldigten in einem Tatkomplex, der zunächst unter einem gemeinsamen Aktenzeichen untersucht wird, abgeschlossen sind und gegen ihn unter Abtrennung des Verfahrens Anklage erhoben wird.
Es ergibt sich daher auch nach Abtrennung und Anklageerhebung gegen einen von mehreren Beschuldigten, gegen die von der Staatsanwaltschaft zunächst gemeinsam in einem Tatkomplex ermittelt wird, in dem abgetrennten Verfahren weder eine Pflicht des Gerichts zur Aktenbeiziehung oder der Staatsanwaltschaft zur Aktenvorlage noch ein Recht des Angeklagten auf Einsicht in die Akten des Ausgangsverfahrens, solange in jenem Verfahren die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind und die Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßer Beurteilung der Staatsanwaltschaft den Untersuchungszweck gefährden würde (§ 147 Abs. 2 StPO).
Die Zurückweisung des Aussetzungsantrags war daher im Ergebnis zutreffend, obgleich das Landgericht von einer unzutreffenden Rechtsansicht ausgegangen ist. Es kann dahinstehen, ob das Urteil auf dem behaupteten Rechtsfehler hier überhaupt beruhen könnte, die Verteidigung also in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt im Sinne von § 338 Nr. 8 StPO beschränkt wäre. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung, obgleich die Staatsanwaltschaft nach seiner und nach Auffassung des erkennenden Gerichts Akten zu Unrecht zurückhielt und nachdem sein Aussetzungsantrag zurückgewiesen war, ein wenn auch nur pauschales Geständnis abgelegt, das vom Landgericht als glaubhaft angesehen wurde.
c) Auch die Nachprüfung auf Grund der allgemein erhobenen Sachrüge des Angeklagten hat Rechtsfehler des angefochtenen Urteils zu seinen Lasten nicht ergeben.
3. Die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist mit der Aufklärungsrüge erfolgreich.
Das Landgericht hat, anders als die Anklage, eine gewerbsmäßige oder bandenmäßige Begehung der Geldwäschetaten durch den Angeklagten gemäß § 261 Abs. 4 Satz 2 StGB nicht als erwiesen angesehen. Indiziell für die Gewerbsmäßigkeit konnte insbesondere der Umstand sein, ob der Angeklagte im Tatzeitraum über erhebliche finanzielle Mittel verfügte, deren Herkunft aus legalen Quellen nicht erklärbar war.
a) Das Landgericht hat eine große Anzahl von Flugbuchungen des Angeklagten für Flüge zwischen Brasilien und Argentinien sowie zwischen Brasilien und Madrid bzw. Paris, die im Tatzeitraum festgestellt. Nach den Feststellungen des Landgerichts sind zwischen Oktober 1998 und Dezember 2001 insgesamt 58 Flugbuchungen für den Angeklagten vorgenommen worden. Die Aufwendungen für diese Flüge wären mit der Einlassung des Angeklagten kaum vereinbar, im fraglichen Zeitraum ein bescheidenes, anspruchsloses Leben in einer brasilianischen Kleinstadt geführt und über keine größeren Geldmittel verfügt zu haben.
Das Landgericht hat im Urteil insoweit ausgeführt, es habe nicht festgestellt werden können, ob die gebuchten Flüge tatsächlich in Anspruch genommen worden sind (UA S. 105, 136); es stehe weder fest, ob tatsächliche Flüge ausgeführt worden seien, noch die Höhe der Aufwendungen, die hierfür erforderlich gewesen wären, da die Buchungsbelege keine Preise enthielten (UA S. 136).
b) Im Übrigen hat das Landgericht festgestellt, der Angeklagte und seine Ehefrau seien Eigentümer von zwei Häusern in Brasilien gewesen. Das Landgericht hat ausgeführt, es sei offen geblieben, ob der Angeklagte das Eigentum an den Häusern bereits vor den Tatzeitpunkten erworben habe und wie die Häuser finanziert worden seien. Insoweit rügt die Revision, weitere Ermittlungen hätten sich dem Gericht aufdrängen müssen.
c) Schließlich rügt die Revision, dem Tatrichter hätte sich auch eine Vernehmung des Zeugen H. in der Hauptverhandlung aufdrängen müssen. Dieser hatte nach den Feststellungen des Landgerichts bei polizeilichen Vernehmungen erklärt, T. D., mit dem er zusammen in der Justizvollzugsanstalt H. inhaftiert war, habe ihn veranlasst, von B. K. eine Million DM zu verlangen, um eine Befreiungsaktion für L. D. vorzubereiten. B. K. habe dies abgelehnt; der Angeklagte habe damals erklärt, „nicht sofort an das Geld heranzukommen”; B. K. habe ihm daher die Summe leihen wollen (UA S. 133).
Das Landgericht hat einen Polizeibeamten zum Inhalt der früheren Bekundungen des Zeugen H. vernommen, diesen selbst aber nicht als Zeugen gehört. Seine Bekundung hat es als „rein spekulativ” und „unzureichend” angesehen und ausgeführt, sie seien mit Skepsis zu betrachten; auch der Polizeibeamte D. habe sie nicht näher hinterfragt.
d) Jedenfalls die den Zeugen H. sowie die Flugbuchungen des Angeklagten betreffenden Rügen sind zulässig erhoben. Aus dem Revisionsvorbringen in Verbindung mit den Ausführungen des Urteils ergibt sich hinreichend deutlich, welches Ergebnis die unterlassene Beweiserhebung nach Auffassung der Revisionsführerin gehabt hätte und warum sich die Beweiserhebung dem Landgericht trotz Fehlens entsprechender Anträge hätte aufdrängen müssen.
e) Die Rügen sind auch begründet. Es hätte sich, wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, dem Tatrichter aufdrängen müssen, den Zeugen H. in der Hauptverhandlung zu vernehmen, um einen persönlichen Eindruck von seiner Glaubwürdigkeit zu erlangen. Aus dem Umstand allein, dass der Zeuge sich der Polizei als Hinweisgeber angeboten hatte und sich hiervon Vorteile versprach, konnte nicht von vornherein auf seine Unglaubhaftigkeit geschlossen werden. Wenn seine Bekundungen gegenüber der Polizei sich als zutreffend herausstellten, konnte sich hieraus ein erhebliches Indiz dafür ergeben, dass der Angeklagte Zugang zu der verborgenen Tatbeute aus der Vortat hatte.
Die Beanstandungen sind ist auch nicht deshalb unbegründet, weil in der Hauptverhandlung die Vernehmung des Zeugen nicht beantragt wurde. Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der durch Vernehmung des Polizeibeamten D. eingeführten Bekundungen des Zeugen H. und ihres indiziellen Gewichts war aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht vorhersehbar.
Im Hinblick auf die Flugbuchungen hätte sich dem Landgericht eine weitere Beweiserhebung durch Beiziehung der Passagierlisten und Ermittlungen der Flugpreise, ggf. im Wege der Rechtshilfe, aufdrängen müssen. Dem steht auch hier nicht entgegen, dass in der Hauptverhandlung entsprechende Beweisanträge nicht gestellt wurden. Nachdem zum Immobilieneigentum und zu den Flugbuchungen des Angeklagten nach entsprechenden Anträgen der Staatsanwaltschaft Beweis erhoben worden war, musste die Staatsanwaltschaft mangels entgegenstehender Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, dass das Gericht Zweifel daran haben würde, dass die Flüge ausgeführt wurden.
f) Ein Beruhen des Urteils auf dem Unterlassen der Beweiserhebung lässt sich nicht ausschließen. Hätte das Landgericht auf Grund der Beweiserhebungen festgestellt, dass der Angeklagte im Tatzeitraum Zugang zu den verborgenen Lösegeldsummen hatte, selbst über erhebliche Geldmittel ohne erkennbare legale Einkunftsquellen verfügte und Verschiebung der verfahrensgegenständlichen Geldbeträge in Absprache mit seinem Bruder und B. K. auf Grund gemeinsamer Planung vornahm, so hätte die Annahme jedenfalls gewerbsmäßigen Handelns gemäß § 261 Abs. 4 Satz 2 StGB nahe gelegen.
Insoweit wird der neue Tatrichter auch unter sachlich-rechtlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen haben, dass die Anforderungen an die Überzeugungsbildung nicht zu hoch angesetzt werden dürfen und dass die Feststellung eines den Angeklagten belastenden Sachverhalts nicht etwa das denkgesetzliche Ausscheiden jeder anderen Möglichkeit voraussetzt. Die Feststellungen zum Inhalt der abgehörten Telefongespräche des Vortäters T. D. enthalten teilweise gravierende Indizien dafür, dass dem Angeklagten Teile der Tatbeute der Vortat zuflossen oder zur Verfügung standen (vgl. etwa UA S. 92 bis 95). Die Erwägung des Landgerichts, es sei im Ergebnis gänzlich unklar geblieben, was die Gesprächspartner hier gemeint haben könnten, erscheint nicht bedenkenfrei.
4. Auch die Annahme bandenmäßigen Handelns gemäß § 261 Abs. 4 Satz 2 StGB wäre jedenfalls nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Vortäter T. D., der nach Auffassung der Revision mit B. K. und dem Angeklagten eine Bande bildete, gemäß § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB „nach den Absätzen 1 bis 5 nicht bestraft” werden könnte. Durch das Gesetz vom 4. Mai 1998 (BGBl. I S. 845), mithin fast zwei Jahre vor der Tat, ist in § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB die Anforderung gestrichen worden, dass es sich bei der Vortat um die Tat „eines anderen” handeln musste; hierdurch sollen gerade zweifelhafte Fälle der Beteiligung besser erfasst werden (vgl. BTDrucks. 13/87651, S. 10 f.; Kreß wistra 1998, 125; Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 261 Rdn. 18 m.w.N.). § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB regelt für solche Beteiligte der Geldwäsche, deren Beteiligung an der Vortat sicher festgestellt werden kann (vgl. BGH, Urt. vom 20. September 2000 – 5 StR 525/00, NJW 2000, 3725), nur einen persönlichen Strafausschließungsgrund (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 261 Rdn. 18), der an ihrer Beteiligtenstellung für die Tat nach § 261 StGB sowie ihrer möglichen Bandenmitgliedschaft gemäß § 261 Abs. 4 Satz 2 StGB nicht entgegen steht. Auch ein Beteiligter an der Vortat, der wegen Geldwäsche selbst gemäß § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB nicht strafbar ist, kann Mitglied einer Bande bei der bandenmäßigen Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 4 Satz 2 StGB sein. Die Straflosigkeit wegen Geldwäsche lässt seine rechtswidrige und schuldhafte Beteiligung hieran unberührt. Andere Beteiligte können aus seiner Straflosigkeit für sich keine Vorteile herleiten.
5. Das Beruhen des Strafausspruchs auf dem Rechtsfehler wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Landgericht jeweils unbenannte besonders schwere Fälle der Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 4 Satz 1 StGB angenommen hat. Die hierfür vom Tatrichter rechtsfehlerfrei herangezogenen Umstände (UA S. 141) stehen selbstständig neben den Voraussetzungen der beiden Regelbeispiele, so dass sich im Ergebnis nicht ausschließen lässt, dass das Landgericht höhere Einzelstrafen und eine höhere Gesamtstrafe verhängt hätte, wenn es die Voraussetzungen eines oder beider Regelbeispiele festgestellt hätte.
6. Da die Aufklärungsrüge erfolgreich ist, kommt es auf die weitere Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO sowie auf die gegen die Beweiswürdigung gerichtete Sachrüge nicht an.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Bode, Rothfuß, Fischer, Roggenbuck
Fundstellen
Haufe-Index 2556558 |
BGHSt 2006, 224 |
BGHSt |
NJW 2005, 3507 |
NWB 2005, 3111 |
NStZ 2006, 237 |
Nachschlagewerk BGH |
StuB 2005, 1030 |
wistra 2005, 469 |
NJW-Spezial 2005, 568 |
RÜ 2005, 652 |
StV 2005, 594 |
StraFo 2005, 508 |
ZBB 2005, 454 |
BBV 2005, 35 |