Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehebezogene Zuwendung
Leitsatz (amtlich)
Zur Darlegungs- und Beweislast für Umstände, die den Umfang der Ausgleichspflicht bei Rückgewähr einer unbenannten Zuwendung bestimmen.
Normenkette
BGB §§ 242, 1356, 1372 ff.
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 05.03.1999) |
LG Stade |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 5. März 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagten neben ihrer Freistellung von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem R. Kreditinstitut S. aus dem Darlehen Nr. … vom 17. Mai 1991 kein höherer Ausgleich zugesprochen worden ist als 8.502,36 DM.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Höhe des Ausgleichsbetrags, den der Kläger an die Beklagte gegen Rückgewähr des der Beklagten zugewandten Miteigentums an einem Grundstück zu zahlen hat.
Die Parteien waren von 1990 bis 1996 miteinander verheiratet; sie lebten seit Januar 1994 getrennt. Mit Verträgen vom 17. Mai und 24. Oktober 1991 übertrug der Kläger der Beklagten das hälftige Miteigentum an seinem aus den Flurstücken 1/3, 1/4, 1/5 und 240/1 bestehenden Grundbesitz A. Nr. …, auf dem er das Glasmuseum M. und das T. -Museum betreibt; beide Museen sollten neben ihrem kulturellen Zweck der Existenz- und Alterssicherung des Klägers dienen. Zusätzlich erwarben die Parteien mit Vertrag vom 6. August 1991 das Flurstück 1/6 zum Kaufpreis von 17.500 DM, der nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts allein vom Kläger aufgebracht wurde.
Ebenfalls am 17. Mai 1991 nahmen die Parteien bei dem R. Kreditinstitut S. ein Darlehen über 100.000 DM auf, das in Höhe von 52.909,07 DM zur Bezahlung vom Kläger zuvor erworbener Grundstücksteile und im übrigen zur Tilgung anderer Schulden der Parteien diente. Die Zins- und Tilgungsleistungen auf dieses Darlehen erbrachte jedenfalls in der Zeit vom 30. Januar 1992 bis einschließlich Juli 1993 die Beklagte.
Das Oberlandesgericht hat die von der Beklagten betriebene Teilungsversteigerung des aus den genannten Flurstücken bestehenden Grundstücks für unzulässig erklärt und die Beklagte verurteilt, ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück auf den Kläger zu übertragen – und zwar Zug um Zug gegen Freistellung der Beklagten von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Kreditinstitut sowie gegen Zahlung von 8.502,36 DM an die Beklagte.
Mit der Revision greift die Beklagte ihre Verurteilung – entsprechend der vom Senat bewilligten Prozeßkostenhilfe – nur insoweit an, als ihr neben der Freistellung von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Kreditinstitut kein höherer Ausgleich als 8.502,36 DM zugesprochen worden ist.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht geht zu Recht davon aus, daß der mit der Trennung und Scheidung einhergehende Wegfall der Geschäftsgrundlage einer ehebezogenen Zuwendung nur in seltenen Ausnahmen zu einer dinglichen Rückgewähr führt und in solchen Ausnahmefällen eine Verurteilung zur Rückgewähr in der Regel nur Zug um Zug gegen Zahlung eines angemessenen Ausgleichs in Geld erfolgen kann. Die Bemessung des Ausgleichsanspruchs hat im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO analog den Grundsätzen zu erfolgen, die für ehebezogene Zuwendungen gelten. Bei der Rückgewähr von Miteigentum an einem Grundstück wird es deshalb für die Höhe des dem rückgewährpflichtigen Ehegatten zustehenden Ausgleichs insbesondere auf die Art und den Umfang der von diesem erbrachten Leistungen und seine finanziellen Beiträge zum Ausbau des Anwesens ankommen (vgl. Senatsurteil vom 4. Februar 1998 – XII ZR 160/96 – FamRZ 1998, 669, 670).
2. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts hat die Beklagte auf das von den Parteien gemeinsam aufgenommene und teilweise zur Tilgung des Kaufpreises für die vom Kläger zuvor erworbenen Flurstücke verwandte Darlehen in Höhe von 100.000 DM Zins- und Tilgungsleistungen von 16.520,06 DM erbracht. In Höhe dieses Betrages hat das Oberlandesgericht einen Ausgleichsanspruch der Beklagten bejaht, der sich jedoch um vom Kläger aufgerechnete Forderungen aus Schuldscheinen in Höhe von 8.017,70 DM vermindert und mithin auf Zahlung von (16.520,06 – 8.017,70 =) 8.502,36 DM gerichtet ist.
Die Beklagte behauptet, von Januar 1991 bis Dezember 1993 auf das Darlehen – über den Betrag von 16.520,06 DM hinaus – Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von weiteren 8.516,69 DM, insgesamt also in Höhe von 25.036,75 DM erbracht zu haben. Sie hat hierzu einen Tilgungsplan sowie Übersichten über die von 1991 bis 1993 auf das gemeinsam aufgenommene Darlehen erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen vorgelegt und vorgetragen, die dort ausgewiesenen, den vom Oberlandesgericht festgestellten Betrag übersteigenden Zahlungen seien mit Ausnahme der unter dem 30. Dezember 1993 verbuchten Zahlungseingänge von 110,17 DM und 806,50 DM von ihr erbracht worden. Das Oberlandesgericht hat diesen Vortrag unberücksichtigt gelassen, weil die Beklagte die von ihr behaupteten Zahlungen nicht hinreichend dargetan habe. Damit hat das Oberlandesgericht, wie die Revision zu Recht rügt, die Darlegungs- und Beweislast verkannt.
Sind ehebezogene Zuwendungen dinglich zurückzugewähren, so trägt im Grundsatz die Partei, welche die Rückgewähr verlangt, die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die für die Bemessung der Zug um Zug gegen die Rückgewähr geschuldeten Ausgleichsleistung maßgebend sind; denn insoweit handelt es sich um eine Voraussetzung für die Begründetheit des Rückgewähranspruchs (Senatsurteile BGHZ 68, 299, 306 und vom 28. Oktober 1998 – XII ZR 255/96 – FamRZ 1999, 365, 366). Eine Einschränkung gilt nur dann, wenn der Rückfordernde außerhalb der für die Bemessung des Ausgleichsbetrags maßgebenden Geschehensabläufe steht und deshalb keine näheren Kenntnisse hat, während der Verpflichtete diese Geschehensabläufe kennt und ihm deshalb nähere Angaben zumutbar sind (Senatsurteil vom 28. Oktober 1998 aaO). Bei Anwendung dieser Grundsätze war es Sache des Klägers, im einzelnen darzulegen, daß die auf dem Darlehenskonto verbuchten Zahlungseingänge auf seinen, des Klägers, eigenen Zahlungen beruhten und nicht auf Leistungen der Beklagten. Mit einer solchen Darlegung war der Kläger im Verhältnis zur Beklagten auch nicht unzumutbar belastet. Da die Zahlungseingänge auf dem gemeinsamen Darlehenskonto nach dem insoweit übereinstimmenden Parteivortrag nur auf Zahlungen der Parteien – sei es nun des Klägers oder aber der Beklagten – beruhen konnten, war die Beklagte keineswegs „näher daran”, die von ihr erbrachten Zahlungen auf das gemeinsame Konto zu belegen, als der Beklagte die seinen. Dies hat das Oberlandesgericht nicht beachtet, indem es offenbar davon ausging, daß zunächst die Beklagte ihre auf das gemeinsame Darlehenskonto erbrachten Zahlungen im einzelnen darzulegen habe und dieser Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen sei.
Das Berufungsurteil erweist sich insoweit auch nicht aus einem anderem Grunde als richtig; insbesondere läßt sich die Nichtberücksichtigung der von der Beklagten behaupteten Zahlungen nicht mit dem entgegenstehenden Vorbringen des Klägers rechtfertigen. Zwar ist der Kläger dem Vortrag der Beklagten – zum Teil detailliert – entgegengetreten: Er hat – unter Vorlage von Belegen – behauptet, die unter dem 12. und 30. November 1993 auf dem Darlehenskonto verbuchten Zahlungseingänge beruhten nicht auf Leistungen der Beklagten, sondern auf Überweisungen von seinem, des Klägers, Konto. Im übrigen seien die Zahlungen auf das Darlehenskonto zwar zu Lasten eines auf den Namen der Beklagten lautenden Kontos erfolgt; dieses Konto sei aber von ihm durch Bareinzahlungen „gespeist” worden. Diesen Vortrag des Klägers hat das Oberlandesgericht – nach der von ihm vorgenommenen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast folgerichtig – aber nicht gewürdigt. Schon deshalb kann das Vorbringen des Klägers den Erfolg der Revision nicht hindern.
3. Hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Mitarbeit bei der Renovierung der Gebäude und beim Aufbau des Glasmuseums hat das Oberlandesgericht der Beklagten einen Ausgleichsanspruch versagt; die Beklagte habe keine nachvollziehbaren Fakten für eigene Aktivitäten vorgetragen, die eine Feststellung der von ihr erbrachten Eigenleistungen ermöglichten. Auch hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
Zwar ist richtig, daß es in erster Linie der Partei, die zur Rückgewähr einer ehebezogenen Zuwendung verpflichtet ist, obliegt, Eigenleistungen, die sie auf den Zuwendungsgegenstand erbracht hat und die deshalb bei der Bemessung des Ausgleichsbetrags stets zu berücksichtigen sind, im einzelnen vorzutragen (Senatsurteil vom 28. Oktober 1998 aaO); insoweit erfährt die Darlegungslast für die Höhe der Ausgleichszahlung, die – wie ausgeführt – an sich den die Rückgewähr fordernden Ehegatten trifft, eine sachgerechte Einschränkung. Dabei dürfen jedoch die Anforderungen, die an Darlegung und Nachweis namentlich länger zurückliegender Mitwirkungshandlungen gestellt werden, nicht überspannt werden. In einer intakten Ehe werden die Ehegatten über Art und Umfang der auf die gemeinsame Wertschöpfung verwandten Aktivitäten nur selten Buch führen (vgl. auch BGHZ 127, 48, 53; 142, 137, 151); zudem schließt gerade bei handwerklichen Aktivitäten – wie im vorliegenden Fall bei der Renovierung von Baulichkeiten – das Zusammenwirken der Ehegatten eine klare Trennung der von jedem der Ehegatten erbrachten Leistungen, zumal in der Erinnerung, vielfach aus.
Der Vortrag der Beklagten läßt, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht erkennen, worin der von ihr geltend gemachte zeitliche und finanzielle Einsatz beim Aufbau des Glasmuseums, an dessen Wert sie zu einem Viertel beteiligt werden möchte, im einzelnen bestanden hat. In Ansehung ihrer Mitarbeit bei der Renovierung der Baulichkeiten ist die Beklagte jedoch ihrer – die primäre Darlegungspflicht des Klägers einschränkenden – sekundären Darlegungslast in ausreichender Weise nachgekommen. Sie hat – unter Vorlage von Fotografien und Antritt von Zeugenbeweis – vorgetragen, daß sie bei der von den Ehegatten in Eigenarbeit sowie „mit Nachbarschafts- und Freundschaftshilfe” geleisteten Erneuerung von Scheune und Wohnhaus durchgängig tatkräftig mitgeholfen habe; diese Mitarbeit habe sich über den gesamten Renovierungszeitrum von eineinhalb Jahren erstreckt und einen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich rund 25 Stunden umfaßt. Diese Angaben sind hinreichend konkret, um im Falle ihrer Erweislichkeit eine Grundlage für eine – hier zulässige – Schätzung des Wertes der von der Beklagten geleisteten Arbeit gemäß § 287 ZPO zu bieten. Der Kläger ist diesem Vortrag der Beklagten – unter Benennung der auch von der Beklagten angebotenen Zeugen – entgegengetreten und hat behauptet, die Mitarbeit der Beklagten habe sich auf wenige Handreichungen beschränkt; die Beklagte habe an keinem Tag der Woche mehr als zwei Stunden auf die Renovierungsarbeit verwandt, wobei sie ohnehin nie mehr als zwei Tage in der Woche tätig gewesen sei. Angesichts der diesem Vorbringen widerstreitenden Darlegungen der Beklagten hätte das Berufungsgericht dem Vortrag des Klägers durch Vernehmung der von beiden Parteien übereinstimmend angebotenen Zeugen nachgehen müssen; es durfte sich dem nicht unter Hinweis auf eine angeblich unzulängliche Substantiierung schon des Beklagtenvortrags entziehen. Die Erhebung eines solchen Zeugenbeweises war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die in Rede stehenden Renovierungsarbeiten bereits 1988 und 1989, mithin vor der Eheschließung der Parteien, durchgeführt worden sind. Die Bemessung des Ausgleichsbetrags erfordert eine Gesamtwürdigung, die darauf zielt, dem rückgewährpflichtigen Ehegatten einen billigen Ausgleich dafür zu gewähren, daß die erwartete Beteiligung an den gemeinsam geschaffenen Werten und die Mitnutzung der Früchte der gemeinsamen Arbeit für die Zukunft entfällt (BGHZ 127 aaO, 54). Diese Zielrichtung kann es nahe legen, die Mitarbeit des rückgewährpflichtigen Ehegatten auch insoweit zu berücksichtigen, als sie vor der Eheschließung erfolgt ist; dies gilt namentlich dann, wenn – wie von der Beklagten unwidersprochen vorgetragen – die späteren Ehegatten bereits vor der Eheschließung zusammengelebt haben und anzunehmen ist, daß die ehebezogene Zuwendung des einen Ehegatten auch und gerade im Hinblick auf die vor der Ehe geleistete Mitwirkung des anderen Ehegatten an der Verbesserung oder Verschönerung des erst später – in der Ehe – zugewandten Vermögensgegenstands erfolgt ist.
4. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden, da die Bemessung der Höhe des der Beklagten zustehenden angemessenen Ausgleichs wesentlich Sache des Tatrichters ist (Senatsurteil vom 4. Februar 1998 aaO) und hierzu weitere Feststellungen erforderlich sind. Die Sache muß daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung wird das Berufungsgericht zum einen Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, welche Zins- und Tilgungsleistungen die Beklagte auf das gemeinsame Darlehenskonto erbracht hat. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wird das Berufungsgericht allerdings berücksichtigen müssen, daß dieses Darlehen nur etwa hälftig auf den Kaufpreis für die ursprünglich im Alleineigentum des Klägers stehenden Grundstücke verwandt, im übrigen jedoch für die Tilgung anderer Schulden der Parteien verbraucht worden ist und die von der Beklagten erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen sich deshalb auch nur teilweise in dem zurückzugewährenden Miteigentum wertsteigernd niedergeschlagen haben. Außerdem wird das Berufungsgericht in Rechnung zu stellen haben, daß das Berufungsurteil die Beklagte – insoweit rechtskräftig – zur Rückgewähr des hälftigen Miteigentums nur gegen Freistellung von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen aus dem Darlehen verpflichtet, den Kläger also mit der Tilgung von Darlehensvaluta und Zinsen auch insoweit belastet hat, als das Darlehen gar nicht zur Bezahlung des der Beklagten zu hälftigem Miteigentum zugewandten Grundstücks verwandt worden ist. Zum andern wird das Berufungsgericht Feststellungen über die von der Beklagten auf die Renovierung von Scheune und Wohnhaus verwandte Arbeitsleistung zu treffen haben. Dabei werden, worauf das Oberlandesgericht mit Recht hingewiesen hat, allerdings nur solche Tätigkeiten zu berücksichtigen sein, die über das Maß der von der Beklagten nach § 1353 Abs. 1, § 1360 BGB unentgeltlich zu erwartenden Mitarbeit hinausgehen (BGHZ 127 aaO, 55).
Unterschriften
Hahne, Gerber, Wagenitz, Fuchs, Vézina
Fundstellen
Haufe-Index 746130 |
BGHR 2002, 685 |
FamRZ 2002, 949 |
FuR 2002, 449 |
NJW-RR 2002, 1297 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2002, 1359 |
ZEV 2002, 328 |
EzFamR aktuell 2002, 242 |
FPR 2002, 526 |
MDR 2002, 947 |
FF 2002, 139 |
FamRB 2002, 289 |
ZNotP 2002, 361 |