Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaft
Normenkette
BGB § 2314 Abs. 1 S. 1, § 2325
Tatbestand
Der Kläger ist der Adoptivsohn der am 17. Oktober 1982 verstorbenen Maria L. (Erblasserin), die bei der verklagten Sparkasse zwei Girokonten unterhielt. Zur Vorbereitung eines Pflichtteilsanspruchs verlangt der Kläger von der Beklagten Auskunft darüber, wem die Erblasserin vor ihrem Tode zwei Sparkassenzertifikate zugewendet hat und ob dies unentgeltlich war.
Durch notarielle Verträge vom 11. November 1970 haben die Erblasserin und ihr Ehemann den Kläger an Kindes Statt angenommen, Gütergemeinschaft vereinbart und erbvertraglich letztwillig u. a. verfügt, daß der vom Ehemann stammende Hof im Sinne der Höfeordnung diesem zufallen solle, wenn die Erblasserin zuerst stürbe. Im Fall des Vorversterbens des Ehemannes sollte die Erblasserin Hofvorerbe und der Kläger nach ihrem Tod Hofnacherbe werden. Bezüglich des hoffreien Vermögens setzten sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben ein. Nach dem Tode ihres Ehemannes bestimmte die Erblasserin testamentarisch ihre Nichte Beate G. für das hoffreie Vermögen zu ihrer Alleinerbin. Am 2. Dezember 1981 überwies die Erblasserin von ihrem bei der Beklagten geführten Girokonto mit einem Überweisungsformular an sich als Empfängerin je 20 000 DM auf zwei Sparbriefkonten mit den Nummern (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)442 und (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)459. Die Sparbriefe hat sie vor ihrem Tode an einen Dritten abgetreten, der Kunde der Beklagten und dieser bekannt ist, während der Kläger und die Erbin seinen Namen nicht kennen.
Durch insoweit rechtskräftiges Teilurteil des Landgerichts M. vom 23. November 1983 wurde die Erbin u. a. verurteilt, dem Kläger Auskunft über Schenkungen der Erblasserin innerhalb der letzten zehn Lebensjahre zu erteilen. Hiergegen erhob sie Vollstreckungsgegenklage und machte geltend, sie habe den Auskunftsanspruch nach bestem Vermögen erfüllt. Ob es sich bei den Überweisungen vom 2. Dezember 1981 und der Abtretung der Sparkassenbriefe um Schenkungen gehandelt habe und wer der Empfänger sei, wisse sie nicht, weil die Beklagte ihr unter Berufung auf das Bankgeheimnis die Auskunft hierüber verweigere. Zur Erledigung dieses Rechtsstreits schlossen die damaligen Prozeßparteien am 3. Dezember 1986 einen Vergleich, in dem die Erbin dem Kläger "ihren eventuell bestehenden Auskunftsanspruch gegen die Stadtsparkasse M. (Beklagte) hinsichtlich der Frage, wem die Erblasserin (Maria L.) die Sparkassenzertifikate mit den Nummern (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)442 und (von der weiteren Darstellung wird abgesehen)459 zugewendet hat", abtrat.
Der Kläger hat daraufhin die Beklagte auf Auskunft in Anspruch genommen und beantragt,
sie zu verurteilen, ihm Auskunft darüber zu erteilen, wem die am 17. Oktober 1982 verstorbene Frau Maria L. die Sparkassenzertifikate der Beklagten mit den angeführten Nummern über je 20 000 DM übertragen hat und ob ihr Unterlagen oder Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß diese Zuwendungen unentgeltlich geschehen sind, im zweiten Rechtszug hilfsweise, sie zu verurteilen, die begehrten Auskünfte der Erbin zu erteilen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte auf den Hilfsantrag hin verurteilt, der Erbin Auskunft darüber zu erteilen, wem die Erblasserin die Sparkassenzertifikate übertragen hat, und die Berufung des Klägers im übrigen zurückgewiesen. Die zugelassene Revision der Beklagten blieb erfolglos. Auf die unselbständige Anschlußrevision des Klägers wurde dem Hauptantrag der Klage im wesentlichen stattgegeben.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe ein Auskunftsanspruch weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht zu. Der Auskunftsanspruch der Erbin gemäß §§ 675, 666 BGB sei ein akzessorisches Neben- und Hilfsrecht, das nicht selbständig abgetreten werden könne. Die Abtretung sei jedoch in eine Einziehungsermächtigung umzudeuten, aufgrund derer der Kläger verlangen könne, daß die Beklagte der Erbin Auskunft über die Zuwendungsempfänger erteile. Zur Auskunft über die etwaige Unentgeltlichkeit der Zuwendungen sei sie nicht verpflichtet, weil sie hiervon nicht aufgrund der Bankverbindung zu der Erblasserin erfahren habe, und der Kläger diese Auskunft von dem ihm namhaft zu machenden Zuwendungsempfänger selbst verlangen könne.
II.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Der Kläger kann zwar nicht aus eigenem, aber aus abgetretenem Recht gemäß §§ 675, 666, 398 BGB verlangen, daß die Beklagte ihm selbst Auskunft über den Empfänger und die etwaige Unentgeltlichkeit der Zuwendungen erteilt.
1.
Ein Auskunftsanspruch aus eigenem Recht des Klägers würde voraussetzen, daß er Miterbe des hoffreien Vermögens der Erblasserin geworden wäre, denn nur auf die Erben geht ein eventueller, aus der Geschäftsverbindung des Erblassers mit der Bank herrührender Auskunftsanspruch über, nicht aber auf den pflichtteilsberechtigten Nichterben.
Der Kläger ist nicht Miterbe des hoffreien Vermögens geworden, weil er insoweit enterbt worden ist. Auch wenn er als Hoferbe Rechtsnachfolger der Erblasserin hinsichtlich ihres gütergemeinschaftlichen Anteils am Hof und nicht allein Nacherbe seines Adoptivvaters geworden ist - was nicht entschieden zu werden braucht -, ist er allein aufgrund seiner Stellung als Hoferbe nicht Miterbe des hoffreien Vermögens geworden (vgl. OLG Celle Beschl. vom 15. Dezember 1958 - 7 WLw 135/58, RdL 1959, 72, 74; Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht 4. Aufl. § 15 HöfeO Rdn. 16; Faßbender/Hötzel/Pikalo, HöfeO § 4 Rdn. 27; a. A. - jedoch ohne Begründung und unter Annahme einer alleinigen Verfügungsbefugnis der übrigen Miterben - Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO 8. Aufl. § 4 Rdn. 16). Die Höfeordnung schreibt eine Sondererbfolge in den Hof vor (vgl. Lange/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts 3. Aufl. § 55 III 1 a) und geht - wie insbesondere der Wortlaut der §§ 12 Abs. 3 Satz 2 und 15 Abs. 1 erkennen läßt - davon aus, daß ein Hoferbe nicht allein aufgrund dieser Stellung Miterbe des hoffreien Vermögens wird. Davon, daß das Girokonto der Erblasserin, von dem die 40 000 DM stammen, und die dem unbekannten Dritten zugewandten Sparkassenbriefe zum hoffreien Vermögen gehörten und nicht als Betriebsmittel zum Hof, gehen die Parteien übereinstimmend aus.
2.
Der aus der Geschäftsverbindung der Erblasserin sich ergebende Auskunftsanspruch gemäß §§ 675, 666 BGB gegen die Beklagte ging mit dem Tode der Erblasserin auf die Erbin über (vgl. OLG Frankfurt MDR 1966, 503; Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rdn. 204, 217, 55; Liesecke, Das Bankguthaben in Gesetzgebung und Rechtsprechung, WM 1975, 238, 248).
a)
Die Erbin war an der Geltendmachung dieses Anspruchs nicht etwa deshalb gehindert, weil ihr kein weitergehender Anspruch zustand, dessen Vorbereitung die begehrten Auskünften dienen sollten. § 666 BGB setzt seinem Wortlaut nach einen solchen Anspruch nicht voraus und dient bei einer am Normzweck orientierten Auslegung nicht nur der Vorbereitung weitergehender Ansprüche, sondern auch - unabhängig hiervon - der Information des Auskunftsberechtigten über die Geschäfte, die der Auskunftspflichtige in seinem Interesse geführt hat. Ob der Erbe den auf ihn übergegangenen Auskunftsanspruch nur geltend machen kann, wenn er ein eigenes rechtliches Interesse hieran hat (vgl. hierzu OLG Frankfurt aaO), braucht nicht allgemein entschieden zu werden. Die Erbin hatte im vorliegenden Falle ein solches Interesse, weil sie rechtskräftig verurteilt war, dem Kläger Auskunft über Schenkungen der Erblasserin innerhalb der letzten zehn Lebensjahre zu erteilen. Aufgrund dieser auf § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB beruhenden Verurteilung war sie verpflichtet, über ihr eigenes Wissen hinaus sich die zur Auskunftserteilung notwendigen Kenntnisse soweit möglich zu verschaffen (BGHZ 89, 24, 28; Lange/Kuchinke aaO s. 745). Dazu mußte sie von ihrem Auskunftsrecht gegenüber der Beklagten Gebrauch machen.
Diesem Anspruch kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Erblasserin seien die Vorgänge, über die Auskunft begehrt werde, bekannt gewesen. Auch ein Kunde, der von seinem Kreditinstitut bereits über bestimmte Vorgänge unterrichtet worden ist, kann hierüber zur Ergänzung seiner Kontounterlagen erneut Auskunft verlangen, wenn er glaubhaft macht, daß ihm die erteilten Informationen verloren gegangen sind und dem Kreditinstitut die erneute Auskunftserteilung noch möglich und zumutbar ist (BGH Urteil vom 4. Juli 1985 - III ZR 144/84, WM 1985, 1098). Entsprechendes gilt für die Erbin. Sie konnte Auskunft über den Zuwendungsempfänger verlangen, der ihr - anders als der Erblasserin - nicht bekannt ist (a. A. insoweit Winkler von Mohrenfels, Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht S. 164). Die Beklagte hat - wenn man von der Berufung auf das Bankgeheimnis absieht - nicht geltend gemacht, daß ihr die Erteilung der Auskunft nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Dies gilt auch für die Auskunft darüber, ob der Beklagten Unterlagen über die Unentgeltlichkeit der Zuwendungen vorliegen.
b)
Das Bankgeheimnis zugunsten der Erblasserin steht der Erteilung dieser Auskünfte an die Erbin nicht entgegen (vgl. hierzu Canaris aaO Rdn. 51; Liesecke aaO S. 248). Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen der Erblasserin, der etwa bei persönlichkeitsbezogenen Vorgängen von Bedeutung sein könnte (vgl. Bruchner/Stützle, Leitfaden zu Bankgeheimnis und Bankauskunft, 1986, S. 38; Canaris aaO Rdn. 55, Liesecke aaO; Sichtermann, Bankgeheimnis und Bankauskunft 3. Aufl. S. 174), hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und liegen auch nicht vor. Allein der Umstand, daß die Erblasserin über die Sparkassenbriefe verfügt und die Erbin davon nicht unterrichtet hat, reicht dafür nicht aus.
c)
Auf die Wahrung des Bankgeheimnisses des Zuwendungsempfängers kann die Beklagte die Auskunftsverweigerung ebenfalls nicht stützen. Die Kollision zwischen Auskunftsanspruch und Bankgeheimnis ist durch Interessenabwägung hier zugunsten der Erbin zu lösen (vgl. Canaris aaO Rdn. 61, 217; Sichtermann aaO S. 176). Ohne die Auskunft könnte die Erbin ihre entsprechende Verpflichtung gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten nicht erfüllen und dieser seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB nicht durchsetzen. Andererseits ist der Empfänger vermögenswerter Zuwendungen des Erblassers selbst nach § 2314 BGB zur Auskunft verpflichtet (BGHZ 89, 24, 27 m. w. Nachw.) und muß von vornherein damit rechnen, daß er gemäß § 2329 BGB auf Rückzahlung in Anspruch genommen wird.
3.
Die Erbin hat ihren Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte wirksam an den Kläger abgetreten. Dem steht nicht entgegen, daß der Auskunftsanspruch gemäß §§ 675, 666 BGB grundsätzlich nicht isoliert, d. h. ohne den Hauptanspruch, dessen Vorbereitung und Berechnung er in der Regel dient, abtretbar ist (RG HRR 1931 Nr. 107 = JW 1931, 525, 526; BGB-RGRK/Steffen 12. Aufl., 1978, § 666 Rdn. 11; MünchKomm/Seiler 2. Aufl., 1986, § 666 Rdn. 3; Staudinger/Wittmann, BGB 12. Aufl., 1980, § 666 Rdn. 1; Soergel/Mühl, BGB 11. Aufl., 1980, § 666 Rdn. 2; Palandt/Thomas, BGB 48. Aufl., 1989, § 666 Anm. 1; Erman/Hauß, BGB 7. Aufl., 1981, § 666 Rdn. 5). Trotz grundsätzlicher Unübertragbarkeit einer Forderung kann die Abtretung an bestimmte Personen im Einzelfall zulässig sein (vgl. für den im allgemeinen nicht abtretbaren Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit, der an den Gläubiger gerade dieser Verbindlichkeit abgetreten werden kann: BGHZ 12, 136, 141; 23, 17, 22; für den Anspruch des Versprechensempfängers aus bestimmten Verträgen zugunsten eines Dritten, der nur an diesen Dritten übertragen werden kann: RGZ 150, 129, 133; BGB-RGRK/Weber 12. Aufl., 1976, § 399 Rdn. 45 ff.; Soergel/Zeiss, BGB 11. Aufl., 1986, § 399 Rdn. 5). Dies muß auch für die Abtretung des Auskunftsanspruchs der Erbin an den Kläger gelten, dem allein die zu erteilende Auskunft letztlich zugute kommen soll. Auch hier wird durch die Abtretung im Interesse einer Vereinfachung der Rechtsverfolgung lediglich der Umweg über einen vermittelnden Dritten, den Inhaber des Anspruchs, vermieden und demjenigen, an den im Ergebnis zu leisten ist, die Gläubigerstellung verschafft. Die Erbin war deshalb rechtlich nicht gehindert, ihrer rechtskräftig titulierten Verpflichtung zur Auskunftserteilung an den Kläger mit dessen Einverständnis durch Abtretung ihres Auskunftsanspruchs gegen die Beklagte nachzukommen. Die Abtretung des Auskunftsanspruchs hatte auch keine Verschlechterung der Rechtsstellung der Beklagten zur Folge, sondern ermöglichte nur ihre unmittelbare Inanspruchnahme durch den Kläger. Gegen ihre rechtliche Zulässigkeit bestehen deshalb keine Bedenken.
4.
Der Kläger kann nicht nur Auskunft über den Zuwendungsempfänger verlangen, sondern auch darüber, ob die Beklagte Unterlagen über die Unentgeltlichkeit der Zuwendungen hat. Insoweit muß der Auskunftsanspruch allerdings auf solche Unterlagen beschränkt werden, die die Beklagte aus der Geschäftsverbindung mit der Erblasserin in Besitz hat. Auf anderweit erlangte Unterlagen und - wie dies der Kläger verlangt - auf Anhaltspunkte für die Unentgeltlichkeit erstreckt sich die Auskunftspflicht der Beklagten dagegen nicht. Letzteres wäre auch mit dem Bestimmtheitserfordernis des Auskunftsverlangens nicht zu vereinbaren.
Fundstellen
Haufe-Index 1456545 |
BGHZ, 104 |
NJW 1989, 1601 |
ZIP 1989, 490 |
JZ 1990, 650 |
ZBB 1990, 157 |