Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufklärungspflicht der beratenden Bank. Konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin. Lehman Brothers. Erwerb von Indexzertifikaten durch Kunden. Allgemeines Emittentenrisiko. Drohende Zahlungsunfähigkeit der Emittentin. Vollständiger Verlust des angelegtes Kapitals. Einlagensicherungssysteme. Verkauf von Indexzertifikaten. Eigengeschäft. Verdeckte Innenprovisionen. Anleger- und objektgerechte Beratung. Banküblicher kritischer Sachverstand. Konkretes Insolvenzrisiko. Bonitätsbewertungen. Ratings. Pflicht zur Offenlegung der Handelsspanne. Aufklärungspflichtige Rückvergütung
Leitsatz (amtlich)
a) Zur Aufklärungspflicht der beratenden Bank über ein konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin (hier: Lehman Brothers) beim Erwerb von Indexzertifikaten durch ihren Kunden.
b) Die beratende Bank ist beim Vertrieb von Indexzertifikaten auch dann, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bestehen, verpflichtet, den Anleger darüber aufzuklären, dass er im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bzw. Garantiegeberin das angelegte Kapital vollständig verliert (allgemeines Emittentenrisiko).
c) Hat die Bank ordnungsgemäß über das allgemeine Emittentenrisiko belehrt, bedarf es daneben keines zusätzlichen Hinweises auf das Nichteingreifen von Einlagensicherungssystemen.
d) Bei dem Verkauf von Indexzertifikaten im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) besteht keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank über ihre Gewinnspanne. Dem steht weder die Rechtsprechung des BGH zur Offenlegung verdeckter Innenprovisionen noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen (im Anschluss an den BGH v. 9.3.2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rz. 20 ff.).
e) Die beratende Bank ist aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1 S. 1; WpHG § 2 Abs. 3 S. 2, § 31
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des OLG Hamburg vom 23.4.2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
Rz. 2
Die Klägerin, die als selbständige Ernährungsberaterin seit 1999 ein Schlankheitsstudio betreibt, ist seit längerem Kundin der Beklagten. Das auf ihren Namen bei der Beklagten geführte Depot umfasste Ende September 2007 neben einer Kassenobligation der Beklagten sowie einer Schuldverschreibung der H. bank auch Aktien der D. AG und der C. AG, Vorzugsaktien der P. AG, Anteile an einem Investmentfonds sowie von der Klägerin vor dem hier streitigen Wertpapiergeschäft erworbene 50 U AG (London) Basket Express Zertifikate mit einem Kurswert von ca. 4.800 EUR.
Rz. 3
Nach einem Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten am 27.9.2007, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, erwarb die Klägerin gemäß Wertpapierabrechnung vom 19.10.2007 10 "Bull Express Garant"-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zum Nominalwert von jeweils 1.000 EUR zzgl. eines Ausgabeaufschlags von 1 %. Die Zertifikate hatte die Beklagte zuvor von der Emittentin zu einem unter dem Nennwert liegenden Preis erworben und sodann aus dem Eigenbestand an die Klägerin veräußert, wobei die Beklagte gegen Anrechnung eines Abschlags vom Einstandspreis nicht platzierte Anleihen an die Emittentin zurückgeben durfte.
Rz. 4
Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit der Entwicklung des Dow Jones EURO STOXX 50 Preisindex erfolgen. Durch einen Vergleich des Startwertes des Index am anfänglichen Bewertungstag (19.10.2007) mit dessen Schlusskurs am ersten Feststellungstag (26.10.2009) bzw. am abschließenden Bewertungstag (19.10.2011) ermittelten sich nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen Zeitpunkt und Höhe des Rückzahlbetrages. Dieser sollte - in Abhängigkeit von der Kursentwicklung am ersten Feststellungstag bzw. am abschließenden Bewertungstag - neben der Kapitalrückzahlung (ohne Ausgabeaufschlag) ggf. einen Bonus i.H.v. 15 % bzw. der prozentualen Kurssteigerung des Index umfassen. In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals ohne Ausgabeaufschlag und Bonus nach Ablauf der vierjährigen Gesamtlaufzeit vorgesehen.
Rz. 5
Im September 2008 wurde die US-amerikanische Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc., die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte (nachfolgend: Garantiegeberin), insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, so dass die Anleihen weitgehend wertlos wurden.
Rz. 6
Die Klägerin verlangt, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler der Beklagten, die Rückzahlung von 10.100 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der 10 Lehman-Zertifikate, darüber hinaus die Feststellung, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befinde, und die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das LG hat der Klage bis auf einen geringen Teil der Anwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
A.
Rz. 7
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Rz. 8
Entgegen der Revisionserwiderung ist das Rechtsmittel nicht mangels Zulassung bereits unzulässig, soweit mit ihm gerügt wird, das Berufungsgericht habe die vom Kläger geltend gemachten Pflichtverletzungen, nicht anlegergerecht beraten und insb. nicht hinreichend über die mit dem streitgegenständlichen Zertifikat verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein, übergangen. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält keinen Zusatz, der die dort zugunsten der Klägerin zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 29.1.2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f.). Aus diesen muss dann aber mit ausreichender Klarheit hervorgehen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines - tatsächlich und rechtlich selbständigen - abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Urt. v. 12.11.2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt; v. 17.1.2008 - IX ZR 172/06, WM 2008, 748 Rz. 8; jeweils m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen kann die Revisionszulassung grundsätzlich auch auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragenen Pflichtverletzungen beschränkt werden (BGH, Beschl. v. 16.12.2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rz. 6).
Rz. 9
Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen zwar nur damit begründet, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Fragen, ob eine Bank im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden einen Hinweis auf eine von ihr erzielte Gewinnmarge aus einem Eigengeschäft bzw. neben einem Hinweis auf ein bestehendes Emittentenrisiko auch noch Aufklärung über das Nichteingreifen eines Einlagensicherungssystems schulde, bislang höchstrichterlich nicht geklärt seien. Hiermit hat es indes lediglich den Anlass der Revisionszulassung mitgeteilt, ohne die im Tenor uneingeschränkt zugelassene revisionsrechtliche Nachprüfung entsprechend beschränken zu wollen.
B.
Rz. 10
Die Revision ist unbegründet.
I.
Rz. 11
Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in WM 2010, 1029 ff. veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 12
Der Klägerin stehe wegen des Verkaufs der Zertifikate kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, weil diese ihre Pflichten aus dem geschlossenen Beratungsvertrag nicht verletzt habe.
Rz. 13
Dass die Beklagte die Klägerin unstreitig nicht über die von ihr bei dem Verkauf erzielte Gewinnmarge aufgeklärt habe, stelle keine Pflichtverletzung dar. Mit den der "kick back"-Rechtsprechung des BGH zugrunde liegenden Konstellationen, an denen jeweils drei Personen beteiligt gewesen seien, sei der Streitfall nicht vergleichbar. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Sachverhalte der vorliegenden Art, in denen der Anleger das Produkt direkt von der beratenden Bank erwerbe, sei nicht sachgerecht. Die Annahme einer entsprechenden Aufklärungspflicht zwinge Banken, die von ihnen im Anlagegeschäft erzielten Gewinnspannen hinsichtlich sämtlicher empfohlenen Anlagen und damit praktisch ihre gesamte Ertragsstruktur offen zu legen. Dass jedes Kreditinstitut an der Geheimhaltung dieser Daten aus Wettbewerbsgründen ein ganz erhebliches und schutzwürdiges Interesse habe, liege auf der Hand. Demgegenüber bestehe kein schutzwürdiges Interesse des Anlegers an einer derartigen Aufklärung, da jedem Marktteilnehmer, auch dem Privatanleger, der die Beratungsleistung einer Bank in Anspruch nehme, ohne hierfür eine gesonderte Vergütung zu entrichten, klar sein müsse, dass das Unternehmen aus der Leistung einen Gewinn ziehe und daher in dem für das Anlageprodukt zu entrichtenden Preis ein Entgelt für die Bank enthalten sei.
Rz. 14
Das gelte nicht nur, wenn die Bank ein eigenes Produkt verkaufe, sondern auch dann, wenn - wie vorliegend - aus eigenem Bestand ein fremdes Produkt verkauft werde. Insofern könne auch offen bleiben, ob der Klägerin, wie von ihr bestritten, bekannt gewesen sei, dass die Beklagte den Verkauf als Eigengeschäft durchgeführt habe. Unstreitig seien objektiv weder Rückvergütungen noch Provisionszahlungen geflossen, sondern die Beklagte habe ihren Ertrag, abgesehen von dem in der Wertpapierabrechnung deutlich ausgewiesenen Ausgabeaufschlag von 1 %, lediglich aus der Gewinnmarge als einem nicht offen zu legenden Preisbestandteil gezogen. Infolgedessen habe keine Offenbarungspflicht der Beklagten bestanden; die insoweit allein denkbare Aufklärung, dass man gerade keine verdeckten Rückflüsse erhalte oder zahle, wäre offensichtlich sinnlos gewesen.
Rz. 15
Selbst wenn man aber in Bezug auf die Gewinnmarge von einem den Anleger benachteiligenden Interessenkonflikt ausgehen und daraus grundsätzlich eine Offenbarungspflicht der Bank herleiten wolle, habe jedenfalls im vorliegenden Fall keine solche Pflicht bestanden. Denn der Verkauf der Lehman-Zertifikate sei für die Beklagte, auch mit Blick auf ihre Gewinnaufschläge beim Verkauf alternativer Anlagen, gerade nicht besonders gewinnträchtig gewesen.
Rz. 16
Gleichfalls stelle es keine Pflichtverletzung der Beklagten dar, dass im Beratungsgespräch kein ausdrücklicher Hinweis darauf erfolgt sei, dass die verkauften Zertifikate nicht der deutschen Einlagensicherung unterlagen. Ob die beratende Bank grundsätzlich einen solchen Hinweis schulde, könne dahin stehen. Jedenfalls gegenüber der Klägerin, die über das mit den erworbenen Lehman-Zertifikaten verbundene Emittentenrisiko aufgeklärt worden sei, sei eine solche Aufklärung nicht geschuldet gewesen. Ihr komme neben dem Hinweis auf das Emittentenrisiko keine eigenständige Bedeutung mehr zu, da sie einem Kunden, der schon bereit sei, das Insolvenzrisiko der Emittentin zu tragen, keine zusätzlichen, für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen liefere. Im Streitfall habe die Klägerin schon nicht dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen, nicht gehörig über das Emittentenrisiko aufgeklärt worden zu sein. Weitergehende Risikohinweise, als sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Beratungsgespräch erfolgt seien, habe die Beklagte nicht geschuldet. Im Übrigen sei der Klägerin nach dem Erwerb der von ihr nach ihrer eigenen Einlassung als risikoreich erkannten U. Anleihe geläufig gewesen, dass Papiere dieser Art nicht risikofrei seien.
Rz. 17
Die Struktur der streitgegenständlichen Anlage habe ebenfalls keine weitergehenden Risikohinweise erfordert. Aufgrund des vollständigen Kapitalschutzes zum Laufzeitende habe sich das Zertifikat, die Bonität der Emittentin vorausgesetzt, aus damaliger Sicht nicht als spekulative Anlage dargestellt. Auf die Bonität der Muttergesellschaft der Emittentin und Garantin der Anleihe habe insb. angesichts der im Oktober 2007 noch gültigen exzellenten Ratings der drei führenden Rating-Agenturen vertraut werden können. Auch im Übrigen habe die Klägerin eine nicht anleger- oder nicht anlagegerechte Beratung nicht dargelegt.
Rz. 18
Sofern man demgegenüber im Unterlassen der Aufdeckung der Handelsspanne und/oder in der unterbliebenen Aufklärung zur fehlenden Einlagensicherung eine Pflichtverletzung der Beklagten sehen wolle, habe sie einen solchen Pflichtenverstoß jedenfalls nicht zu vertreten. Für die Beklagte habe im Herbst 2007 keine Veranlassung bestanden, von diesbezüglichen Hinweispflichten auszugehen. Zumindest fehle es aber an der erforderlichen Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen für die Anlageentscheidung. Die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, dass sie sich bei entsprechender Aufklärung gegen den Kauf der Lehman-Zertifikate entschieden hätte.
II.
Rz. 19
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Rz. 20
1. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag geschlossen worden.
Rz. 21
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Beratungsvertrag nicht verletzt hat.
Rz. 22
a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.; v. 7.10.2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rz. 12; v. 9.5.2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442 und vom 14.7.2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rz. 49). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat (BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129; v. 9.5.2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442; v. 21.3.2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rz. 12), muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH, Urt. v. 21.3.2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rz. 12; v. 14.7.2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rz. 49; v. 27.10.2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rz. 19).
Rz. 23
b) Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Beklagte ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung nicht deshalb verletzt hat, weil sie die Klägerin im Beratungsgespräch am 27.9.2007 nicht über ein konkret bestehendes Insolvenzrisiko der Emittentin oder der Garantiegeberin aufgeklärt hat. Auch die Revision erhebt insoweit keine Rügen.
Rz. 24
Allerdings musste die Beklagte, die die in Rede stehenden Zertifikate in ihr eigenes Anlageprogramm aufgenommen und sie empfohlen hat, diese zuvor selbst mit banküblichem kritischen Sachverstand überprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129, vom 7.10.2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rz. 12; v. 27.10.2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rz. 15). Das gilt auch hinsichtlich der Bonität der konkreten Emittentin bzw. Garantiegeberin, die für die Risikobeurteilung eines Zertifikats von maßgeblicher Bedeutung ist. Eine Haftung der Beklagten käme nach dem Schutzzweck der ggf. verletzten Prüf- und Offenbarungspflicht dann in Betracht, wenn bei dieser Prüfung auch ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das die Klägerin hätte aufgeklärt werden müssen oder wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Kapitalanlage nicht anleger- oder objektgerecht ist (vgl. BGH, Urt. v. 7.10.2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rz. 14; v. 27.10.2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rz. 17). Jedenfalls daran fehlt es hier. Es sind keine Umstände festgestellt oder dargetan, aus denen sich ergibt, dass ein konkretes Insolvenzrisiko, sollte es bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs Ende September 2007 bestanden haben, für die Beklagte bei einer ordnungsgemäßen Prüfung der empfohlenen Kapitalanlage erkennbar gewesen wäre. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Bonitätsbewertungen (Ratings) der Garantiegeberin seinerzeit weiterhin so positiv, dass Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit nicht aufkommen mussten. Das greift die Klägerin mit der Revision nicht an.
Rz. 25
c) Ebenso wenig lässt die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei hinsichtlich der generellen Abhängigkeit der Rückzahlung von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) hinreichend aufgeklärt worden, einen Rechtsfehler erkennen.
Rz. 26
aa) Indexzertifikate wie die hier in Rede stehende "Bull Express Garant"-Anleihe sind strukturierte Finanzprodukte in der Form einer Inhaberschuldverschreibung, die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand der zugrunde gelegten Basiswerte (sog. Underlyings) abhängt (BGH, Urt. v. 13.7.2004 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 62 m.w.N.; Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rz. 178; Kumpan in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl., § 2 WpHG Rz. 29). Da hier - anders als beispielsweise bei Investmentfonds nach dem Investmentgesetz (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 InvG) - kein vom sonstigen Vermögen des Emittenten getrenntes Sondervermögen gebildet wird, trägt der Anleger nicht nur das Marktrisiko in Bezug auf den zugrunde gelegten Basiswert, sondern darüber hinaus auch das Bonitätsrisiko des Emittenten (Köndgen/Schmies in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 113 Rz. 56; Mülbert, WM 2007, 1149, 1151; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117; Veil, WM 2009, 1585; Witte/Mehrbrey, ZIP 2009, 744, 745). Selbst wenn sich der Basiswert, in den der Anleger mit Erwerb des Zertifikats investiert hat, für ihn günstig entwickelt, wird das Zertifikat zum Verlustgeschäft, wenn der Emittent am Ende der Laufzeit den nach den Anlagebedingungen fälligen Rückzahlungsbetrag nicht aufbringen kann. Zu einer vollständigen Risikodarstellung der Anlageform des Zertifikats gehört mithin auch, dass der Anleger erkennen kann, dass die Rückzahlung generell von der Bonität der jeweiligen Emittentin bzw. Garantiegeberin zum Zeitpunkt der Rückzahlbarkeit der Anleihe abhängt (ebenso Bausch, BB 2009, 1832, 1833; Knops, BB 2008, 2535, 2537; Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 118; zu § 31 WpHG Fuchs in Fuchs, WpHG, § 31 Rz. 179; Koller in Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 31 Rz. 126; vgl. auch BGH, Urt. v. 9.5.2000 - XI ZR 159/99, WM 2000, 1441, 1442). Auch wenn bezogen auf die konkrete Emittentin zum Zeitpunkt der Beratung keine Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit bestehen, kann es für die Entscheidung des Anlegers dennoch von wesentlicher Bedeutung sein, dass er dieses Risiko - anders als bei anderen Anlageformen - bezogen auf die gesamte Laufzeit des Zertifikats übernimmt.
Rz. 27
Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass die beratende Bank davon ausgehen kann, dass das theoretisch immer bestehende Insolvenzrisiko eines Schuldners allgemein bekannt und daher in der Regel nicht aufklärungsbedürftig ist (so Hannöver in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 110 Rz. 38; Nobbe, WuB I G 1. - 11.10; für spekulative Anleger OLG Schleswig WM 1996, 1487, 1488). Selbst wenn dem durchschnittlichen Anleger allgemein bewusst ist, dass Unternehmen - auch Banken - zahlungsunfähig werden können, so heißt dies nicht, dass er sich auch bewusst ist, dieses Risiko mangels Bildung eines Sondervermögens mit Erwerb eines Zertifikats in Bezug auf die jeweilige Emittentin und Garantiegeberin zu übernehmen. Letzteres kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Grundsätzlich ist damit im Rahmen eines Beratungsvertrages über die generelle Abhängigkeit der Rückzahlung des empfohlenen Zertifikats von der Bonität der Emittentin bzw. Garantiegeberin (sog. allgemeines Emittentenrisiko) aufzuklären. Der Anleger muss informiert sein, dass er im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin bzw. Garantiegeberin das angelegte Kapital vollständig verliert.
Rz. 28
bb) Eine solche Aufklärung ist hier nach der für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei nach der Aussage des Mitarbeiters der Beklagten, des Zeugen L., während des Beratungsgesprächs am 27.9.2007 über das allgemeine Emittentenrisiko aufgeklärt worden, erfolgt.
Rz. 29
Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen die Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 = MDR 2010, 1066 Rz. 38; BGH, Urt. v. 30.10.2007 - VI ZR 132/06, NJW 2008, 571, Rz. 8 m.w.N.). Derartige Rechtsfehler zeigt weder die Revision auf noch sind sie sonst ersichtlich. Vielmehr stellt das Berufungsgericht unangegriffen und rechtsfehlerfrei fest, dass die Klägerin wusste, dass es sich bei der verbrieften Forderung um eine solche gegen eine US-amerikanische Investmentbank handelte, dass sie - auch anhand der von dem Zeugen L. im Beratungsgespräch genutzten Bildschirmpräsentation - auf deren hervorragendes Rating hingewiesen wurde, und der Zeuge sinngemäß äußerte, "wenn dieser Herausgeber pleite geht, dann ist das Geld weg". Vor diesem Hintergrund kommt es nicht mehr darauf an, ob der Klägerin der ausdrücklich auf das allgemeine Emittentenrisiko hinweisende Produktflyer zur "Bull Express Garant"-Anleihe rechtzeitig vor Zeichnung der Zertifikate übergeben wurde. Denn der Klägerin musste, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, schon aufgrund der mündlichen Erläuterung der Anleihe durch den Zeugen L. klar sein, dass die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals (auch) von der Bonität der Emittentin abhängt. Wenn das Berufungsgericht daher die Darstellung der zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs schon seit geraumer Zeit als selbständige Geschäftsfrau tätigen Klägerin, sie habe diese Ausführungen zwar nicht verstanden, das Papier aber dennoch gekauft, für insgesamt unplausibel erachtet hat, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Rz. 30
d) Das Berufungsgericht hat ebenfalls mit Recht angenommen, dass es keines zusätzlichen Hinweises auf das Nichteingreifen von Einlagensicherungssystemen bedarf, wenn die Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko erfolgt ist oder eine dahingehende Aufklärungspflicht deshalb entfällt, weil der konkrete Anleger das generelle Gegenparteirisiko bei Zertifikaten - beispielsweise aus seinem bisherigen Anlageverhalten - kennt oder er sich insoweit als erfahren geriert (dazu BGH, Urt. v. 28.9.2004 - XI ZR 259/03, WM 2004, 2205, 2206 m.w.N.).
Rz. 31
aa) Inhaberschuldverschreibungen unterfallen nicht dem Einlagen- und Anlegerschutzgesetz (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EAEG; Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., § 23a Rz. 60). Generell gilt ferner, dass sie weder vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken e.V. (§ 6 Abs. 1a des Statuts; dazu Fischer in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 133 Rz. 62) noch vom Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Öffentlicher Banken e.V. (§ 14 Nr. 3 Satz 1 der Satzung) umfasst werden. Die im Streitfall für die Beklagte maßgebliche Institutssicherung des Sparkassenstützungsfonds des Hanseatischen Sparkassen- und Giroverbandes greift nicht ein, weil Schuldner des durch die "Bull Express Garant"-Anleihe verbrieften Anspruchs nicht die Beklagte selbst ist (§ 2 Satz 3 der Satzung; vgl. Podewils/Reisich, NJW 2009, 116, 117).
Rz. 32
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass diesem Umstand dann keine eigenständige Bedeutung für die Anlageentscheidung mehr zukommt, wenn der Kunde bereits über das von ihm zu tragende Insolvenzrisiko der Emittentin aufgeklärt wurde. Denn für den Anleger ist es in einem solchen Falle unerheblich, ob er des eingezahlten Kapitals (nur) wegen einer - von ihm bewusst in Kauf genommenen - möglichen Zahlungsunfähigkeit des Emittenten verlustig geht, oder weil dieses Risiko nicht zusätzlich durch Einlagensicherungssysteme gedeckt ist. Weiß der Kunde um die Möglichkeit eines Totalverlustes, kann er nicht gleichzeitig auf das Eingreifen einer Einlagensicherung vertrauen (so auch OLG Bamberg WM 2010, 1354, 1357; OLG München WM 2010, 2115, 2117; OLG Celle, Beschl. v. 17.9.2010 - 3 U 154/10, juris Rz. 26; OLG Frankfurt WM 2010, 2111, 2115; OLG Düsseldorf WM 2011, 399, 404; Bausch, BB 2009, 1832, 1833; ders. BKR 2010, 257, 259; a.A. Maier, VuR 2009, 369, 370).
Rz. 33
Eine hiervon zu trennende andere Frage ist es, ob einem Anleger, der ausdrücklich eine "sichere" Geldanlage wünscht, eine Anlageform empfohlen werden darf, für die keine Einlagensicherung besteht (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 14.7.2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rz. 50 f.). Auf diese - den Bereich der anlegergerechten Beratung betreffende - Fragestellung kommt es im Streitfall jedoch schon deshalb nicht an, weil das Berufungsgericht die Behauptung der Klägerin, zu Beginn der Beratung den Wunsch nach einer sicheren Anlage geäußert zu haben, für nicht bewiesen erachtet hat. Diese tatrichterliche Würdigung greift die Revision nicht an.
Rz. 34
cc) Anders als die Revision ausführt, steht diesem Ergebnis nicht die für Kreditinstitute in § 23a Abs. 1 Sätze 3 und 4 KWG normierte - aufsichtsrechtliche - Hinweispflicht entgegen. Denn mit der Aufklärung darüber, dass der Kunde beim Erwerb von Zertifikaten das Bonitätsrisiko des Emittenten übernimmt, ist zugleich - wie es das Kreditwesengesetz fordert - klargestellt, dass für den Fall der Realisierung dieses Risikos hinsichtlich der gewählten Anlage kein Einlagensicherungssystem eingreift.
Rz. 35
e) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht zu Recht auch eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Gewinnmarge der von ihr an die Klägerin verkauften Zertifikate verneint.
Rz. 36
aa) In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten, ob eine Bank eine Pflicht zur Offenlegung der Handelsspanne trifft. Ganz überwiegend wird dies verneint (OLG Celle ZIP 2010, 876, 878; OLG Dresden WM 2010, 1403, 1405; OLG Bamberg WM 2010, 1354, 1357 f.; OLG Düsseldorf WM 2010, 1943, 1945 und WM 2011, 399, 405; OLG Frankfurt (9. Zivilsenat), WM 2010, 2111, 2112 f. und WM 2011, 880, 882; OLG Karlsruhe, WM 2011, 353, 355 f. und WM 2011, 883, 884 f.; OLG Köln, ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653; Assmann, ZIP 2009, 2125, 2130; Spindler, WM 2009, 1821, 1824 ff.; Lang/Balzer, ZIP 2009, 456, 457; Harnos/Rudzio, BKR 2010, 259, 260; Lang/Bausch, WM 2010, 2101, 2106 f.; Jooß, WM 2011, 1260, 1263; Arnold, WuB I G 1. - 11.09; Blankenheim WuB I G 1. - 13.09; Nobbe, WuB I G 1. - 5.10 und 11.10; Siol, WuB I G 1. - 9.09). Eine Mindermeinung hingegen bejaht dies (OLG Frankfurt (17. BGH), ZIP 2010, 2039, 2040 f. und ZIP 2011, 1462, 1463; Maier, VuR 2009, 369, 371; Zingel/Rieck, BKR 2009, 353, 354; Buck-Heeb, BKR 2010, 1 ff.; Geßner, BKR 2010, 89, 95; Märker, NJOZ 2010, 524, 528; wohl auch Koch, BKR 2010, 177, 184).
Rz. 37
bb) Die erstgenannte Auffassung trifft zu. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, grundsätzlich nicht verpflichtet, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt; denn in einem solchen Fall ist es für den Kunden offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (vgl. nur zuletzt BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rz. 38 m.w.N., für BGHZ bestimmt). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden (vgl. zum Eigenhandel schon BGH, Urt. v. 18.3.1959 - IV ZR 155/58, WM 1959, 999, 1001).
Rz. 38
cc) Dem steht - anders als die Revision meint - weder die Rechtsprechung des BGH zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen, noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen.
Rz. 39
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (u.a. Urt. v. 1.3.2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930; v. 2.2.2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) muss unter bestimmten Umständen zwar über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. BGH vom 9.3.2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rz. 22). Indes fallen die hier in Rede stehenden Einkaufsrabatte nicht unter diese Definition, so dass schon deshalb eine Aufklärungspflicht zu verneinen ist. Das Interesse der Anleger an dem Erwerb einer werthaltigen Anlage wird bereits durch die aus dem Beratungsvertrag fließende Pflicht zur objektgerechten Beratung geschützt. Zudem wird dadurch, dass die Bank beim Einkauf der Zertifikate einen geringeren Preis zahlt, als sie ihrerseits bei der Weiterveräußerung dem Anleger in Rechnung stellt, nicht der Wert des Papiers beeinträchtigt.
Rz. 40
(2) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Beratungsvertrag ferner verpflichtet, über ihr zufließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rz. 22 f.; BGH vom 20.1.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rz. 12 f.; v. 9.3.2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rz. 20). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen dann vor, wenn beispielsweise Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde an einen Dritten zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank - regelmäßig umsatzabhängig - zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade dieses Produkt zu empfehlen (BGH, Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rz. 22; BGH v. 20.1.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rz. 12 f.; v. 9.3.2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rz. 25).
Rz. 41
Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Sie setzt ein Dreipersonenverhältnis voraus (vgl. BGH v. 19.7.2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rz. 4), wie es etwa für ein Kommissionsgeschäft üblich ist. Dagegen besteht ein solches Verhältnis bei einem Festpreisgeschäft, wie es nach den insoweit bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hier im Wege des Eigengeschäfts abgeschlossen wurde, nicht. Darin, dass das Berufungsgericht festgestellt hat, der Verkauf der Zertifikate an die Klägerin sei im Wege des Eigengeschäfts erfolgt, und zugleich offen gelassen hat, ob der Klägerin dies bekannt war, liegt entgegen der Auffassung der Revision kein Widerspruch, da es für die Frage, wie die Beklagte die Annahme ihres Verkaufsangebots durch die Klägerin verstehen konnte, maßgeblich auf ihren Empfängerhorizont ankommt.
Rz. 42
(3) Soweit die Revision unter Hinweis auf das Kommissionsgeschäft darauf abzielt, die Senatsrechtsprechung zu aufklärungspflichtigen Rückvergütungen auf den Wertpapiererwerb im Wege des Eigengeschäfts zu übertragen, kann ihr nicht gefolgt werden.
Rz. 43
Bei der Abwicklung eines Wertpapierkaufs im Wege des Eigengeschäfts fehlt es an einem vergleichbaren - offen zu legenden - Interessenkonflikt der beratenden Bank, wie er nach den oben unter (2) dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen bei Rückvergütungen besteht. Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erwirtschaftete die Beklagte ihren Ertrag vorliegend nur aus dem offen ausgewiesenen und direkt an sie gezahlten Ausgabeaufschlag von 1 % des Nominalwertes sowie aus der Differenz des Einkaufspreises von 97,25 % zum Nennwert. Daneben gab es keine an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte zurückfließenden Posten. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung trifft die Bank als Verkäuferin der vom Anleger georderten Wertpapiere - anders als etwa den Kommissionär für den Anleger in Bezug auf die erhaltenen Provisionen - keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinn- oder Handelsspanne. Der Preis des Deckungsgeschäfts muss dem Kunden nicht offenbart werden, im Gegenzug hat die Bank keine Provisions- oder Aufwendungsersatzansprüche.
Rz. 44
Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist auch im Rahmen des neben dem Kaufvertrag abgeschlossenen Beratungsvertrags zu beachten. Die Interessen des Anlegers werden, wie dargelegt, durch die Pflichten der Bank zu einer anleger- und objektgerechten Beratung hinreichend geschützt. In Bezug auf offensichtliche Umstände wie das dem Kaufvertrag immanente Gewinninteresse der Bank als Verkäuferin kommt hiernach eine unterschiedliche Behandlung beider Vertragsverhältnisse nicht in Betracht. Was für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (vgl. auch Buck-Heeb, jurisPR-BKR 2/2011 Anm. 4).
Rz. 45
(4) Die Revision kann sich in diesem Zusammenhang ferner nicht mit Erfolg auf Bestimmungen des europäischen Rechts, insb. nicht auf die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates - Finanzmarktrichtlinie - (ABl. EG Nr. L 145/1) sowie die hierzu ergangene Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10.8.2006 - Durchführungsrichtlinie - (ABl. EG Nr. L 241/26) berufen. Nach Art. 19 Abs. 1 der Finanzmarktrichtlinie "schreiben" die Mitgliedstaaten "vor, dass eine Wertpapierfirma bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder ggf. Nebendienstleistungen für ihre Kunden ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handelt" und insb. den in den nachfolgenden Absätzen dieser Bestimmung näher geregelten Grundsätzen genügt. Gemäß Art. 26 Abs. 1 der Durchführungsrichtlinie "sorgen" die Mitgliedstaaten "dafür, dass Wertpapierfirmen nicht als ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse eines Kunden handelnd gelten, wenn sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen für den Kunden eine Gebühr oder Provision zahlen oder erhalten oder wenn sie eine nicht in Geldform angebotene Zuwendung gewähren oder annehmen", es sei denn, einer der in dieser Vorschrift näher geregelten Ausnahmefälle greift ein. Entgegen der Auffassung der Revision ergeben sich hieraus im Streitfall keine unmittelbaren Rechtswirkungen zugunsten der Anleger.
Rz. 46
Zwar kann Bestimmungen einer Richtlinie auch dann, wenn sie, wie dies hier sowohl bei der Finanzmarktrichtlinie (Art. 73) als auch der Durchführungsrichtlinie (Art. 55) der Fall ist, die Mitgliedstaaten zu Normadressaten erklärt, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung zukommen. Dies setzt jedoch - neben weiteren Anforderungen - voraus, dass die betreffenden Richtlinienbestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt sind (grundlegend EuGH NJW 1982, 499, 500, dazu BVerfGNJW 1988, 1459, 1460 f.; vgl. auch EuGH NJW 2007, 2029, 2031; Marly in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl., Art. 22 Rz. 8 m.w.N.). Unbedingt ist eine Richtlinienbestimmung, wenn sie nicht mit einer Bedingung oder einem anderen Vorbehalt versehen ist und ihrem Wesen nach keiner weiteren Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Die Bestimmung muss hierzu Voraussetzungen und Rechtsfolgen festlegen, also justiziabel sein. Eine unmittelbare Wirkung ist demnach ausgeschlossen, wenn der Eintritt einer gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Rechtsfolge von einer gestalterischen Entscheidung des Mitgliedstaates oder eines Gemeinschaftsorgans abhängt (vgl. Gellermann in Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rz. 29; Callies/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., Art. 288 AEUV Rz. 54; Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., Vorbem. Rz. 12).
Rz. 47
Danach ergeben sich - eindeutig - weder aus Art. 19 der Finanzmarktrichtlinie noch aus Art. 26 der Durchführungsrichtlinie unmittelbare beratungsvertragliche Rechtswirkungen zugunsten der Anleger im Verhältnis zur Bank. Beide Bestimmungen überlassen es ausdrücklich den Mitgliedstaaten, "vorzuschreiben" bzw. "dafür zu sorgen", dass Wertpapierunternehmen in der dort näher beschriebenen Weise im bestmöglichen Interesse der Kunden handeln. Für die Art und Weise der Umsetzung dieser Vorgabe geben sie keine Regelung vor; diese bleibt vielmehr vollständig den Mitgliedstaaten überlassen. Insbesonderes unterliegt es danach deren eigener Entscheidung, ob diese Umsetzung in zivil- oder aufsichtsrechtlicher Form geschieht. Der deutsche Gesetzgeber hat in Gestalt des Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG) vom 16.7.2007 (BGBl. I, 1330) und der hierdurch zum 1.11.2007 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) die Umsetzung nicht auf zivil-, sondern auf aufsichtsrechtlicher Ebene vorgenommen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rz. 981; Mülbert, WM 2007, 1149, 1155). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rz. 18) bewirken aufsichtsrechtliche Bestimmungen regelmäßig weder eine Begrenzung noch eine Erweiterung der zivilrechtlich zu beurteilenden Haftung des Anlageberaters (vgl. auch Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 3. Aufl., Rz. 981). Schon aus diesem Grund lässt sich vorliegend aus den dargestellten Richtlinienbestimmungen für die Frage einer Aufklärungspflicht der Beklagten über ihre Gewinnmarge beim Eigenhandel nichts Entscheidendes herleiten.
Rz. 48
dd) Für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch ist es ferner ohne Belang, ob ihr - wie sie bestreitet - bekannt war, dass der Erwerb der Zertifikate im Wege eines Eigengeschäfts der Beklagten erfolgte. Die beratende Bank ist aufgrund des Beratungsvertrages mit ihrem Kunden nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des Eigengeschäfts der Bank erfolgt. Die unterbliebene Aufklärung vermag daher keinen Schadensersatzanspruch des Anlegers zu begründen.
Rz. 49
Zwar ergab sich - jedenfalls aufsichtsrechtlich - eine bereits bei Abschluss des Festpreisgeschäfts zu erfüllende Informationspflicht der Beklagten aus Teil B Nr. 3.3 Abs. 5 der Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 23.8.2001 (BAnz. 2001, S. 19 217; vgl. BGH, Urt. v. 25.6.2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688 zu der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie vom 26.5.1997). Die Informationspflicht nach der Richtlinie soll den Kunden indes lediglich darüber in Kenntnis setzen, dass zwischen ihm und der Bank ein Kaufvertrag zustande kommt. Hierdurch soll der Kunde darüber informiert werden, dass das Wertpapiergeschäft für ihn verbindlich ist und er es - anders als bei der Kommission - bis zu dessen Ausführung durch die Bank nicht durch Kündigung des Vertragsverhältnisses noch verhindern kann. Auf der anderen Seite steht ihm allerdings auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Bank zu, wenn diese die verkauften Wertpapiere nicht beschaffen kann, sofern der Abschluss des Deckungsgeschäfts nicht als Bedingung des Festpreisgeschäfts vereinbart worden war. Eine Pflicht zur Aufklärung über die Gewinnmarge lässt sich der Vorschrift - entgegen einzelnen instanzgerichtlichen Entscheidungen (OLG Frankfurt (17. BGH), ZIP 2011, 1462, 1463; vgl. auch OLG Köln ZIP 2011, 1092, 1093 und WM 2011, 1652, 1653 f.) - nicht entnehmen.
Rz. 50
Für eine Pflicht der beratenden Bank sprechen auch nicht die zu berücksichtigenden Interessen des Anlegers. Eine Pflicht zur Auskunft über das Eigengeschäft liefe, wie vorliegend schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Hinblick auf die Gewinnmarge auf die - als solche bedeutungslose - Information des Anlegers hinaus, dass die Bank ihren Kunden über Existenz und Höhe der Gewinnspanne nicht aufzuklären habe. Eine Abschätzung des Gewinninteresses der Bank an dem in Aussicht genommenen Wertpapiergeschäft wäre ihm daher gar nicht möglich. Darin liegt der entscheidende Unterschied zur Rechtsprechung des Senats zu den aufklärungsbedürftigen Rückvergütungen, bei denen - unabhängig von der vertraglichen Einordnung des zugrunde liegenden Geschäfts - gerade über Existenz und Höhe der gezahlten Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, damit der Anleger das Umsatzinteresse der beratenden Bank abschätzen kann. Die Aufklärungspflicht der Bank über Provisionen richtet sich daher nach der Rechtsnatur des objektiv vorliegenden Effektengeschäfts, während das Wissen und die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Anlegers in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Wertpapiergeschäfts hierfür unerheblich sind.
Rz. 51
ee) Die Revision bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als sie eine Aufklärungspflicht über die Höhe der Gewinnmarge dadurch zu begründen sucht, der Klägerin sei infolge der Pflicht zur Zahlung eines Ausgabeaufschlages von 1 % des Nennwerts verdeckt geblieben, dass die Beklagte darüber hinaus noch weitere Erträge generieren werde (ähnlich Geßner, BKR 2010, 89, 95). Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht den Eindruck erweckt hat, der Ausgabeaufschlag sei der einzige Posten, der zu einem Gewinn führt (vgl. zu falschen Angaben von Gesamtprovisionen BGH, Urt. v. 29.6.2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rz. 23 ff.), besteht unabhängig von den oben unter e) cc) (1) und (2) genannten Fällen grundsätzlich keine Pflicht der beratenden Bank zur Aufklärung über Existenz, Höhe, Herkunft oder Zusammensetzung des mit einem empfohlenen Produkt erwirtschafteten Gewinns.
Rz. 52
ff) Auf die vom Berufungsgericht darüber hinaus getroffenen Feststellungen, der Interessenkonflikt auf Seiten der Beklagten entfalle auch deshalb, weil der Verkauf der streitgegenständlichen Zertifikate im Vergleich zu anderen Produkten nicht besonders gewinnträchtig gewesen sei, kommt es demnach nicht an.
Rz. 53
f) Auch der weitere Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe sie über die Risiken des konkreten Produkts nicht hinreichend aufgeklärt und hierdurch ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung verletzt, trifft nicht zu.
Rz. 54
aa) Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es keines besonderen Hinweises auf den von ihr geltend gemachten "Wett- bzw. Optionscharakter" des Zertifikats. Wie die Revision nicht in Abrede stellt, wurde der Klägerin die Funktionsweise der "Bull Express Garant"-Anleihe erläutert. Die nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts von dem Zeugen L. hierzu verwendete Bildschirmpräsentation enthielt insb. Hinweise auf die Abhängigkeit des Zeitpunkts und der Höhe der Auszahlung des eingesetzten Kapitals samt Boni von der Entwicklung des in Bezug genommenen Index zu den festgelegten Bewertungsstichtagen. Damit war das spekulative Element der Anlage für die Klägerin erkennbar. Ihre Chance auf den Erhalt eines Bonus - und spiegelbildlich hierzu das entsprechende Zahlungsrisiko der Emittentin - realisierte sich nur dann, wenn der Kurs des Dow Jones EURO STOXX 50 Preisindex zu bestimmten Stichtagen mindestens so hoch war wie am Anfang der Laufzeit. Trat diese Kursentwicklung nicht ein, musste die Emittentin lediglich den Anlagebetrag zurückzahlen. Dass bei einem derart strukturierten Produkt die Erwartungen der Emittentin auf der einen und des Anlegers auf der anderen Seite gegenläufig sind, ist für jeden Anleger offensichtlich. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände wie z.B. einer bewusst zum Nachteil des Kunden gestalteten Risikostruktur (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rz. 38, für BGHZ vorgesehen), für die vorliegend indes keine Anhaltspunkte bestehen, wird hierdurch keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank ausgelöst.
Rz. 55
bb) Soweit die Revision schließlich rügt, die Beklagte hätte der Klägerin darstellen müssen, wie "hinreichend wahrscheinlich" bzw. "hinreichend sicher" ein auf oder über dem Niveau am anfänglichen Bewertungsstichtag (19.10.2007) stehender Kurs des Index am ersten Feststellungstag (26.10.2009) bzw. am abschließenden Bewertungstag (19.10.2011) war, handelt es sich dabei ersichtlich um eine von zahlreichen Unwägbarkeiten beeinflusste Prognose, die vom Berater in dem von der Revision für notwendig erachteten Maße nicht erbracht werden kann. Dass die Annahme eines entsprechenden Kursverlaufs ex ante betrachtet unvertretbar war (vgl. dazu BGH, Urt. v. 21.3.2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rz. 12; v. 14.7.2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rz. 49; v. 27.10.2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rz. 19), behauptet die Klägerin selbst nicht.
Rz. 56
3. Auf die vom Berufungsgericht vorsorglich erörterten weiteren Fragen, ob etwaige Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten schuldhaft erfolgt und für die von der Klägerin getroffene Anlageentscheidung auch kausal gewesen wären, kommt es nach alledem nicht an.
Fundstellen
Haufe-Index 2827032 |
BGHZ 2012, 119 |
BB 2011, 3083 |
DB 2011, 2649 |