Leitsatz (amtlich)
a) Zur Frage der Darlegungs- und Beweislast in Fällen, in denen sich ein Kfz-Haftpflichtversicherer gegenüber einer Direktklage des Geschädigten auf eine Obliegenheitsverletzung beruft.
b) Die Rheinische Zusatzversorgungskasse für Gemeinden und Gemeindeverbände ist kein Schadensversicherer im Sinne von § 158 c Abs. 4 VVG.
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Entscheidung vom 12.06.1978) |
LG Koblenz |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 12. Juni 1978 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der bei der R. Zusatzversorgungskasse für Gemeinden und Gemeindeverbände im Rahmen der Zusatzversorgung für Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes versicherte Werkmeister der Stadtwerke N. Kurt S. befuhr am 6. Juli 1971 mit seinem Kraftwagen die ßundesstraße 256 zwischen Andernach und Mayen. Er stieß dort mit dem von dem Arbeiter Fritz E. gesteuerten Kraftwagen ...2 zusammen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Unfall von E. verschuldet worden ist und für S. ein unabwendbares Ereignis war. Die Halterin des Fahrzeugs ...2, Frau H., hatte das Fahrzeug bei der Beklagten versichert, jedoch die Erstprämie noch nicht gezahlt. Der Fahrer E. hatte im Zeitpunkt des Unfalls keine gültige Fahrerlaubnis.
Am 16. Dezember 1971 richtete die Beklagte sowohl an Annemarie H. als auch an Fritz E. Einschreibebriefe, in denen sie die Gewährung von Versicherungsschutz für den Unfall vom 6. Juli 1971 ablehnte, weil die Erstprämie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Vorlage des Versicherungsscheins gezahlt worden sei. Die Schreiben schlossen mit dem Satz:
"Wir weisen darauf hin, daß Ihr vermeintlicher Versicherungsanspruch ohne weiteres endgültig erlischt, falls er nicht innerhalb einer Ausschlußfrist von 6 Monaten, vom Tage des Einganges dieses Briefes bei Ihnen an gerechnet, durch Erhebung der Klage geltend gemacht wird (§ 12 VVG)."
Ob die Adressaten die Schreiben erhalten haben, ist zwischen den Parteien streitig. Eine Deckungsklage ist weder von der Halterin noch von dem unfallbeteiligten Fahrer erhoben worden.
Am 2. Oktober 1973 unterzeichnete S. eine an die Beklagte gerichtete "Vergleichs- und Abfindungserklärung", in der er sich gegen Zahlung eines Betrages von 18.000,- DM hinsichtlich aller Ansprüche, die anläßlich des Schadensfalls vom 6. Juli 1971 gegen Annemarie H. entstanden sind, für abgefunden erklärte. Die Erklärung enthält folgenden handschriftlichen Zusatz:
"Vorbehalt:
Ausgenommen bleiben von dieser Zahlung alle materiellen Zukunftsschäden, soweit diese Leistungen von einem Sozialversicherungsträger nicht gedeckt werden. Auf die Einrede der Verjährung wird insoweit verzichtet. Verdienstausfall: wie vereinbart, ab 18.9.72 bleibt ebenfalls offen."
Die Beklagte hat dieses Vergleichsangebot durch Zahlung der Vergleichssumme angenommen.
Seit dem 1. Juli 1973 zahlt die R. Zusatzversorgungskasse an S. eine Versorgungsrente wegen Erwerbsunfähigkeit. Am 19. Dezember 1973 hat dieser seine Schadensersatzansprüche aus dem Unfall, soweit sie nicht über die von der Zusatzversorgungskasse gewährten Leistungen hinausgehen, an die Klägerin abgetreten. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin den Anspruch auf Ersatz der von der R. Zusatzversorgungskasse erbrachten und noch zu erbringenden Leistungen an Kurt S. geltend, und zwar teilweise in Form einer Leistungs-, teilweise in Form einer Feststellungsklage. Der Klageantrag hat sich im Laufe des Rechtsstreits mehrfach geändert; zuletzt hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 50.911,95 DM nebst Zinsen zu verurteilen sowie festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, die auf die Klägerin übergegangenen Ansprüche S. aus dem Unfall vom 6. Juli 1971 für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis 31. Oktober 1987 zu befriedigen.
Die Beklagte hat bestritten, daß S. erwerbsunfähig sei; soweit bei ihm eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege, beruhe sie auf anderen als unfallbedingten Ursachen. Sie hat geltend gemacht, daß sie sowohl wegen Nichtzahlung der Erstprämie als auch wegen Verletzung der Führerscheinklausel nicht eintrittspflichtig sei, daß ein etwaiger Schadensersatzanspruch Sagers durch den Abfindungsvergleich erloschen und im übrigen verjährt sei.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin den von ihr zuletzt gestellten Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Fahrer des Kraftwagens ...2 keine Fahrerlaubnis gehabt hat. Es folgert daraus, daß weder diesem noch der Halterin gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Versicherungsschutz zusteht. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts sind frei von Rechtsirrtum. Es hat nicht verkannt, daß die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung gegenüber dem Versicherungsnehmer, dem Halter oder dem Eigentümer bestehen bleibt, wenn dieser das Vorliegen der Fahrerlaubnis bei dem berechtigten Fahrer ohne Verschulden annehmen durfte oder wenn ein unberechtigter Fahrer das Fahrzeug gebraucht hat (BU S. 11 Abs. 2 Satz 1). Eine Schwarzfahrt lag jedoch nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. Dafür, daß die Halterin unverschuldet habe annehmen dürfen, daß der Fahrer E. eine Fahrerlaubnis habe, habe die Klägerin nichts vorgetragen. Die Revision meint, daß das Berufungsgericht hiermit die Darlegungs- und Beweislast verkannt habe. Zwar müsse in einem Rechtsstreit zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer dieser die Tatsachen vortragen und beweisen, aus denen sich ergeben soll, daß er ohne Verschulden an das Vorliegen einer Fahrerlaubnis beim Fahrer geglaubt habe. Für eine Direktklage des Geschädigten (oder seines Rechtsnachfolgers) gegen den Versicherer müsse jedoch eine andere Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gelten; denn der Geschädigte sei nicht in der Lage, Feststellungen darüber zu treffen, ob den Versicherungsnehmer, Eigentümer oder Halter des Kraftwagens ein Verschulden daran trifft, daß das Fahrzeug von einem Fahrer ohne Fahrerlaubnis benutzt wurde. Der Revision ist zuzugeben, daß dieser Gesichtspunkt unter Umständen eine Erleichterung der den Geschädigten treffenden Darlegungslast rechtfertigen kann. Der Umfang der eine Prozeßpartei treffenden Pflicht, sich über alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände zu erklären (§ 138 Abs. 1 ZPO), hängt wesentlich davon ab, inwieweit ihr diese Umstände bekannt sind und inwieweit sie sich über sie Kenntnis verschaffen kann. § 138 ZPO will die Parteien nicht dazu zwingen, Behauptungen ins Blaue hinein aufzustellen; das wäre mit der in der gleichen Vorschrift angeordneten prozessualen Wahrheitspflicht unvereinbar. In gewissen Fällen kann es daher genügen, daß der Geschädigte ohne nähere Substantiierung vorträgt, der Versicherungsnehmer, Halter oder Eigentümer habe das Vorliegen einer Fahrerlaubnis für den Fahrer annehmen dürfen.
Selbst eine solche nicht näher substantiierte Behauptung hat die Klägerin in den Tatsacheninstanzen nicht aufgestellt. Bereits in dem vor der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingereichten Schriftsatz vom 19. September 1975 hatte sich die Beklagte auf Seite 2 (Bl. 18 d.A.) darauf berufen, daß der Fahrer des bei ihr versicherten Fahrzeugs nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis gewesen sei und daß sie, die Beklagte, deshalb allenfalls im Rahmen des § 158 c VVG hafte. Dies konnte vernünftigerweise nur so verstanden werden, daß nach Auffassung der Beklagten keiner der Ausnahmefälle vorlag, in denen der Versicherer trotz fehlender Fahrerlaubnis des Fahrers für die aus dem Unfall entstandenen Verbindlichkeiten des Versicherungsnehmers, Halters oder Eigentümers einzutreten hat. Die Klägerin hat dem nicht widersprochen und zwar selbst dann nicht, als die Beklagte eine Ablichtung des Protokolls über die Vernehmung des Fahrers im Strafverfahren vorlegte, in dem dieser angegeben hatte, daß er keine gültige Fahrerlaubnis hatte und daß dies auch der Halterin bekannt gewesen sei (Bl. 87/88 d.A.). Die Klägerin hat vielmehr lediglich mit Nichtwissen bestritten, daß die Beklagte den Versicherungsschutz wirksam entzogen habe (Schriftsatz vom 16. Oktober 1975, Bl. 31 d.A.). Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, der gemäß § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefert, weist aus, daß das Fehlen einer gültigen Fahrerlaubnis in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht unstreitig war. In der Berufungserwiderung (S. 6, Bl. 187 d.A. Abs. 6 und 7) hat sich die Beklagte erneut auf die Führerscheinklausel berufen und insoweit auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen; dem ist die Klägerin in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz lediglich mit dem unzutreffenden Hinweis entgegengetreten, dieser Vortrag sei neu und deshalb in der Berufungsinstanz nicht zu berücksichtigen. Sie hat noch nicht einmal angedeutet, daß sie das Verschulden der Halterin an der Verletzung der Führerscheinklausel in Zweifel ziehen wolle. Unter diesen Umständen war das Gericht nicht gehalten, über die Frage, ob die Halterin ohne Verschulden an das Vorliegen einer gültigen Fahrerlaubnis geglaubt hat, Beweis zu erheben und tatsächliche Feststellungen zu treffen.
II.
Die Beklagte haftet dem Geschädigten jedoch gemäß § 3 Nr. 4, 6 des Pflichtversicherungsgesetzes in Verbindung mit § 158 c VVG. Die Eintrittspflicht der Beklagten ist nicht nach § 158 c Abs. 4 ausgeschlossen; die bei der Klägerin bestehende Rheinische Zusatzversorgungskasse ist kein Schadensversicherer im Sinne dieser Bestimmung.
1.
Die bei der Klägerin bestehende Rheinische Zusatzversorgungskasse gehört ebenso wie die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und die Bundesbahnversorgungsanstalt (Abt. B) zu den Zusatzversorgungseinrichtungen für die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes. Daß zwischen den Trägern der Zusatzversorgung und den Versorgungsberechtigten ein privatrechtliches Versicherungsverhältnis besteht, ist in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte seit langem anerkannt (BVerwGE 6, 200; BSG AP Nr. 4 zu § 242 BGB RuhegehaltVO; BGHZ 48, 35; 69, 171; BGH VersR 1971, 1116; 1972, 827; 1977, 446). Auch § 11 Abs. 3 der Satzung der Zusatzversorgungskasse bezeichnet das Versorgungsverhältnis als ein privates Versicherungsverhältnis, das allerdings - im Gegensatz zu der Auslegung, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der alten Satzung der Versicherungsanstalt des Bundes und der Länder gegeben hat - nicht zwischen der Versorgungskasse (Versorgungsanstalt) und dem versorgungsberechtigten, sondern zwischen der Kasse und deren Mitgliedern (den Arbeitgebern) besteht. Diese Abweichung ist jedoch für die Frage, ob die Zusatzversorgungskasse Versicherer ist, ohne Bedeutung.
Auf die von den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörterte Frage, ob und inwieweit die Beiträge an die Zusatzversorgungskasse von den Arbeitnehmern aufgebracht werden, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Mit dem Wesen eines privaten Versicherungsverhältnisses ist es durchaus vereinbar, daß die Versicherungsbeiträge von einer anderen Person gezahlt werden als von der, der im Versicherungsfall der Anspruch auf Versicherungsleistung zusteht (§§ 74 ff. VVG). Etwas anderes ist vom Senat auch nicht in dem Urteil LM VVG § 158 c Nr. 25 = NJV 1976, 372 = VersR 1976, 235 ausgesprochen worden.
Die Rheinische Zusatzversorgungskasse ist demnach ein Versicherer im Sinne des VVG.
2.
Sie ist jedoch kein Schadensversicherer. Nach der heute in der Rechtslehre allgemein herrschenden und auch der Vorschrift des § 158 c Abs. 4 VVG zugrunde liegenden Auffassung ist zwischen der Schadens- und der Summenversicherung zu unterscheiden. Die Schadensversicherung bezweckt die Deckung eines konkreten, dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten entstandenen Schadens. Die Leistungspflicht des Versicherers ist bei ihr durch die Entstehung eines solchen Schadens bedingt; sie bemißt sich in diesem Falle nach der Höhe des entstandenen Schadens, wobei allerdings in bestimmten Fällen (Unterversicherung, Selbstbehalt) nur ein Teil dieses Schadens zu ersetzen, in Ausnahmefällen (z.B. Kfz-Kasko- und Gebäudeneuwertversicherung) ein über den tatsächlichen Schaden hinausgehender Betrag zu zahlen ist. Bei der Summenversicherung verspricht der Versicherer dagegen, einen im voraus fixierten Geldbetrag zu leisten ohne Rücksicht darauf, ob dem Versicherer durch den Eintritt des Versicherungsfalls materielle Nachteile entstanden sind (Prölss/Martin, VVG 21. Aufl. § 1 Anm. 2 A b; Brück/Möller, VVG 8. Aufl. § 1 Anm. 23-25; Eichler, Versicherungsrecht, 2. Aufl. S. 227, vgl. auch BGHZ 52, 350). Eine solche abstrakte Bedarfsdeckung ist nur bei der Lebensversicherung, der Unfallversicherung und anderen Personenversicherungen zulässig. Für den Begriff der Summenversicherung ist es nicht wesentlich, daß der Versicherer die einmalige Zahlung einer Geldsumme schuldet; vielmehr kann Gegenstand einer Summenversicherung auch die Zahlung einer Rente sein (vgl. Prölss/Martin, VVG 21. Aufl. Vorbem. zu den §§ 159-178 Nr. 1 C). Die Pensionsversicherung stellt eine besondere Form der Lebensversicherung dar (vgl. Eichler, Versicherungsrecht, 2. Aufl. S. 302). Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gewährt im wesentlichen eine Altersrente bei Erreichen der Altersgrenze, eine Rente im Falle vorzeitiger ßerufsunfähigkeit sowie Renten für die Hinterbliebenen (vgl. dazu im einzelnen § 30 der Satzung der Rheinischen Zusatzversorgungskasse). Der Schwerpunkt der Leistungen der Zusatzversorgung liegt auf dem Gebiet der Altersversorgung und der Versorgung der Hinterbliebenen von Versorgungsberechtigten, die im Zeitpunkt ihres Todes bereits die Altersgrenze erreicht hatten; insoweit ist sie zweifellos keine Schadensversicherung. Die von der Zusatzversorgungskasse im Falle der Berufsunfähigkeit zu zahlende Rente gleicht zwar in gewisser Weise einen eingetretenen Schaden aus: Der Versicherer erhält anstelle des weggefallenen Arbeitseinkommens ein Einkommen anderer Art. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, die Rheinische Zusatzversorgungskasse sei teilweise auch ein Schadensversicherer. Dem steht bereits die einheitliche Konzeption der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes entgegen. Ihr Zweck ist es, den Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes eine ähnliche Versorgung zu sichern wie den Beamten. Zu diesem Zweck soll ihnen für den Fall, daß sie - wegen Erreichens der Altersgrenze oder wegen Berufsunfähigkeit - aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden müssen, eine Art Ruhegehalt gewährt werden, das sich aus den Leistungen der Sozialversicherung und denen der Zusatzversorgungsanstalten zusammensetzt. Schon die einheitliche Natur des Rentenanspruchs spricht dafür, die Berufsunfähigkeitsrenten rechtlich ebenso zu qualifizieren wie die Altersrenten. Im übrigen bemißt sich die von der Zusatzversorgungskasse zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente nicht nach der Einkommenseinbuße, die der Versorgungsberechtigte durch das Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst erlitten hat. Die zu zahlende Zusatzrente entspricht vielmehr im wesentlichen der Differenz zwischen der nach den §§ 32 ff. der Satzung errechneten Gesamtversorgung und den dem Versorgungsberechtigten zustehenden Sozialversicherungsrenten. Für die Berechnung der Gesamtversorgung ist einmal die "gesamtversorgungsfähige Zeit" (§ 33 der Satzung), zum anderen das "gesamtversorgungsfähige Entgelt" (§ 34 der Satzung) maßgebend. "Gesatmversorgungsfähiges Entgelt" ist der monatliche Durchschnitt der Arbeitsentgelte, für die für den Versorgungsberechtigten in den letzten drei Kalenderjahren vor dem Jahr des Eintritts des Versicherungsfalls Pflichtbeiträge entrichtet worden sind. Ob der Versorgungsempfänger den Höchstsatz von 75 % des gesamtversorgungsfähigen Entgelts und damit einen seinen Erwerbsverlust zumindest teilweise ausgleichenden Ersatz erhält, richtet sich also nicht nach dem ihm tatsächlich entstandenen Schaden, sondern ist weitgehend davon abhängig, wie lange er bei seinem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn beschäftigt war. Auf das Arbeitseinkommen, das der Versorgungsberechtigte im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit bezog, und auf das, das er bei Fortdauer seiner Arbeitsfähigkeit bezogen hätte, also auf den tatsächlichen Einkommensausfall, kommt es demnach grundsätzlich nicht an. Die in den Satzungen der verschiedenen Zusatzversorgungsanstalten enthaltenen Berechnungsvorschriften führen allerdings dazu, daß zumindest der Bruttobetrag der Gesamtversorgung in der Regel niedriger ist als das vorher bezogene Arbeitseinkommen. Dies folgt jedoch aus dem Grundgedanken der Zusatzversorgung, die den Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes eine ähnliche Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung gewähren will wie dem Beamten. Dies gilt jedoch in gleicher Weise auch für die Altersrenten, die unzweifelhaft keine Leistungen eines Schadensversicherers sind. Die von der Rheinischen Zusatzversorgungskasse zu gewährenden Leistungen sind demnach nicht zur Deckung eines bestimmten konkreten Erwerbsschadens bestimmt, sondern werden nach Kriterien berechnet, die von der tatsächlichen Erwerbseinbuße weitgehend unabhängig sind.
III.
Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Klageabweisung kann auch nicht mit einer anderen Begründung (§ 563 ZPO) aufrechterhalten bleiben.
1.
Unzutreffend ist insbesondere die von der Beklagten vertretene Ansicht, der Zedent Sager habe in der Vergleichs- und Abfindungserklärung vom 2. Oktober 1973 auf den jetzt von der Klägerin geltend gemachten Anspruch verzichtet. Nach dem unmißverständlichen Wortlaut dieser Erklärung erstreckte sich der Vergleich nicht auf den Verdienstausfall, den der Zedent in der Zeit zwischen dem 18. September 1972 und dem Vergleichsschluß erlitten hatte, und nicht auf den gesamten materiellen Schaden, den der Zedent nach dem Vergleichsschluß noch erleidet.
2.
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nicht - auch nicht teilweise - verjährt. Da den Unfall unstreitig der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs verschuldet hat, findet zumindest der von der Beklagten zu deckende Schadensersatzanspruch gegen den Fahrer seine Grundlage in § 823 BGB; er verjährte daher gemäß § 852 BGB innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Zedent Sager von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangte, demnach frühestens drei Jahre nach dem Unfall, also am 6. Juli 1974. Wie sich aus der von S. unterzeichneten Vergleichs- und Abfindungserklärung ergibt, hat Sager seine Schadenersatzansprüche einschließlich des Anspruchs auf Verdienstausfall zu einem nicht bekannten, aber vor der Unterzeichnung der Abfindungserklärung liegenden Zeitpunkt bei der Beklagten angemeldet. Damit war der Lauf der Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers gehemmt (§ 3 Nr. 3 Satz 3 PflVersG). Daß die Beklagte gegenüber dem Zedenten den Anspruch auf Verdienstausfall abgelehnt hätte, behauptet sie selbst nicht. Auch die nach der Abtretung an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 26. Juli 1974, 5. September 1974, 2. Oktober 1974 und 7. Februar 1975 (Bl. 37-45 d.A.) enthalten keine Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch im Sinne von § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVersG. In ihnen werden zwar gewisse Einwendungen gegen den Anspruch der Klägerin erhoben; gleichzeitig wird jedoch zum Ausdruck gebracht, daß die Beklagte um eine weitere Klärung des Sachverhalts bemüht und zu diesem Zwecke zur Fortsetzung der Verhandlungen bereit sei (vgl. OLG Celle VersR 76, 736).
IV.
Klärungsbedürftig sind demnach noch die zwischen den Parteien streitigen Fragen, ob der Zedent S. seit 1973 arbeitsunfähig ist und ob diese Arbeitsunfähigkeit eine Folge des Unfalls vom 6. Juli 1971 ist. Damit dies tatrichterlich geprüft werden kann, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 3018765 |
MDR 1980, 213-214 (Volltext mit amtl. LS) |