Entscheidungsstichwort (Thema)
schwere räuberische Erpressung
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 7. Februar 2001 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten „einer schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, der räuberischen Erpressung in fünf Fällen, einer versuchten räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Nötigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Anstiftung zur Falschaussage, eines Raubes in Tateinheit mit versuchter Erpressung und Körperverletzung und der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen” schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
Die auf die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg. Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Soweit der Beschwerdeführer die rechtliche Würdigung des Landgerichts im Fall II B 1 sowie die Strafzumessungserwägungen, insbesondere die Strafrahmenwahl in den Fällen II A 2 und 3 der Urteilsgründe, beanstandet, nimmt der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 21. Juni 2001 Bezug. Näherer Erörterung bedarf lediglich die Verurteilung des Angeklagten jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) in den Fällen II C 1 und 2 der Urteilsgründe.
1. Nach den Feststellungen kam es im August 2000 „häufig zu brutalen Übergriffen” des Angeklagten und „teilweise” auch seines Bruders Karl-Heinz auf den seit mehreren Monaten bei dem Angeklagten wohnenden Peter H.. Dieser war „aufgrund seiner Alkoholprobleme und schwachen Persönlichkeit nicht zur Gegenwehr” fähig und wurde „wegen angeblicher Verfehlungen oder auch nur aus einer Laune heraus mißhandelt, zum Teil so heftig, daß eine ärztliche Behandlung erforderlich wurde”.
Bei einem dieser Vorfälle drückte der Angeklagte eine Zigarette auf der Brust oder dem Arm des Zeugen H. aus. Der Zeuge erlitt dabei heftige Schmerzen und behielt eine Brandwunde zurück (Fall II C 1 der Urteilsgründe). Bei anderer Gelegenheit „verletzte der Angeklagte den Zeugen unter Verwendung eines Messers am linken Knie” (Fall II C 2 der Urteilsgründe).
2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts ist nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, in denen zudem ergänzend auf Lichtbilder verwiesen wird (§ 267 Abs. 1 Satz 3 StPO), die am 24. August 2000 von den damals noch nicht verheilten Verletzungen gefertigt wurden, die Annahme gerechtfertigt, der Angeklagte habe diese Körperverletzungen jeweils mittels eines gefährlichen Werkzeugs begangen.
Ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (st. Rspr., vgl. BGH NStZ 1999, 616; BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 232/01; zu § 223 a StGB a.F. vgl. BGHSt 3, 105, 109; 14, 152, 155). Entgegen einer im Schrifttum im Hinblick auf die Verschärfung der Strafandrohung des § 224 Abs. 1 StGB durch das 6. StrRG vertretenen Auffassung sind an die Annahme der „Gefahr einer erheblichen” Verletzung keine höheren Anforderungen zu stellen, als bisher (so aber u.a. Rengier, Strafrecht Besonderer Teil II, 3. Aufl., § 14 Rdn. 7 a m.N.: „Gefahr einer ‚gravierenden Verletzung’”), denn der Gesetzgeber hat bei der Fassung des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB abweichend von dem Gesetzentwurf (vgl. § 223 Abs. 3 Nr. 2 StGB i.d.F des Entwurfs eines 6. StrRG, BT-Dr. 13/8587, S. 6, 36) bewußt auf die zunächst vorgesehene im Vergleich zu § 223 a StGB a.F. einschränkende Bedingung verzichtet, daß durch die Tat die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung der verletzten Person vorliegen muß. Dies hätte entgegen dem Anliegen des Gesetzentwurfes zu einer teilweisen Rücknahme der Strafdrohung geführt (vgl. BT-Dr. 13/8587, S. 60, 82; 13/9064, S. 15).
a) Der Generalbundesanwalt stützt seine Auffassung, daß die Beibringung einer Brandwunde auf dem Arm oder der Brust nicht als gefährliche Körperverletzung zu werten sei, auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (StV 1994, 244, 246), in der unter anderem ausgeführt wird, wenn mit Zigarettenglut eine Brandverletzung auf der Wade des Opfers herbeigeführt werde, liege es nicht nahe, daß dies geeignet sei, erhebliche Verletzungen hervorzurufen. Diese Beurteilung der potentiellen Gefährlichkeit von Körperverletzungen mittels einer brennenden Zigarette widerspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die das Zufügen von Brandwunden durch glimmende Zigaretten und das Ausdrücken einer Zigarette auf der Stirn unmittelbar über der Nase ebenso wie das Zufügen von Verletzungen mittels eines brennenden Feuerzeuges jeweils ohne weiteres als gefährliche Körperverletzung gewertet hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 232/01; BGHR StGB § 170 d Fürsorgepflichtiger 1).
Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß zu einer hiervon abweichenden Beurteilung. Maßgebend ist nicht (allein) die eingetretene Verletzungsfolge, sondern die potentielle Gefährlichkeit (vgl. Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 224 StGB Rn. 9) der konkreten Benutzung des Werkzeugs (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 232/01). Diese potentielle Gefährlichkeit ist, wenn eine Zigarette – wie hier – auf der Haut des Tatopfers ausgedrückt wird, schon im Hinblick auf die nicht sicher absehbaren Folgen gegeben.
b) Auch im Fall II C 2 der Urteilsgründe hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB bejaht. Allerdings ist die Annahme des Landgerichts, bei dem vom Angeklagten benutzten Messer habe es sich um eine „Waffe” gehandelt, durch die Feststellungen nicht belegt. Waffen im Sinne dieser Vorschrift sind nämlich nur Waffen im technischen Sinne (vgl. dazu Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 224 Rdn. 2 und § 244 Rdn. 3). Ein Messer kann aber jedenfalls dann, wenn es als schneidendes oder stechendes Instrument verwendet wird, als anderes gefährliches Werkzeug angesehen werden (vgl. Stree in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 224 Rdn. 9). Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts belegen die – insoweit allerdings sehr knappen – Urteilsausführungen, daß die Art der Benutzung des Messers durch den Angeklagten geeignet war, dem Tatopfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen. Nach den Ausführungen zur rechtlichen Würdigung fügte der Angeklagte dem Tatopfer die Verletzung am linken Knie durch einenSchnitt mit dem Messer zu. Bei einer solchen Benutzung eines Messers besteht die Gefahr erheblicher Schnittverletzungen, insbesondere auch der Sehnen, zumal es zu schmerzbedingten Abwehrbewegungen und damit zu einem unkontrollierten Verlauf des Schnittes kommen kann.
Unterschriften
Tepperwien, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 651371 |
NStZ 2002, 86 |
StV 2002, 21 |