Leitsatz (amtlich)
a) Das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 S. 1 BGB schließt den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB nicht aus (Bestätigung von BGH BGHZ 60, 235 [241 f.] und v. 7.3.1986 - V ZR 92/85, BGHZ 97, 231 [234] = MDR 1986, 742).
b) Der Eigentümer eines Baums muss dafür Sorge tragen, dass dessen Wurzeln nicht in das Nachbargrundstück hinüberwachsen; verletzt er diese Pflicht, ist er hinsichtlich der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks "Störer" i. S. v. § 1004 Abs. 1 BGB.
c) Der durch von dem Nachbargrundstück hinübergewachsene Baumwurzeln gestörte Grundstückseigentümer kann die von dem Störer geschuldete Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung selbst vornehmen und die dadurch entstehenden Kosten nach Bereicherungsgrundsätzen erstattet verlangen (Bestätigung der Rspr. d. BGH, v. 7.3.1986 - V ZR 92/85, BGHZ 97, 231 [234] = MDR 1986, 742 und v. 2.12.1988 - V ZR 26/88, BGHZ 106, 142 [143] = MDR 1989, 341; Urt. v. 8.2.1991 - V ZR 346/89, MDR 1991, 870 = WM 1991, 1685 [1686] und v. 21.10.1994 - V ZR 12/94, MDR 1995, 146 = WM 1995, 76).
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1 S. 1, § 910 Abs. 1 S. 1, § 1004 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 13.03.2003) |
AG Berlin-Spandau |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil der 52. Zivilkammer des LG Berlin v. 13.3.2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Klägerin führte ein aus drei großen Betonplatten bestehender Weg von der Straße zum Eingang des Wohnhauses. Die Klägerin ließ im Jahr 2001 diesen Weg aufbrechen und durch einen mit Kleinpflastersteinen befestigten Weg ersetzen. Hierfür zahlte sie 1.179,37 Euro.
Mit der Behauptung, dass die Wurzeln eines auf dem Grundstück des Beklagten ungefähr 1m von der Grundstücksgrenze entfernt stehenden Kirschbaums in ihr Grundstück hineingewachsen seien und dort innerhalb der letzten drei Jahre eine der drei Betonplatten des früheren Weges um 25 bis 30 mm angehoben hätten, so dass ein Versatz entstanden sei, hat die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 1.179,37 Euro nebst Zinsen beantragt. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Mit der von dem LG zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin weiter die Durchsetzung der Klage. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe gegen den Beklagten nach § 1004 BGB einen Anspruch auf das Entfernen der Wurzel seines Kirschbaums von ihrem Grundstück gehabt. Sie habe diese Wurzel nach § 910 Abs. 1 S. 1 BGB auch selbst abschneiden und behalten dürfen. Jedoch gehe es in diesem Rechtsstreit nicht um den Ersatz der Kosten für das Abschneiden. Die Klägerin verlange vielmehr Schadensersatz auf Grund der von dem Beklagten verursachten Störung, nicht aber die Beseitigung der Störung selbst; diese sei mit dem Entfernen der Wurzel beendet gewesen.
Ein deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB steht der Klägerin nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu, weil der Beklagte nicht schuldhaft gehandelt habe. Einen Anspruch auf den Ersatz eines Verzugsschadens habe die Klägerin ebenfalls nicht, weil die Voraussetzungen des Verzugs nicht vorlägen.
Selbst wenn die Erneuerung des Plattenwegs eine Maßnahme zur Beseitigung der von der Wurzel ausgehenden Störung gewesen sei, stünde einem Bereicherungsanspruch der Klägerin entgegen, dass der Gläubiger eines auf die Vornahme einer vertretbaren Handlung gerichteten Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO vorgehen müsse, nicht aber zur Selbsthilfe greifen und dann die Kosten bei dem Schuldner liquidieren dürfe. Nur wenn dem Gläubiger die Selbsthilfe gestattet sei, lasse sich an einen Bereicherungsanspruch denken. Das sei nach § 910 Abs. 1 S. 1 BGB insofern der Fall, als die Klägerin eventuell die für das Abschneiden der Wurzel entstandenen Kosten ersetzt verlangen könne; diese mache sie jedoch nicht geltend.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
II.
1. Zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 823 Abs. 1 BGB wegen fehlenden Verschuldens des Beklagten. Das nimmt die Revision hin.
2. Ebenfalls zu Recht verneint es einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach §§ 286 Abs. 1 und 2, 288 Abs. 4 BGB. Die Voraussetzungen des Verzugs liegen nicht vor. Die Verfahrensrüge der Revision (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerin übergangen, ist unbegründet. Abgesehen davon, dass der Vortrag der Klägerin, sie habe den Beklagten auf den zunehmenden Versatz der Betonplatte angesprochen, keine Mahnung enthält, sind die geltend gemachten Kosten auch kein Verzugsschaden.
3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Eigentümer von seinem Nachbarn nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB die Beseitigung von Baumwurzeln verlangen kann, die von dem Nachbargrundstück in sein Grundstück eingedrungen sind. Das Selbsthilferecht des Eigentümers nach § 910 Abs. 1 S. 1 BGB schließt einen solchen Beseitigungsanspruch nicht aus; beide bestehen gleichrangig nebeneinander (BGH BGHZ 60, 235 [241 f.]; v. 7.3.1986 - V ZR 92/85, BGHZ 97, 231 [234] = MDR 1986, 742; Urt. v. 8.6.1979 - V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156; Picker, JuS 1974, 357 [359 ff.]; Gursky, JZ 1992, 312 [313]; Roth, JZ 1998, 94). An dieser Auffassung hält der Senat trotz ablehnender Stimmen im Schrifttum (Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rz. 1281; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 21 II. 1.; Canaris, FS für Medicus, 1999, S. 25, 53 ff.; Armbrüster, NJW 2003, 3087 [3089]) fest. Für sie spricht neben dem Grundgedanken des § 903 BGB (BGH BGHZ 60, 235 [242]) der Umstand, dass dem durch Baumwurzeln beeinträchtigten Grundstückseigentümer dasselbe Abwehrrecht zustehen muss wie demjenigen, dessen Eigentum in anderer Art beeinträchtigt wird. Das wäre nicht gewährleistet, wenn der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB durch das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 BGB ausgeschlossen wäre. Denn wenn der Eigentümer von seinem Selbsthilferecht Gebrauch macht und die eingedrungenen Baumwurzeln abschneidet, ist damit die Beseitigung der Eigentumsstörung noch nicht abgeschlossen. Vielmehr beeinträchtigen die Wurzeln weiterhin die Sachherrschaft des Grundstückseigentümers, zu der es gehört, fremde Gegenstände von seinem Grundstück fern zu halten. Zur Beseitigung der Eigentumsstörung ist also mehr als nur das bloße Abschneiden der eingedrungenen Baumwurzeln erforderlich. Dieses "Mehr" kann der gestörte Eigentümer von dem Störer jedoch nicht nach § 910 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern nur nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen.
4. Mit einer rechtlich nicht haltbaren Begründung nimmt das Berufungsgericht an, dass die Klägerin keinen Bereicherungsanspruch habe. Stand ihr nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB ein Anspruch auf Beseitigung der durch die Baumwurzel hervorgerufenen Beeinträchtigung des Weges gegen den Beklagten zu, ist er dadurch, dass die Klägerin die Arbeiten durchführen ließ, von einer ihm obliegenden Verpflichtung befreit und deshalb "auf sonstige Weise" i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB bereichert worden (st. Rspr. d. BGH seit BGHZ 60, 235 [243]; BGH, Urt. v. 21. 1994 - V ZR 12/94, MDR 1995, 146 = WM 1995, 76). Ein rechtlicher Grund dafür ist nicht gegeben. So gibt es insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin als Geschäftsführerin ohne Auftrag für den Beklagten gehandelt hat.
a) Nach dem Vortrag der Klägerin konnte sie nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB die Beseitigung der Beeinträchtigung ihres Eigentums verlangen. Der von der Straße zum Hauseingang führende Weg stand schon damals im Eigentum der Klägerin. Dieses Eigentum war durch das Eindringen der Wurzel des Kirschbaums und das damit verbundene Anheben der Betonplatte beeinträchtigt worden. Der Beklagte war Störer i. S. d. § 1004 BGB. Zwar beruhte das Hinüberwachsen der Wurzel auf einem natürlichen Vorgang. Aber auch durch Naturereignisse ausgelöste Störungen können dem Eigentümer zurechenbar sein. Bisher hat der Senat in den Fällen des Hinüberwachsens von Baumwurzeln in das Nachbargrundstück den Eigentümer für verantwortlich gehalten, weil er den Baum gepflanzt (BGH v. 7.3.1986 - V ZR 92/85, BGHZ 97, 231 = MDR 1986, 742; v. 2.12.1988 - V ZR 26/88, BGHZ 106, 142 = MDR 1989, 341; v. 18.4.1997 - V ZR 28/96, BGHZ 135, 235 = MDR 1997, 825; Urt. v. 8.2.1991 - V ZR 346/89, MDR 1991, 870 = WM 1991, 1685 [1686]) bzw. unterhalten hat (BGH, Urt. v. 21.10.1994 - V ZR 12/94, MDR 1995, 146 = WM 1995, 76 f.). In jüngerer Zeit hat der Senat bei dem Einwirken von Naturkräften darauf abgestellt, ob die Störung auf einem pflichtwidrigen Unterlassen beruht, ob sich also aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine "Sicherungspflicht", d. h. eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen der Nachbargrundstücke ergibt (BGH, Urt. v. 7.7.1995 - V ZR 213/94, MDR 1995, 1118 = WM 1995, 1844 [1845] - Wollläuse; Urt. v. 16.2.2001 - V ZR 422/99, MDR 2001, 628 = BGHReport 2001, 393 = WM 2001, 1299 [1300 f.] - Mehltau). In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der Senat erst kürzlich hervorgehoben, dass u. a. entscheidend sei, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung halte (BGH, Urt. v. 14.11.2003 - V ZR 102/03, Umdr. S. 13, zur Veröffentlichung auch in BGHZ bestimmt). Von diesem Ansatz aus ist die Störereigenschaft des Eigentümers eines Baumes, dessen Wurzeln in das Nachbargrundstück hinüberwachsen, problemlos zu bejahen. Denn nach dem in § 903 BGB enthaltenen Grundgedanken, der in der Spezialregelung des § 910 BGB eine besondere Ausprägung gefunden hat, muss der Eigentümer dafür Sorge tragen, dass die Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen.
b) Die Klägerin war zur Duldung der Beeinträchtigung ihres Eigentums nicht verpflichtet (§ 1004 Abs. 2 BGB). Maßstab ist hier § 910 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB (BGH, Urt. v. 14.11.2003 - V ZR 102/03, Umdr. S. 9). Danach kann der betroffene Eigentümer die Beseitigung hinübergewachsener Baumwurzeln nicht verlangen, wenn sie die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigen. Hier lag jedoch nach dem Vortrag der Klägerin eine Beeinträchtigung vor, weil die Baumwurzel eine Gehwegplatte angehoben hatte.
c) Die Klägerin hat damit einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf Erstattung der notwendigen Kosten, die von dem Beklagten zur Erfüllung des Beseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB hätten aufgewendet werden müssen. Trotz ablehnender Stimmen im Schrifttum (Gursky, NJW 1971, 782 ff.; JZ 1992, 310 [313 ff.]; JZ 1996, 683 [686]; Picker, JuS 1974, 357 [361 f.]; Kahl, Anm. zu LM BGB § 1004 Nr. 217) hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, dass der durch von dem Nachbargrundstück hinübergewachsene Baumwurzeln gestörte Grundstückseigentümer die von dem Störer geschuldete Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung selbst vornehmen und die dadurch entstehenden Kosten nach Bereicherungsgrundsätzen erstattet verlangen kann (BGH v. 7.3.1986 - V ZR 92/85, BGHZ 97, 231 [234] = MDR 1986, 742; v. 2.12.1988 - V ZR 26/88, BGHZ 106, 142 [143] = MDR 1989, 341; Urt. v. 8.2.1991 - V ZR 346/89, MDR 1991, 870 = WM 1991, 1685 [1686]; Urt. v. 21.10.1994 - V ZR 12/94, MDR 1995, 146 = WM 1995, 76; ebenso OLG Düsseldorf v. 11.6.1986 - 9 U 51/86, MDR 1986, 1029 = NJW 1986, 2648 [2649]; Medicus in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 1004 Rz. 75; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 1004 Rz. 30). Das ist nicht systemwidrig.
Aus § 267 BGB folgt der für alle Schuldverhältnisse geltende Grundsatz, dass, wenn der Schuldner nicht in Person zu leisten hat, ein Dritter für ihn leisten kann. Dieser Grundsatz gilt - wie § 910 Abs. 1 BGB zeigt - auch hier; die Pflicht zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung ist keine persönliche Leistungspflicht des Störers. Auch Sinn und Zweck des § 910 BGB stehen der in ständiger Senatsrechtsprechung vertretenen Auffassung nicht entgegen. Es geht nicht um den Ersatz von Kosten, die dem betroffenen Grundstückseigentümer durch die Ausübung seines Selbsthilferechts entstanden sind, sondern um den Ersatz der Kosten, die der Störer für die Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung hätte aufwenden müssen. Mit der Bejahung des Bereicherungsanspruchs wird auch nicht eine reine Kausalhaftung des Störers begründet. Wie dargelegt, gründet sich seine - verschuldensunabhängige - Haftung nicht auf das bloße Unterhalten des Baumes, sondern darauf, dass er seine Pflicht verletzt hat, ein Hinüberwachsen der Wurzeln zu verhindern.
Schließlich steht der hier vertretenen Auffassung auch § 887 ZPO nicht entgegen. Diese Vorschrift des Zwangsvollstreckungsrechts setzt einen vollstreckbaren Titel, in welchem der Störer zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung verpflichtet wird, voraus; sie greift jedoch nicht in das materielle Recht ein. Hinzu kommt, dass sich die Ursache einer durch eingedrungene Baumwurzeln hervorgerufenen Eigentumsbeeinträchtigung nicht ohne weiteres erkennen lässt. Sie muss erst durch das Aufgraben des Bodens oder andere Maßnahmen wie z. B. die "Fernsehuntersuchung" eines Abwasserkanals ermittelt werden. Deshalb kann von dem Eigentümer nicht verlangt werden, sogleich von seinem Nachbarn die Beseitigung einer Beeinträchtigung, deren Ursache nicht bekannt ist, zu verlangen; vielmehr muss er zunächst selbst tätig werden. Erkennt er sodann die Störungsursache, rechtfertigt sein Interesse an einer zügigen Störungsbeseitigung das Fortführen der begonnenen Arbeiten.
5. Das Berufungsurteil ist somit insoweit rechtsfehlerhaft. Das führt allerdings nicht zu seiner Aufhebung, denn die Entscheidung stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar.
Zu den von dem Beklagten zu erstattenden notwendigen Kosten für die Beseitigung der Beeinträchtigung gehören die Aufwendungen der Klägerin für die Feststellung der Störungsursache und für die Reparatur des Weges (BGH, Urt. v. 21.10.1994 - V ZR 12/94, MDR 1995, 146 = WM 1995, 76 [77]). Denn der Beklagte schuldet nicht nur die isolierte Beseitigung der weiter störenden Baumwurzel, sondern auch die anschließende Wiederherstellung des Weges, weil die Beseitigungspflicht auch diejenige Eigentumsbeeinträchtigung erfasst, die zwangsläufig durch das Beseitigen der Störung eintritt (BGH v. 18.4.1997 - V ZR 28/96, BGHZ 135, 235 [238 f.] = MDR 1997, 825). Dies verwischt nicht die Grenze zwischen Beseitigungsanspruch und Schadensersatzanspruch, sondern führt nur zu einer partiellen Überlappung beider Ansprüche. Danach erstattungsfähige Beseitigungskosten macht die Klägerin jedoch nicht geltend. Aus der Position 01 der von ihr vorgelegten Rechnung v. 20.11.2001 geht hervor, dass sämtliche Betonplatten des ursprünglichen Weges aufgebrochen und der Betonbruch abgefahren worden sind. Das war für die Feststellung der Störungsursache nicht erforderlich. Es hätte ausgereicht, die von der Baumwurzel angehobene Betonplatte aufzunehmen, die Wurzel abzuschneiden, den Untergrund wieder herzustellen und die Betonplatte wieder hinzulegen. Die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobene Verfahrensrüge (§ 139 ZPO), die Klägerin hätte auf einen richterlichen Hinweis ausgeführt, dass für die Beseitigung der Baumwurzel wenigstens die angehobene Betonplatte entfernt werden musste, ist unbegründet. Mit diesem zwar schlüssigen Vortrag hätte die Klägerin ihre Klageforderung nicht begründen können, weil die von ihr vorgelegte Rechnung keine Kosten für das Entfernen und Zurücklegen der unbeschädigten Betonplatte enthält. Die übrigen Rechnungspositionen betreffen weder die Feststellung der Störungsursache noch die Reparatur des Weges, soweit sie durch die Beseitigung der Beeinträchtigung erforderlich geworden ist.
6. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht ihr kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog zu. Zwar kommt ein solcher Anspruch (zu den Voraussetzungen s. nur BGH, Urt. v. 30.5.2003 - V ZR 37/02, MDR 2003, 1225 = BGHReport 2003, 932 = WM 2003, 1969 [1970], m. w. N.) auch bei dem grenzüberschreitenden Eindringen von Baumwurzeln in ein Grundstück in Betracht (BGH, Urt. v. 8.3.1990 - III ZR 141/88, MDR 1991, 228 = NJW 1990, 3195 [3196]; Erman/Hagen/A. Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906 Rz. 39). Aber wegen seiner Subsidiarität gleicht er nur solche Beeinträchtigungen aus, für die der betroffene Eigentümer keinen anderweitigen Ersatz erlangen kann. An dieser Voraussetzung fehlt es hier; die Klägerin kann - wie vorstehend ausgeführt - von dem Beklagten die Kosten für die Beseitigung der Baumwurzel und die Wiederherstellung des Weges verlangen. Dass darüber hinausgehende, durch das Hinüberwachsen der Baumwurzel verursachte Kosten entstanden sind, ist weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1099279 |
NJW 2004, 603 |
NWB 2004, 900 |
BGHR 2004, 437 |
BauR 2004, 555 |
DWW 2004, 90 |
EBE/BGH 2004, 34 |
NZM 2004, 154 |
ZAP 2004, 287 |
ZfIR 2004, 794 |
JA 2004, 428 |
JZ 2004, 627 |
MDR 2004, 504 |
NuR 2004, 336 |
ZfS 2004, 153 |
RdW 2004, 381 |
UPR 2004, 227 |
JT 2004, 230 |