Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 19.03.1992; Aktenzeichen 29 U 2612/91) |
LG München I (Urteil vom 23.01.1991; Aktenzeichen 25 O 7897/89) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. März 1992 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger war von 1981 bis zum 30. März 1985 Verwalter der Eigentumswohnanlage in M., S.; die Beklagten sind bzw. waren Mitglieder der Eigentümergemeinschaft.
Nach dem Verwaltervertrag vom 5. April 1982 war der Kläger u. a. verpflichtet, der jährlich einmal einzuberufenden ordentlichen Eigentümerversammlung die Einnahmen- und Ausgabenabrechnung für das vorangegangene Jahr vorzulegen, die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung erforderlichen Maßnahmen zu treffen sowie alle Zahlungen und Leistungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die mit der laufenden Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zusammenhingen.
Der Kläger erstellte die Abrechnungen für die Jahre 1981 bis 1983 erst Ende des Jahres 1984, für das Jahr 1984 und die Monate Januar bis März 1985 im Mai und Juli 1985. Die Abrechnungen ergaben einen Fehlbetrag in Höhe von 140.515,41 DM. Die für die Wohnungseigentümergemeinschaft eingerichteten Gemeinschaftskonten bei der Bank für H.- und G. in M. eG (im folgenden: Hausbank) und der Raiffeisenbank W. eG (im folgenden: Raiffeisenbank), über die der Kläger den gesamten Geldverkehr abwickelte, wiesen zum 30. September 1986 einen Schuldsaldo von 101.303,48 DM und 58.563,48 DM aus, so daß sich zu diesem Zeitpunkt ein Fehlbetrag von insgesamt 159.866,96 DM ergab.
In der Eigentümerversammlung vom 27. November 1986 wurde dem Kläger die Entlastung für seine Verwaltertätigkeit verweigert. Zugleich wurde ihm eine Frist bis zum 15. Dezember 1986 zur Beibringung einer „Negativerklärung” sowohl der Hausbank wie auch der Raiffeisenbank gesetzt, aus der sich ergeben sollte, daß die Wohnungseigentümergemeinschaft aus den Krediten nicht in Anspruch genommen werde; persönliche Ansprüche des Klägers sollten davon jedoch nicht betroffen sein. Der Kläger hat – nach seiner in bezug auf die Raiffeisenbank bestrittenen Behauptung – die auf den Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft eröffneten Konten bei der Hausbank und der Raiffeisenbank Mitte Dezember 1986 ausgeglichen.
Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagten auf Erstattung seiner Aufwendungen in Höhe von insgesamt 159.867 DM in Anspruch. Hierbei hat er sich in erster Linie auf einen ihm in der Eigentümerversammlung vom 27. November 1986 erteilten Auftrag, hilfsweise auf einen Vertrag sui generis oder einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gestützt. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben und einen Auftrag an den Kläger, die in ihrem Namen aufgenommenen Kredite zurückzuzahlen, in Abrede gestellt.
Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die von ihm geltend gemachten Ansprüche weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hält mögliche Ansprüche des Klägers für verjährt und führt hierzu aus: Selbst wenn unterstellt werde, daß der Kläger als Verwalter der Eigentumsanlage in den Jahren 1981 bis März 1985 Erhaltungs- und Instandsetzungsaufträge im Wert von 140.515,41 DM erteilt und bezahlt habe, bestehe kein durchsetzbarer Erstattungsanspruch mehr. Da der Kläger seine Zahlungen für Erhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen unter Inanspruchnahme von Krediten geleistet habe, die er, ohne hierzu berechtigt zu sein, bei der Hausbank und der Raiffeisenbank aufgenommen habe, sei ausschließlich er nach § 179 Abs. 1 BGB verpflichtet worden. Dies habe zur Folge, daß der Kläger durch den Ausgleich der Rechnungen der Handwerker und Lieferanten Zahlungen aus dem eigenen Vermögen erbracht habe. Für Ansprüche auf Erstattung dieser Auslagen gelte die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB. Da die Verjährung der Ersatzansprüche für die Jahre 1981 bis 1984 jeweils mit Ablauf des Folgejahres und für das Jahr 1985 nach Vorlage der Abrechnungen im Mai und Juli 1985 mit Ablauf dieses Jahres zu laufen begonnen habe, seien die Ansprüche zum Zeitpunkt der Klageerhebung durch Einreichung des Schriftsatzes vom 8. November 1988 bereits verjährt gewesen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, maßgebend für den Beginn der Verjährung sei die endgültige Verweigerung seiner Entlastung durch die Eigentümerversammlung am 27. November 1986, so daß gemäß § 201 BGB die Verjährung erst zum 1. Januar 1989 eingetreten sei. Diese Auffassung lasse unberücksichtigt, daß nach ständiger Rechtsprechung auf den Zeitpunkt abzustellen sei, zu dem ein Anspruch erstmalig habe geltend gemacht werden können.
Da die behaupteten Ansprüche des Klägers aus dem Verwaltervertrag seit dem 1. Januar 1988 in vollem Umfang verjährt seien, komme es auf den Vortrag der Beklagten zu 3, 7 und 8, ihnen sei die Klage nicht ordnungsgemäß zugestellt und der Rechtsstreit erst im Laufe des Jahres 1989 rechtshängig geworden, nicht mehr an; das gleiche gelte auch für die Frage, ob die Beklagten die Zustellung der erweiterten Klageschrift an die Hausverwaltung S. gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG gegen sich gelten lassen müßten.
Ansprüche des Klägers aus Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigte Bereicherung hat das Berufungsgericht gleichfalls verneint.
II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt.
1. Im Hinblick auf den vom Berufungsgericht unterstellten Sachverhalt ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß der Kläger im Rahmen seines Verwaltervertrages berechtigt war, die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums der Beklagten erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die hierfür notwendigen Aufträge zu erteilen (siehe auch II c des Verwaltervertrages vom 5. April 1982). Die Vergütungspflicht für die vergebenen Leistungen traf – zumindest im Ergebnis – die Eigentümergemeinschaft. Hingegen war der Kläger, wie das Berufungsgericht weiter unangefochten festgestellt hat, nicht befugt, die Zahlungen für die Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten unter Inanspruchnahme von Krediten zu leisten, die er für die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Hausbank und der Raiffeisenbank durch Kontoüberziehung aufgenommen hatte (siehe auch OLG Koblenz DB 1979, 788; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 27 WEG Rdnr. 2 a; Palandt/Bassenge, BGB, 52. Aufl., § 27 WEG Rdnr. 7). Diese Darlehensverträge, die nach den Vorstellungen des Klägers die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichten sollten, waren daher (zunächst) schwebend unwirksam. Ihre Wirksamkeit für und gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft hing von deren Genehmigung ab (§ 177 Abs. 1 BGB); diese ist in der Eigentümerversammlung vom 27. November 1986, in welcher der Kläger zur Beibringung einer „Negativerklärung” der Banken aufgefordert wurde, verweigert worden. Hierdurch wurde nunmehr der Kläger gegenüber der Hausbank sowie der Raiffeisenbank kraft Gesetzes (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1969 – V ZR 97/66 = LM § 139 BGB Nr. 44) nach deren Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet (§ 179 Abs. 1 BGB).
2. Unbeschadet der von den Beklagten erklärten Verweigerung der Genehmigung der geschlossenen Kreditverträge konnte der Kläger im Rahmen des abzuwickelnden Verwaltervertrages, der ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag ist (OLG Frankfurt am Main OLGZ 1980, 413, 414; Soergel/Stürner, § 26 WEG Rdnr. 6; Palandt/Heinrichs, § 196 Rdnr. 22; Palandt/Bassenge, § 26 WEG Rdnr. 8; zum Hausverwaltervertrag BGH, Urteil vom 5. Juli 1965 – VII ZR 89/63 = WM 1965, 1181 unter I 1), Befreiung von den nunmehr gegen ihn bestehenden Darlehensrückzahlungsforderungen der Banken verlangen (§§ 675, 670, 257 BGB), denn die Vergütungsansprüche für Instandsetzungs- und Instandhaltungsleistungen waren nach der Sachlage, von der in der Revisionsinstanz auszugehen ist, letztlich von der Eigentümergemeinschaft auszugleichen. Die durch Genehmigungsverweigerung begründeten eigenen Verbindlichkeiten des Klägers waren eine – von den Beklagten herbeigeführte – notwendige Folge seiner Geschäftsführung und stellen sich als Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB dar (vgl. Staudinger/Wittmann, BGB, 12. Aufl., § 670 Rz. 5; Erman/Hauß, BGB, 8. Aufl., § 670 Rdnr. 1, jeweils m.w.Nachw.).
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger unstreitig das auf den Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft eröffnete Konto bei der Hausbank Mitte Dezember 1986 ausgeglichen; hinsichtlich des Kontos bei der Raiffeisenbank ist für das Revisionsverfahren von der Richtigkeit des Vertrages des Klägers auszugehen, daß auch hier der Kontoausgleich zu dieser Zeit erfolgt ist. Hierdurch hat sich der dem Kläger zunächst zustehende Befreiungsanspruch in einen auf Erstattung der zur Kreditablösung aufgewendeten Beträge gerichteten Zahlungsanspruch umgewandelt. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger mit der Ablösung der Kredite allein seine eigene Verbindlichkeit gegenüber den Banken (§ 179 Abs. 1 BGB) erfüllt, die dazu erforderlichen Beträge also nicht unmittelbar für die Beklagten auf gewendet hat. Von diesen zu erstattende Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB sind dem Kläger – wie dargelegt – bereits dadurch entstanden, daß er mangels Genehmigung der Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümer mit eigenen Verbindlichkeiten gegenüber den Banken belastet worden ist.
Für den zunächst entstandenen Befreiungsanspruch des Klägers gilt nicht die kurze Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 oder 7 BGB, denn die Eingehung einer Verbindlichkeit ist keine „Auslage” im Sinne dieser Vorschriften (BGH, Urteil vom 7. März 1983 – II ZR 82/82 = WM 1983, 598 unter 2). Das gilt auch für den hier zu beurteilenden Fall einer kraft Gesetzes entstandenen Verbindlichkeit. Für den Befreiungsanspruch bewendet es mithin bei der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Hieran hat sich durch die Umwandlung des Befreiungsanspruchs in einen Erstattungsanspruch nichts geändert.
3. Da diese Verjährungsfrist bei Erhebung der Klage gegenüber sämtlichen Beklagten noch nicht abgelaufen war, kann die vom Berufungsgericht ausgesprochene Klagabweisung nicht bestehen bleiben. Die Sache war daher zur Feststellung der Begründetheit der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungsersatzansprüche an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Unterschriften
W, Dr. P, G, Dr. H, B
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 28.04.1993 durch Sierl Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen