Leitsatz (amtlich)

Ein in einem Arrestverfahren geschlossener gerichtlicher Vergleich, in dem der Arrestschuldner einen Teilbetrag der Arrestforderung endgültig anerkennt und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, ist ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel.

 

Normenkette

ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5; AnfG § 2

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe, 14. Zivilsenat in Freiburg, vom 24. August 1990 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin hatte in einem von ihr anhängig gemachten Arrestverfahren mit dem Sohn der Beklagten als Antragsgegner am 4. März 1987 folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen:

„Vergleich

1. Der Antragsgegner anerkennt, von dem geltendgemachten Betrag von DM 1.215.170, 20 einen Teilbetrag von DM 500.000,– (i. W. Fünfhunderttausend Deutsche Mark) und unterwirft sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.

2. Die Parteien sind sich einig, daß der angeordnete dingliche Arrest für die Dauer von 6 Monaten in vollem Umfang aufrecht erhalten bleibt.

3. Die Parteien sind sich weiter einig, daß der angeordnete persönliche Arrest auf die Dauer von 6 Monaten aufrecht erhalten bleibt mit der Maßgabe, daß der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wird, der Antragsgegner sich täglich beim Polizeiposten in H. meldet und seinen Reisepaß und Personalausweis beim Gericht hinterlegt.

Für den Fall der Nichterfüllung der Meldepflicht, wird der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt.

4. Die Parteien sind sich einig, daß nach Ablauf von 6 Monaten sowohl der dingliche, wie auch der persönliche Arrest wieder aufgehoben werden.

5. Von den Kosten des Verfahrens übernimmt die Antragstellerin 1/4 und der Antragsgegner 3/4.”

Die Zwangsvollstreckung aus diesem Vergleich blieb erfolglos. Der Sohn der Beklagten hat die eidesstattliche Offenbarungsversicherung am 10. Juni 1987 abgegeben.

Die Beklagte hatte mit notariellem Vertrag vom 18. November 1985 ihrem Sohn eine Eigentumswohnung geschenkt. Am 4. Februar 1986 wurde dieser als Eigentümer und gleichzeitig ein lebenslanges Nießbrauchsrecht für die Beklagte im Grundbuch eingetragen. Am 23. Juni 1986 wurde mit notarieller Urkunde die Grundstücksschenkung zwischen der Beklagten und ihrem Sohn „rückwärts wirkend, mithin mit Wirkung vom 1. Dezember 1985” aufgehoben. Am 7. Juli 1986 schenkte die Beklagte die Eigentumswohnung einer Tochter, wieder unter Bestellung eines Nießbrauchs.

Die Klägerin hat den Schenkungsaufhebungsvertrag vom 23. Juni 1986 angefochten und Wertersatz in Höhe von 25.000 DM zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen von der Beklagten verlangt. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I.

1. a) Abweichend vom Landgericht, das eine Gläubigerbenachteiligung nicht für gegeben ansah, meint das Berufungsgericht, es liege hier gegen den Schuldner kein vollstreckbarer Titel vor. Der Arrestbefehl sei längst aufgehoben und wirkungslos. Er hätte auch für eine Anfechtung außerhalb des Konkurses nicht genügt (vgl. BGHZ 66, 91, 94).

b) Selbst wenn man davon ausgehe, daß ein richterlicher Vergleich in einem Arrestverfahren einen nicht nur vorläufigen, sondern endgültigen Titel abgeben könne, müsse, so führt das Berufungsgericht aus, ein Vollstreckungstitel einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben. Das sei hier nicht der Fall; denn der Sohn der Beklagten habe nur einen Teilbetrag der Arrestsumme anerkannt und sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Eine Leistungsverpflichtung sei nicht begründet worden. Zur Aufnahme einer vollstreckbaren Urkunde im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO sei das Amtsgericht nicht zuständig gewesen.

2. Das Berufungsgericht verkennt, daß ein gerichtlicher Prozeßvergleich, der einen Rechtsstreit beendet, jede sachlich-rechtliche Form ersetzt (§ 127 a BGB; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 48. Aufl. Anh. § 307 Anm. 5 A). Hat ein gerichtlicher Vergleich einen vollstreckungsfähigen Inhalt, so ist er Vollstreckungstitel (Baumbach/Lauterbach a.a.O. Anm. 5 Bb und § 794 Anm. 2 C).

a) Hier hatte der Sohn der Beklagten als Arrestschuldner einen Teilbetrag der Arrestforderung uneingeschränkt und endgültig anerkannt und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 20. Aufl. § 794 Rdnr. 29, 41). Das Amtsgericht hatte, davon ist nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin auszugehen, eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs erteilt (§§ 795, 724 ZPO). Bei der Auslegung des Vergleichs darf nicht kleinlich am Wortlaut festgehalten werden, wenn Sinn und Zusammenhang eine Leistungspflicht ergeben (Thomas/Putzo, ZPO 16. Aufl. vor § 704 Anm. IV 1 d). Es ist hier klar ausgedrückt, daß der Sohn der Beklagten im Vergleich anerkannt hat, 500.000 DM zu schulden und deshalb sich der Vollstreckung unterwarf, die nach Erteilung der Vollstreckungsklausel auch versucht worden ist. Der Vergleich hatte also einen vollstreckungsfähigen Inhalt. Der früher geäußerten Meinung des Berufungsgerichts (OLG Karlsruhe, Die Justiz 1970, 344), ein bloßes Anerkenntnis einer Forderung in einem Vergleich gebe keinen vollstreckbaren Inhalt wieder (dazu zweifelnd Zöller-Stöber, ZPO 16. Aufl. § 724 Rdnr. 7) folgt der Senat jedenfalls für den Fall nicht, daß, wie hier, der Schuldner im Vergleich nicht nur seine Zahlungspflicht anerkennt, sondern sich auch der sofortigen Vollstreckung unterwirft.

b) Daß in einem gerichtlichen Vergleich ein Anerkenntnis abgegeben und die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erklärt wird, ist zulässig. Wenn die Formvorschriften der Zivilprozeßordnung für gerichtliche Vergleiche erfüllt sind (§§ 160 ff. ZPO), liegt ein Vollstreckungstitel vor. Das Beurkundungsgesetz steht dem nicht entgegen (BGHZ 84, 333, 335).

3. Das Berufungsurteil kann auch nicht aus anderen Gründen aufrechterhalten bleiben. Das Landgericht hatte die Klageabweisung damit begründet, daß wegen der Belastung des Grundstücks mit dem Nießbrauch der Beklagten eine Gläubigerbenachteilung als Voraussetzung einer Anfechtung (vgl. Senatsurt. v. 20. Dezember 1984 – IX ZR 114/83, WM 1985, 364, 365) nicht vorgelegen habe. Die Klägerin hat in ihrer Berufungsbegründung eine wertausschöpfende Belastung im konkreten Fall bestritten. Darüber wird das Berufungsgericht als Tatrichter nun zu befinden haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609773

NJW 1991, 2710

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