Leitsatz (amtlich)

›Haben Gebietsansässige in einem Bauvertrag die Zahlung der Vergütung (teilweise) in irakischen Dinar vereinbart und wird die erforderliche Genehmigung (§ 3 S. 1 WährG, § 49 Außenwirtschaftsgesetz) nicht erteilt, kann eine Regelungslücke vorliegen. Eine solche ist möglicherweise im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise zu schließen, daß der Betrag ganz oder teilweise in DM zu zahlen ist.‹

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf

LG Duisburg

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Abrechnung eines abgebrochenen Bauvorhabens im Irak.

Der Irak erteilte im Jahr 1981 einem deutschen Firmenkonsortium, an dem die Beklagte beteiligt war, den Auftrag zur Errichtung eines Observatoriums mit Nebenanlagen auf dem Berg Korek in Kurdistan nahe der Grenze zum Iran. Die Beklagte beauftragte gemäß Auftragsbestätigung vom 9./22. Februar 1982 die Klägerin mit Rohbauarbeiten. Die Parteien vereinbarten die Anwendung des Rechts der Bundesrepublik Deutschland und der VOB/B.

Bei der Bauausführung traten erhebliche Schwierigkeiten wegen der Baugrundbeschaffenheit sowie durch Witterungseinflüsse und infolge Besetzung des Geländes durch irakisches Militär auf. Als der Rohbau weitgehend fertiggestellt war, beschoß am 31. Mai 1985 die iranische Luftwaffe die Anlage. Die Baustelle wurde daraufhin stillgelegt. Im Februar 1987 kündigte die Klägerin den Bauvertrag und erteilte der Beklagten die Schlußrechnung.

Die Klägerin hat von der Beklagten u.a. restlichen Werklohn und Ersatz ihr wegen Behinderungen entstandener Kosten, insgesamt 15.595.306,56 DM, verlangt. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Oberlandesgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.219.416,21 DM nebst Zinsen sowie 24.831,56 irakische Dinar zu zahlen und 143.150 irakische Dinar an sie herauszugeben. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die Klageforderung in Höhe von 9.937.454,37 DM nebst Zinsen weiter. Die Beklagte will mit ihrer Revision die volle Abweisung der Klage erreichen. Der Senat hat die Revisionen teilweise angenommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen haben im Umfang der Annahme Erfolg, sie führen insoweit zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I. Revision der Klägerin:

1. a) Das Berufungsgericht ist der Auffassung, daß die Beklagte gemäß Ziffer 7.6.1 des Bauvertrags 20 % des zuerkannten Anspruchs in irakischen Dinar zu leisten habe. Eine Änderung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage komme nicht in Betracht. Die Parteien hatten Abschlagszahlungen in Höhe von 95 % des Gesamtwerts vereinbart, die zu 15 % innerhalb einer Woche nach Auftragserteilung, im übrigen in monatlichen Raten zu leisten gewesen seien. Mit dem Dinaranteil der Abschlagszahlungen habe die Klägerin, wie es die Parteien beabsichtigt hatten, ihre Kosten während der Bauzeit im Irak decken können.

b) Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

aa) Es trifft zu, daß die Parteien die Zahlung von 20 % der Vergütung in irakischen Dinar ausdrücklich vereinbart haben. Ziffer 7.6.1 des Bauvertrags lautet: "Sämtliche Zahlungen erfolgen zu 80 % in DM und 20 % in ID (Irakische Dinar) ". Damit haben die Parteien vereinbart, daß 20 % der Geldschuld notwendig in der ausländischen Wahrung zu begleichen waren. Für eine "echte Valutaschuld " spricht auch der Zweck der Abrede, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sollten die Dinar-Zahlungen der Klägerin während der Bauarbeiten zur Abwicklung ihres Zahlungsverkehrs im Irak dienen.

bb) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, daß die Vereinbarung über die Bezahlung in irakischen Dinar nicht wegen einer gegenwärtig möglicherweise bestehenden Wertlosigkeit eines Dinarguthabens für die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu ändern ist.

Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage greifen nur ein, wenn eine derart einschneidende Änderung eingetreten ist, daß ein Festhalten an der ursprünglichen Regelung zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde, und das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung für die betroffene Partei deshalb unzumutbar wäre (st. BGH-Rspr., z.B. Senatsurteil vom 25. Februar 1993 - VII ZR 24/92 - BGHZ 121, 378, 393).

Das ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Forderung von 186.236,63 DM, um deren Erfüllung in Dinar die Parteien noch streiten, nur einen geringen Bruchteil - weniger als ein Prozent - des Auftragsvolumens darstellt. Als die Arbeiten nach dem iranischen Luftangriff eingestellt werden mußten, hatte die Klägerin das Bauvorhaben weitgehend fertiggestellt. Die bis dahin mit den Abschlagszahlungen geleisteten Dinar konnte sie zur Deckung ihrer im Irak angefallenen Kosten verwenden.

cc) Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Berufungsgericht § 3 S. 1 WährG i.V.m. § 49 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) nicht berücksichtigt hat. Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Abrede über die Valutaschuld im Hinblick auf diese Vorschriften unwirksam ist.

Gemäß § 3 S. 1 WährG dürfen Geldschulden nur mit Genehmigung der für die Erteilung von Devisengenehmigungen zuständigen Stelle in einer anderen Wahrung als in DM eingegangen werden. Das Genehmigungserfordernis ist durch § 49 Abs. 1 AWG für Rechtsgeschäfte zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden, nicht hingegen für Rechtsgeschäfte zwischen Gebietsansässigen, aufgehoben worden (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1987 - II ZR 280/86 - BGHZ 101, 296, 303). Zuständige Stelle für die Erteilung der Genehmigung ist die Deutsche Bundesbank (§ 49 Abs. 2 AWG). Diese hat für eine Reihe von Verträgen zwischen Gebietsansässigen die Eingehung von Geldschulden in fremder Wahrung generell erlaubt (Mitteilung Nr. 1009/61 vom 24. August 1961 = BAnz. 167/61).

Hier handelt es sich um ein Geschäft zwischen Gebietsansässigen, da die Parteien ihren Sitz im Geltungsbereich des AWG haben (zum Begriff "Gebietsansässige " vgl. § , 3Abs. 1 Nr. 1. Die in der Mitteilung der Deutschen Bundesbank vom 24. August 1961 aufgeführten Falle, in denen Vereinbarungen über eine Fremdwährungsschuld generell erlaubt worden sind, erfassen den vom Berufungsgericht fest gestellten Sachverhalt nicht. Ziffer 7.6.1 des Bauvertrags war somit genehmigungsbedürftig. Dem Vortrag der Parteien laßt sich nicht entnehmen, ob die Genehmigung bislang erteilt ist.

2. a) Das Berufungsgericht führt aus. Die Beklagte habe den unter Berücksichtigung der gegenseitigen Ansprüche noch geschuldeten Betrag von 1.752.554,21 DM gemäß § 286 BGB vom 18. Mai 1987 an zu verzinsen. Der kapitalisierte Zinsschaden der Klägerin bis zum 30. September 1990 betrage 466.862 DM, ab 1. Oktober 1990 seien Zinsen in wechselnder Höhe geschuldet.

b) Mit den dagegen gerichteten Einwendungen hat die Revision im Umfang der Annahme Erfolg. Die Klägerin hat kapitalisierte und weitere Zinsen auch auf den Teilanspruch von 186.236,63 DM geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat diesen Betrag bei der Berechnung der zu verzinsenden Hauptforderung infolge seiner möglicherweise irrigen Annahme (s. oben 1. b cc), daß die Klägerin anstatt 186.236,63 DM nur 24.831,56 irakische Dinar beanspruchen könne, nicht berücksichtigt.

3. Die Verurteilung zur Zahlung von irakischen Dinar kann daher keinen Bestand haben. Sollte eine Genehmigung gemäß § 3 S. 1 WährG nicht vorliegen und auch nicht mehr erteilt werden, wird das Berufungsgericht prüfen müssen, ob eine Regelungslücke gegeben ist. Eine solche wäre möglicherweise im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise zu schließen, daß die Beklagte den Betrag ganz oder teilweise in DM zu zahlen hat. Das Berufungsgericht wird sich ferner ggf. mit der Frage befassen müssen, ob das Abkommen über den Internationalen Währungsfonds (für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft seit dem 14. August 1952, BGBl. 1952 II S. 728, Zustimmungsgesetz vom 18. Juli 1952, BGBl. 1952 II S. 637, 645; Änderungsgesetze vom 23. Dezember 1968, BGBl. 1968 II, 1225, und vom 9. Januar 1978, BGBl. 1978 II 13) einer Verurteilung zur Zahlung von ID entgegensteht (vgl. dazu etwa Ebke, Internationales Devisenrecht, insbes. S. 276 ff).

II. Revision der Beklagten

1. a) Das Berufungsgericht meint. Die Beklagte könne wegen Mangeln am Putz der Wohnhäuser keine weitere Minderung in Höhe von 174.041,63 DM (beanspruchte Minderung von 243.378,18 DM abzüglich des unstreitigen Minderungsbetrags 69.336,55 DM) verlangen. Nachdem die Klägerin mit der Schlußrechnung den Wert der ausgeführten Leistungen vorgetragen habe, hatte die Beklagte anhand der Schlußrechnung darlegen müssen, welche Mengen sie nicht als vertragsgemäße Leistung gelten lasse. Ihrer Aufstellung über die notwendigen Nachbesserungskosten fehle der Bezug zur Schlußrechnung.

Auch wegen der unstreitigen Mengen stehe der Beklagten das geltend gemachte Recht auf Minderung nicht zu. Die Beklagte habe nicht, wie es ihre Aufgabe gewesen sei, anhand der Einheitspreise des Leistungsverzeichnisses ausgeführt, welche Einheitspreise sie gelten lassen wolle. Erst danach könne die Klägerin darlegen, daß der Wert der ausgeführten Leistungen das ausmache, was sie an Vergütung begehre.

b) Das halt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Die Parteien sind in den Tatsacheninstanzen übereinstimmend davon ausgegangen, daß die vorhandenen Mängel durch eine Minderung des Werklohns auszugleichen sind.

aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, welche Mengen sie nicht als vertragsgemäß gelten lasse, trifft nicht zu.

Die Beklagte hat in ihrer Aufstellung "Massen - Mangel - Putzarbeiten" (Anl. B I. 1.2-3), auf die sie in den Schriftsätzen Bezug genommen hat, detailliert aufgeführt, welche Flächen mängelbehaftet seien. Damit hat sie ihrer Darlegungslast genügt, zumal die Klägerin Art und Umfang der angegebenen Mangel nur hinsichtlich der Positionen 4, 5 und 7 der Aufstellung bestritten hat. Auch im Hinblick auf diese drei Positionen steht eindeutig fest, welche Mengen die Beklagte nicht als vertragsgemäße Leistung gelten lassen will. Bei den Positionen 4 und 5 geht der Streit der Parteien darum, ob die nicht ausgeführten Beiputzarbeiten überhaupt vom Auftrag umfaßt gewesen sind. Zu der Position 7 hat die Klägerin eingewandt, daß die im Putz vorhandenen Risse nicht durch Mangel ihrer Leistung, sondern durch Sprengungen verursacht worden seien. Mit diesen Streitpunkten hatte sich das Berufungsgericht befassen müssen.

bb) Rechtsfehlerhaft ist ferner die Erwägung, die Beklagte hätte anhand der Einheitspreise des Leistungsverzeichnisses darlegen müssen, welche Einheitspreise sie gegen sich gelten lasse.

Zwar trifft es zu, daß bei einer Minderung nach § 13 Nr. 6 VOB/B der Werklohn in dem Verhältnis herabzusetzen ist, in welchem zur Zeit der Abnahme der Wert des Werks in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden hatte. Das Berufungsgericht hat aber übersehen, daß sich der Minderwert eines Bauwerks regelmäßig in dem Geldbetrag aus drückt, der aufgewendet werden muß, um die bei der Abnahme vorhandenen Mangel zu beseitigen (Senat, Urteil vom 24. Februar 1972 - VII ZR 177/70 = BGHZ 58, 181, 184, Urteil vom 22. März 1984 - VII ZR 286/82 = ZfBR 1984, 176 = BauR 1984, 401). Etwas anderes gilt nur, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß mangelfreie Leistung und vereinbarte Vergütung nicht gleichwertig sind. Das ist hier nicht der Fall. Die Aufstellung der Beklagten über die notwendigen Nachbesserungskosten reichte deshalb zur Darlegung der Höhe ihres Minderungsanspruchs aus.

2. a) Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagte könne wegen der unstreitig nicht nachgebesserten "sonstigen Mängel" keine weitere Herabsetzung der Vergütung über die vollzogene Minderung in Höhe von 22.644,26 DM hin aus verlangen. Es gelte Entsprechendes wie bei dem vorangegangenen Posten. Auch hier fehle der notwendige Bezug zur Preis/Leistungsvereinbarung des Auftrags. Das gelte insbesondere, soweit die Beklagte Drittrechnungen und Drittangebote vorgelegt habe.

b) Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausschließlich auf seine vorangegangenen Erwägungen Bezug genommen. Da diese Erwägungen rechtsfehlerhaft sind (siehe oben II. 1. b), halt das Urteil auch insoweit einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

3. a) Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne für zusätzlich in Auftrag gegebene Felsaushubarbeiten im Bereich des Zentralgebäudes weitere 263.210, 55 DM beanspruchen. Sie habe die streitige Menge anhand von Zeichnungen berechnet. Das Bestreiten der Beklagten sei ungenügend, ihr Vortrag sei ungereimt. So habe sie zunächst die Höhenangaben bestritten. Hierzu habe die Klägerin ein Aufmaß vorgelegt, das von einem Mitarbeiter der Beklagten unterzeichnet worden sei. Die Klägerin habe dann in zwei Punkten die Mengendifferenzen der Parteien beschrieben. Sie habe allerdings nicht alle Mengendifferenzen erklärt. Es obliege in des der Beklagten vorzutragen, ob die Abrechnungszeichnungen falsch seien oder ob die Leistung nicht erbracht oder anderweitig abgerechnet sei.

b) Dagegen wendet sich die Revision zu Recht.

Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an das Bestreiten der Beklagten überspannt. Die Beklagte hat gegenüber den Mengenberechnungen und Zeichnungen der Klägerin eingewandt, daß die zugrundeliegenden Maße nur hinsichtlich der Höhenangaben einer einzigen Längsachse auf gemeinsamen Messungen der Parteien beruhten, sämtliche weiteren Profile seien von keinem verbindlichen Aufmaß erfaßt. Sie hat außerdem geltend gemacht, selbst wenn man die Zeichnungen mit den bestrittenen Maßangaben als richtig unterstelle, ergebe sich nur eine Menge von 827, 976 m3, nicht die von der Klägerin angesetzten 1310,72 m3. Um dies nachzuweisen, hat die Beklagte ihrerseits Berechnungen und Zeichnungen vorgelegt (Anl. B I. 2.1. -5).

Damit hat die Beklagte die Ausgangsdaten und den Rechenvorgang der Klägerin bestritten. Das Bestreiten wird den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag gerecht. Soweit die Mengenermittlung der Beklagten, wie das Berufungsgericht ausführt, nicht ohne weiteres zu durchschauen ist, trifft das auf die umfangreichen Berechnungen der darlegungspflichtigen Klägerin ebenso zu. Das Berufungsgericht hatte den Parteien Gelegenheit zur Erläuterung geben oder, wie von ihnen beantragt, einen Sachverständigen hinzuziehen müssen, gegebenenfalls hatte es die von der Klägerin benannten Zeugen vernehmen müssen.

4. a) Das Berufungsgericht meint: Die Beklagte habe der Klägerin gemäß Ziffer 8 Abs. 3 des Bauvertrags weitere 38.349,07 DM auszukehren, die sie aus der Bauwesenversicherung erhalten habe, nachdem die von der Klägerin hergestellte Zaunanlage durch Schneemassen zerstört worden sei. Die Beklagte habe die Bauwesenversicherung für die Klägerin abgeschlossen. Der Versicherer haben die Beklagte geleistet. Der vereinbarte Selbstbehalt von 5.000 DM sei nicht zu berücksichtigen, da sich aus Ziffer 8 Abs. 3 nicht ergebe, daß er zu Lasten der Klägerin gehen solle. 313.959, 93 DM seien bereits zugunsten der Klägerin verrechnet worden, ihr stünden somit noch 38.349,07 DM zu.

b) Auch in diesem Punkt halt das Berufungsurteil den Revisionsangriffen nicht stand.

aa) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, aus § 8 Abs. 3 des Bauvertrags ergebe sich nicht, daß der vereinbarte Selbstbehalt der Klägerin anzurechnen sei.

Die Auslegung des Bauvertrags unterliegt der revisionsrechtlichen Prüfung darauf, ob anerkannte Auslegungsgrundsätze, gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssatze verletzt sind (st. Rspr., z.B. Senat, Urteil vom 11. Mai 1995 - VII ZR 116/94 - ZfBR 1995, 259, 260 - BauR 1995, 697).

Die Auslegung des Berufungsgerichts ist rechtsfehlerhaft, weil ihr schon der Wortlaut der Abrede entgegensteht. In Ziffer 8 Abs. 3 des Vertrags heißt es.

"Der AG schließt für alle am Bau tätigen Unternehmer eine Bauwesenversicherung gegen unvorhergesehene Beschädigung oder Zerstörungen der Bauleistung ab, soweit diese nicht infolge mangelhafter oder vertragswidriger Ausführungen entstanden sind. Diese Versicherung wird bei der... mit einem Selbstbehalt von... abgeschlossen. "

Danach sollte der Klägerin, für die die Versicherung abzuschließen war, die vom Versicherer als Ersatz ihres Schadens geleistete Zahlung zustehen. Der Versicherer sollte indes nicht den gesamten Schaden ersetzen müssen, sondern nur den versicherten Schaden abzüglich des Selbstbehalts. Für die Annahme, die Beklagte habe sich verpflichtet, der Klägerin über die Leistung des Versicherers hinaus weiteren Ersatz aus eigenen Mitteln zu leisten, bietet der Wortlaut keinen Anhaltspunkt. Auch die sonstigen Feststellungen des Berufungsgerichts geben dafür nichts her.

bb) Die Revision rügt ferner mit Recht, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Beklagten übergangen, daß die Versicherung nicht den gesamten Betrag wegen des Schadens der Klägerin gezahlt habe.

Die Beklagte braucht die Versicherungsleistung nur in soweit an die Klägerin auszukehren, als sie Schaden am Werk der Klägerin betrifft. Die Beklagte hat behauptet, der Versicherer habe 33.439,07 DM des insgesamt überwiesenen Betrages wegen ihr, der Beklagten, hinsichtlich des Schadensfalles entstandener Aufwendungen (Zoll- und Transportkosten) gezahlt. Damit hatte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen.

5. a) Soweit die Parteien darum streiten, ob das Verfüllen unter Treppenstufen mit Waschkies nach Position 6.1.10 (Zuliefermaterial 140 DM/m3 bzw. 101 DM/m3) oder nach Position 6.1.3 (Baugeländeaushub 14, 3 DM/m3) des Leistungsverzeichnisses abzurechnen ist, führt das Berufungsgericht aus. Das Verfüllen mit Kies anstatt mit Aushub sei jedenfalls im Einverständnis mit der Bauleitung erfolgt. Die Beklagte müsse die Leistung daher nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 S. 1 VOB/B in Höhe von 6.624, 80 DM vergüten.

b) Das halt einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

aa) Das Berufungsgericht führt nicht aus, worin es das nachträgliche Anerkenntnis der Beklagten im Sinne des § 2 Nr. 8 Abs. 2 S. 1 VOB/B sieht. In Betracht kommt insoweit allenfalls der Vortrag der Klägerin, der Vollzug der Arbeiten sei von Mitarbeitern der Beklagten in den Protokollen vom 26. und 30. August 1984 "mit vollem Einvernehmen bestätigt" worden. Indes kann in den angeführten Protokollerklärungen aus rechtlichen Gründen kein solches Anerkenntnis liegen.

Ein gemeinsames Aufmaß stellt regelmäßig kein Anerkenntnis gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 2 S. 1 VOB/B dar, weil das Aufmaß nur dazu dient, den Umfang der tatsächlich ausgeführten Leistungen festzustellen, um insoweit später Streitigkeiten zu vermeiden, mit der Billigung der Leistung durch den Auftraggeber hat es nichts zu tun (Senatsurteil vom 24. Januar 1974 - VII ZR 73/73 - NJW 1974, 646).

Entsprechendes gilt für die von dem Mitarbeiter der Beklagten unterzeichneten Bautagesberichte, in denen die Verfüllung mit Kies unter "Deskription" vermerkt ist. Die Bautagesberichte der Klägerin enthalten, wie sich im einzelnen aus Ziffer 5 des Bauvertrages ergibt, nur Angaben, die für den Auftraggeber für die Überwachung und die spätere Abrechnung der ausgeführten Arbeiten von Bedeutung sind. Da dort Leistungen als ausgeführt beschrieben werden, bedeutet grundsätzlich nicht, daß sie zugleich anerkannt werden.

bb) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin als richtig dar, Mitarbeiter der Beklagten hatten die Verfüllung mit Kies angeordnet. Die Beklagte hat diesen Vortrag bestritten. Feststellungen des Berufungsgerichts dazu fehlen.

6. a) Das Berufungsgericht hat der Klägerin wegen entstandener Stillstandskosten weitere 380.895, 69 DM zugesprochen. Zur Begründung führt es aus: Der Anspruch sei nach Maßgabe von Ziffer 6.2.2 des Bauvertrags gerechtfertigt. Danach seien von der örtlichen Bauleitung anerkannte Behinderungen zu vergüten. Aus der Vereinbarung folge, daß die Beklagte die Stunden für Ingenieure und Poliere, bezüglich derer ihre Bauleitung Behinderungen anerkannt habe, bezahlen müsse. Ausgangspunkt der Abrechnung seien die Rechnungen der Klägerin über insgesamt 883.577,49 DM. Dieser Betrag sei um vier vom Landgericht nicht zuerkannte Rechnungspositionen von zusammen 71.802, 30 DM zu kürzen, weil das Urteil des Landgericht insoweit rechtskräftig sei. Die verbleibenden 811.775, 19 DM abzüglich gezahlter 430.879, 50 DM, somit 380.895, 69 DM, stünden der Klägerin noch zu.

b) Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

Das Berufungsgericht hat entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten übergangen. Die Beklagte hat u.a. eingewandt, daß die Abrechnung der Klägerin unzutreffend sei, weil sie Arbeitslöhne für das ausländische Personal in Ansatz gebracht habe, die Klägerin habe während der Stillstandszeiten gar keine Löhne an ihre ausländischen Mitarbeiter bezahlt. Die Beklagte hat einen Vertrag der Klägerin mit einem türkischen Arbeitnehmer vorgelegt, in dem vereinbart ist, daß im Fall der Behinderung durch äußere Einflüsse nur die tatsächliche Arbeitszeit vergütet wird. Aufgrund dieses substantiierten Bestreitens hatte das Berufungsgericht die Darstellung der Klägerin seiner Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen, ohne die angebotenen Beweise zu erheben.

7. a) Das Berufungsgericht meint, die Aufrechnung der Beklagten mit einer Forderung in Höhe von 492.192, 09 DM wegen Aufwendungen für den Verkauf des von der Klägerin auf der Baustelle zurückgelassenen Geräts greife nicht ein.

Es sei davon auszugehen, daß die Beklagte die Aufrechnung nur für den Fall erklärt habe, daß der Anspruch der Klägerin auf Herausgabe des Verkaufserlöses nicht in irakischen Dinar, sondern in DM zu erfüllen sei. Dies ergebe sich zum einen daraus, daß die Beklagte ihre weitgehend in irakischen Dinar entstandene zur Aufrechnung gestellte Forderung in DM umgerechnet habe, zum anderen aus der bewußt unterlassenen Belegung ihrer Forderung anhand weiterer 22 Aktenordner. Da der Anspruch der Klägerin in Dinar zu erfüllen sei, lagen die Voraussetzungen der Aufrechnung nicht vor.

b) Dagegen wendet sich die Revision zu Recht.

Es kann offenbleiben, ob die vom Berufungsgericht vor genommene Auslegung der Aufrechnungserklärung im Hinblick darauf, daß es sich auch um eine prozessuale Willenserklärung handelt, im Revisionsverfahren unbeschränkt nachgeprüft werden kann. Die Auslegung hält selbst einer eingeschränkten Nachprüfung nicht stand. Sie findet in dem Vortrag der Beklagten keine Stütze.

Die Aufrechnungserklärung lautet.

"Einschließlich dieses Betrages stellen sich mithin die Aufwendungen der Beklagten auf 492.192, 09 DM. Vorsorglich wird mit diesem Betrag aufgerechnet. "

Dieser Wortlaut bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die Beklagte habe die Aufrechnung nur für den Fall erklärt, daß sie die Auskehrung des Verkaufserlöses in DM schulde.

Für eine solche Auslegung läßt sich nicht anführen, da nur Geldforderungen in derselben Währung gegeneinander aufgerechnet werden können (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 55. Aufl., § 387 Rdn. 9), und die Beklagte die zur Aufrechnung gestellte Forderung in DM geltend gemacht hat. Nach eigener zutreffender Annahme des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Aufrechnung nicht nur gegenüber dem Anspruch auf Auskehrung des Verkaufserlöses erklärt, sondern gegen über der gesamten, weitgehend auf einen DM-Betrag laufenden Klageforderung.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts spricht für seine Auslegung auch nicht die "bewußt unterlassene Belegung der Gegenforderung anhand weiterer 22 Aktenordner". Die Beklagte hat ihren Anspruch im Schriftsatz vom 29. November 1991 umfassend dargelegt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993424

BB 1996, 2164

DB 1996, 2538

NJW 1996, 3001

BGHR BGB § 157 Ergänzende Auslegung 18

BauR 1996, 851

WM 1996, 2125

MDR 1996, 1008

ZfBR 1996, 306

ZBB 1996, 380

IPRspr. 1996, 126

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