Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom … 1985 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Lohnsteuerhinterziehung und wegen Umsatzsteuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ihn für schuldig befunden, hinsichtlich der Steuerzeiträume 1978 und 1979 an der Verkürzung von insgesamt 525.375,89 DM Lohnsteuer und 736.676,30 DM Umsatzsteuer beteiligt zu sein. Mit der Revision rügt er die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht in gehöriger Form ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision kann sich nicht gegen einzelne Feststellungen mit der bloßen Behauptung wenden, sie hätten sich nicht in der Hauptverhandlung ergeben. Über das Ergebnis der Hauptverhandlung hat der Tatrichter zu befinden; was sie erbracht hat, ist aus dem Urteil ersichtlich.
2. Auch die Sachrüge greift nicht durch. Die Ausführungen der Revision hierzu sind großenteils offensichtlich unbegründet. Näher darzulegen ist nur folgendes:
a) Die Feststellungen tragen die Annahme, der Angeklagte sei Mittäter der bezeichneten Steuerhinterziehungen.
Allerdings geht das Landgericht (UA S. 36) zu Unrecht davon aus, er sei Unternehmer im Sinne des § 2 UStG und Arbeitgeber im Sinne des § 41 a EStG, d.h. Steuerschuldner (§ 13 Abs. 2 UStG) der hinterzogenen Umsatzsteuern und als sonst Steuerpflichtiger (§ 33 Abs. 1 AO) zur Erklärung verpflichtet gewesen hinsichtlich der einzubehaltenden und abzuführenden Lohnsteuern (§ 41 a EStG), deren Anmeldung unterblieben ist. Beide Annahmen, die von der Revision beanstandet werden, treffen nicht zu. Die Firma HTF-Bau GmbH, deren Gesellschafter 1978 Hombeck, Wendt und der Angeklagte sowie 1979 – nach dem Ausscheiden Hombecks – Wendt und der Angeklagte allein waren, war steuerrechtlich sowohl Unternehmer als auch Arbeitgeber. Dies gilt nach § 41 AO selbst insoweit, als die GmbH unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung betrieben hat (UA S. 5 f). Daß sie in solchen Fällen nach den Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht als Arbeitgeber anzusehen ist (BGHSt 31, 32, 35 ff), läßt ihre steuerrechtlichen, insbesondere ihre lohnsteuerrechtlichen Pflichten unberührt (BFH wistra 1982, 234; Senatsbeschluß vom 2. Mai 1984 – 3 StR 159/84; vgl. ferner BGHSt 33, 35, 36). Überdies ist nicht festgestellt, daß der Angeklagte als gesetzlicher Vertreter (Geschäftsführer) oder Verfügungsberechtigter der GmbH (§§ 34, 35 AO) falsche Lohn- oder Umsatzsteuererklärungen unterzeichnet hat, obwohl er, zunächst nur für die Auftragsbeschaffung zuständig (UA S. 5, 7), nach dem Ausscheiden Hombecks, der die Buchführung und Lohnabrechnungen erledigt hatte (UA S. 5), seit dem 1. Januar 1979 einen Teil von dessen Aufgaben übernommen hatte (UA S. 10).
Auf all dies kommt es aber für die strafrechtliche Beurteilung nicht an, desgleichen nicht darauf, ob der Angeklagte im Sinne des § 14 StGB als Organ der GmbH gehandelt hat. Denn Mittäter einer Steuerhinterziehung kann auch sein, wer selbst weder Steuerschuldner noch sonst Steuerpflichtiger in bezug auf die hinterzogenen Steuern ist (vgl. BGHSt 4, 36, 39 f; 31, 323, 347). Das folgt daraus, daß die Steuerhinterziehung – jedenfalls in der Form des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO – kein Sonderdelikt ist, die Eigenschaft als Steuerpflichtiger also nicht voraussetzt (Franzen/Gast/Samson, Steuerstrafrecht 3. Aufl. § 370 AO Rdn 11 f), und bei gemeinschaftlicher Tatbegehung jeder Beteiligte sich den Tatbeitrag des oder der anderen als eigenen zurechnen lassen muß (§ 25 Abs. 2 StGB).
Dieser Rechtsauffassung, die sich schon vor dem 1. Januar 1977 durchgesetzt hatte, ist durch die neue Abgabenordnung (AO 1977) nicht der Boden entzogen worden. Der Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO läßt sie weiterhin zu. Auch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber den Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Umgestaltung zu einem Sonderdelikt so weit hätte einschränken wollen, wie es bei Zugrundelegung der Rechtsansicht der Revision der Fall wäre. Vielmehr sollte mit der Neufassung des Tatbestands allgemein nur dem Verfassungsgrundsatz, daß die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt sein muß (Art. 103 Abs. 2 GG), besser als früher (bei Annahme eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der Steuerunehrlichkeit) Genüge getan werden (vgl. BGHSt 28, 371, 378).
Für den Schuldspruch ist demnach entscheidend, daß in den der Verurteilung zugrundeliegenden Steuerzeiträumen H. und W. als Gesellschafter und Geschäftsführer, der Angeklagte als Gesellschafter und Angestellter der GmbH (UA S. 7, 10) auf Grund gemeinschaftlicher Entschlüsse (UA S. 6, 8, 10) unter Ausnutzung des Geschäftsunternehmens der GmbH zum Zwecke der Steuerhinterziehung zusammenwirkten. Demgegenüber ist es unerheblich, daß die Tatbeiträge des Angeklagten – wie die Auftragsbeschaffung, der Einsatz von „Schwarzarbeitern” (UA S. 9, 10) und die Besorgung von Scheinrechnungen für die Buchführung (UA S. 9 f, 11) – der Abgabe der falschen Steuererklärungen großenteils vorgelagert waren und insoweit die einzelnen Steuerhinterziehungsakte der fortgesetzten Taten lediglich vorbereiteten (vgl. BGH, Beschluß vom 31. Januar 1984 – 5 StR 885/83: unvollständige oder unrichtige Buchführung als Vorbereitungshandlung einer Steuerhinterziehung). Für die Annahme, der Angeklagte habe sich möglicherweise nur der Beihilfe schuldig gemacht, ist auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen eindeutigen Feststellungen kein Raum.
b) Auch der Strafausspruch hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Ohne durchgreifenden Rechtsfehler hat das Landgericht die Steuerhinterziehungen jeweils als besonders schweren Fall im Sinne des § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO gewürdigt (UA S. 40). Der Strafausspruch ist ersichtlich nicht davon beeinflußt, daß es die Ausführungen zur Bestimmung des Strafrahmens nicht der eigentlichen Zumessung der Strafe vorangestellt hat. Die Tatsache, daß der Angeklagte die strafbare Tätigkeit in der GmbH freiwillig aufgegeben hat (UA S. 39), steht nicht im Widerspruch zur Annahme, er habe – solange er sich an den Taten beteiligte – aus grobem Eigennutz gehandelt (UA S. 40). Die Annahme ist auch mit den im übrigen getroffenen Feststellungen zu vereinbaren (UA S. 6, 10, 13).
Das Landgericht durfte zu Lasten des Angeklagten erwägen, daß er durch Vermittlung von Baustellen an der von der Firma Bo. begangenen Lohnsteuerhinterziehung mitgewirkt hat (UA S. 40). Das Urteil enthält genügende Feststellungen hierzu (UA S. 8 f). Es gibt insbesondere die Umsätze an, die Bocan in den Jahren 1978 und 1979 mit der HTF GmbH hatte. Wie das Landgericht feststellt, war dem Angeklagten auch bekannt, daß Bo. einen Großteil der Löhne nicht anmeldete. Das reicht, um als zusätzliche Grundlage für die Beurteilung der Persönlichkeit des Angeklagten zu dienen. Der Umstand, daß diese Beteiligung nicht Gegenstand der Anklage war, hindert ihre Berücksichtigung im Rahmen der Strafzumessung nicht (BGHSt 30, 165, 166).
Unterschriften
Ruß, Krauth, Gribbohm, Foth, Detter
Fundstellen
Haufe-Index 1502322 |
NStZ 1986, 463 |