Leitsatz (amtlich)
Die nach dem Gesetz vom 15. Juli 1965 zu zahlende sogenannte Weihnachtszuwendung gehört zu den Dienstbezügen im Sinne des § 87 a BBG. Der Schädiger hat nur den auf die Zeit der Dienstunfähigkeit des Beamten entfallenden Teil der Zuwendung zu erstatten.
Verfahrensgang
KG Berlin (Entscheidung vom 28.09.1970) |
LG Berlin (Entscheidung vom 19.01.1970) |
Tenor
I.
Auf die Revision der beklagten Versicherungsgesellschaft wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. September 1970 aufgehoben, soweit es das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 19. Januar 1970 zum Nachteil dieser Beklagten geändert hat.
II.
Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil wird insoweit zurückgewiesen.
III.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat im Verhältnis zur Beklagten die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Beklagte ist der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer der Stenokontoristin Ingeborg K.. Diese hat am 23. November 1967 mit dem versicherten Kraftwagen einen Verkehrsunfall verschuldet, bei dem der in den Diensten der Klägerin stehende Oberregierungsrat Professor Dr. Ka. verletzt wurde. Er war vom 23. November 1967 bis einschließlich 2. Januar 1969 arbeitsunfähig. Die Klägerin hat ihm in dieser Zeit das Bruttogehalt von 3.017,25 DM und die Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld) nach dem Gesetz vom 15. Juli 1965 (BGBl I S. 609) in Höhe von 769,92 DM gezahlt.
Die Beklagte hat der Klägerin das Bruttogehalt und von der Sonderzuwendung einen Betrag von 81,26 DM für die Zeit vom 21. November bis 31. Dezember 1967 erstattet.
Mit der Klage hat die Klägerin u.a. den Differenzbetrag von 688,66 DM (769,92 minus 81,26 DM) nebst Zinsen verlangt. Sie hat insoweit die nach § 87 a BBG auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche des Oberregierungsrats Professor Dr. Ka. gegen Ingeborg K. und aufgrund des § 3 des Pflichtversicherungsgesetzes gegen die Beklagte geltend gemacht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Klägerin könne die Sonderzuwendung nicht in voller Höhe erstattet verlangen, sondern habe nur einen prozentualen Erstattungsanspruch für die Zeit, in der Professor Ka. dienstunfähig gewesen sei. Insoweit habe sie mit der Zahlung von 81,26 DM ihre Verpflichtung erfüllt.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich des Betrages von 688,66 DM abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen verurteilt.
Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Wird ein Beamter körperlich verletzt, so geht ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch, der ihm hieraus gegen einen anderen zusteht, nach § 87 a BBG insoweit auf den Dienstherrn über, als dieser während der auf der Körperverletzung beruhenden Aufhebung der Dienstfähigkeit zur Gewährung von Dienstbezügen verpflichtet ist. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin könne nach dieser Bestimmung Erstattung des gesamten Betrages der jährlichen Sonderzuwendung von 769,92 DM verlangen, also über den bereits gezahlten Teilbetrag von 81,26 DM hinaus auch die noch offenen 688,66 DM. Dem kann nicht beigetreten werden.
1.
Zu billigen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, daß es sich bei der Sonderzuwendung um Dienstbezüge im Sinne des § 87 a BBG handelt. Dazu gehören nicht nur die Besoldungsbezüge im engeren Sinn, sondern alle Leistungen, die der Dienstherr aufgrund des Beamtenverhältnisses nach den geltenden Vorschriften zu leisten hat (Plog-Wiedow, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, § 87 a BBG Anm. 15). Die sogenannte Weihnachtszuwendung beruht auf dem Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung vom 15. Juli 1965 (BGBl I S. 609). Sie ist keine von der Dienstleistung unabhängige Gratifikation aus Anlaß des Weihnachtsfestes, sondern ein zusätzliches Entgelt für geleistete Dienste. Das ist im Arbeitsrecht für die den Arbeitnehmern gewährte Weihnachtszuwendung längst anerkannt (vgl. das in NJW 1963, 1893 abgedruckte Urteil des Bundesarbeitsgerichts), gilt aber in gleicher Weise für die Weihnachtszuwendung, die dem Beamten gewährt wird. Das ergibt sich, wie unter 2 noch näher ausgeführt wird, aus den Voraussetzungen, an die das Gesetz das Gewähren der Zuwendung knüpft, insbesondere daraus, daß die Zuwendung von einer Dienstleistung von bestimmter Dauer abhängig gemacht wird (§ 3 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 des Gesetzes). Dafür spricht des weiteren die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Danach ist die Gewährung der Weihnachtszuwendung an Beamte eine Anpassung der Beamtenbesoldung an die von den Arbeitnehmerverbänden erkämpfte Weihnachtszuwendung für Arbeitnehmer. Sie folgt dem "durch die Tarifpolitik vorgezeichneten Weg in der Gewährung von Weihnachtszuwendung" und ist "ein erster Schritt zum 13. Monatsgehalt" (Bundestags-Drucksache IV 3000 und 3282).
Daß die Weihnachtszuwendung für Beamte ein zusätzliches Entgelt für geleistete Dienste ist und deshalb zu den nach § 87 a BBG übergangsfähigen Dienstbezügen gehört, ist in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt (anderer Meinung nur Bierstädt, VersR 1969, 109).
2.
Umstritten ist dagegen, ob die Sonderzuwendung bei der Anwendung des § 87 a BBG auf Kalendermonate aufzuteilen ist, der Anspruch also nur für die Monate der Dienstunfähigkeit auf den Dienstherrn übergeht oder ob ausschließlich auf den Monat Dezember als Zahlungsmonat abzustellen ist, so daß die gesamte Zuwendung vom Schädiger zu erstatten wäre, wenn der Beamte im Dezember infolge der Unfallverletzung dienstunfähig war.
Das Berufungsgericht ist den zweiten Weg gegangen. Es hat entscheidend darauf abgestellt, daß der Anspruch auf die Sonderzuwendung, die nach § 11 des Gesetzes vom 15. Juli 1965 mit den laufenden Bezügen für den Monat Dezember zu zahlen ist, in diesem Zeitpunkt auch erst entstehe. Das Berufungsgericht entnimmt dem Gesetz, insbesondere dem § 3 Nr. 1, daß der Anspruch auf die Sonderzuwendung nicht im Laufe des Jahres in gleichen Monatsbeträgen erwachse. Wenn der Anspruch aber erst im Dezember entstanden sei, so gehöre er auch in voller Höhe zu den Dienstbezügen, die nach § 87 a BBG zu erstatten seien (ebenso OLG Bamberg, VersR 1968, 1069; LG Hildesheim, NJW 1969, 2017; LG Mönchengladbach, VersR 1967, 1102; AG Bonn, VersR 1969, 912, Plog-Wiedow a.a.O. und Pentz, VersR 1968, 916).
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Der Standpunkt des Berufungsgerichts beachtet nicht genügend, daß ein Forderungsübergang nur in Betracht kommt, wenn die Leistung des Dienstherrn und der vom Schädiger zu leistende Schadenersatz nicht nur den gleichen Zwecken dienen, sondern sich auch auf dieselbe Zeit beziehen (sachliche und zeitliche Kongruenz). Das ist für den Forderungsübergang nach § 1542 RVO einhellige Meinung, gilt aber in gleicher Weise im Rahmen des § 87 a BBG. Auch hier muß der Schadensersatzanspruch des Beamten sich gerade auf den Zeitabschnitt erstrecken, für den die Dienstbezüge des Beamten erbracht worden sind.
Bei der Prüfung, ob diese zeitliche Übereinstimmung besteht, kommt es nicht allein darauf an, wann der Anspruch des Beamten auf die Bezüge entsteht oder fällig wird. Maßgebend ist vielmehr vor allein, für welchen Zeitraum die Bezüge gewährt werden. Für diese Frage geben die §§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Gewährung der Sonderzuwendung wichtige Anhaltspunkte. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes ist Voraussetzung für den Anspruch, daß der Beamte seit dem ersten Tag des Monats Oktober ununterbrochen oder im laufenden Kalenderjahr insgesamt sechs Monate im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn gestanden hat. Hat er nicht während des gesamten Kalenderjahres Bezüge aufgrund einer Tätigkeit im Dienste des Bundes erhalten, so vermindert sich der Grundbetrag der Zuwendung nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den ihm keine Bezüge zugestanden haben. Diese Bestimmungen zeigen, daß die Sonderzuwendung im Laufe des Jahres erdient wird. Sie ist zwar im Dezember zu zahlen, wird aber für die Dienste gewährt, die während des ganzen Jahres geleistet wurden. Dann geht es aber nicht an, die Sonderzuwendung nur auf den Monat Dezember oder gar, was vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus folgerichtig wäre, nur auf den Tag der Fälligkeit der Weihnachtszuwendung zu verrechnen. Sie muß vielmehr, wenn der Beamte nur zeitweise infolge des Unfalls dienstunfähig war, auf das ganze Jahr verrechnet und entsprechend nach Tagen aufgeteilt werden.
Die Klägerin hat an den Oberregierungsrat Professor Dr. Ka. für das Jahr 1967 die volle Sonderzuwendung gezahlt, weil dieser in allen zwölf Monaten des Jahres Anspruch auf Dienstbezüge hatte. Für die Zeit vom 1. Januar bis zum Unfall vom 23. November 1967 lag der Zahlung des Gehalts und des auf diese Zeit entfallenden Teils der jährlichen Sonderzuwendung die Dienstleistung des Beamten zu Grunde. Dagegen wurde für die Zeit vom 23. November bis 31. Dezember 1967 das Gehalt und der auf diesen Zeitraum entfallende Teil der Sonderzuwendung gezahlt, obwohl der Beamte infolge des Verkehrsunfalls dienstunfähig war. Der auf die Klägerin übergegangene Schadensersatzanspruch des Beamten kann sich nur auf diese Zeit der unfallbedingten Dienstunfähigkeit erstrecken. Daher kann auch der Forderungsübergang nur die auf diesen Zeitabschnitt entfallenden Teile der Dienstbezüge und der Sonderzuwendung erfassen. Nur auf diesem Wege kann der vom Gesetz erstrebte gerechte Schadensausgleich erreicht werden. Durch die Regelung des § 87 a BBG soll der Schädiger nicht auf Kosten des Dienstherrn entlastet werden. Er soll andererseits aber auch nicht zugunsten des Dienstherrn über den sonst zu leistenden Schadensersatz hinaus beschwert werden. Das aber wäre der Fall, wenn er Dienstbezüge (Sonderzuwendung) für einen Zeitraum erstatten müßte, in dem der Beamte seinen Dienst voll versehen hat. Dieses unbefriedigende Ergebnis wird vermieden, wenn man die Sonderzuwendung bei der Berechnung des zu ersetzenden Schadens auf das Jahr aufteilt. Für diese Lösung haben sich ausgesprochen: das OLG München in zwei Urteilen - NJW 1970, 49 und VersR 1970, 234 -, das Landgericht Düsseldorf, VersR 1968, 99, das Amtsgericht Königswinter, VersR 1968, 563 und Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, (10. Aufl. TZ 1593).
Hiernach hat die Beklagte die an den Oberregierungsrat Prof. Dr. Ka. gezahlte Sonderzuwendung nur in Höhe des Teiles zu erstatten, der auf die Zeit der unfallbedingten Dienstuntauglichkeit entfällt. Das Landgericht hat den zu ersetzenden Betrag zutreffend auf diese Weise berechnet. Daher war sein Urteil wieder herzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 3018670 |
DB 1972, 2301-2302 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1972, 766 |
NJW 1972, 766-767 (Volltext mit amtl. LS) |
DÖV 1972, 575-576 (Volltext mit amtl. LS) |
MDR 1972, 506-507 (Volltext mit amtl. LS) |
VersR 1972, 566-567 (Volltext mit red. LS) |
VerwRspr 1973, 311 |
VerwRspr 1973, 66 |
VerwRspr 24, 311 - 314 |