Leitsatz (amtlich)
a) Zur Anwendung des § 12 UWG auf das Versprechen einer Provision für die Vermittlung des Abschlusses eines Alleinvertriebsvertrages.
b) Bei der Frage, ob die für die Vermittlung eines ausschließlichen Bierlieferungsvertrages zwischen einer inländischen Brauerei und einem ausländischen Vertriebsunternehmen erteilte Provisionszusage unter dem Gesichtspunkt des „Schmiergeldes” nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, sind auch die auf dem ausländischen Markt herrschenden Auffassungen zu berücksichtigen, sofern nicht die Provision zugesagt wird, um eine Bevorzugung der Lieferantin vor inländischen Mitbewerbern zu erzielen.
Normenkette
UWG § 12; BGB § 138; EGBGB Art. 7 ff (Deutsches internationales Privatrecht)
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 25.02.1965) |
LG Hamburg |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 25. Februar 1965 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger wegen vermittelter Exporte von Bier nach Italien Provisionsansprüche gegen die Beklagte zustehen. Die Beklagte hat dem Kläger eine solche Provision zugesagt, hält sich hieran aber vor allem deshalb nicht gebunden, weil die Zusage gegen § 12 UWG verstoße und deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei.
Die Firma Sebastiano Sc. in R. hat früher das von der Beklagten hergestellte B.-Export-Bier in Italien vertrieben. Die Geschäftsverbindung kam im Jahre 1955 nach einem Besuch des Klägers in H. zustande, der seinen Wohnsitz seit Kriegsende in R. hat. Nach weiteren Besuchen des Klägers in H. gab die Firma Sc. die erste Bestellung auf, für die die Beklagte dem Kläger privat 2 % Provision gutschrieb (Schreiben vom 30. März 1957). Der Kläger bat die Beklagte anschließend, die Vertragsbestätigung an die Firma Sc. „unter Auslassung der 2 % Provision für mich – natürlich” zu übersenden, was geschehen ist (Schreiben vom 4. und 9. April 1957).
Am 26. November 1957 wurde der angestrebte „Alleinvertretungsvertrag” zwischen der Beklagten und der Firma Sc. für zunächst 5 Jahre ab 1. Dezember 1957 mit Verlängerungsklausel abgeschlossen. Zum Abschluß dieses Vertrages erschien der Kläger in H. mit einem Anwalt aus R., der den Vertrag für die Firma Sc. unterzeichnete. Kurz vor Abschluß des Vertrages bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 15. November 1957 dem Kläger die Provisionsvereinbarung in Höhe von 3 %, bei Überschreiten bestimmter jährlicher Liefermengen in Höhe von 4 % und 5 % der Verkaufspreise. Entsprechende Gutschriften hat die Beklagte dem Kläger mindestens bis 24. März 1958 erteilt.
Anfang Dezember 1957 löste die Firma Sc. ihr Vertragsverhältnis zum Kläger, über dessen Inhalt Streit besteht, fristlos mit der Begründung, daß der Kläger etwa 600.000 Lire unterschlagen habe. Als der Kläger im folgenden von der Beklagten Leistung der Provision forderte, machte diese geltend, sie habe es nach der von Scialanga ausgesprochenen Kündigung für selbstverständlich gehalten, daß die Provisionszahlungen an den Kläger entfielen; sie betrachte die Provisionsvereinbarung mit dem Tage der Beendigung der Mitarbeit des Klägers bei der Firma Sc. als gelöst; der Kläger habe ihr auch arglistig verschwiegen daß er zu dieser Firma in einem festen Anstellungsverhältnis gestanden habe; sie habe den Kläger für einen selbständig handelnden Vertreter gehalten.
Die Firma Sc. brach 1959 zusammen. Ihr Inhaber Dr. Sc. verzichtete am 15. März 1960 (Anlage A zum Schriftsatz der Beklagten vom 18. November 1963) auf die Rechte aus dem Vertretungsvertrag. In der Folgezeit wurde Alleinvertreterin der Beklagten in Italien die Firma C.R.J.E. GmbH, an der Dr. Sc. sich beteiligte und deren Geschäftsführer er nach der Behauptung des Klägers ist.
Der Kläger, der außer dem hier in Frage stehenden Biergeschäft auch andere Geschäfte in R. getätigt hat, ist dort seit November 1950 im Firmenregister als Inhaber einer auf seinen Namen lautenden Firma eingetragen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
- Rechnung zu legen über diejenigen Geschäfte, welche sie mittelbar oder unmittelbar mit der Firma Silvestro Sc. in R., Via V. C., seit dem 27.2.1958 abgewickelt habe,
- den sich aus Ziffer 1 des Klagantrags ergebenden Betrag an Provision nebst 8 % Zinsen im Jahr, beginnend mit der Entstehung der Fälligkeit des Anspruchs, an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt und geltend gemacht, der Kläger sei Angestellter der Firma Sc. gewesen und habe sich von der Beklagten durch das Provisionsversprechen schmieren lassen. Bei der Beklagten sei er zunächst als Angestellter mit Handlungsvollmacht aufgetreten; später habe er sich als selbständiger Vertreter ausgegeben. Das treffe jedoch nicht zu; die Eintragung im Firmenregister und eine Bescheinigung über das Fehlen einer Sozialversicherung für den Kläger besagten nichts. Da der Kläger von Sc. ein festes monatliches Entgelt bekommen habe, hätte er nicht auch für die Beklagte tätig sein dürfen. Hilfsweise beruft die Beklagte sich auf die ausgesprochene Kündigung des Vertrages sowie darauf, daß die Lieferungen an Scialanga im August 1959 aufgehört hätten. Außerdem beständen noch erhebliche Verpflichtungen dieser Firma und der späteren Alleinvertreterin. Schließlich sei die Forderung des Klägers auch verjährt.
Der Kläger ist dem entgegengetreten. Er macht geltend, als Makler gehandelt zu haben. Er sei in R. für verschiedene Unternehmen als Vermittler von Geschäftsbeziehungen tätig gewesen; Sc. habe das gewußt und mit ihm immer nur über einzelne vermittelte Geschäfte auf Provisionsbasis abgerechnet; feste Bezüge habe er nicht gehabt. Für das hier streitige Vermittlungsgeschäft habe Sc. ihm nur 1 1/2 % Provision zugesichert und z.B. auch nur einen Teil der Reisekosten nach H. erstattet.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Provisionsvereinbarung als Schmiergeldabrede nichtig sei.
Mit der Berufung hat der Kläger vorgebracht, ein Verstoß gegen § 12 UWG scheide schon deshalb aus, weil es sich um die Vermittlung eines Alleinvertretungsver trages gehandelt habe; sein Verhalten verstoße auch nicht gegen das anzuwendende italienische Wettbewerbsrecht. Sc. sei mit der Gewährung der Provision durch die Beklagte einverstanden gewesen. Nach Abschluß des Alleinvertretungsvertrages habe er, der Kläger, Angebote anderer Brauereien auf Vermittlung von Bierexporten nach Italien getreu dem Inhalt des zwischen der Beklagten und Sc. geschlossenen Alleinvertretungsvertrages abgelehnt.
Die Berufung des Klägers ist zurückgewiesen worden. Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Beklagte bittet, verfolgt der Kläger seine abgewiesenen Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat deutsches Recht angewandt. Dafür stützt es sich darauf, daß die Parteien den Rechtsstreit einem deutschen Gericht unterbreitet und sich in beiden Rechtszügen auf deutsche gesetzliche Bestimmungen bezogen hätten; außerdem sei der Kläger deutscher Staatsangehöriger und die Beklagte habe ihren Sitz im Inland. Damit hätten die Parteien genügend zum Ausdruck gebracht, daß sie ihre Beziehungen beim Abschluß der Provisionsvereinbarung der deutschen Rechtsordnung unterstellen wollten. Die Auffassung des Berufungsgerichts geht danach offenbar dahin, das Verhalten der Parteien lasse einen hinreichenden Schluß dahin zu, daß ihr Wille schon bei Vertragsschluß auf die Anwendung deutschen Rechts gegangen sei. Damit hat das Berufungsgericht einen Individualvertrag hinsichtlich der darin enthaltenen Vereinbarung der anzuwendenden Rechtsordnung in bestimmter Weise ausgelegt und nicht etwa mangels eines festzustellenden Parteiwillens nur den mutmaßlichen Willen der Vertragschließenden ermittelt, der nach der Auffassung des erkennenden Senats der freien Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegen würde (vgl. BGHZ 44, 183, 186). Dem Revisionsgericht ist es deshalb verwehrt, den Gesichtspunkt zu berücksichtigen, daß die Vertragschließenden im allgemeinen wollen, daß der Vertrag wirksam sein soll und daß sie deshalb im Zweifel mutmaßlich nicht die Anwendung einer Rechtsordnung wollen, die ihnen die Freiheit der Vereinbarung eines Vertrages mit dem konkreten Inhalt nicht zubilligt, wie es das Berufungsgericht hier im Hinblick auf §§ 138 Abs. 1 BGB, 12 UWG angenommen hat. Das könnte vom Revisionsgericht nur bei Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens zur Geltung gebracht werden.
Die Revision bringt hinsichtlich des anzuwendenden Rechts lediglich vor, aus der Anwendbarkeit des deutschen Rechts folge im Streitfall noch nicht, daß auch das Verhältnis zwischen dem in Rom ansässigen Kläger und der ebenfalls dort ansässigen Firma Sc. dem deutschen Recht unterliege; soweit diese Beziehungen für die rechtliche Beurteilung des Provisionsversprechens der Beklagten von Bedeutung seien, müsse auf jenes Verhältnis das italienische Recht angewendet werden.
Dieser Angriff läßt die Feststellung des Berufungsgerichts, daß auf das Provisionsversprechen als solches das deutsche Recht anzuwenden ist, unangetastet; von dieser Feststellung ist deshalb auch im Revisionsverfahren auszugehen. Zu Recht macht die Revision aber geltend, daß die Anwendung des deutschen Rechts nicht ausschließt, auf das Rechtsverhältnis des Klägers zu Sc. italienisches Recht anzuwenden und nach diesem Recht insbesondere die Frage zu beurteilen, welche rechtliche Stellung der Kläger gegenüber Sc. hatte und ob er sich durch Vereinbarung der umstrittenen Provision einer Pflichtverletzung dieser Firma gegenüber schuldig machte. Die Parteien können sich, wenn sie das Vertragsverhältnis einem bestimmten Recht unterstellen, hinsichtlich eines Teiles des Vertragsverhältnisses, insbesondere in bezug auf bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen, stillschweigend einem anderen Recht unterwerfen (Soergel-Kegel, 9. Aufl., Rdz. 174 vor Arte 7 EGBGB; Erman-Arndt, 4. Aufl., IV 3 a vor Art. 12 EGBGB). Das liegt vor allem dann nahe, wenn die Frage, ob das Verhalten des im Ausland ansässigen Vertragspartners sittenwidrig oder wettbewerbswidrig ist, auch davon abhängt, welchen Handlungsspielraum ihm die an seinem Geschäftssitz geltende Rechtsordnung einräumt. Grundsätzlich bleibt zwar die Rechtsordnung, deren Anwendung die Parteien ersichtlich gewollt haben, auch dann maßgebend, wenn sie zur Nichtigkeit des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit führt (RGZ 44, 301; 46, 112, 114; BGH WM 1957, 1047, 1048). Das kann aber nicht uneingeschränkt gelten, sofern die vertraglichen Beziehungen, deren Vereinbarkeit mit dem inländischen Sittengesetz zu beurteilen ist, ihre Auswirkungen überwiegend nicht im Inland haben. Das angefochtene Urteil läßt nicht erkennen, daß das Berufungsgericht sich dieser Rechtslage bewußt gewesen ist; es hat nicht ausreichend geprüft, ob von einer stillschweigenden Parteivereinbarung auch in bezug auf die rechtliche Stellung des Klägers gegenüber der Firma Sc. die Rede sein kann.
II. Das Berufungsurteil kann aber auch nach dem deutschen Recht nicht aufrechterhalten werden; es beruht zunächst auf einer unrichtigen Auffassung von der Tragweite des § 12 UWG. 1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, das Provisionsversprechen habe einen Verstoß gegen § 12 UWG zum Inhalt; dieser Verstoß führe zur Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB. Im einzelnen führt es aus, inländische Gewerbetreibende müßten auch im Ausland ihren Wettbewerb nach inländischen Rechtsgrundsätzen einrichten (BGH GRUR 1958, 189, 197 – Zeiß). Allerdings sei auf die Anschauungen des Auslandes Rücksicht zu nehmen. Wie die italienische Auffassung über die Annahme von Schmiergeldern sei, könne aber dahingestellt bleiben, weil ein Teil der Wettbewerbshandlung, nämlich das Versprechen der Provision, im Inland begangen sei, weil beide Parteien Deutsche seien und weil sich die Provisionsabsprache speziell gegen die deutschen Mitbewerber der Beklagten auf dem italienischen Markt gerichtet habe. Daß der Kläger seinen Sitz im Ausland habe, sei demgegenüber unerheblich.
In der Sache selbst seien als Anspruchsgrundlage die §§ 93 ff HGB, 652 ff BGB und 84 ff HGB in Verbindung mit den schriftlichen Zusagen der Beklagten in Betracht zu ziehen. Der Kläger sei jedoch nicht Makler gewesen, sondern habe als ständiger Beauftragter in einem Abhängigkeitsverhältnis zu der Firma Sc. gestanden. Daß diese nichts von der Provisionsvereinbarung gewußt habe, ergebe sich aus dem Schreiben des Klägers vom 4. April 1957, in dem er um Vertragsbestätigung gegenüber dieser Firma unter Auslassung der für ihn bestimmten Provision gebeten habe. Die „besondere Sittenwidrigkeit” komme auch darin zum Ausdruck, daß der Kläger eine doppelte Korrespondenz teils unter eigenem Namen, teils unter dem der Firma Sc. mit der Beklagten geführt habe. 2. Der Revision ist zuzugeben, daß diese Würdigung auf Rechtsirrtum beruht und insbesondere wesentliche Umstände des Streitverhältnisses unberücksichtigt läßt.
Nach § 12 UWG macht sich strafbar, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs dem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes Vorteile gewährt oder verspricht, um durch unlauteres Verhalten des Angestellten oder Beauftragten bei dem Bezug von Waren eine Bevorzugung zu erlangen. Nach dem deutschen Recht ist der Begriff des Beauftragten allerdings weit zu fassen. Beauftragter in diesem Sinne ist jeder, der befugtermaßen für einen Geschäftsbetrieb tätig ist und weder Angestellter noch Inhaber des Betriebes ist (RGSt 68, 119; 68, 70). Auch der Handelsvertreter fällt darunter (RG MuW 1926, 147, 148 – für den insoweit gleich liegenden Fall des § 13 Abs. 3 OWG).
Im Gegensatz zu den für Beamte geltenden Bestechungvorschriften setzt die Anwendung des klar als Absichtsdelikt gefaßten § 12 UWG jedoch weiter voraus, daß das „Schmiergeld” um einer in der Zukunft liegenden Bevorzugung gegenüber Mitbewerbern willen gewährt oder versprochen wird (RGSt 66, 84). Deshalb genügt eine ohne solche Absicht gewährte bloße Belohnung für bereits ausgeführte Leistungen nicht (RGSt 68, 70, 76). Das ist besonders bei Personen zu beachten, die eine Vermittlungstätigkeit entfalten und nicht aufgrund eines Arbeitsverhältnisses oder eines Vertrauensverhältnisses rechtlich verpflichtet sind, ausschließlich die Interessen einer der Vertragsparteien wahrzunehmen, mögen sie Kaufmann sein oder nicht. Dies ergibt sich schon aus § 653 BGB, wonach ein Lohn für die Vermittlung eines Vertrages als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die dem Mäkler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Dementsprechend ist ein Verstoß gegen § 12 UWG verneint worden, wenn Vorteile gewährt werden, die lediglich ein Entgelt für die glatte Erledigung eines einzelnen, schon so gut wie abgeschlossenen Geschäfts darstellen sollten und wenn deshalb der Geber im Zeitpunkt des Versprechens nicht mehr mit einem Kreise von Mitbewerbern zu rechnen brauchte (RG GRUR 1915, 103; RGSt 66, 16, 18).
a) Im vorliegenden Fall bezog sich das Provisionsversprechen auf einen „Alleinvertretungsvertrag”, von dem das Berufungsgericht allerdings nicht feststellt, ob die Firma Sc. verpflichtet sein sollte, kein sonstiges Bier, oder nur, kein anderes deutsches Bier in Italien zu vertreiben. Wenn die Beklagte ihr Bier für Italien nur an Sc. liefern und diese Firma Bier nur von der Beklagten beziehen durfte, so fehlt es an dem Merkmal, daß nach der Absicht des Gebenden für die Zeit ab Inkrafttreten des Alleinvertriebsvertrages, also für die Zukunft, eine Bevorzugung vor Mitbewerbern bei der Lieferung erzielt werden sollte. Insoweit scheidet eine Anwendung des § 12 UWG daher schon aus diesem Grunde aus.
Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß auch bei einem Alleinvertriebsvertrag die Provision versprochen wird, damit der Beauftragte sich in unlauterer Weise dafür einsetzt, daß der Alleinvertriebsvertrag mit dem die Provision Versprechenden und keinem anderen Unternehmen abgeschlossen wird. Die in der Zukunft liegende Bevorzugung besteht dann in dem Abschluß des Alleinvertriebsvertrages. Für eine solche Annahme genügt es nach der bereits angeführten Rechtsprechung jedoch nicht, daß das Provisionsversprechen zeitlich vor Abschluß des Alleinvertriebsvertrages abgegeben worden ist. Dem unstreitigen Parteivorbringen ist insoweit zu entnehmen, daß der Kläger sich jahrelang bemüht hatte, die Geschäftsverbindung zwischen Sc. und der Beklagten zustande zu bringen. Nach dem Gang der Verhandlungen kann nicht ohne nähere Begründung davon ausgegangen werden, daß das zeitlich unmittelbar vor dem Abschluß des Alleinvertriebsvertrages liegende Provisionsversprechen dem Zweck der Bevorzugung der Beklagten vor Mitbewerbern gedient habe. Der Kläger war unstreitig mehrfach zu Verhandlungen mit der Beklagten in H. gewesen; eine nicht unerhebliche Lieferung war bereits getätigt worden. Der Abschluß eines derartigen Dauervertrages setzte naturgemäß eingehende Vorbereitungen zum Ausbau einer Vertriebsorganisation in Italien voraus; es muß deshalb mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, daß die für den Abschluß des Vertrages erforderlichen Vorbereitungen im Zeitpunkt des Provisionsversprechens im wesentlichen abgeschlossen waren und daß dem Abschluß des schriftlichen Vertrages nichts mehr im Wege stand. Es liegen keine Umstände vor, aus denen geschlossen werden könnte, daß in diesem Zeitpunkt der Abschluß eines entsprechenden Vertrages mit einem Mitbewerber der Beklagten noch in Frage gekommen oder von den Beteiligten in Betracht gezogen worden wäre. Die Beklagte selbst hat denn auch ausdrücklich in Abrede gestellt, daß sie mit dem Provisionsversprechen die Absicht verfolgt habe, den Kläger zu ihrer Bevorzugung im Wettbewerb mit anderen Bierlieferanten zu bestimmen. Insoweit lag übereinstimmendes Parteivorbringen vor.
b) Das Berufungsurteil enthält auch keine ausreichende Begründung für die Annahme, daß die versprochene Provision keine Belohnung für eine vom Kläger bereits entwickelte Tätigkeit darstellte, die dem Zustandekommen des Alleinvertretungsvertrages diente. Insoweit ist nicht entscheidend, ob der Kläger als Makler im Sinne des deutschen Handelsrechts anzusehen war. Auch wenn dies nicht zutreffen sollte, konnten die Parteien davon ausgehen, daß dem Kläger ein angemessenes Entgelt für seine Tätigkeit zustehe. Hierfür war u.a. die Stellung des Klägers im Verhältnis zur Firma Sc. von Bedeutung. Die Würdigung dieses Verhältnisses durch das Berufungsgericht ist nicht vollständig und nicht frei von Widerspruch. Die Revision rügt unter Hinweis auf § 286 ZPO mit Recht, daß das Berufungsgericht nicht feststellen konnte, daß der Kläger in abhängiger Stellung bei der Firma Sc. angestellt gewesen sei, ohne die im Schriftsatz vom 25. Oktober 1963, S. 5 und 6, für das Gegenteil benannten Zeugen zu hören. Es ist deshalb offen geblieben, in welcher Höhe und auf welcher Grundlage der Kläger für seine Tätigkeit von der Firma Sc. Vergütung empfangen oder versprochen erhalten hat, ferner, ob der Kläger einen großen Teil der Reisekosten nach H. jeweils selbst getragen hat, und ob der Kläger gegenüber Sc. berechtigt war, sich eine Vergütung auch von der Beklagten gewähren zu lassen. Eine bloße „Abhängigkeit”, die auch rein wirtschaftlicher Natur gewesen sein könnte, ist demgegenüber rechtlich unerheblich. Auch wenn der Kläger in abhängiger Stellung tätig gewesen sein sollte, käme es rechtlich darauf an, ob er hinsichtlich der Vermittlung des hier fraglichen, möglicherweise aus dem Rahmen fallenden Geschäfts die Stellung eines ausschließlich an die Interessen der Firma Sc. gebundenen Beauftragten haben sollte, dem es verwehrt gewesen wäre, ein Entgelt von der anderen Vertragspartei anzunehmen. Die Bemerkung des Berufungsgerichts (S. 18), die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Klägers nach seinem Ausscheiden sprächen nicht für das im Rechtsstreit vorgetragene Bild des in R. ansässigen selbständigen Kaufmanns, der neben zahlreichen anderen Geschäften auch den Alleinvertretungsvertrag zwischen der Beklagten und Sc. vermittelt habe, steht überdies in Widerspruch zu der im Tatbestand (S. 7 Ziff. 6) getroffenen Feststellung.
2. Das Berufungsurteil beruht aus einem weiteren Grunde auf einer unrichtigen Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB.
Ob ein Vertrag gegen die guten Sitten verstößt, kann nur auf Grund einer Gesamtwürdigung des Verhaltens der Vertragsparteien nach Inhalt, Zweck und Beweggründen beantwortet werden. Berührt der Vertrag im wesentlichen ausländische Interessen, so kann das nicht ohne Einfluß auf die gebotene Gesamtwürdigung bleiben. Da selbst bei Vereinbarung der Anwendbarkeit der ausländischen Rechtsordnung der Vorbehalt des Art. 30 EGBGB zu beachten ist, kann dies allerdings dann nicht gelten, wenn nach den Umständen des konkreten Falles die inländischen Auffassungen gegenüber den möglicherweise weniger strengen ausländischen schlechthin Geltung beanspruchen müssen. So liegt es im Streitfall aber nicht. Es handelt sich um die Frage, ob ein Sittenverstoß aus der Zuwiderhandlung gegen eine Wettbewerbsvorschrift, nämlich gegen die strafbewehrte Vorschrift des § 12 UWG herzuleiten ist. Allgemein hat der Bundesgerichtshof für den Bereich der Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften bereits ausgesprochen, daß im Rahmen des Art. 12 EGBGB (Deliktsstatut) das ausländische Recht dann anzuwenden ist, wenn sich der Wettbewerb zwischen einem Unternehmen mit Sitz im Ausland und einem inländischen Unternehmen auf dem ausländischen Markt vollzieht, während er dahingestellt gelassen hat, wie es zu beurteilen ist, wenn inländische Wettbewerber auf dem ausländischen Markt untereinander in Wettbewerb treten und diesen Wettbewerb durch Handlungen im Inland vorbereiten (BGHZ 35, 329, 335, 336). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof für einen Fall täuschender Werbung angenommen, daß nach dem Wesen des Wettbewerbs als Begehungsort nur der Ort in Betracht komme, wo der Täuschende unmittelbar in die Stellung eines Mitbewerbers eingreife oder daß dort bestehende Interesse der Allgemeinheit, vor Täuschung bewahrt zu werden, verletzt habe. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Anwendung weniger strenger ausländischer Wettbewerbsvorschriften, wonach Wettbewerbshandlungen erlaubt seien, die im Inland als gegen die guten Sitten des Wettbewerbs verstoßend angesehen werden, mit dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden schlechthin unvereinbar sei (a.a.O. 337).
Nach inländischer Rechtsauffassung bezweckt die gegen das Schmiergeldunwesen gerichtete Vorschrift des § 12 UWG in erster Linie den Schutz der Mitbewerber, vor denen der Bestechende sich einen unzulässigen Vorsprung verschaffen will. Die Vorschrift dient ferner mittelbar auch dem allgemeinen Interesse daran, daß nicht durch Schmiergelder die schlechtere Ware vor der besseren den Vorzug erhält und der Preis für die Ware verteuert wird. Auch insoweit erscheint es sach gerecht, auf die ausländische Rechtsordnung Rücksicht zu nehmen, wenn die Ware dort abgesetzt werden soll. Nach dem vom Berufungsgericht erörterten, aber nicht abschließend festgestellten Rechtszustand in ausländischen Staaten, insbesondere in Italien, liegt der Schwerpunkt der Rechtsverletzung bei der Gewährung von Schmiergeldern ferner in der Zuwiderhandlung gegen das Interesse des Geschäftsherrn des Vorteilsempfängers, so daß bei dessen Einverständnis der Angestellte nicht rechtswidrig handelt (vgl. Spengler, Der Betrieb 1962, 1397 ff; vgl. auch Schricker, das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Bd V S. 257). Hinsichtlich des italienischen Rechts unterstellt das Berufungsgericht, daß die Gewährung von Vorteilen an Angestellte nur dann als anstößig angesehen werde, wenn sie dem Zweck der Abwerbung oder des Ausspähens von Geheimnissen diene. Auch die konventionsrechtliche Regelung der Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 1883 (Art. 10 bis) sieht auf diesem Gebiet keinen Mindestschutz vor. Enthält hiernach das deutsche Recht eine offenbar besonders strenge Ahndung der Schmiergeldgewährung, so erscheint es nicht geboten, sie schlechthin auch dann anzuwenden, wenn die Auswirkungen der Vorteilsgewährung sich im Einzelfall auf dem ausländischen Markt zeigen. Denn auch die Vorschrift des § 12 UWG dient der Reinhaltung des Wettbewerbs auf dem in Betracht kommenden Markt; es ist deshalb geboten, jedenfalls bei ihrer Anwendung im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB auch die Rechtsordnung des Staates zu berücksichtigen, auf dessen Gebiet der Wettbewerb stattfindet, wobei im Streitfall dahingestellt bleiben kann, ob diese Mitberücksichtigung auch in Fällen schwerer Bestechung dazu führen kann, die Sittenwidrigkeit nach deutschem Recht zu verneinen.
Hiernach kommt es für die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB u.a. auch darauf an, ob bei Abschluß der Provisionsvereinbarung nach der Vorstellung der Parteien ausschließlich oder in erster Linie ein Wettbewerb deutscher Biererzeuger in Betracht kam, um dessen Ausschaltung mittels des Provisionsversprechens es der Beklagten gegangen wäre. Sollte das zu bejahen sein, so könnte bei der Frage der Sittenwidrigkeit dem Umstand, daß das Bier in Italien abgesetzt werden sollte, keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen werden; insoweit können keine anderen Maßstäbe gelten als im Falle der unmittelbaren Anwendung deutscher wettbewerbsrechtlicher Vorschriften im Rahmen des Deliktsstatuts (BGHZ 40, 391 – Stahlexport). Daß es im Streitfall nur um einen Wettbewerb unter deutschen Biererzeugern gegangen sei, hat das Berufungsgericht jedoch nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt.
Daß das Provisionsversprechen in H. abgegeben worden ist, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ohne erhebliche Bedeutung (BGHZ 40, 391 – Stahlexport). Das würde schon dann gelten, wenn beide Parteien ihren Sitz im Inland hätten (BGH a.a.O.), gilt im vorliegenden Falle aber erst recht, weil der Kläger seinen geschäftlichen Sitz in R. hatte.
Die bei Wettbewerbsverstößen für die Bestimmung des Deliktsstatuts im Rahmen des Art. 12 EGBGB entwickelten Grundsätze treffen auch für die Beurteilung der Frage zu, ob ein deutschem Recht unterliegender Vertrag auch dann wegen Verstoßes gegen § 12 UWG sittenwidrig ist, wenn der Wettbewerb auf einem Auslandsmarkt stattfindet. Zu diesem Ergebnis führt schon die Erwägung, daß das Schmiergeld regelmäßig auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung gewährt oder in Gestalt einer solchen versprochen wird. Es besteht aber auch der Sache nach kein Anlaß, die Sittenwidrigkeit eines Vertrages anders zu beurteilen als den wettbewerbsrechtlichen Verstoß im Rahmen des Deliktsrechts, wenn ein solcher Verstoß die alleinige Grundlage für die Annahme der Sittenwidrigkeit des Vertrages bilden soll.
Das angefochtene Urteil mußte hiernach aufgehoben werden.
II. Das Revisionsgericht ist nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden.
1. Es ist ungeklärt geblieben, ob für einen Wettbewerb hinsichtlich des Abschlusses des Alleinvertriebsvertrags nur deutsche Mitbewerber in Betracht kamen und ob dem Provisionsversprechen die Absicht der Beklagten zugrunde lag, diesen Wettbewerb zurückzudrängen, ferner ob der Kläger im Verhältnis zur Firma Sc. berechtigt war, sich von der Beklagten eine Vermittlungs- oder Abschlußprovision zusagen zu lassen. Auch seine Behauptung, Sc. habe von der Zusage gewußt, ist bisher nicht widerlegt.
Wenn, was nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten naheliegt, bei Abgabe des Provisionsversprechens die Absicht unlauterer Bevorzugung der Beklagten ferngelegen hat, scheidet eine Anwendung des § 12 UWG aus. Dann bleibt allerdings zu prüfen, ob die Beklagte berechtigt ist, die Erfüllung des Provisionsversprechens unter dem Gesichtspunkt eines Rechtsmißbrauchs des Klägers zu verweigern. Das könnte in Betracht kommen, wenn der Kläger etwa die Provisionsvereinbarung hinter dem Rücken der Firma Sc. geschlossen und pflichtwidrig einen entsprechend höheren Bierpreis ausgehandelt hätte und wenn er dabei zugleich die Beklagte durch Täuschung zu der Annahme verleitet hätte, die Firma Sc. sei mit der Gewährung der streitigen Provision einverstanden. Die Beweislast für die den Einwand der Sittenwidrigkeit oder des Rechtsmißbrauchs stützenden Behauptungen trägt die Beklagte.
2. Auch zu den von der Beklagten hilfsweise erhobenen Einwendungen fehlen Feststellungen, so insbesondere zur Frage der Kündigung und der Verjährung.
Unterschriften
Krüger-Nieland, Pehle, Sprenkmann, Mösl, Simon
Fundstellen
Haufe-Index 1502338 |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 1968, 561 |