Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Parteien eines Beförderungsvertrags die Geltung der ADSp 2017, gilt für die Haftung des Spediteurs für Beschädigungen des Transportguts bei grenzüberschreitenden multimodalen Beförderungen unter Einschluss einer Seestrecke bei unbekanntem Schadensort ein Haftungshöchstbetrag von 2 Sonderziehungsrechten für jedes Kilogramm gemäß Nr. 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017, nicht dagegen gemäß der nach Nr. 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 anwendbaren Vorschrift des § 431 Abs. 1 HGB ein Haftungshöchstbetrag von 8,33 Sonderziehungsrechten für jedes Kilogramm. Nr. 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 ist für solche Fälle gegenüber Nr. 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 lex specialis.
Normenkette
HGB § 431 Abs. 1; ADSp 2017 Nr. 23.1.2 S. 1; ADSp 2017 Nr. 23.2 S. 1 Alt. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart - 3. Zivilsenat - vom 25. August 2021 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die K. G. AG, die bei der Klägerin eine Transportversicherung unterhält (im Weiteren: Versicherungsnehmerin), beauftragte die Beklagte zu festen Kosten mit dem Transport von acht Schneeräumfahrzeugen - sogenannten Pistenbullys - mit einem Gesamtgewicht von 53.600 kg zu je zwei Stück auf vier Flatracks per Multibeförderung von ihrem Firmensitz in L. zur Empfängerin in Le. /M. in den Vereinigten Staaten von Amerika. Vereinbart war die Geltung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen 2017 (ADSp 2017).
Rz. 2
Die Sendung wurde am 24. April 2018 unbeschädigt bei der Versicherungsnehmerin abgeholt, per Lkw nach Bremerhaven und sodann mit einem Seeschiff zum Seehafen Portland/Maine transportiert. Von dort aus erfolgte der Weitertransport per Lkw zur Empfängerin, wo am 29. Mai 2018 auf dem Lieferschein eine Beschädigung an einem der Fahrzeuge vermerkt wurde. Die Empfängerin veranlasste eine Reparatur, deren Kosten sie der Versicherungsnehmerin in Rechnung stellte.
Rz. 3
Die Klägerin hat die Beklagte wegen der Beschädigung des Fahrzeugs aus abgetretenem, hilfsweise aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin auf Ersatz der Reparaturkosten in Höhe von umgerechnet 34.948,51 € sowie 5.150,50 € Gutachterkosten, insgesamt 40.099,01 €, nebst Zinsen, in Anspruch genommen. Sie hat geltend gemacht, die Beklagte hafte unbeschränkt wegen qualifizierten Verschuldens.
Rz. 4
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 27.169,26 € (2 Sonderziehungsrechte/kg, berechnet aus dem Gesamtgewicht von zwei auf einem Flatrack geladenen Schneeräumfahrzeugen von 11.460 kg) nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Rz. 5
Mit ihrer Berufung hat die Klägerin eine weitergehende Verurteilung der Beklagten nach ihrem Klageantrag begehrt. Die Beklagte hat sich mit ihrer Berufung gegen das landgerichtliche Urteil gewendet, soweit sie zur Zahlung eines über 13.988,76 € (2 Sonderziehungsrechte/kg x 1,22066 €, berechnet aus dem Bruttogewicht des beschädigten Schneeräumfahrzeugs von 5.730 kg) hinausgehenden Betrags nebst Zinsen verurteilt worden ist. Das Berufungsgericht hat die Klage in Höhe von 39.172,51 € nebst Zinsen für begründet erachtet und sie lediglich hinsichtlich eines Teils der beanspruchten Sachverständigenkosten in Höhe von 926,50 € nebst Zinsen abgewiesen (OLG Stuttgart, TranspR 2022, 109).
Rz. 6
Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage, soweit sie über die Verurteilung zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 13.988,76 € nebst Zinsen hinausgeht, weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Mit ihrer Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt sie die weitergehende Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 926,50 € nebst Zinsen.
Entscheidungsgründe
Rz. 7
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei bis auf einen Teil der Sachverständigenkosten in Höhe von 926,50 € begründet. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Rz. 8
Der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen der Beschädigung des Schneeräumfahrzeugs ein Anspruch in Höhe von 34.948,51 € zu. Die Beklagte habe mit der Versicherungsnehmerin unter Einbeziehung der ADSp 2017 und Geltung deutschen Rechts einen Fixkostenspediteurvertrag geschlossen, der die Beklagte zur Besorgung eines multimodalen Transports verpflichtet habe. Es sei von einem unbekannten Schadensort auszugehen, weil die Beklagte ihre Behauptung nicht bewiesen habe, dass der Schaden auf der Seestrecke eingetreten sei. Es könne offenbleiben, ob anhand der Beschädigungen ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von § 435 HGB mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nahe liege, weil der Haftungshöchstbetrag über der geltend gemachten Schadensersatzforderung liege. Eine Haftungsbegrenzung auf zwei Sonderziehungsrechte/kg ergebe sich nicht aus Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017, da diese Regelung sich nur auf innerstaatliche, nicht aber auf grenzüberschreitende Multimodalbeförderungen unter Einschluss einer Seebeförderung bei unbekanntem Schadensort beziehe. Zur Anwendung gelange vielmehr Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017, der für grenzüberschreitende Beförderungen auf das gesetzliche Landfrachtrecht verweise. Danach hafte die Beklagte in Höhe von 8,33 Sonderziehungsrechten/kg des Rohgewichts des entwerteten Teils der Sendung. Es komme nicht darauf an, ob man bei der Beförderung von zwei Schneeräumfahrzeugen auf einem Flatrack letzteres als Ladungsmittel oder Frachtstück ansehe. Selbst wenn entsprechend der Auffassung der Beklagten nur das beschädigte Schneeräumfahrzeug mit einem Gewicht von 5.730 kg als Frachtstück im Sinne von § 431 Abs. 2 HGB herangezogen werde, liege die Höchsthaftung unter Berücksichtigung des Kurses des Sonderziehungsrechts am Tag der Übernahme des Guts mit 56.481,41 € (8,33 Sonderziehungsrechte/kg x 1,18333 € x 5.730 kg) über der Schadensersatzforderung der Versicherungsnehmerin.
Rz. 9
Die Sachverständigenkosten in Höhe von 4.632,50 € und 518,00 € habe die Beklagte nur in Höhe von 4.224,00 € zu erstatten. Die Kosten in Höhe von 4.632,50 € seien zwar im Wesentlichen zur Feststellung des Schadensumfangs angefallen. Der Sachverständige mache jedoch entsprechend seinem Auftrag auch Angaben zur Schadensursache. Die hierdurch entstandenen Kosten, die der Senat auf 926,50 € (20% von 4.632,50 €) schätze, seien nicht erstattungsfähig.
Rz. 10
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten (dazu B I) und die Anschlussrevision der Klägerin (dazu B II) haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 11
I. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann nicht angenommen werden, dass die Beklagte der Versicherungsnehmerin für den eingetretenen Schaden mit einem über 13.988,76 € hinausgehenden Betrag nebst Zinsen haftet.
Rz. 12
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin mit Recht als aktivlegitimiert angesehen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat die Versicherungsnehmerin von der Klägerin die Schadensregulierung verlangt und ihr die Schadensunterlagen übersandt. Die Versicherungsnehmerin hat damit ihre Schadensersatzforderung gegen die Beklagte konkludent an die Klägerin abgetreten (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - I ZR 85/04, TranspR 2006, 166 [juris Rn. 19]; Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 43/05, TranspR 2008, 113 [juris Rn. 17]).
Rz. 13
2. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Transportvertrag deutsches Sachrecht anwendbar ist. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-VO) ist, soweit die Parteien in Bezug auf einen Vertrag über die Beförderung von Gütern keine Rechtswahl nach Art. 3 Rom-I-VO getroffen haben, das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern sich in diesem Staat auch der Übernahmeort oder der Ablieferungsort oder der gewöhnliche Aufenthalt des Absenders befindet. Als Güterbeförderungsvertrag im Sinne dieser Bestimmung ist auch ein Speditionsvertrag anzusehen, wenn sein Hauptgegenstand - wie vorliegend - die eigentliche Beförderung des betreffenden Guts ist (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2016 - I ZR 128/15, TranspR 2017, 175 [juris Rn. 14] mwN). Da die Beklagte ihren Sitz und damit ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 Rom-I-VO) und das Transportgut in Deutschland zur Beförderung übernommen hat und darüber hinaus die Versicherungsnehmerin als Absenderin ihren Sitz in Deutschland unterhält, ist der mit der Klage geltend gemachte Anspruch nach deutschem Recht zu beurteilen.
Rz. 14
3. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte der Versicherungsnehmerin für die Beschädigung eines der beförderten Schneeräumfahrzeuge grundsätzlich gemäß den Vorschriften des Landfrachtrechts auf Wertersatz in Höhe der Reparaturkosten von 34.948,51 € haftet.
Rz. 15
a) Die Versicherungsnehmerin und die Beklagte haben einen Speditionsvertrag geschlossen, nach dem die Beklagte zu festen Kosten die Beförderung der acht Schneeräumfahrzeuge auf vier Flatracks von L. nach Le. in M. zu organisieren hatte. Die Beklagte hatte daher hinsichtlich der Beförderung gemäß § 459 Satz 1 HGB die Rechte und Pflichten eines Frachtführers.
Rz. 16
b) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass auf diesen Vertrag die Vorschriften der §§ 452, 452a HGB anzuwenden sind, weil die Beklagte einen multimodalen Transport zu besorgen hatte (st. Rspr.; vgl. nur BGH, TranspR 2017, 175 [juris Rn. 17] mwN).
Rz. 17
aa) Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt (Multimodaltransport) und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag nach § 452 Satz 1 HGB die Vorschriften der §§ 407 bis 450 HGB anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt nach § 452 Satz 2 HGB auch dann, wenn - wie im Streitfall - ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.
Rz. 18
bb) Bei der streitgegenständlichen Beförderung handelte es sich um einen Multimodaltransport, weil ein einheitlicher Vertrag über die Beförderung des Gutes per Lkw und über See geschlossen worden war.
Rz. 19
cc) Da für die Beförderung per Lkw die Bestimmungen des Landfrachtrechts (§§ 407 ff. HGB) und für die nachfolgende Seestrecke diejenigen des Seefrachtrechts (§§ 481 ff. HGB) gelten und auch kein vorrangig anzuwendendes internationales Übereinkommen etwas anderes bestimmt, sind auf diesen Vertrag nach § 452 Satz 1 und 2 HGB grundsätzlich die Bestimmungen der §§ 407 bis 450 HGB und insbesondere die vom Berufungsgericht herangezogenen Vorschriften über die Haftung des Frachtführers für Güter- und Verspätungsschäden (§§ 425 ff. HGB) anwendbar.
Rz. 20
c) Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Haftung der Beklagten gemäß der im Sinne des § 452 HGB besonderen Vorschrift des § 452a HGB nicht nach den Vorschriften des Seefrachtrechts bestimmt.
Rz. 21
aa) Steht fest, dass der Verlust, die Beschädigung oder das Ereignis, das zu einer Überschreitung der Lieferfrist geführt hat, auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, so bestimmt sich die Haftung des Frachtführers gemäß § 452a Satz 1 HGB abweichend von den Vorschriften der §§ 407 bis 450 HGB nach den Rechtsvorschriften, die auf einen Vertrag über eine Beförderung auf dieser Teilstrecke anzuwenden wären. Der Beweis dafür, dass der Verlust, die Beschädigung oder das zu einer Überschreitung der Lieferfrist führende Ereignis auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, obliegt gemäß § 452a Satz 2 HGB demjenigen, der dies behauptet.
Rz. 22
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe ihre Behauptung nicht bewiesen, dass der Schadensort auf der Seestrecke gelegen habe. Es könne nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden, dass die Beschädigung an dem Schneeräumfahrzeug beim - noch zur Seestrecke gehörenden - Löschen der Fracht entstanden sei, weil im Frachtbrief und Konnossement keine Einträge enthalten seien. Es sei genauso möglich, dass die Beschädigung durch eine starke Krafteinwirkung von oben bei der Beladung auf den für die Fahrt von Portland nach Le. eingesetzten Lkw entstanden sei. Die Beklagte habe im Rahmen der Anhörung in der Berufungsverhandlung keine näheren Angaben zu dem konkreten Vorgehen am Hafen und bei der Beladung des Lkw in Portland gemacht. Daher sei von einem unbekannten Schadensort auszugehen und verbleibe es bei der Anwendung allgemeinen Frachtrechts. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision der Beklagten nicht. Sie lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
Rz. 23
d) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klägerin von der Beklagten nach den Vorschriften des Landfrachtrechts grundsätzlich den Ersatz der Kosten für die Reparatur des beschädigten Schneeräumfahrzeugs in Höhe von 34.948,51 € beanspruchen kann, weil diese unterhalb des für das Landfrachtrecht geltenden Haftungshöchstbetrags liegen.
Rz. 24
aa) Der Umfang der Haftung des Frachtführers gemäß § 425 Abs. 1 HGB für die Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung bestimmt sich grundsätzlich nach § 429 Abs. 2 HGB. Nach § 429 Abs. 2 Satz 1 HGB hat der Frachtführer bei Beschädigung des Gutes den Unterschied zwischen dem Wert des unbeschädigten Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung und dem Wert zu ersetzen, den das beschädigte Gut am Ort und zur Zeit der Übernahme gehabt hätte. Es wird nach § 429 Abs. 2 Satz 2 HGB vermutet, dass die zur Schadensbehebung aufzuwendenden Kosten dem nach § 429 Abs. 2 Satz 1 HGB zu ermittelnden Unterschiedsbetrag entsprechen. Für die Reparatur des beschädigten Schneeräumfahrzeugs waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 34.948,51 € aufzuwenden.
Rz. 25
bb) Die nach § 429 HGB zu leistende Entschädigung ist grundsätzlich gemäß § 431 Abs. 1 HGB auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass sich im Streitfall der Haftungshöchstbetrag von 8,33 Sonderziehungsrechten/kg gemäß § 425 Abs. 1, § 429 Abs. 2, § 431 Abs. 1 HGB - wenn man allein auf das Gewicht des beschädigten Schneeräumfahrzeugs abstellt - auf 56.481,41 € (5.730 kg x 8,33 Sonderziehungsrechte/kg x 1,18333 €) beläuft. Dieser Betrag übersteigt die von der Klägerin geltend gemachten Reparaturkosten.
Rz. 26
4. Die Revision der Beklagten wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten mit der Geltung der Regelungen der ADSp 2017 keinen anderen als den für das Landfrachtrecht nach § 431 Abs. 1 HGB festgelegten Haftungshöchstbetrag von 8,33 Sonderziehungsrechten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes vereinbart. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Haftung der Beklagten gemäß Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 auf einen Betrag von 2 Sonderziehungsrechten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt ist. Dieser Betrag beläuft sich im Streitfall auf 13.560,96 € und liegt damit unterhalb des Betrages von 13.988,76 €, zu dessen Zahlung die Beklagte vom Landgericht bereits rechtskräftig verurteilt worden ist.
Rz. 27
a) Die Regelung des § 431 Abs. 1 HGB ist in den Grenzen des § 449 HGB dispositiv. Nach § 449 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB kann die vom Frachtführer zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf einen anderen als den in § 431 Abs. 1 und 2 HGB vorgesehenen Betrag begrenzt werden, wenn dieser Betrag zwischen 2 und 40 Rechnungseinheiten liegt und der Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen seinen Vertragspartner in geeigneter Weise darauf hinweist, dass diese einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Betrag vorsehen.
Rz. 28
b) Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass die Versicherungsnehmerin und die Beklagte die Geltung der Regelungen der ADSp 2017 vereinbart und die ADSp 2017 damit in ihren Vertrag einbezogen haben. Dazu, wie die ADSp 2017 Vertragsbestandteil geworden sind, hat es keine Feststellungen getroffen. Im Revisionsverfahren ist zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass sie - wenn sie Verwenderin der ADSp 2017 gewesen sein sollte - auf eine Abweichung von § 431 Abs. 1 HGB in der erforderlichen Weise gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB hingewiesen hat (zu § 449 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HGB in der vom 1. Juli 1998 bis zum 24. April 2014 geltenden Fassung vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - I ZR 174/00, BGHZ 153, 308 [juris Rn. 14]).
Rz. 29
c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts treffen die ADSp 2017 für den Streitfall eine von § 431 Abs. 1 HGB abweichende Regelung. Danach ist der Haftungshöchstbetrag auf 2 Sonderziehungsrechte für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.
Rz. 30
aa) Nach Ziffer 23.1 ADSp 2017 ist die Haftung des Spediteurs für Güterschäden in seiner Obhut gemäß § 431 Abs. 1, 2 und 4 HGB mit Ausnahme von (im Streitfall nicht vorliegenden) Schäden aus Seebeförderungen und verfügten Lagerungen der Höhe nach begrenzt. Ist der Spediteur (wie hier) Fixkostenspediteur im Sinne von § 459 HGB, ist die Haftung nach Ziffer 23.1.1 ADSp 2017 (entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 431 Abs. 1 HGB) auf 8,33 Sonderziehungsrechte für jedes Kilogramm begrenzt. Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 sieht eine Begrenzung der Haftung auf 2 statt 8,33 Sonderziehungsrechte für jedes Kilogramm vor, wenn der Auftraggeber mit dem Spediteur einen Verkehrsvertrag über eine Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln unter Einschluss einer Seebeförderung geschlossen hat und der Schadenort unbekannt ist. Nach Ziffer 23.2 Satz 1 ADSp 2017 ist die Haftung des Spediteurs bei Güterschäden in seiner Obhut bei einem Verkehrsvertrag über eine Seebeförderung (Fall 1) und bei grenzüberschreitenden Beförderungen (Fall 2) auf den für diese Beförderung gesetzlich festgelegten Haftungshöchstbetrag begrenzt.
Rz. 31
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Absenkung der Höchsthaftung von 8,33 auf 2 Sonderziehungsrechte/kg komme nicht in Betracht. Im Streitfall gelange Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 zur Anwendung, der für alle grenzüberschreitenden multimodalen Beförderungen, auch unter Einschluss einer Seestrecke und bei unbekanntem Schadensort, Geltung beanspruche. Nicht anzuwenden sei dagegen Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017, der nur für innerstaatliche Multimodalbeförderungen mit Seestrecke gelte. Die Regelung in Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017, die für alle grenzüberschreitenden Beförderungen ohne Unterscheidung zwischen uni- und multimodalen Beförderungen sowie Arten von Teilstrecken anzuwenden sei, gehe der Regelung in Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 vor. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Rz. 32
cc) Die Frage, welche der beiden Regelungen der ADSp 2017 für grenzüberschreitende multimodale Beförderungen unter Einschluss einer Seestrecke bei unbekanntem Schadensort gilt, ist im Schrifttum umstritten.
Rz. 33
(1) Nach einer Ansicht handelt es sich bei Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 um eine Spezialregelung der Frachtführerhaftung für alle, auch grenzüberschreitende Multimodalverträge mit einer Seestrecke und unbekanntem Schadenort, die der Regelung in Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 vorgeht (Bahnsen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., Ziffer 23 ADSp 2017 Rn. 18; MünchKomm.HGB/Bahnsen, 4. Aufl., ADSp 2017 Vorb. 641, 644, 651 bis 653; Bahnsen, TranspR 2022, 89; Valder in Andresen/Valder, Speditions-, Fracht- und Lagerrecht, Ziffer 23 ADSp 2017 Rn. 17). Nach dieser Ansicht, der sich das Landgericht angeschlossen hat, haftete die Beklagte im Streitfall nach Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 lediglich bis zur Höhe von 2 Sonderziehungsrechten je Kilogramm des Rohgewichts des Gutes.
Rz. 34
(2) Nach anderer Ansicht erfasst Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 alle grenzüberschreitenden Beförderungen, also auch Multimodaltransporte unter Einschluss einer Seestrecke und mit unbekanntem Schadensort, und geht der Regelung in Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 vor. Nach dieser Ansicht findet Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 allein auf innerstaatliche Multimodalbeförderungen unter Einschluss einer Seebeförderung bei unbekanntem Schadenort Anwendung (Koller, Transportrecht, 10. Aufl., Ziffer 23 ADSp 2017 Rn. 10, 13 f.; Ramming, RdTW 2017, 255, 256, 258; vgl. auch Koller, RdTW 2022, 218 und Kollatz in Knorre/Demuth/Schmid, Handbuch des Transportrechts, 3. Aufl., ADSp 2017 Rn. 336). Soweit Ziffer 23.1.2 Satz 1 und Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 auch anders ausgelegt werden könnten, treffe die Verantwortung für die Transparenz der Klausel den Verwender der ADSp 2017, der eine Interpretation gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu seinem Nachteil hinnehmen müsse (Koller, TranspR 2022, 218, 221). Nach dieser Ansicht, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, verbliebe es im Streitfall dabei, dass der Frachtführer gemäß § 431 Abs. 1 HGB bis zur Höhe von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes haftete.
Rz. 35
dd) Die zuerst genannte Ansicht trifft zu. Der Haftungshöchstbetrag für grenzüberschreitende multimodale Beförderungen unter Einschluss einer Seestrecke bei unbekanntem Schadensort - so liegt der Streitfall - beträgt nach Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 2 Sonderziehungsrechte für jedes Kilogramm.
Rz. 36
(1) Bei den ADSp 2017 handelt es sich um Musterbedingungen, die die Parteien eines Speditions- oder Frachtvertrags in ihr Vertragsverhältnis einbeziehen können. Die ADSp sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen und damit Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB (zu den ADSp 2003 vgl. BGH, TranspR 2017, 175 [juris Rn. 36 f.]).
Rz. 37
(2) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht ist revisionsrechtlich in vollem Umfang überprüfbar. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie ein verständiger und redlicher Vertragspartner sie unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise versteht, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die der durchschnittlichen Vertragspartner zugrunde zu legen sind. Ausgangspunkt für eine solche Auslegung ist in erster Linie deren Wortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften der in Rede stehenden Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner zu beachten ist. Verbleiben nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel und sind zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar, geht die Unklarheit nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Allerdings bleiben solche Auslegungsmöglichkeiten außer Betracht, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 212/20, TranspR 2022, 285 [juris Rn. 21] mwN).
Rz. 38
(3) Ausweislich ihrer Präambel werden die ADSp 2017 von den beteiligten Wirtschaftskreisen - dem Speditionsgewerbe einerseits und den verladenden Unternehmen des Handels und der Industrie andererseits - zur Anwendung ab dem 1. Januar 2017 empfohlen. Dabei handelt es sich um die beteiligten Verkehrskreise, auf deren Verständnis es für die Auslegung ihrer Bestimmungen ankommt.
Rz. 39
(4) Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt mit Recht davon ausgegangen, dass für die Auslegung von Ziffer 23.1.2 und 23.2 ADSp 2017 nicht ohne Weiteres auf die Grundsätze der Senatsentscheidung vom 11. April 2013 (I ZR 61/12, TranspR 2013, 437) zurückgegriffen werden kann. Mit diesem Urteil hat der Senat entschieden, dass Ziffer 23.1.3 ADSp 2003 lex specialis gegenüber Ziffer 23.1.2 ADSp 2003 ist (BGH, TranspR 2013, 437 [juris Rn. 50]). Diese Regelungen in den ADSp 2003 weichen sowohl im Wortlaut als auch in der Systematik von Ziffer 23.1.2 und 23.2 ADSp 2017 ab. Ziffer 23.1.3 ADSp 2003 beschränkte die Haftung auf 2 Sonderziehungsrechte für jeden Multimodalvertrag unter Einschluss einer Seebeförderung und nicht nur - wie Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 - für Multimodalverträge unter Einschluss einer Seestrecke bei unbekanntem Schadenort. Anders als Ziffer 23.2 Satz 1 ADSp 2017 verwies Ziffer 23.1.2 ADSp 2003 hinsichtlich der Haftung des Frachtführers für während des Transports eingetretene Schäden allgemein und nicht nur bei einem Verkehrsvertrag über eine Seebeförderung und bei grenzüberschreitenden Beförderungen auf die gesetzlichen Bestimmungen. Die Erwägungen des Senats zur Auslegung der ADSp 2003 können deshalb nicht direkt zur Auslegung der ADSp 2017 herangezogen werden.
Rz. 40
(5) Der Wortlaut von Ziffer 23.1.2 Satz 1 und Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 lässt für die angesprochenen Verkehrskreise zwar nicht ohne Weiteres erkennen, welche der Regelungen für einen grenzüberschreitenden Multimodaltransport unter Einschluss einer Seestrecke mit unbekanntem Schadensort gelten soll. Dieser Fall wird vom Wortlaut beider Regelungen erfasst. Die Regelung in Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 gilt ihrem Wortlaut nach für alle Multimodaltransporte unter Einschluss einer Seestrecke mit unbekanntem Schadensort. Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 erfasst nach ihrem Wortlaut einschränkungslos alle grenzüberschreitenden Transporte.
Rz. 41
(6) Aus dem Regelungszusammenhang geht jedoch zweifelsfrei hervor, dass es sich bei Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 um eine Spezialvorschrift handelt, die im Fall grenzüberschreitender Multimodaltransporte mit Seestrecke bei unbekanntem Schadenort der Regelung in Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 vorgeht.
Rz. 42
Der angesprochene Verkehr wird bei der Lektüre der beiden in Rede stehenden Regelungen in Ziffer 23.1.2 Satz 1 und Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 schon nicht annehmen, dass die Regelung in Ziffer 23.2 Satz 1 Fall 2 ADSp 2017 eine Rückausnahme zu Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 darstellt, die den ohnehin eingeschränkten Anwendungsbereich dieser Regelung auf Multimodaltransporte mit Seestrecke bei unbekanntem Schadenort weitergehend auf innerstaatliche Beförderungen einengt. Eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs von Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 werden die beteiligten Verkehrskreise direkt in dieser Regelung erwarten. Da eine solche Einschränkung fehlt, ist die in Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 vorgesehene Haftungsbegrenzung dahin zu verstehen, dass sie allgemein Multimodaltransporte unter Einschluss einer Seestrecke mit unbekanntem Schadenort erfasst, und zwar sowohl innerstaatliche als auch grenzüberschreitende Multimodaltransporte.
Rz. 43
Jedenfalls handelt es sich bei einer Auslegung, nach der Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 allein für nicht grenzüberschreitende, innerdeutsche Beförderungen unter Einschluss einer Seestrecke bei unbekanntem Schadensort gelten soll, um eine zwar theoretisch denkbare, praktisch aber fernliegende Auslegungsmöglichkeit, die nicht ernstlich in Betracht gezogen werden kann. Eine solche Auslegung führte dazu, dass die in Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 getroffene Regelung weitgehend sinnlos wäre, weil für sie angesichts der geringen Bedeutung innerstaatlicher Seebeförderungen kaum ein praktischer Anwendungsbereich bliebe (Bahnsen, TranspR 2022, 89, 90 f.).
Rz. 44
(7) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung benachteiligt Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 in dieser Auslegung den Versender nicht entgegen § 309 Nr. 12 Buchst. a BGB unangemessen und hält daher einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Zwar muss danach im Ergebnis der Versender bei einem Multimodaltransport unter Einschluss einer Seestrecke, wenn er sich auf die weniger weit reichenden Haftungsbeschränkungen des Landfrachtrechts beruft, beweisen, dass der Schaden nicht beim Seetransport eingetreten ist. Dies entspricht jedoch der Beweislastregel in § 452a Satz 2 HGB, wonach derjenige den Beweis dafür führen muss, dass das zur Beschädigung führende Ereignis auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, der dies behauptet (s. o. [B I 3 c] Rn. 21).
Rz. 45
(8) Die Haftungsbegrenzung gemäß Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 auf 2 Sonderziehungsrechte je Kilogramm begegnet auch im Übrigen keinen Wirksamkeitsbedenken. Sie liegt innerhalb des von § 449 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB vorgesehenen Rahmens zwischen 2 und 40 Rechnungseinheiten. Zudem sieht § 504 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 HGB für Seefrachtverträge eine Beschränkung der Haftung des Verfrachters auf 2 Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Rohgewichts der verlorenen oder beschädigten Güter vor. Die Haftungsbegrenzung gemäß Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 liegt mithin im Rahmen von gesetzlich vorgesehenen Haftungsbeschränkungen (vgl. BGH, TranspR 2013, 437 [juris Rn. 51]).
Rz. 46
d) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Haftung der Beklagten gemäß Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 auf einen Betrag von 13.560,96 € beschränkt ist und damit den Betrag in Höhe von 13.988,76 € nicht überschreitet, zu dessen Zahlung die Beklagte aufgrund des landgerichtlichen Urteils bereits rechtskräftig verurteilt worden ist. In Höhe dieses Betrags hat die Beklagte ihre Verurteilung bei Zuordnung des Schadens zur Seestrecke und unter Zugrundelegung des Kurses des Sonderziehungsrechts am Tag der Ablieferung des Guts am 29. Mai 2018 (§ 505 HGB) hingenommen.
Rz. 47
aa) Ziffer 23.1. und Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 beschränken die Haftung des Spediteurs gemäß § 431 Abs. 2 HGB auf 2 statt 8,33 Sonderziehungsrechte für jedes Kilogramm. Nach § 431 Abs. 2 HGB ist die - hier nach § 429 Abs. 2 HGB - zu leistende Entschädigung wegen Beschädigung auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt. Nach § 431 Abs. 2 HGB ist, wenn das Gut aus mehreren Frachtstücken (Sendung) besteht und nur einzelne Frachtstücke beschädigt worden sind, der Berechnung nach § 431 Abs. 1 HGB die gesamte Sendung zu Grunde zu legen, wenn die gesamte Sendung entwertet ist (Nr. 1), oder der entwertete Teil der Sendung zu Grunde zu legen, wenn nur ein Teil der Sendung entwertet ist (Nr. 2).
Rz. 48
bb) Die Beschädigung eines der insgesamt acht auf vier Flatracks transportierten Schneeräumfahrzeuge stellt eine Teilentwertung im Sinne von § 431 Abs. 2 Nr. 2 HGB dar. Eine Teilentwertung liegt vor, wenn nur einzelne Frachtstücke der Sendung entwertet sind und die übrigen Frachtstücke der Sendung ihren Wert behalten (zu Art. 25 Abs. 2 CMR vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2018 - I ZR 18/18, TranspR 2019, 18 [juris Rn. 16]).
Rz. 49
Insoweit kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob jedes einzelne Schneeräumfahrzeug als ein Frachtstück anzusehen ist oder ob jeweils zwei auf einem Flatrack transportierte Schneeräumfahrzeuge ein Frachtstück bilden. In beiden Fällen ist nur ein einzelnes Frachtstück der aus acht beziehungsweise vier Frachtstücken bestehenden Sendung entwertet worden und haben die übrigen Frachtstücke ihren Wert behalten. In beiden Fällen ist nur ein Teil der Sendung, nämlich ein Schneeräumfahrzeug, entwertet worden.
Rz. 50
Es kommt insoweit auch nicht darauf an, ob das Flatrack, auf dem das beschädigte Schneeräumfahrzeug zusammen mit einem weiteren Schneeräumfahrzeug transportiert worden ist, als Lademittel ein Teil der Sendung ist (vgl. BGH, TranspR 2019, 18 [juris Rn. 16]) und selbst ein Frachtstück darstellt (vgl. dazu Koller aaO § 409 HGB Rn. 14 f., § 431 HGB Rn. 15; Bahnsen, TranspR 2022, 89, 93). Auch wenn dies der Fall wäre, wäre das Gewicht des Flatracks der Berechnung des Haftungshöchstbetrags nicht zu Grunde zu legen. Der Senat hat bereits entschieden, dass im Anwendungsbereich der CMR das Gewicht unbeschädigt gebliebener und weiterverwendbarer Verpackungs- oder Lademittel bei der Ermittlung der Haftungshöchstsumme nicht mit einzurechnen ist (BGH, TranspR 2019, 18 [juris Rn. 16]). Die dabei maßgeblichen Erwägungen des Senats können auf die gesetzlichen Vorschriften des Landfrachtrechts übertragen werden. Da das Flatrack im Streitfall bei dem Transport unbeschädigt geblieben ist und ohne Einschränkung für weitere Transporte verwendet werden kann, ist sein Gewicht bei der Berechnung der Höhe des Schadens dem Gewicht des beschädigten Schneeräumfahrzeugs nicht hinzuzurechnen.
Rz. 51
cc) Dies hat zur Folge, dass allein das Gewicht des beschädigten Schneeräumfahrzeugs maßgeblich ist und weder das Gewicht des unbeschädigten zweiten Schneeräumfahrzeugs noch das Gewicht des ebenfalls unbeschädigt gebliebenen Flatracks als Lademittel in die Berechnung des Haftungshöchstbetrags einzubeziehen ist. Danach beträgt der Haftungshöchstbetrag unter Berücksichtigung des vom Berufungsgericht für den Tag der Übernahme des Gutes festgestellten Kurses des Sonderziehungsrechts (§ 431 Abs. 4 Satz 2 HGB) 13.560,96 € (5.730 kg x 2 Sonderziehungsrechte x 1,18333 €).
Rz. 52
5. Da die Beklagte der Versicherungsnehmerin gemäß Ziffer 23.1.2 Satz 1 ADSp 2017 - wenn die ADSp 2017 Vertragsbestandteil geworden sein sollten und die Beklagte auf eine Abweichung von § 431 Abs. 1 HGB gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB hingewiesen hätte (s.o. Rn. 28) - nicht über einen Betrag in Höhe von 13.560,96 € hinaus haftet, kann die Klägerin Ersatz des ihr entstandenen Schadens über den ihr vom Landgericht bereits rechtskräftig zuerkannten Betrag von 13.988,76 € hinaus in voller Höhe nur dann verlangen, wenn die Beklagte an dessen Entstehung ein qualifiziertes Verschulden gemäß § 435 HGB trifft. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
Rz. 53
II. Die Anschlussrevision der Klägerin hat ebenfalls Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die auf Ersatz der Kosten zur Feststellung der Schadensursache gerichtete Klage in Höhe von 926,50 € nicht abgewiesen werden.
Rz. 54
1. Die Anschlussrevision ist statthaft, weil ihr Gegenstand in dem insoweit erforderlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Hauptrevision steht (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 [juris Rn. 27] mwN). Der mit ihr geltend gemachte Anspruch auf weitergehenden Ersatz der Sachverständigenkosten betrifft eine weitere Schadensposition im Rahmen der Schadensersatzansprüche, die Gegenstand der Hauptrevision sind.
Rz. 55
2. Die Anschlussrevision ist auch begründet. Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägerin als Schadensersatz die geltend gemachten Sachverständigenkosten in voller Höhe zustehen.
Rz. 56
a) Diese Kosten sind zwar nicht nach § 430 HGB ersatzfähig.
Rz. 57
aa) Nach § 430 HGB hat der Frachtführer bei Verlust oder Beschädigung des Gutes über den nach § 429 HGB zu leistenden Ersatz hinaus die Kosten der Feststellung des Schadens zu tragen.
Rz. 58
bb) Die Bestimmung des § 430 HGB sieht für Kosten der Schadensfeststellung eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, dass schadensbedingte Folgeschäden nach den §§ 425 ff. HGB außer im Fall des § 435 HGB nicht ersatzfähig sind. Dies hat seinen Grund darin, dass es sich bei solchen Kosten um Aufwendungen handelt, die der Vermögenseinbuße nahestehen, die der Geschädigte infolge des Substanzschadens am Gut erlitten hat. Da durch die Schadensfeststellung der Schadensumfang ermittelt werden soll und sich hiernach auch der infolge des Substanzschadens zu leistende Ersatz bestimmt, sind die bei der Schadensfeststellung angefallenen Kosten untrennbar mit dem Schadensfall verknüpft. Dies gilt jedoch nicht für solche Kosten, die nicht der Feststellung des Schadensumfangs, sondern der Ermittlung der Schadensursache dienen (BGH, Urteil vom 11. September 2008 - I ZR 118/06, TranspR 2008, 362 [juris Rn. 35] mwN). Danach sind die Kosten für die Ermittlung der Schadensursache gemäß § 430 HGB nicht ersatzfähig.
Rz. 59
b) Die Anschlussrevision macht jedoch mit Recht geltend, dass die Klägerin die Beklagte auch mit der Begründung auf vollen Schadensersatz in Anspruch genommen hat, dass die Beklagte am Eintritt des Schadens ein qualifiziertes Verschulden gemäß § 435 HGB trifft.
Rz. 60
aa) Im Fall des § 435 HGB haftet der Frachtführer auch für Folgeschäden unbeschränkt nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB. Er ist daher gemäß diesen Bestimmungen zum Ausgleich der Vermögensnachteile verpflichtet, die mit dem zum Ersatz verpflichtenden Ereignis in einem adäquaten Ursachenzusammenhang stehen. Allerdings sind Aufwendungen, die dem Geschädigten aus von sich aus unternommenen Schritten zur Beseitigung der Störung entstehen, nur dann zu ersetzen, wenn sie aus der Sicht eines verständigen Menschen, der sich in der Lage des Geschädigten befunden hat, als erforderlich erschienen (BGH, TranspR 2008, 362 [juris Rn. 31] mwN).
Rz. 61
bb) Da das Berufungsgericht - anders als das Landgericht - nicht festgestellt hat, dass der Beklagten kein qualifiziertes Verschulden zur Last fällt, und außerdem keine Feststellungen getroffen hat, die die Annahme rechtfertigen, dass die durch die Ermittlung der Schadensursache verursachten Sachverständigenkosten nach diesen Maßstäben nicht erstattungsfähig sind, kann die hierauf bezogene Abweisung der Klage durch das Berufungsgericht keinen Bestand haben.
Rz. 62
C. Danach ist das Berufungsurteil gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache, da sie nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung reif ist, gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Koch |
|
Löffler |
|
Schwonke |
|
Feddersen |
|
Odörfer |
|
Fundstellen
Haufe-Index 15615912 |
NJW 2023, 978 |
WM 2023, 1794 |
DZWir 2023, 227 |
TranspR 2023, 136 |
LogR 2023, 162 |