Verfahrensgang
LG Kempten (Urteil vom 14.11.2017) |
Tenor
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 14. November 2017 im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin abgeändert, dass gegen den Angeklagten S. die Höhe des Einziehungsbetrages auf 436.000 Euro und gegen den Angeklagten V. auf 202.000 Euro festgesetzt wird. Hinsichtlich eines Betrages von 202.000 Euro haften die Angeklagten als Gesamtschuldner.
Die Angeklagten haben jeweils die Kosten des sie betreffenden Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen schweren Bandendiebstahls in vier Fällen und wegen Verabredung zum schweren Bandendiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und den Angeklagten V. wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen und wegen Verabredung zum schweren Bandendiebstahl zu einer solchen von fünf Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten S. hat es die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 151.000 Euro, gegen den Angeklagten V. in Höhe von 17.000 Euro mit einer gesamtschuldnerischen Haftung beider Angeklagter in dieser Höhe angeordnet. Die jeweils auf die Einziehungsentscheidung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Rz. 2
1. Nach den Urteilsfeststellungen entwendeten die Angeklagten als Mitglieder einer Bande bei Einbrüchen in Geschäftslokale im Inland unter anderem Parfümerieartikel und Bargeld, der Angeklagte S. darüber hinaus Markenkleidung. Das Diebesgut verbrachten die Tatbeteiligten nach Rumänien und verwerteten es dort. Den Erlös und das entwendete Bargeld teilten sie untereinander auf.
Rz. 3
2. Die Strafkammer hat den Gesamtentwendungsschaden bei den jeweiligen Taten im Einzelnen beziffert, das Vorhandensein abzugsfähiger Aufwendungen (§ 73d Abs. 1 StGB) verneint und je nach Tatbeteiligung den sich hiernach ergebenden Wertersatz für das erlangte Diebesgut in Ansatz gebracht. Soweit den geschädigten Geschäftsinhabern der Entwendungsschaden durch eine Versicherungsgesellschaft ersetzt worden war, hat es den ersetzten Betrag bei der Berechnung der Höhe des einzuziehenden Wertersatzes in Abzug gebracht, weil der Anspruch der Verletzten durch die Ersatzleistung der Versicherer erloschen sei (§ 73e Abs. 1 StGB).
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
1. Die Beschränkung der Revision auf die Entscheidung der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen ist wirksam, weil diese Anordnung unabhängig von der Schuldfrage beurteilt werden kann und auch in keinem inneren Zusammenhang mit dem Strafausspruch steht (vgl. BGH, Urteile vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 und vom 5. September 2017 – 1 StR 677/16, NStZ-RR 2017, 342; Beschluss vom 16. Mai 2018 – 1 StR 633/17).
Rz. 5
2. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg, weil das Landgericht bei der Berechnung der Höhe des Wertes der Taterträge die Ersatzleistungen der Versicherer an die Verletzten rechtsfehlerhaft in Abzug gebracht hat.
Rz. 6
a) Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend das einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist dessen Einziehung nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung eines Geldbetrages auszusprechen, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine Einziehung ist nach § 73e Abs. 1 StGB nF zwar ausgeschlossen, wenn der Anspruch auf Rückgewähr oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts ist aber der Anspruch des Verletzten durch Ersatzleistung des Versicherers nicht erloschen.
Rz. 7
b) Die Vorschrift des § 73e Abs. 1 StGB nF soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Täter, der durch die Tat etwas erlangt hat, sich neben der Einziehung auch weiterhin den Ansprüchen des Geschädigten ausgesetzt sieht. Zur Vermeidung einer Doppelbelastung soll die Einziehung dann entfallen, wenn der Anspruch des Geschädigten bis zum Abschluss des Erkenntnisverfahrens, etwa durch Sicherstellung und Rückgabe des entwendeten Gegenstandes, erlischt (vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 500). Mit den vorliegend erbrachten teilweisen Ersatzleistungen der Versicherer an die Geschädigten sind die Rückgewähransprüche der Verletzten aber nicht erloschen, sondern nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Versicherer übergegangen. Diese Ansprüche bestehen daher fort. Als Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF gilt nunmehr der Versicherer (BT-Drucks. 18/9525, S. 51, vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17).
Rz. 8
3. Aufgrund der Urteilsfeststellungen kann der Senat die Höhe des Wertes der Taterträge des von den Angeklagten Erlangten entsprechend § 354 Abs. 1 StPO – in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts – selbst festsetzen. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler den Wert der entwendeten Gegenstände an Hand der Angaben der Geschädigten festgestellt, das Vorhandensein abzugsfähiger Aufwendungen verneint und die Höhe des Wertes der Taterträge alternativ berechnet für den Fall, dass die Ersatzleistungen der Versicherer aus Rechtsgründen nicht in Abzug zu bringen sind.
Unterschriften
Jäger, Bellay, Cirener, Fischer, Pernice
Fundstellen
Haufe-Index 12033617 |
NStZ-RR 2018, 335 |
StV 2019, 19 |
ZWH 2019, 35 |