Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 10.05.1999) |
LG Krefeld (Urteil vom 25.06.1998) |
Tenor
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Mai 1999 aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 25. Juni 1998 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Anschlußberufung der Klägerin wird zurückgewiesen; die mit der Anschlußberufung erweiterte Klage wird abgewiesen.
4. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte ist der zweite Ehemann der Klägerin. Die 1985 geschlossene Ehe ist seit Dezember 1997 rechtskräftig geschieden; die Durchführung des Zugewinnausgleichs steht aus.
Am 6. Juni 1986 schlossen die Parteien einen notariellen Vertrag, in dem die Klägerin dem Beklagten das hälftige Miteigentum an einem ihr gehörenden Grundstück übertrug und der Beklagte die gesamtschuldnerische Haftung für eine durch Grundschuld gesicherte Forderung der Bausparkasse übernahm. Die Eintragung des Miteigentums wurde bewilligt und der Notar zugleich beauftragt, am 2. Januar 1987 den Eintragungsantrag zu stellen. In der Folgezeit bauten die Parteien das auf dem Grundstück stehende Gebäude zu einem Doppelhaus um, in dem sie ihre Familienwohnung nahmen. Ein Antrag auf Eintragung des Miteigentums wurde nicht gestellt.
Im Juli 1994 widerrief die Klägerin die „Schenkung” des hälftigen Miteigentums wegen groben Undanks, weil der Beklagte 1993 – noch vor Trennung der Parteien – ehewidrige Beziehungen aufgenommen hatte. 1995 übertrug die Klägerin das Eigentum an dem Grundstück auf ihren ersten Ehemann, der nunmehr im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist.
Die Klägerin hat zunächst die Feststellung begehrt, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, die Umschreibung des hälftigen Miteigentumsanteils auf sich zu beanspruchen; hilfsweise hat sie beantragt, dem Beklagten zu untersagen, die Umschreibung auf sich zu veranlassen. Das Landgericht hat dem Hilfsantrag stattgegeben. Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Nachdem sich im Berufungsrechtszug herausgestellt hatte, daß die Klägerin nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks ist, hat die Klägerin behauptet, daß der Beklagte sich aufgrund der notariellen Vereinbarung eines Schadensersatzanspruchs gegen sie berühme, und hilfsweise beantragt festzustellen, daß dem Beklagten aus dieser Vereinbarung keine Rechte mehr gegen sie zustehen. Das Oberlandesgericht hat diesem Antrag entsprochen, die Klage im übrigen abgewiesen und die Berufung des Beklagten im übrigen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, mit welcher er sein Begehren, die Klage in vollem Umfang abzuweisen, weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Abänderung des Urteils des Landgerichts und zur Abweisung der Klage.
1. Das Oberlandesgericht hat den von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Feststellungsantrag als Klageänderung angesehen, die jedoch als sachdienlich zuzulassen sei. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision gehen fehl; denn die Zulassung der Klageänderung durch das Oberlandesgericht ist nach § 268 ZPO einer Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht entzogen. Der dem geänderten Klageantrag entsprechende Urteilsausspruch verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der reformatio in peius (§ 536 ZPO). Zwar geht dieser Ausspruch über den Entscheidungssatz des nur vom Beklagten mit der Berufung angegriffenen landgerichtlichen Urteils hinaus. Die Klageänderung läßt sich jedoch als eine konkludente Anschlußberufung der Klägerin verstehen (vgl. BGH Urteil 28. Oktober 1953 – VI ZR 217/52 – NJW 1954, 266, 267).
2. Die notarielle Vereinbarung der Parteien hat das Oberlandesgericht als eine ehebezogene Zuwendung angesehen. Da mit der Scheidung der Ehe die Geschäftsgrundlage für die in diesem Vertrag vereinbarte Übertragung des hälftigen Eigentums entfallen sei, könne der Beklagte die Vollziehung dieses Vertrags nicht mehr verlangen und hierauf gestützte Ansprüche nicht mehr geltend machen.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts: Die Klägerin hat sich in der notariellen Vereinbarung verpflichtet, dem Beklagten das hälftige Miteigentum an ihrem Grundstück zu übertragen, und die Auflassung erklärt. Auf diesem Grundstück wollten die Parteien sich – wie später auch geschehen – durch Umbauten ihr Familienheim schaffen. Das Oberlandesgericht hat deshalb die Übertragung des hälftigen Miteigentums in nicht zu beanstandender Weise als einen Beitrag der Klägerin zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Beklagten und damit als ehebezogene Zuwendung gewürdigt (vgl. dazu etwa Senatsurteil BGHZ 115, 132, 135 ff. m.w.N.).
Ehebezogene Zuwendungen können beim Scheitern der Ehe nach den Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu Ausgleichsansprüchen des Zuwendenden (hier: der Klägerin) führen, wenn diesem die Beibehaltung der Vermögensverhältnisse, wie sie durch die Zuwendung herbeigeführt worden sind, nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist. Dies gilt, wie der Senat wiederholt erkannt hat, allerdings in erster Linie für Fälle der Gütertrennung. Im gesetzlichen Güterstand ist ein Ausgleich zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, dort aber nur gerechtfertigt, wenn besondere Umstände den güterrechtlichen Ausgleich als nicht tragbare Lösung erscheinen lassen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 115, aaO, 135 ff. und vom 23. April 1997 – XII ZR 20/95 – FamRZ 1997, 933).
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn eine ehebezogene Zuwendung – wie hier – noch nicht abschließend vollzogen ist. Auch in einem solchen Fall führt das Scheitern der Ehe nicht ohne weiteres zum Erlöschen von Rechten, die aufgrund der Zuwendung bereits entstanden sind. Vielmehr ist der Wert solcher Rechte grundsätzlich als Aktiv- oder Passivposten in den jeweiligen Endvermögen der Ehegatten zu berücksichtigen und güterrechtlich auszugleichen. Nur soweit besondere Umstände einen solchen güterrechtlichen Ausgleich als nicht tragbare Lösung erscheinen lassen, kann die Vereinbarung über die nicht abschließend vollzogene ehebezogene Zuwendung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage an die mit dem Scheitern der Ehe eingetretene neue Situation angepaßt werden. Solche Gründe sind jedoch weder vom Oberlandesgericht festgestellt noch sonst ersichtlich. Der Umstand, daß die Parteien das Gebäude auf dem Grundstück gemeinsam umgebaut haben und der Beklagte sich gegenüber der Bausparkasse verpflichtet hat, für die von der Klägerin geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen als Gesamtschuldner aufzukommen, läßt es – im Gegenteil – als sachgerecht erscheinen, eine Berücksichtigung der beiderseitigen Ansprüche allein dem Zugewinnausgleich vorzubehalten.
b) Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Dabei kann vorliegend offenbleiben, ob die Klägerin nach den mit ihrem ersten Ehemann getroffenen Abreden noch in der Lage ist, dem Beklagten Miteigentum an dem – inzwischen ihrem ersten Ehemann übereigneten – Grundstück zu verschaffen. Ein etwaiges Unvermögen der Klägerin zur Verschaffung des dem Beklagten zugesagten Miteigentums wäre von der Klägerin jedenfalls zu vertreten und ließe bereits entstandene Rechte des Beklagten aus der notariellen Vereinbarung jedenfalls nicht ersatzlos entfallen, es würde vielmehr einen Ersatzanspruch des Beklagten nach Maßgabe der §§ 280, 325 BGB begründen.
3. Das Berufungsurteil kann nach allem keinen Bestand haben. Der Senat ist in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Der Sachverhalt ist, soweit für die von der Klägerin gestellten Anträge von Bedeutung, unstreitig; weitere tatsächliche Feststellungen sind weder zu erwarten noch erforderlich. Die von der Klägerin im ersten Rechtszug gestellten Anträge sind mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig, da, worauf das Oberlandesgericht mit Recht hinweist, die Übertragung des Grundeigentums auf den ersten Ehemann der Klägerin dem Beklagten die Möglichkeit genommen hat, eine Umschreibung des hälftigen Miteigentums auf sich zu bewirken. Im übrigen ist die Klage unbegründet. Die Scheidung der Ehe der Parteien hat für sich allein nicht zu einem Wegfall der mit der notariellen Vereinbarung begründeten Rechte des Beklagten geführt. Diese Rechte sind auch durch die zwischenzeitliche Veräußerung des Grundstücks nicht ersatzlos erloschen. Die Klage war daher auch in Ansehung des Feststellungsbegehrens der Klägerin abzuweisen.
Unterschriften
Hahne, Gerber, Wagenitz, Fuchs, Vézina
Fundstellen
BGHR 2002, 547 |
FamRZ 2003, 230 |
FPR 2002, 408 |
LL 2002, 808 |