Leitsatz (amtlich)
Eine Beendigung der KVO-Haftung des Frachtführers, der das transportierte Gut wegen eines Ablieferungshindernisses i.S. von § 28 Abs. 5 KVO gemäß § 28 Abs. 6 KVO bei einem Spediteur oder öffentlichen Lagerhaus hinterlegt, erfordert, daß das Gut in Drittverwahrung gegeben worden ist. Eine Hinterlegung im eigenen Lager führt nicht zur Beendigung der KVO-Haftung.
Normenkette
KVO § 28 Abs. 5-6
Verfahrensgang
LG Wuppertal |
OLG Düsseldorf |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. November 1998 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, Transportversicherer der S. GmbH in Meitingen (im folgenden: S. -GmbH), nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus abgetretenem Recht wegen der Beschädigung eines Wärmetauschers auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Eigentümerin des Wärmetauschers, die C. mbH in Bad Honnef (im folgenden: C.-GmbH), erteilte der S. -GmbH den Auftrag, Reparaturarbeiten an dem Gerät durchzuführen. Anschließend sollte der Wärmetauscher aufgrund einer Weisung der C.-GmbH an deren Kundin, die Firma F. S. (im folgenden: Firma S.) in Mönchengladbach, ausgeliefert werden. Nach Abschluß der Reparaturarbeiten Anfang Oktober 1995 erteilte die S. -GmbH der B. & Co. Speditionsgesellschaft in A. (im folgenden: B.-GmbH) den Auftrag, die Beförderung des Wärmetauschers im Direkttransport ohne Umladung von Haus zu Haus von Meitingen nach Mönchengladbach zur Firma S. zu besorgen.
Der Wärmetauscher wurde daraufhin bei der S. -GmbH auf eine von der B.-GmbH gestellte Wechselbrücke verladen und am 5. Oktober 1995 mit einem Fahrzeug der B.-GmbH zunächst in deren Lager in Meitingen gebracht. Nach der Zuladung von weiterem Sammelgut beförderte die B.-GmbH die Wechselbrücke nach Mannheim, wo sie von einem Fahrer der Beklagten, mit der die B.-GmbH im Fernverkehr innerhalb Deutschlands in ständiger Geschäftsbeziehung im Begegnungsverkehr zusammenarbeitet, übernommen und anschließend in das Lager der Beklagten in H. transportiert wurde. Am 6. Oktober 1995 wurde die Wechselbrücke mit einem Nahverkehrsfahrzeug von dem Fahrer R. der Beklagten bei der Firma S. angeliefert, wo der Mitarbeiter Hö. der C.-GmbH wartete, um den Wärmetauscher in Empfang zu nehmen. Aufgrund der Beschaffenheit des Wärmetauschers wurde zur Entladung des Gerätes ein Kran benötigt, der auf dem Gelände der Firma S. nicht sofort verfügbar war. Nachdem der Fahrer R. erklärt hatte, er könne das Eintreffen eines Krans nicht abwarten, verweigerte der Mitarbeiter der C.-GmbH die Annahme des Wärmetauschers. Daraufhin brachte der Fahrer die Wechselbrücke in das Lager der Beklagten in H. zurück. Dort entluden Mitarbeiter der Beklagten die Wechselbrücke und nahmen den Wärmetauscher auf Lager.
Die Beklagte setzte die B.-GmbH und die S. -GmbH mit Telefax-Schreiben vom 6. Oktober 1995 von der Annahmeverweigerung in Kenntnis und teilte gleichzeitig mit, daß der Wärmetauscher nunmehr zu einer anderen Empfängerin nach Würselen befördert werden solle. Mit einem weiteren Telefax vom selben Tag fragte die C.-GmbH bei der Beklagten an, ob der Wärmetauscher in der kommenden Woche an die Empfängerin in Würselen ausgeliefert werden könne. Schließlich wies auch die B.-GmbH – nach Abstimmung mit der C.-GmbH – die Beklagte an, das Gerät nunmehr nach Würselen zu transportieren. Am 10. Oktober 1995 kippte der Wärmetauscher im Lager in H. von einem Hubwagen, mit dessen Hilfe Mitarbeiter der Beklagten das Gerät für den Transport nach Würselen auf eine Wechselbrücke verladen wollten. Anschließend wurde der Wärmetauscher auf eine Palette gesetzt und noch am selben Tag in Würselen gegen reine Quittung abgeliefert.
Die Empfängerin reklamierte am 13. Oktober 1995 gegenüber der B.-GmbH einen Schaden am Wärmetauscher, den der Havariegutachter mit 90.944,96 DM beziffert hat. Die B.-GmbH hat am 10. Juni 1996 sämtliche ihr gegenüber der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Transport zustehenden Schadensersatzansprüche an die Klägerin abgetreten.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei ihr zum Ersatz des Sachschadens und der Kosten für das Havariegutachten (1.882,40 DM) verpflichtet. Sie hat behauptet, die Beklagte habe vor der Einlagerung des Wärmetauschers in ihrem Lager in H. keine Weisung der B.-GmbH eingeholt. Vielmehr habe sie die B.-GmbH über die Annahmeverweigerung und die neue Lieferadresse, die sie sich vermutlich bei der C.-GmbH besorgt habe, erst nach der Einlagerung informiert.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 92.827,36 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorgetragen, ihr Fahrer habe sie noch vom Gelände der Firma S. aus von dem Ablieferungshindernis unterrichtet. Die B.-GmbH, die sie umgehend von der Annahmeverweigerung in Kenntnis gesetzt habe, habe ihr daraufhin – so die Behauptung der Beklagten in der Berufungsinstanz – zunächst nur die Weisung erteilt, den Wärmetauscher einzulagern. Das Faxschreiben der C.-GmbH vom 6. Oktober 1995 sei bei ihr erst nach der Einlagerung des Gerätes, nämlich am 9. Oktober 1995, eingegangen. Auf telefonische Nachfrage habe die B.-GmbH ihr noch am selben Tag den Transport des Wärmetauschers nach Würselen bestätigt. Die Beklagte hat sich zudem auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten für den am Wärmetauscher entstandenen Schaden gemäß § 29 KVO und für die Schadensermittlungskosten nach § 32 Satz 2 KVO angenommen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Anspruchsberechtigung der Klägerin ergebe sich daraus, daß die B.-GmbH sämtliche Schadensersatzansprüche, die sie wegen der Beschädigung des Wärmetauschers gegenüber der Beklagten geltend machen könnte, am 10. Juni 1996 an die Klägerin abgetreten habe. Die B.-GmbH sei als Absenderin berechtigt gewesen, im Wege der Drittschadensliquidation auch diejenigen Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die der S. -GmbH als Versenderin entstanden seien. Die S. -GmbH selbst habe zwar keinen Schaden erlitten. Dieser Umstand stehe der Aktivlegitimation der Klägerin jedoch nicht entgegen, weil die S. -GmbH berechtigt sei, den der C.-GmbH als Eigentümerin entstandenen Schaden nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation geltend zu machen mit der Folge, daß die Beklagte sich im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits so behandeln lassen müsse, als hätte die S. -GmbH selbst einen Schaden erlitten.
Die Beklagte habe den Wärmetauscher aufgrund eines zwischen ihr und der B.-GmbH bestehenden Rahmenfrachtvertrags im Fernverkehr von Mannheim nach Würselen mit einem eigenen Fahrzeug befördert, so daß sich ihre Haftung nach den Bestimmungen der Kraftverkehrsordnung (KVO) richte. Gemäß § 29 KVO müsse die Beklagte alle Schäden ersetzen, die in der Zeit von der Annahme des Gutes zur Beförderung bis zu dessen Auslieferung entstanden seien. Der streitgegenständliche Schaden sei im Lager der Beklagten bei dem Sturz des Wärmetauschers vom Hubwagen eingetreten. Die Umladung des Gerätes habe innerhalb des von § 29 KVO umfaßten Haftungszeitraums stattgefunden. Entgegen der erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vertretenen Auffassung der Beklagten habe deren Haftung gemäß § 29 KVO nicht bereits im Zeitpunkt des erstmaligen Eintreffens des Wärmetauschers in ihrem Lager in H. geendet; denn bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung sei unstreitig gewesen, daß die Beklagte mit dem Direkttransport ohne Umladung als Frachtführerin beauftragt worden sei. Der Transport des Wärmetauschers sei auch nicht mit der erneuten Einlagerung in H. (nach der fehlgeschlagenen Auslieferung an die Firma S.) gemäß § 28 Abs. 6 KVO beendet gewesen, weil der Inhalt des ursprünglichen Frachtvertrags dahingehend abgeändert worden sei, daß die Beförderung zur Empfängerin in Würselen zu erfolgen habe. Bezogen auf den nunmehr geschuldeten Transport nach Würselen habe es sich bei der Verbringung des Wärmetauschers vom Gelände der Firma S. zum Lager der Beklagten in H. daher um eine Zwischenlagerung i.S. des § 33 lit. e KVO gehandelt, die während der Beförderung des Gutes erforderlich geworden sei. Die in zweiter Instanz durchgeführte Beweisaufnahme habe nämlich ergeben, daß die B.-GmbH, vertreten durch den Mitarbeiter Hö. der C.-GmbH, noch auf dem Gelände der Firma S. von dem ihr gemäß § 27 KVO zustehenden Verfügungsrecht Gebrauch gemacht und mit der Beklagten vereinbart habe, den Wärmetauscher zunächst zum Lager in H. und von dort am nächsten oder übernächsten Tag zur Empfängerin nach Würselen zu transportieren.
Ein Ausschluß der Schadensersatzansprüche nach § 34 lit. c KVO komme ebensowenig in Betracht wie eine Minderung wegen Mitverschuldens eines Verfügungsberechtigten gemäß § 254 BGB. Schließlich greife auch die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht durch.
II. Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß der Klägerin gegen die Beklagte wegen der Beschädigung des Wärmetauschers in deren Lager in H. aus abgetretenem Recht der B.-GmbH gemäß § 29 KVO i.V. mit § 398 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 90.944,96 DM zusteht und daß die Beklagte darüber hinaus nach § 32 Satz 2 KVO zur Erstattung der für die Schadensermittlung angefallenen Gutachterkosten in Höhe von 1.882,40 DM verpflichtet ist.
1. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht, weil die B.-GmbH die ihr gegen die Beklagte zustehenden Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung des Wärmetauschers am 10. Juni 1996 an die Klägerin abgetreten habe. Es hat angenommen, die B.-GmbH sei nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation berechtigt gewesen, den der Eigentümerin des Wärmetauschers, der C.-GmbH, entstandenen Substanzschaden geltend zu machen. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.
a) In Rechtsprechung und Literatur ist seit langem allgemein anerkannt, daß ein Gläubiger ausnahmsweise berechtigt sein kann, nicht nur den eigenen, sondern auch den Schaden eines Dritten im Wege der Drittschadensliquidation geltend zu machen.
Dabei handelt es sich (u.a.) um Fälle mittelbarer Stellvertretung, die dadurch gekennzeichnet sind, daß eine Partei im eigenen Namen, aber auf Rechnung eines Dritten einen Vertrag abschließt (z.B. der Spediteur mit einem Frachtführer). Kommt das Gut des Dritten durch eine Vertragsverletzung zu Schaden, so soll der Schuldner aus dem zufälligen Auseinanderfallen von Anspruchsberechtigung und Schaden jedenfalls dann keinen Nutzen ziehen dürfen, wenn die der Schadensverlagerung zugrundeliegende Rechtsbeziehung die Wahrnehmung der Drittinteressen durch den Gläubiger des vertraglichen Schadensersatzanspruchs rechtfertigt (vgl. RGZ 90, 240, 246 f.; 115, 419, 425; BGHZ 25, 250, 258; BGH, Urt. v. 20.4.1989 – I ZR 154/87, TranspR 1989, 413, 414 = VersR 1989, 1168; MünchKommBGB/Grunsky, 3. Aufl., Vor § 249 Rdn. 120; Erman/Kuckuk, BGB, 10. Aufl., Vor § 249 Rdn. 140; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., Vor § 249 Rdn. 15).
Eine weitere Fallgruppe betrifft die Verletzung von vertraglichen Obhutspflichten. Hier soll derjenige, der die vertragliche Pflicht zur Obhut und Fürsorge über eine ihm zur Verfügung gestellte Sache übernommen hat, seinem Vertragspartner gegenüber aus einer Verletzung der Obhutspflicht selbst zum Schadensersatz verpflichtet sein, auch wenn die in Obhut genommene Sache einem Dritten gehört (vgl. BGHZ 40, 91, 101; BGH, Urt. v. 10.4.1974 – I ZR 84/73, NJW 1974, 1614, 1616; Urt. v. 10.5.1984 – I ZR 52/82, TranspR 1984, 283, 284 = VersR 1984, 932; MünchKommBGB/Grunsky aaO Vor § 249 Rdn. 121; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., Vor § 249 Rdn. 254; Erman/Kuckuk aaO Vor § 249 Rdn. 143; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 425 HGB Rdn. 49). Eine derartige Sachverhaltsgestaltung ist im Streitfall gegeben.
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß der Schaden nicht bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin, der S. -GmbH, sondern bei der C.-GmbH eingetreten ist, da diese im Zeitpunkt des Schadensereignisses Eigentümerin des beschädigten Wärmetauschers war. Des weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, die S. -GmbH sei aufgrund eines ihr von der C.-GmbH erteilten Reparaturauftrages unmittelbare Besitzerin des Wärmetauschers geworden. Nach Durchführung der Reparatur sei die S. -GmbH verpflichtet gewesen, den Wärmetauscher an ihre Auftraggeberin zurückzugeben, was aufgrund einer Absprache mit der C.-GmbH durch Auslieferung des Gerätes an die Firma S. habe geschehen sollen. Nach den weiteren rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die S. -GmbH die B.-GmbH mit der Besorgung des Transports des Wärmetauschers von Meitingen nach Mönchengladbach zur Firma S. beauftragt. Das auf eine Wechselbrücke verladene Gerät wurde daraufhin am 5. Oktober 1995 von der B.-GmbH bei der S. -GmbH abgeholt und zunächst in das Lager der B.-GmbH in Meitingen gebracht. Dadurch erlangte die B.-GmbH berechtigten Besitz an dem Wärmetauscher. Unstreitig hat dann ein Fahrer der Beklagten die Wechselbrücke, auf der sich der Wärmetauscher befand, in Mannheim zur Weiterbeförderung im Fernverkehr übernommen.
c) Aufgrund der vertraglichen Beziehungen mit der B.-GmbH und der tatsächlichen Übernahme des Wärmetauschers in ihren Gewahrsam wurden seitens der Beklagten im Verhältnis zur B.-GmbH Obhuts- und Fürsorgepflichten hinsichtlich des übernommenen Guts begründet mit der Folge, daß die B.-GmbH als Vertragspartnerin der Beklagten grundsätzlich zur Schadensliquidation im Drittinteresse berechtigt ist (vgl. BGH TranspR 1984, 283, 284). Es ist nicht erforderlich, daß der Vertragsberechtigte in direkten Vertragsbeziehungen zum materiell Geschädigten steht. Denn in den Obhutsfällen ist es zur Wahrnehmung der Interessen des tatsächlich Geschädigten ausreichend, daß der Vertragsberechtigte durch eine Kette von Verträgen mit dem Geschädigten verbunden ist und die Übertragung der Obhut auf den Schädiger bei Gesamtbetrachtung der einzelnen Verträge dem Interesse des Geschädigten entsprach (vgl. OLG Hamburg VersR 1987, 558; Piper, VersR 1988, 201, 202 f.).
Davon ist im Streitfall nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen. Für eine eingeschränkte Anwendung der Drittschadensliquidation ist im Frachthaftungsprozeß im übrigen auch deshalb kein Raum, weil die Frage, wem die Entschädigung letztlich zusteht, die Interessen des Transportunternehmers im Ergebnis nicht berührt (vgl. Piper aaO S. 203).
d) Die streitgegenständliche Schadensersatzforderung wird auch von der Abtretungserklärung der B.-GmbH vom 10. Juni 1996 umfaßt. Soweit die Revision rügt, nach der Formulierung betreffe die Abtretung nur den Auftrag zur Beförderung des Gutes an die Firma S. in Mönchengladbach, nicht aber die Ein-/Auslagerung und Zustellung an die Empfängerin in Würselen, verhilft ihr das nicht zum Erfolg. Es geht in der Erklärung vom 10. Juni 1996 ersichtlich um die Abtretung der hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche. Eine ungenaue Kennzeichnung des abgetretenen Anspruchs ist unschädlich, weil sich der Gegenstand der Abtretung zweifelsfrei aus den Umständen ergibt.
2. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, daß der Klägerin gegen die Beklagte gem. §§ 29, 32 Satz 2 KVO aus abgetretenem Recht der B.-GmbH Ansprüche auf Schadensersatz wegen der Beschädigung des Wärmetauschers und auf Erstattung der Schadensermittlungskosten zustehen. Die Revision macht demgegenüber ohne Erfolg geltend, der Schaden sei nicht während des KVO-Haftungszeitraums eingetreten.
a) Die Entscheidung darüber hängt zunächst davon ab, ob zwischen der B.-GmbH und der Beklagten ein Frachtvertrag – so das Berufungsgericht – oder – so die Revision – ein Speditionsvertrag zustande gekommen ist.
Ein originär als Frachtführer mit dem Transport beauftragter Unternehmer unterliegt während des gesamten in § 29 KVO geregelten Haftungszeitraums – also von der Annahme des Gutes zur Beförderung bis zur Auslieferung – der unabdingbaren KVO-Haftung (vgl. BGH, Urt. v. 22.2.2001 – I ZR 282/98, Umdr. S. 10, m.w.N.). Dies folgt unmittelbar aus der gesetzlichen Haftungsbestimmung der KVO, die in § 29 KVO den Haftungszeitraum des KVO-Unternehmers auf den gesamten Zeitraum zwischen Annahme des Gutes zur Beförderung und Auslieferung erstreckt. Dieser Haftungszeitraum wird in § 33 KVO noch dahingehend konkretisiert, daß der Unternehmer auch für Schäden bei der Abholung oder Zuführung der Güter (§ 33 lit. a KVO), beim Ver-, Aus- oder Umladen (§ 33 lit. b KVO) sowie bei der Vor-, Nach- und Zwischenlagerung (§ 33 lit. d und e KVO) eintreten muß. Demgemäß umfaßt die gesetzliche Konzeption der KVO-Haftung auch solche Tätigkeiten des KVO-Unternehmers, die das Gepräge speditioneller Tätigkeiten tragen. Bei Abschluß eines Frachtvertrages wäre der Schaden daher noch während des KVO-Haftungszeitraums eingetreten.
Im Falle des Abschlusses eines Speditionsvertrages hätte die Beklagte vorliegend – worauf die Revision sich beruft – lediglich die Stellung eines Spediteur-Frachtführers (§§ 412, 413 HGB a.F.). Dieser haftet gem. § 1 Abs. 5 KVO nur insoweit nach den zwingenden Vorschriften der KVO, als er den Transport im Güterfernverkehr mit eigenen Fahrzeugen selbst ausführt (BGH, Urt. v. 15.11.1984 – I ZR 110/82, TranspR 1985, 47 = VersR 1985, 157; Urt. v. 9.5.1985 – I ZR 38/83, TranspR 1986, 13 = VersR 1985, 881; Urt. v. 15.5.1985 – I ZR 126/83, TranspR 1985, 327 = VersR 1985, 829). Danach komme im Streitfall – so die Revision – die zwingende KVO-Haftung nur insoweit in Betracht, als die Beklagte das Gut mit einem eigenen Fahrzeug im Fernverkehr von Mannheim zu ihrem Lager in H. befördert habe. Die KVO-Haftung habe damit vor Schadenseintritt geendet, da die anschließende Zustellung des Gerätes an den Empfänger im Bereich der speditionellen Tätigkeit erfolgt sei.
Damit vermag die Revision indessen nicht durchzudringen. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Beklagte habe die Beförderung des Wärmetauschers zum bestimmungsgemäßen Endempfänger als „Direkttransport ohne Umladung” durch einen mit der B.-GmbH abgeschlossenen Frachtvertrag übernommen.
Die Vertragsauslegung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Das Revisionsgericht kann sie nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln oder Denkgesetze verstößt, erfahrungswidrig ist, wesentlichen Tatsachenstoff außer acht läßt oder von einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung beeinflußt wird. Solche Rechtsfehler läßt das Berufungsurteil nicht erkennen.
aa) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Rechtsnatur des zwischen der B.-GmbH und der Beklagten geschlossenen Vertrags beruhen maßgeblich auf dem Umstand, daß die Parteien den der Beklagten erteilten Auftrag übereinstimmend als Frachtvertrag bezeichnet haben. Auch nach der mündlichen Verhandlung vom 12. März 1998, in deren Rahmen der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zur Abwicklung des Transports weiter vorgetragen hatte, ist die Beklagte dem im Schriftsatz der Klägerin vom 28. April 1998 enthaltenen Vortrag, das Vertragsverhältnis sei als Frachtvertrag zu qualifizieren, nicht entgegengetreten. Entgegen der Auffassung der Revision konnte das Berufungsgericht das Verständnis der Parteien bei der Beurteilung der Rechtsnatur des in Rede stehenden Auftrags schon deshalb als erheblich berücksichtigen, weil es davon ausgehen durfte, daß einem Speditionsunternehmen die rechtlichen Unterschiede zwischen Speditions- und Frachtverträgen erfahrungsgemäß geläufig sind mit der Folge, daß das rechtliche Verständnis der branchenangehörigen Unternehmen auch den Tatsachen entspricht.
bb) Die Parteien des zu beurteilenden Vertrags haben mit dem übereinstimmenden Vorbringen, die Beklagte sei von der B.-GmbH als Frachtführerin beauftragt worden, zudem nicht nur eine für das Berufungsgericht unbeachtliche Rechtsauffassung geäußert, sondern ihre identische Rechtsbehauptung auch auf einen unstreitigen Sachverhalt gestützt. Die Klägerin hat unwidersprochen darauf hingewiesen, daß die Beklagte den Transport als „Direkttransport ohne jede Umladung direkt von Haus zu Haus” ausführen sollte. Die Beklagte hat diesen Sachvortrag in ihrem Schriftsatz vom 11. Oktober 1996 aufgegriffen und vorgebracht, sie habe lediglich den Transport, „hingegen weder Verladung noch Entladung” übernommen. Auch die Beklagte leitet die Rechtsnatur des zu beurteilenden Vertrags mithin daraus her, daß sie verpflichtet war, das Transportgut ohne zwischenzeitliche Umladung direkt zur Empfängerin zu befördern.
Mit Recht hat das Berufungsgericht die Vereinbarung eines Direkttransports „von Haus zu Haus ohne Umladung” als deutliches Indiz dafür gewertet, daß die Beklagte als Frachtführerin und nicht lediglich mit der Organisation des Transports beauftragt wurde. Hierbei ist es ohne Bedeutung, daß die Beklagte das Transportgut nicht bereits in Meitingen, sondern erst in Mannheim übernommen hat. Denn die Annahme eines Frachtvertrags liegt um so näher, je genauer die Vorgaben für die technische Abwicklung des Transports gefaßt sind (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.1992 – I ZR 244/90, TranspR 1993, 143, 144 = VersR 1993, 633; OLG München TranspR 1997, 433 = VersR 1999, 341; Koller aaO § 453 HGB Rdn. 19).
cc) Daß die Durchführung des Transports und nicht nur dessen Organisation den Gegenstand der von der Beklagten geschuldeten Leistung bildete, folgt im übrigen daraus, daß die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag die vertragstypischen Speditionsleistungen des Be- und Entladens gerade nicht übernommen hat. Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte den Wärmetauscher im Rahmen einer Sammelladung befördert hat. Maßgeblich ist insoweit, daß sie beim Zusammenstellen der Sammelladung hinsichtlich des Wärmetauschers keine speditionellen Umschlagleistungen vornehmen mußte. Vielmehr beschränkte sich ihre Leistung darauf, die bereits beladene Wechselbrücke mit einem eigenen Fahrzeug zu übernehmen und zur Empfängerin des Wärmetauschers zu befördern. Diese Tätigkeit entspricht – anders als die Sammelladungsorganisation eines Massenversenders (vgl. dazu BGH, Urt. v. 6.12.1990 – I ZR 138/89, TranspR 1991, 114 = VersR 1991, 480) – derjenigen eines Frachtführers.
dd) Der Umstand, daß die Beklagte bei der Trennung der Sammelladung speditionelle Nebenleistungen erbringen mußte, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme, die B.-GmbH habe die Beklagte als Spediteurin beauftragt. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, daß in § 33 KVO gerade vorgesehen ist, daß der Frachtführer gegebenenfalls auch speditionelle Nebentätigkeiten zu erbringen hat.
ee) Der Beurteilung des Berufungsgerichts steht schließlich nicht entgegen, daß die B.-GmbH und die Beklagte im Fernverkehr innerhalb Deutschlands in ständiger Geschäftsbeziehung im Begegnungsverkehr zusammenarbeiten. Diesem Umstand läßt sich entgegen der Auffassung der Revision nichts für die rechtliche Einordnung der im Begegnungsverkehr ausgeführten Aufträge entnehmen. Insbesondere ergibt sich daraus nicht zwingend, daß die Beklagte die im Begegnungsverkehr übernommenen Güter stets aufgrund von Speditionsverträgen weiterbefördert. Im Streitfall spricht gegen eine derartige Annahme vor allem die unstreitige Tatsache, daß die Beklagte die Beförderung „von Haus zu Haus im Direkttransport” durchführen sollte. Aus diesem Grund kann sich die Beklagte auch nicht auf den Erfahrungssatz berufen, daß Speditionsunternehmen im allgemeinen Speditionsverträge miteinander abschließen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 14.5.1998 – I ZR 95/96, TranspR 1998, 475 = VersR 1998, 1443).
b) Entgegen der Auffassung der Revision endete die KVO-Haftung der Beklagten gegenüber der B.-GmbH nicht gemäß § 28 Abs. 6 KVO dadurch, daß die Beklagte den Wärmetauscher nach der fehlgeschlagenen Ablieferung bei der Firma S. auf ihr Lager genommen hat.
aa) Nach § 28 Abs. 6 KVO ist der Frachtführer im Falle eines Ablieferungshindernisses unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, das transportierte Gut bei einem Spediteur oder einem öffentlichen Lagerhaus auf Gefahr und Kosten des Absenders zu hinterlegen mit der Folge, daß seine Haftung nach den Bestimmungen der KVO mit der Hinterlegung des Gutes endet. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedoch nicht erfüllt, weil § 28 Abs. 6 KVO eine Drittverwahrung des Gutes erfordert. Eine Hinterlegung im eigenen Lager führt dagegen nicht zur Beendigung der KVO-Haftung des Frachtführers (vgl. MünchKommHGB/Dubischar, § 28 KVO Rdn. 17, § 437 HGB Rdn. 14; Staub/Helm, GroßkommHGB, 4. Aufl., § 437 HGB Rdn. 18; Schlegelberger/Geßler, HGB, 5. Aufl., § 437 Rdn. 17; Heymann/Honsell, HGB, § 437 Rdn. 15; a.A. Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 437 Rdn. 2). Anders als in § 419 Abs. 3 HGB n.F. ist in § 28 Abs. 6 KVO die Möglichkeit, das Gut im Falle eines Ablieferungshindernisses anstelle einer Dritthinterlegung auf das eigene Lager zu nehmen, nicht vorgesehen. Der Annahme, im Falle eines Ablieferungshindernisses führe die Einlagerung des Gutes im eigenen Lager zu einer Beendigung der KVO-Haftung des Frachtführers, steht zudem die Systematik der KVO entgegen. Die Vorschrift des § 28 Abs. 6 KVO ist im Lichte der grundlegenden Haftungsnorm des § 29 KVO auszulegen. Danach haftet der Unternehmer für alle Schäden, die in der Zeit von der Annahme des Gutes zur Beförderung bis zur Auslieferung entstehen. Die Auslieferung setzt dabei nach allgemeiner Meinung voraus, daß der Unternehmer den Gewahrsam an dem beförderten Gut aufgibt und statt dessen den Empfänger in die Lage versetzt, die tatsächliche Gewalt über das Gut auszuüben (vgl. Willenberg, KVO, 4. Aufl., § 29 Rdn. 13 f.). Daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß der Frachtführer nach der Konzeption des § 29 KVO jedenfalls solange haftet, wie er eigenen Gewahrsam über das übernommene Gut ausübt. Auf diesem Verständnis beruht auch § 28 Abs. 6 KVO, der es dem Frachtführer ermöglicht, seine Haftung nach § 29 KVO im Falle eines Ablieferungshindernisses durch Aufgabe des haftungsbegründenden Gewahrsams, nämlich durch Dritthinterlegung, zu beenden.
Macht der Frachtführer dagegen – wie im Streitfall – von seinem Hinterlegungsrecht keinen Gebrauch, verwahrt er das Gut also selbst weiter, so dauert seine Obhut und damit die Frachtführerhaftung fort (vgl. Staub/Helm aaO § 437 HGB Rdn. 18). Dieses Rechtsverständnis findet zudem in § 33 lit. e KVO eine Stütze, der bestimmt, daß der Unternehmer im Rahmen der §§ 29, 32, 34 KVO auch Güterschäden zu ersetzen hat, die bei Zwischenlagerungen bis zur Dauer von acht Tagen eintreten, sofern die Zwischenlagerung während der Beförderung des Gutes erforderlich geworden ist.
bb) Da die KVO-Haftung der Beklagten aufgrund ihres fortdauernden Gewahrsams am Wärmetauscher zum Schadenszeitpunkt noch bestanden hat, ist sie gemäß § 29 KVO zum Ersatz des am Wärmetauscher entstandenen Substanzschadens, der nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts 90.944,96 DM betragen hat, verpflichtet. Gemäß § 32 Satz 2 KVO schuldet die Beklagte darüber hinaus Ersatz der Kosten, die durch die Ermittlung und Feststellung des Schadens entstanden sind, und sich unstreitig auf 1.882,40 DM belaufen.
Auf die von der Revision angegriffene Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den Wärmetauscher auf Weisung der B.-GmbH, vertreten durch den Mitarbeiter Hö. der C.-GmbH, auf ihr Lager genommen, kommt es danach für die Haftung der Beklagten ebensowenig an wie auf den Einwand der Revision, die Weisungen Hö. hätten sich für die Beklagte als neuer Auftrag dargestellt, den sie auf der Grundlage der ADSp angenommen und ausgeführt habe.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision schließlich auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Ersatzpflicht der Beklagten sei weder gemäß § 34 lit. c KVO ausgeschlossen noch wegen Mitverschuldens eines Verfügungsberechtigten gemäß § 254 BGB gemindert.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, aus dem Fehlen einer Transportverpackung und der unterbliebenen Warnung, den Wärmetauscher unter Einsatz eines Flurförderzeugs umzuladen, könne deshalb kein Mitverschulden der B.-GmbH bzw. der S. -GmbH abgeleitet werden, weil eine Umladung des Wärmetauschers nach dem Inhalt des erteilten Transportauftrags nicht habe erfolgen sollen. Eine Anweisung zum Abladen habe sich auch nicht aus den Umständen der fehlgeschlagenen Ablieferung bei der Firma S. ergeben, da es ohne weiteres möglich gewesen sei, den Wärmetauscher bis zum 11. Oktober 1995 auf der Wechselbrücke zu belassen. Insbesondere wären hierfür keine erheblichen Mehrkosten entstanden, so daß die Entladung und anschließende Neuverladung nicht im mutmaßlichen Interesse der B.-GmbH gelegen hätten. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.
b) Die Revision rügt, die Beklagte hätte spätestens nach der Annahmeverweigerung durch die Firma S. darauf hingewiesen werden müssen, daß es sich bei dem Wärmetauscher um ein kopflastiges Gerät handelte, das nur hängend hätte entladen werden dürfen. Die B.-GmbH habe nicht annehmen dürfen, daß der Wärmetauscher, über dessen voraussichtliche Einlagerungsdauer noch nicht abschließend entschieden gewesen sei, auf der Wechselbrücke verbleiben würde. Mit diesem Vorbringen vermag die Revision nicht durchzudringen.
Sie läßt außer acht, daß der Beklagten aufgrund des Ablieferungshindernisses bei der Firma S., das in der fehlenden Verfügbarkeit eines Entladekrans bestanden hat, hätte bekannt sein müssen, daß eine Entladung des Geräts nur hängend vorgenommen werden durfte. Eines besonderen Hinweises hierauf bedurfte es nach den Vorgängen auf dem Gelände der Firma S. nicht mehr. Nach ihrem eigenen Vortrag verfügte die Beklagte in ihrer Lagerhalle auch über einen Kran. Diesen hätte sie bei der Umladung des Wärmetauschers einsetzen müssen.
III. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Erdmann, Starck, Bornkamm, Pokrant, Schaffert
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.03.2001 durch Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 707279 |
BGHR 2001, 912 |
BGHR |
NJW-RR 2001, 1612 |
EWiR 2002, 79 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2002, 79 |
MDR 2002, 225 |
VersR 2002, 122 |