Leitsatz (amtlich)
Zur Erstattungsfähigkeit von Architektenleistungen, die ein Gesellschafter als Einlage erbracht hat, bei Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Normenkette
BGB § 733
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 20.12.1978) |
LG Flensburg |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 20. Dezember 1978 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien schlossen sich im Jahre 1972 aufgrund mündlicher Vereinbarung zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen, um in T./S. ein Baugrundstück zu erwerben, dort sechs Reihenhäuser mit je zwei Ferienwohnungen zu errichten und diese mit Gewinn zu verkaufen. Der Kläger, ein Architekt, sollte die Architektenleistungen erbringen und der Beklagte, ein Pelzhändler, sich unter Einschaltung von Maklern um den Verkauf der Häuser bemühen. Im Jahre 1974 gaben die Parteien ihr Vorhaben auf. Nachdem sie das erworbene Grundstück real geteilt und sich über die Rückführung des Baukredits dahin geeinigt hatten, daß jeder von ihnen den Verlust zur Hälfte übernahm, erstellte der Kläger eine Rechnung über seine bereits erbrachten planerischen Tätigkeiten als Architekt und Ingenieur. Er nimmt den Beklagten in Höhe der Hälfte des Rechnungsbetrages sowie der Hälfte seiner Auslagen für Baunebenkosten, insgesamt auf Zahlung von 22.789,68 DM nebst Zinsen in Anspruch. Der Beklagte bestreitet die Ansprüche des Klägers dem Grunde und der Höhe nach.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben und den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der – zugelassenen – Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Das Berufungsgericht hat die vom Kläger erbrachten Architekten- und Ingenieurleistungen und seine damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen als gesellschaftsrechtliche Einlage angesehen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ob sie, wie das Berufungsgericht darlegt, „über die geschuldete allgemeine Mitwirkungspflicht” eines Gesellschafters hinausgingen, ist dabei unerheblich, was das Berufungsgericht mit jenem Begriff auch gemeint haben mag: Jede Leistung, die gesellschaftsvertraglich zu erbringen ist, um den gemeinsamen Zweck zu fördern, stellt einen Beitrag im Sinne des § 706 BGB dar. Dafür, daß der Kläger seine Leistungen aus einem anderen Rechtsgrunde – etwa aufgrund eines mit der Gesellschaft vereinbarten, vom Gesellschaftsvertrag gelösten selbständigen Werkvertrags – zu erbringen gehabt hätte, gibt der Parteivortrag nichts her. Beiträge aber, die bereits geleistet worden sind, nennt das Gesetz „Einlagen”.
2. Inwieweit Einlagen dem Gesellschafter, der sie erbracht hat, nach Auflösung der Gesellschaft zu erstatten sind, richtet sich, wenn darüber nichts besonderes vereinbart wird, nach § 733 Abs. 2 BGB. In Anwendung dieser Vorschrift hat das Berufungsgericht die Erstattungsfähigkeit der Leistungen des Klägers dem Grunde nach zutreffend bejaht. Ihm ist insbesondere auch darin zu folgen, daß der Ausnahmefall des § 733 Abs. 2 Satz 3 BGB nicht vorliegt, wonach für Einlagen kein Ersatz verlangt werden kann, die in der Leistung von Diensten bestanden haben. Es mag sein, daß unter „Diensten” im Sinne dieser Vorschrift nicht ausschließlich solche im Sinne des Dienstvertragsrechts zu verstehen sind; das braucht aber nicht weiter erörtert zu werden. § 733 Abs. 2 Satz 3 BGB beruht auf dem Gedanken, daß sich der Einsatz der physischen und geistigen Arbeitskraft des Gesellschafters regelmäßig im Gesellschaftsvermögen nicht als ein fest umrissener und meßbarer Vermögenswert niederschlägt oder zumindest die nachträgliche Bewertung der vermögenswirksamen Auswirkung solcher nach Art und Umfang höchst unterschiedlicher Individualleistungen bei der Auseinandersetzung auf kaum überwindbare Schwierigkeiten stoßen würde (BGH, Urt. v. 22.11.65 – II ZR 189/63 = LM HGB § 340 Nr. 4); qualitativ oder quantitativ unterschiedliche „Dienste” der Gesellschafter können – wie es daher in der Regel auch geschieht – angemessener bei der Vereinbarung des Gewinnverteilungsschlüssels oder von Geschäftsführervergütungen berücksichtigt werden, wenn die Gesellschafter das für erforderlich halten. Alle diese Gründe treffen nicht zu, wenn ein Gesellschafter nicht die Bereitstellung von Arbeitskraft schlechthin, sondern als Einlage ein bestimmtes Werk schuldet, mag dieses auch durch Einsatz seiner Arbeitskraft hergestellt werden; denn mit dessen Einbringung wird – wie bei jeder anderen Einlage in Geld oder Geldeswert – regelmäßig der Wert des Gesellschaftsvermögens meßbar erhöht. Werkvertragliche Leistungen, die als (Sach-)Einlage zu erbringen sind, sind daher (nach dem Wert, den sie zur Zeit der Einbringung hatten) grundsätzlich zu erstatten. Das gilt auch für Architektenleistungen zur Herstellung eines Bauwerks, wie sie der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu erbringen hatte. Das steht im übrigen im Einklang damit, daß die Parteien im vorliegenden Fall nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil (BU S. 8) übereinstimmend davon ausgegangen sind, der Kläger solle nach der von ihnen bei Vertragsschluß vorausgesetzten Fertigstellung und Veräußerung der zu errichtenden Wohnungen das Architektenhonorar aus dem Erlös vorweg erhalten.
3. Waren die Leistungen des Klägers somit erstattungsfähige Einlagen, so hat er auch Anspruch auf Ersatz des Wertes der bereits erbrachten, in sich abgeschlossenen Teilleistungen, nachdem die Parteien ihr Vorhaben aufgegeben und die Gesellschaft aufgelöst haben. Im Falle der vorzeitigen Beendigung der Gesellschaft vollzieht sich die Auseinandersetzung nach den Regeln des § 733 BGB in derselben Weise wie nach Erreichung des Gesellschaftszwecks, sofern nicht die Gesellschafter für diesen Fall eine besondere Vereinbarung getroffen haben. Hierzu hat das Berufungsgericht aber nichts festzustellen vermocht. Die Revision macht zwar insoweit geltend, das Berufungsgericht habe die Behauptung des Beklagten übergangen, bei einem Scheitern des Projekts hätten die beiderseitigen Leistungen „à fond perdu” sein sollen. Diesen Vortrag hat der Beklagte jedoch nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils nicht aufrechterhalten, sondern am Schluß der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang erklärt, die Parteien hätten an die Möglichkeit, das Vorhaben der Gesellschaft könne scheitern, nicht gedacht (BU S. 6). Danach haben sie für diesen Fall gerade nichts vereinbart.
Auch der weitere Einwand, es habe sich bei den erbrachten Leistungen des Klägers nur um Planungsarbeiten gehandelt, die für die Gesellschaft erst einen Wert dargestellt hätten, wenn das Bauwerk fertiggestellt worden wäre, kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Fertiggestellte und der Gesellschaft zur Verfügung stehende Planungsleistungen eines Architekten sind für jene bei der Vorbereitung eines Bauvorhabens wie für jeden anderen Bauherrn ein geldwerter Vorteil. Sie werden nur, wenn eine anderweitige Verwertung nicht möglich ist, nachträglich wertlos, wenn das geplante Bauvorhaben, wie hier, später nicht durchgeführt wird. Darauf kommt es aber für die Erstattungsfähigkeit, wie sich aus § 733 Abs. 2 Satz 2 BGB ergibt, nicht an; denn danach trägt den Wertverlust der eingebrachten Einlage die Gesellschaft.
4. Im vorliegenden Falle ist kein Gesellschaftsvermögen vorhanden, aus dem noch für die Einlage Wertersatz geleistet werden könnte. Nach § 735 BGB haben daher die Parteien für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis aufzukommen, nach welchem sie den Verlust zu tragen haben; der Beklagte hat danach dem Kläger die Hälfte des Wertes seiner Planungsleistungen und der dazugehörenden Aufwendungen zu erstatten. Dasselbe gilt im Ergebnis auch für die geltend gemachten Gebühren und sonstigen Kosten, die der Kläger nach seinen Behauptungen im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb für die Gesellschaft aus eigenen Mitteln ausgelegt hat (§§ 713, 670, 733 Abs. 1, 735 BGB).
Eigene Ansprüche kann der Beklagte zur Verrechnung nicht entgegenhalten. Bei dem von ihm behaupteten Einsatz von Arbeitskraft und -zeit für die Gesellschaft, insbesondere für die Werbung von Käufern, handelt es sich um „Dienste”, für die nach Auflösung der Gesellschaft nach der gesetzlichen Regelung nichts zu erstatten ist (§ 733 Abs. 2 Satz 3 BGB). Eine hiervon abweichende, auch nur stillschweigende, Parteivereinbarung hat das Berufungsgericht unter Berücksichtigung aller Umstände nicht festzustellen vermocht; diese tatrichterliche Beurteilung, die einen Rechtsfehler nicht erkennen läßt, ist im Revisionsrechtszug nicht angreifbar. Eine ausdrückliche Vereinbarung, nach der der Beklagte ähnlich wie der Kläger nach Fertigstellung und Verkauf der Häuser auch für seine Tätigkeit eine bestimmte Vergütung erhalten solle, hat der Beklagte ohnehin nicht behauptet.
Das angefochtene (Grund-)Urteil hält nach alledem den Angriffen der Revision stand; diese ist zurückzuweisen.
Unterschriften
Stimpel, Dr. Schulze, Dr. Bauer, Bundschuh, Dr. Skibbe
Fundstellen
Haufe-Index 1722815 |
NJW 1980, 1744 |
Nachschlagewerk BGH |
JZ 1980, 277 |