Leitsatz (amtlich)
1. Ein Aktionär kann einen Hauptversammlungsbeschluß auch dann mit der Begründung anfechten, der Vorstand habe in der Hauptversammlung eine Auskunft zu Unrecht verweigert, wenn er nicht zuvor ein Auskunftserzwingungsverfahren nach AktG § 132 eingeleitet hat.
2. Der Vorstand darf in aller Regel die Auskunft auf Fragen eines Aktionärs nicht unter Hinweis auf Nachteile für die Gesellschaft verweigern, wenn bestimmte Tatsachen objektiv den hinreichenden Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzungen der Verwaltung begründen und die Auskunft dazu geeignet sein kann, den Verdacht zu erhärten.
3. JAbschlV § 4, wonach ein Kreditinstitut in der Gewinnrechnung und Verlustrechnung in bestimmtem Umfange vom aktienrechtlichen Saldierungsverbot abweichen kann, ist rechtsgültig.
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Februar 1981 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger ist Aktionär der Beklagten. Diese hielt am 20. Juli 1979 ihre ordentliche Hauptversammlung ab, in der Jahresabschluß und Geschäftsbericht für 1978 vorlagen und über die Verwendung des Bilanzgewinns für dieses Jahr, die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für dasselbe Jahr sowie über die Wahl des Abschlußprüfers für 1979 zu beschließen war.
In der Versammlung stellte der Kläger folgende Fragen:
- Wie hoch sind die Aufwendungen für Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen und Wertpapiere sowie für Zuführungen zu Rückstellungen im Kreditgeschäft insgesamt, also vor Verrechnung?
Wie hoch sind die Aufwendungen für
- Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen,
- Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Wertpapiere und
- Zuführungen zu Rückstellungen im Kreditgeschäft vor Verrechnung?
Wie hoch sind, vor Verrechnung, die Erträge aus
- Auflösung von Wertberichtigungen auf Forderungen und Eingänge auf ganz oder teilabgeschriebene Forderungen,
- Auflösung von Wertberichtigungen auf Wertpapiere und aus deren Veräußerung,
- Auflösung von Rückstellungen im Kreditgeschäft und
- sonstige Erträge?
Auf diese Fragen verweigerte der Vorstand unter Hinweis auf § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG die Auskunft.
Die Hauptversammlung beschloß im weiteren Verlauf, die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates zu entlasten und als Abschlußprüfer für 1979 die „D.”, D. zu wählen. Gegen diese Beschlüsse erklärte der Kläger Widerspruch zur Niederschrift.
Der Kläger hat die Beschlüsse aus förmlichen und sachlichen Gründen angefochten. Insbesondere hat er geltend gemacht, das Geschäftsjahr 1978 habe, bedingt durch schwere Fehler der Geschäftsleitung, ganz ungewöhnlich hohe Ausfälle im Kreditgeschäft erbracht, die im Jahresabschluß durch unzulässige Verrechnungen mit stillen Reserven verschleiert worden seien und zu einem außerordentlich schlechten Geschäftsergebnis geführt hätten. Hierauf hätten sich seine Fragen in der Hauptversammlung bezogen, auf die der Vorstand zu Unrecht die Antwort verweigert habe.
Der Kläger hat beantragt, die Hauptversammlungsbeschlüsse vom 20. Juli 1979 über die dem Vorstand und dem Aufsichtsrat erteilte Entlastung sowie über die Wahl eines Abschlußprüfers für 1979 für nichtig zu erklären.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Anfechtungsklage weiter.
Entscheidungsgründe
I. In förmlicher Hinsicht hält das Berufungsgericht die Rüge des Klägers, der Vorstand der Beklagten habe die Hauptversammlung vom 20. Juli 1979 verspätet und fehlerhaft einberufen, mit Recht für unbegründet. Die Einmonatsfrist des § 123 Abs. 1 AktG hat der Vorstand mit der am 6. Juni 1979 veröffentlichten Ladung gewahrt. Daß ursprünglich ein früherer Termin in Aussicht genommen und einigen Aktionären auf Anfrage genannt worden sein soll, bedeutet nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts keinen Verstoß gegen Gesetz oder Satzung. Als unerheblich durfte das Berufungsgericht auch das Vorbringen des Klägers ansehen, der Vorstand habe Jahresabschluß und Geschäftsbericht zu spät, nämlich erst am 18. April 1979, aufgestellt (§ 148 AktG) und auch nicht unverzüglich, nachdem der Bericht des Aufsichtsrats über das Prüfungsergebnis eingegangen war, die Hauptversammlung einberufen (§ 175 Abs. 1 Satz 1 AktG). Verstößt der Vorstand gegen § 148 oder § 175 Abs. 1 Satz 1 AktG und tritt infolgedessen die Hauptversammlung später als sonst möglich – wenn auch, wie hier, noch innerhalb der Gesamtfrist des § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG – zusammen, so kann dies nicht die Folge haben, daß alle in der Versammlung gefaßten Beschlüsse wegen der Verspätung anfechtbar wären. Denn es ist nicht der Sinn der genannten Vorschriften, wirksame Hauptversammlungsbeschlüsse überhaupt zu verhindern (vgl. Claussen in Kölner Komm. z. AktG, § 175 Anm. 8). Schließlich kann der Kläger einen Anfechtungsgrund im Sinne von § 243 Abs. 1 AktG nicht daraus herleiten, daß die Einladung zur Hauptversammlung vom 20. Juli 1979 den Hinweis enthielt, zur Teilnahme und Ausübung des Stimmrechts sei es erforderlich, die Aktienmäntel bis spätestens zum 16. Juli 1979 zu hinterlegen und die Hinterlegung rechtzeitig beim Vorstand anzumelden. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, war dieser Hinweis mit dem Gesetz (§ 121 Abs. 3 Satz 2, § 123 Abs. 2 bis 4 AktG) und der Satzung der Beklagten (§ 20) vereinbar.
II. Ohne Erfolg greift die Revision ferner die Beanstandungen auf, die der Kläger gegen den Geschäftsbericht für 1978 erhoben hat. Dieser Bericht legt, wie es § 160 Abs. 1 Satz 1 AktG vorschreibt, den Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft dar, wobei allerdings eine Schilderung der wirtschaftlichen Lage im allgemeinen und in den einzelnen Branchen der Holzindustrie einen besonders breiten Raum einnimmt. Er enthält auf Seite 10 auch Angaben über die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zum damaligen Hauptaktionär, dem Freistaat Bayern, der entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schon wegen seiner forstwirtschaftlichen Betätigung als „verbundenes Unternehmen” im Sinne vom § 160 Abs. 3 Nr. 10 AktG durchaus in Betracht kommt (BGHZ 69, 334). Zu den gemäß § 160 Abs. 2 Satz 2 bis 5 AktG vorgeschriebenen Angaben über Abschreibungen und Bewertungsmethoden war die Beklagte als Kreditinstitut nach § 26 a Abs. 2 des Kreditwesengesetzes (KWG) nicht verpflichtet. Diese Befreiungsvorschrift erstreckt sich allerdings, wie ihr Zusammenhang mit § 26 a Abs. 1 KWG ergibt, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auch auf die allgemeine Verpflichtung nach § 160 Abs. 2 Satz 1 AktG, im Geschäftsbericht den Jahresabschluß zu erläutern (Claussen aaO., § 160 Anm. 16 m.w.N.). Solche Erläuterungen hat die Beklagte aber auf Seite 12 ff ihres Berichts tatsächlich gegeben.
Soweit der Kläger diese Erläuterungen als nichtssagend und lückenhaft bezeichnet hat, ist zu berücksichtigen, daß sich die Anfechtungsklage nicht gegen den Jahresabschluß selbst richtet und richten kann (vgl. §§ 256, 257, 258 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AktG), sondern gegen die Entlastungsbeschlüsse für 1978 und die Wahl des Abschlußprüfers für das folgende Geschäftsjahr. Solche Beschlüsse sind nicht schon darum gesetzeswidrig oder satzungswidrig, weil der Geschäftsbericht für das vergangene Geschäftsjahr vielleicht unzureichend ist. Ebenso verhält es sich mit der vom Kläger gerügten Tatsache, daß der Vorstand der Beklagten den in § 160 Abs. 1 Satz 2 AktG vorgeschriebenen Bericht über Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluß des Geschäftsjahres eingetreten sind, erst nach den angefochtenen Beschlüssen in der Hauptversammlung erstattet hat. Es liegt im Ermessen der Hauptversammlung, die Amtsführung von Vorstand und Aufsichtsrat für das abgelaufene Geschäftsjahr insgesamt zu billigen und für das nächste Geschäftsjahr dieselben Abschlußprüfer wieder zu bestellen, selbst wenn der Geschäftsbericht, für sie erkennbar, Mängel aufweisen sollte. Damit entscheidet sie weder über die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Eckardt in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 120 Anm. 40), noch verzichtet sie für die Gesellschaft auf etwaige Ersatzansprüche (§ 120 Abs. 2 Satz 2 AktG).
III. Das Schwergewicht der Klage liegt auf dem Vorwurf, der Vorstand der Beklagten habe dem Kläger in der Hauptversammlung auf eine Reihe von Fragen zu Unrecht die Auskunft verweigert. Dieser Vorwurf könnte, wenn er berechtigt wäre, die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse und der Prüferwahl unter der – für die Revisionsinstanz zu unterstellenden – Voraussetzung begründen, daß ordnungsmäßig erteilte Auskünfte bei objektiver Beurteilung geeignet gewesen wären, ein anderes Abstimmungsergebnis herbeizuführen (vgl. § 243 Abs. 4 AktG; BGHZ 36, 121, 140).
Die so begründete Anfechtungsklage scheitert nicht schon daran, daß § 132 AktG für die Erzwingung von Auskünften ein besonderes Verfahren vorsieht. Im Schrifttum wird allerdings die Auffassung vertreten, ein Aktionär könne die Frage, ob der Vorstand zu Unrecht keine Auskünfte gegeben habe, nur in dem besonderen Verfahren nach § 132 AktG und nicht lediglich als Vorfrage in einem Anfechtungsprozeß zur Entscheidung stellen; wolle er einen Hauptversammlungsbeschluß wegen der Auskunftsverweigerung anfechten, so müsse er innerhalb der Zweiwochenfrist des § 232 Abs. 2 Satz 2 AktG das Auskunftserzwingungsverfahren einleiten und außerdem in der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG die Anfechtungsklage erheben, obwohl er in diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen könne, wie in dem anderen Verfahren über seinen Auskunftsanspruch entschieden werden werde (so Barz in Großkomm. z. AktG, 3. Aufl., § 132 Anm. 9; Eckardt aaO., § 132 Anm. 8 ff sowie Werner in Festschr. f. Barz, 1974, S. 293 ff m.w.N.). Dieser Auffassung vermag sich der Senat jedenfalls für den hier gegebenen Fall nicht anzuschließen, daß mit einem Verfahren nach § 132 wegen Ablaufs der Zweiwochenfrist nicht mehr zu rechnen ist, so daß weder eine Bindung des Prozeßgerichts an eine in jenem Verfahren ergangene Entscheidung noch eine Aussetzung des Anfechtungsprozesses bis zu dieser Entscheidung nach § 148 ZPO in Betracht kommt und die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen ausscheidet.
Zwar heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 132 AktG, über die Berechtigung der Auskunftsverweigerung könne nur in dem besonderen Verfahren entschieden werden; hänge die Entscheidung eines anderen Rechtsstreits, insbesondere eines Anfechtungsverfahrens, davon ab, ob die Auskunft zu geben sei, so müsse der Rechtsstreit bis zur Entscheidung nach § 132 AktG ausgesetzt werden (Kropff, AktG, 1965, S. 189; zur Entstehungsgeschichte auch Werner aaO., S. 294 ff, 300). Sollte damit aber gemeint sein, daß ohne ein Verfahren nach § 132 AktG eine auf die Auskunftsverweigerung gestützte Beschlußanfechtung überhaupt nicht durchführbar sei, so hat diese Vorstellung im Gesetzestext keinen hinreichenden Ausdruck gefunden. Daß nach § 132 Abs. 1 Satz 1 AktG „ausschließlich” das für den Sitz der Gesellschaft zuständige Landgericht darüber entscheidet, ob der Vorstand die Auskunft zu geben hat, nimmt einem Aktionär lediglich die Möglichkeit, den Auskunftsanspruch bei einem anderen Gericht im Zivilprozeß durchzusetzen. Es besagt aber nichts gegen die Befugnis des Prozeßgerichts, die Berechtigung einer Auskunftsverweigerung als Vorfrage für die Entscheidung über eine Anfechtungsklage zu prüfen (ebenso Schilling in Großkomm. z. AktG, 3. Aufl., § 243 Anm. 12; Zöllner aaO., § 131 Anm. 98, § 132 Anm. 7; Meyer – Landrut/Miller, AG 1970, 157 ff). Denn beide Verfahren haben ein unterschiedliches Ziel und ein ungleiches Gewicht: Das Auskunftserzwingungsverfahren soll auf einem einfachen, schnellen und billigen Weg das individuelle Informationsbedürfnis eines Aktionärs befriedigen. Dagegen will der Kläger im Anfechtungsprozeß wegen Verletzung des § 131 AktG erreichen, daß ein Hauptversammlungsbeschluß mit der erweiterten Rechtskraftwirkung des § 248 AktG von Anfang an für nichtig erklärt wird, weil vor dem Beschluß eine bestimmte Auskunft hätte erteilt werden müssen. Daß es hierbei um verschiedene Dinge geht, zeigt schon folgende Überlegung: Erteilt der Vorstand nach der Hauptversammlung, aber noch während eines laufenden Auskunftserzwingungsverfahrens oder sogar schon vor seiner Einleitung die gewünschte Auskunft, oder erledigt sie sich in dieser Zeit dadurch, daß die vom Vorstand verschwiegenen Tatsachen (z.B. durch die Presse) ohnehin allgemein bekannt werden, so wird dieses Verfahren gegenstandslos. Damit wäre, wenn von seiner Durchführung die erfolgreiche Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses wegen unberechtigter Auskunftsverweigerung abhinge, zugleich der Anfechtungsklage der Boden entzogen, obwohl der Aktionär weiterhin ein schutzwürdiges Interesse daran haben kann, den (möglicherweise) auf der Auskunftsverweigerung beruhenden Hauptversammlungsbeschluß beseitigt zu sehen. Auf diese Weise würde sich das gerade auch im Interesse der Aktionäre geschaffene Verfahren nach § 132 AktG sinnwidrig zu deren Lasten auswirken.
Wird ein Antrag nach § 132 AktG formell rechtskräftig abgewiesen, oder hat der fragende Aktionär die Zweiwochenfrist für den Antrag versäumt, so kann er zwar einen Auskunftsanspruch nicht mehr durchsetzen. Das bedeutet aber nicht, daß damit die Rechtmäßigkeit eines Vorstandsbeschlusses, Auskünfte zu verweigern, einer weiteren gerichtlichen Nachprüfung ebenso entzogen wäre, wie es etwa bei einem Hauptversammlungsbeschluß der Fall ist, der durch Fristablauf oder rechtskräftige Abweisung der Anfechtungsklage unanfechtbar geworden ist (so Werner, aaO, S. 306 ff, 312). Daß ein solcher Hauptversammlungsbeschluß mit Wirkung über den Kreis der Verfahrensbeteiligten hinaus als von Anfang an wirksam zu behandeln ist, beruht auf der ausdrücklichen Regelung der §§ 243 ff AktG. Eine entsprechende Regelung fehlt für Auskunftsverweigerungsbeschlüsse. Solche Beschlüsse haben auch keinen rechtsetzenden, rechtsgestaltenden oder eine bestimmte Rechtsfolge verbindlich feststellenden Charakter in dem Sinne, daß sie wie eine gerichtliche Entscheidung der materiellen Rechtskraft oder auch nur, wie ein Verwaltungsakt, einer in anderen Verfahren zu beachtenden Tatbestandswirkung fähig wären, wenn sie nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren aufgehoben werden.
Eine Abhängigkeit der auf unberechtigte Auskunftsverweigerung gestützten Anfechtungsklage von einem vorausgegangenen erfolgreichen Verfahren nach § 132 AktG läßt sich schließlich nicht daraus herleiten, daß ein Antragsrecht nach dieser Vorschrift auch denjenigen Aktionären zusteht, die zwar nicht selber die Auskunft verlangt, aber gegen den in Beziehung dazu stehenden Hauptversammlungsbeschluß Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben (§ 132 Abs. 2 Satz 1 AktG). Es trifft nicht zu, daß diese Regelung nur den Sinn haben könne, auch solchen Aktionären auf dem Weg über eine Entscheidung nach § 132 AktG die Möglichkeit einer Anfechtungsklage wegen Auskunftsverweigerung zu eröffnen (so Begr. RegEntw. zu § 132 Abs. 2, Kropff, aaO, S. 190; Barz, aaO). Sie bleibt auch dann sinnvoll, wenn ein Aktionär, der mit Rücksicht auf das Auskunftsverlangen eines anderen Aktionärs von eigenen Fragen zwar abgesehen, aber sein Interesse an einer Antwort noch verstärkt durch seinen Widerspruch zur Niederschrift bekundet hat, neben der viel weitergreifenden Anfechtungsklage auch ein Verfahren nach § 132 AktG betreiben kann, aber nicht muß (Zöllner, aaO, § 131 Anm. 98).
IV. Sachlich hält der Kläger die vom Vorstand der Beklagten für seine Auskunftsverweigerung gegebene Begründung, die Auskünfte seien nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen (§ 131 Abs. 3 Satz 1 Ne. 1 AktG), unter mehreren Gesichtspunkten für nicht durchgreifend.
1. Er meint zunächst, ein Recht auf die erbetenen Auskünfte schon daraus herleiten zu können, daß anderen Aktionären dieselben Auskünfte außerhalb der Hauptversammlung gegeben worden seien (§ 131 Abs. 4 AktG). Dazu hat er behauptet, den Großaktionären der Beklagten seien die Vorgänge, auf die sich seine Fragen bezogen, schon in der Hauptversammlung bekannt gewesen, und zwar möglicherweise aufgrund einer Indiskretion von Aufsichtsratsmitgliedern. Dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht mit Recht als unerheblich betrachtet. Nach § 131 Abs. 4 AktG darf der Vorstand Auskünfte dann nicht nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AktG verweigern, wenn sie bereits einem anderen wegen seiner Eigenschaft als Aktionär außerhalb der Hauptversammlung gegeben worden sind. Das trifft nicht auf Informationen zu, die jemandem in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied oder einem Aktionär aufgrund einer außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses begründeten Beziehung zu einem Aufsichtsratsmitglied zugänglich geworden sind (Begr. RegEntw., Kropff aaO., S. 187; Eckardt aaO., § 131 Anm. 142; Barz aaO., § 131 Anm. 27). Daß ein anderer Aktionär gerade in dieser Eigenschaft die erbetenen Auskünfte erhalten habe, hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt.
2. Ferner hat der Kläger dem Vorstand der Beklagten vorgeworfen, er habe mit der Nichtbeantwortung seiner Fragen, die sich auf Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen und Wertpapiere sowie Rückstellungen im Kreditgeschäft „vor Verrechnung” bezogen, unzulässige Bilanzierungspraktiken verdeckt. Damit wendet er sich hauptsächlich gegen die sogenannte Formblattverordnung vom 20. Dezember 1967 (BGBl. I 1300), nach der sich die Beklagte unstreitig gerichtet hat und deren § 4 folgendermaßen lautet:
„Erträge aus höherer Bewertung oder dem Eingang ganz oder teilabgeschriebener Forderungen sowie aus höherer Bewertung oder dem Abgang von Wertpapieren dürfen mit Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen oder Wertpapiere verrechnet werden. Soweit die Erträge nicht verrechnet werden, sind sie in dem Posten ‚Andere Erträge einschließlich der Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen im Kreditgeschäft’ auszuweisen.”
Diese Bestimmung hält der Kläger für nichtig, weil sie es ohne ausreichende gesetzliche Ermächtigung insbesondere erlaube, Verluste im Kreditgeschäft durch Saldierung mit unechten Erträgen aus der Auflösung stiller Rücklagen zu verschleiern, und damit gegen die Grundsätze der Bilanzwahrheit und -klarheit verstoße. Dieses Vorbringen ist für die Beurteilung der Anfechtungsklage insofern wesentlich, als der Vorstand der Beklagten sich nicht unter Berufung auf § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG einem Verlangen nach Aufklärung von Buchungsvorgängen hätte entziehen können, wenn diese nach der objektiven Rechtslage im Jahresabschluß ohnehin unter Ausschluß einer Verrechnungsbefugnis hätten offengelegt werden müssen. Der Senat teilt jedoch im Ergebnis nicht die Bedenken der Revision gegen die Rechtsgültigkeit des § 4 FormblattVO.
a) Die FormblattVO, soweit sie hier interessiert, stützt sich auf die Ermächtigung des § 161 AktG, „Formblätter vorzuschreiben oder andere Vorschriften für die Gliederung des Jahresabschlusses zu erlassen, wenn der Geschäftszweig eine von § 151 Abs. 1, 2 und 5, §§ 152, 157 Abs. 1 und 2, 158 abweichende Gliederung des Jahresabschlusses bedingt.” Diese Ermächtigung erfüllt die Anforderungen des Art. 80 GG, da sich nicht nur ihr Inhalt, sondern auch ihr Zweck und Ausmaß mindestens aus dem Sinnzusammenhang mit anderen Gesetzesvorschriften ergeben: Da die in erster Linie auf Produktions- und Handelsunternehmen zugeschnittenen gesetzlichen Gliederungsvorschriften in bestimmten Geschäftszweigen nicht dem Gebot der Klarheit und Übersichtlichkeit und des möglichst sicheren Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage (§ 149 AktG) genügen, soll der Verordnungsgeber für diese Geschäftszweige eine deren besonderen Verhältnissen angepaßte abweichende, aber nicht minder aussagekräftige Gliederung vorschreiben können. Diese Befugnis ist einmal durch die in § 161 AktG einzeln aufgeführten Gliederungsvorschriften, zum anderen durch die Notwendigkeit der abweichenden Gliederung („wenn… bedingt”) und allgemein durch die in § 149 niedergelegten allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze, insbesondere durch das Erfordernis der Bilanzklarheit und -wahrheit, begrenzt (Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der AG, 4. Aufl., § 161 Tz. 1 ff). Obschon § 151 Abs. 1 und § 157 Abs. 1 AktG, wonach eine abweichende Gliederung der gesetzlichen gleichwertig sein muß, nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 EGAktG auf die Jahresabschlüsse von Kreditinstituten nicht anzuwenden sind, besteht Einigkeit darüber, daß auch für diese das Gebot der Gleichwertigkeit gilt (Begr. RegEntw., Kropff aaO., S. 263; Reischauer/Kleinhans, KWG, § 26 Anm. 14; Adler/Düring/Schmaltz aaO., § 161 Tz. 3 m.w.N.).
b) Für die Jahresabschlüsse von Kreditinstituten in Form einer Aktiengesellschaft hat die FormblattVO das Muster Nr. 1 entwickelt. Dieses weicht bei der Gewinn- und Verlustrechnung von der allgemeinen Gliederung nach § 157 Abs. 1 AktG insbesondere in den Eingangsposten ab. Während die allgemeine Gliederung des § 157 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 die gesamten Umsatzerlöse in einem Posten ausweist, hiervon die Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für bezogene Waren abzieht und so zur Feststellung des Rohertrags/Rohaufwands kommt, teilt das Bankenformblatt die Erträge und Aufwendungen nach den wichtigsten Sparten des Bankgeschäfts auf: Es stellt den gesondert aufzuführenden Zins- und anderen laufenden Erträgen aus Kredit- und Geldmarktgeschäften (Nr. 1), aus Wertpapieren, Schuldbuchforderungen und Beteiligungen (Nr. 2 a bis c) und aus Dienstleistungen (Nr. 3) die ebenfalls getrennt auszuweisenden Zins- und Provisionsaufwendungen (Staffelform Nr. 5 und 6) gegenüber. Darüber hinaus verlangt es in einem besonderen Posten, der alle Risiken des Kreditgeschäfts zusammenfaßt, den Ausweis von „Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen und Wertpapiere sowie Zuführungen zu Rückstellungen im Kreditgeschäft” (Staffelform Nr. 7). Diese Vorschrift, die Summe der genannten Wertminderungen und Rückstellungen in einer besonderen Position auszuweisen, wird jedoch durch den oben wiedergegebenen § 4 FormblattVO eingeschränkt. Er ermöglicht es, diese Position durch Verrechnung mit Erträgen aus höherer Bewertung von Wertpapieren oder abgeschriebenen Forderungen, also mit „anderen Erträgen” im Sinne von Nr. 4 des erwähnten Musters, zu mindern oder ganz wegfallen zu lassen.
c) Diese Regelung durchbricht das Saldierungsverbot, das für die Bilanz ausdrücklich in § 152 Abs. 8 AktG niedergelegt und für die Gewinn- und Verlustrechnung in dem Aufbau der gesetzlichen Gliederungsvorschriften insgesamt zum Ausdruck gekommen ist (sogenanntes Bruttoprinzip; vgl. auch § 158 Abs. 2 und 3 AktG). Es besagt hier, daß Aufwendungen und Erträge grundsätzlich unsaldiert einander gegenüberzustellen sind (Adler/Düring/Schmaltz aaO., § 157 Tz. 39). Demgegenüber erlaubt § 4 FormblattVO nicht nur die Verrechnung von Aufwendungen und Erträgen innerhalb der beiden Gruppen „Forderungen” und „Wertpapiere”, sondern auch „Überkreuzverrechnungen” zwischen Erträgen in der einen mit Aufwendungen in der anderen Gruppe.
Damit erfaßt die Regelung zwar nur einen Ausschnitt aus den Buchungsvorgängen, die den Erfolgsausweis beeinflussen können, nicht aber zum Beispiel die für das Bankgeschäft ebenfalls typischen Zinserträge und -leistungen oder Provisionen. Gleichwohl ist sie, vor allem in Verbindung mit der noch zu erörternden verstärkten Bildung stiller Rücklagen nach § 26 a KWG, geeignet, die Aussagefähigkeit der Gewinn- und Verlustrechnung und damit den in § 149 Abs. 1 AktG geforderten möglichst sicheren Einblick in die Ertragslage nicht unwesentlich zu erschweren. Denn sie ermöglicht es vor allem, Verluste im Kredit- und Wertpapiergeschäft weitgehend mit aufgelösten Reserven zu kompensieren, ohne daß dies durch einen getrennten Ausweis bei den entsprechenden Aufwands- und Ertragsposten (also bei der Staffelform unter Nr. 4 und 7 des erwähnten Musters) deutlich wird. Je nachdem, in welchem Ausmaß eine Aktienbank von dieser Möglichkeit Gebrauch machen kann und will, könnte sich ein nicht Eingeweihter aufgrund der in der Gewinn- und Verlustrechnung, insbesondere unter Nr 7 (Staffelform), angegebenen Zahlen ein falsches Bild von der Lage und Ertragskraft des Unternehmens machen. So ließen auch hier Jahresabschluß und Geschäftsbericht für 1978 (S. 16, 22) zwar einen durch Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen und Wertpapiere sowie Rückstellungen im Kreditgeschäft verursachten Aufwand von über einer Mio DM „per saldo” erkennen. Daraus ging aber nicht hervor, inwieweit dieser Posten durch Verrechnung mit Erträgen der in § 4 FormblattVO genannten Art vermindert war.
d) Demgegenüber ist im Schrifttum darauf hingewiesen worden, auch ein an die Gliederung des § 157 Abs. 1 AktG gebundenes Unternehmen brauche Wertminderungen des Vorratsvermögens, also Abschreibungen und Verluste bei fertigen und unfertigen Erzeugnissen, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie bei bezogenen Waren und damit die entscheidenden Risiken der Produktion und des Vertriebs nicht gesondert auszuweisen; sie gingen – ebenso wie entsprechende Wertaufholungen in den Grenzen des § 155 AktG und die Ergebnisse zulässiger – (hier allerdings gemäß § 160 Abs. 2 AktG im Geschäftsbericht zu erläuternder) – Änderungen unsichtbar in die Bestandsveränderungen der Posten 2 und 5 des § 157 Abs. 1 AktG ein (Lippisch, AG 1968, 135, 142; Mertin, WPg 1966, 148 ff; vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz aaO., § 157 Tz. 52, 73, 74). Da nun bei einer Geschäftsbank das Schwergewicht auf dem Geld-, Kredit- und Wertpapiergeschäft liege und deshalb Forderungen und Wertpapiere gewissermaßen die „Rohstoffe” dieser betrieblichen Haupttätigkeit seien, entspreche es dem Grundsatz der Gleichwertigkeit mit dem Gliederungsschema des § 157 Abs. 1 AktG, Wertminderungen dieser Vermögensgegenstände nicht gesondert auszuweisen, sondern in ähnlicher Weise im betrieblichen Rohergebnis zu verrechnen, wie es das Gesetz für Industrie- und Handelsunternehmen vorsehe.
Mit dieser Überlegung läßt sich indessen die Vereinbarkeit des § 4 FormblattVO mit dem Aktiengesetz allein nicht begründen. Durch die im Muster 1 geforderte Gliederung hat der Verordnungsgeber im Rahmen des ihm gesetzlich eingeräumten Ermessens zum Ausdruck gebracht, daß er bei Aktienbanken einen besonderen Ausweis der Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen und Wertpapiere für geboten hält, um möglichst den gleichen Erkenntniswert zu sichern, wie ihn die Gewinn- und Verlustrechnung anderer Aktiengesellschaften vermittelt; er ist also davon ausgegangen, daß die Eigenart der aus mehreren Sparten zusammengesetzten Haupttätigkeit eines Kreditinstituts es bedingt, die Gewinn- und Verlustrechnung nach Ertragsquellen und Aufwandursachen so aufzugliedern, wie es im Formblatt für Aktienbanken geschehen ist (Reischauer/Kleinhans aaO, § 105 Anm. 14, 15). Damit wäre es nicht ohne weiteres zu vereinbaren, die so gewonnene, der allgemeinen Forderung des § 149 AktG entsprechende Durchsichtigkeit des Jahresabschlusses durch Zulassung von Saldierungen wieder aufs Spiel zu setzen. Auch unterscheiden sich die typischen Verkehrsvorgänge im Bankgeschäft so stark von der Herstellung, Anschaffung und Veräußerung von Waren in einem Industrie- oder Handelsunternehmen, daß sich die Vorräte eines solchen Unternehmens insbesondere mit Bankforderungen nicht oder nur ganz entfernt vergleichen lassen (vgl. Gummlich, WPg 1967, 281, 284).
d) Die allgemeinen Grundsätze des § 149 AktG, nach denen sich auch die Grenzen der Ermächtigung des § 161 AktG bestimmen, gelten jedoch nur „im Rahmen der Bewertungsvorschriften”. Zu diesen Vorschriften gehört auch § 26 a KWG, der gleichzeitig mit dem Aktiengesetz 1965 in Kraft getreten ist. Nach seinem Absatz 1 können Aktienbanken „Forderungen und Wertpapiere des Umlaufvermögens mit einem niedrigeren als dem nach § 155 AktG vorgeschriebenen oder zugelassenen Wert ansetzen, soweit dies nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zur Sicherung gegen die besonderen Risiken des Geschäftszweigs der Kreditinstitute notwendig ist”.
Diese Bestimmung geht auf übereinstimmende Beschlüsse des Rechts- und des Wirtschaftsausschusses des Bundestages zurück, die folgendermaßen begründet wurden (Kropff aaO, S. 550): Die Kreditinstitute und der Präsident des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen hätten darauf hingewiesen, daß die Erträge aus dem Bankgeschäft, vor allem durch Konjunktureinflüsse bedingt, starken Schwankungen unterlägen. Ferner seien Kreditinstitute besonders auf das Vertrauen ihrer Kundschaft angewiesen. Müßte eine Bank einen plötzlichen Gewinnrückgang oder sogar einen Verlust offen ausweisen, so könnte dies die Öffentlichkeit beunruhigen und den Abzug von Einlagen bewirken, was wiederum, wenn er einen größeren Umfang annehme, zu Insolvenzen führen und damit das Vertrauen in das gesamte Bankgewerbe gefährden könne. Diesen Gefahren könnten Kreditinstitute nicht durch Auflösung offener Reserven begegnen, weil dann Verluste aus der Bilanz ersichtlich blieben. Sie müßten vielmehr Rücklagen still bilden und auflösen können, und zwar namentlich bei den Forderungen und Wertpapieren des Umlaufvermögens, weil dort eine stille Auflösung möglich sei. Diesen Vorstellungen trugen die Ausschüsse in der Erwägung Rechnung, daß die Bedenken der Kreditinstitute und der Kreditaufsicht „nicht sicher entkräftet werden könnten” und deshalb die Verantwortung dafür, die Aktienbanken in vollem Umfang den aktienrechtlichen Gliederungsvorschriften zu unterstellen, nicht übernommen werden könne.
e) Es fragt sich, ob diese Vorstellungen auch im Gesetzestext genügenden Ausdruck gefunden haben. § 26 a Abs. 1 KWG besagt, für sich genommen, lediglich, daß die Kreditinstitute die Möglichkeit haben sollen, sich ein Verlustauffangpolster für schwer übersehbare typische Risiken ihres Geschäftszweigs zu schaffen. Daß dies auch „still” geschehen könne, ist damit noch nicht ausgesprochen; § 26 a Abs. 1 KWG betrifft seinem Wortlaut nach lediglich die Bewertung und nicht deren Ausweis im Jahresabschluß. Jedoch ist § 26 a KWG als Einheit zu sehen und deshalb für die Auslegung seines Absatzes 1 auch Absatz 2 heranzuziehen, der die Aktienbanken der Pflicht enthebt, die Angaben nach § 160 Abs. 2 Satz 2 – 5 AktG in den Geschäftsbericht aufzunehmen. Bei diesen Angaben handelt es sich im wesentlichen um solche über Abschreibungen und Wertberichtigungen und die im Geschäftsjahr angewandten Bewertungs- und Abschreibungsmethoden. Nach dem Zusammenhang mit der Erlaubnis von Unterbewertungen über das sonst zulässige Maß hinaus kann nicht zweifelhaft sein, daß damit gerade auch die auf solche Weise gebildeten Rücklagen von der Erläuterungspflicht nach § 160 Abs. 2 AktG ausgenommen sein sollen. Dabei besteht eine deutliche Beziehung zur Gewinn- und Verlustrechnung, da diese mit der Vermögensdarstellung in der Bilanz abgestimmt sein muß und die in § 160 Abs. 2 AktG geforderten Angaben auch die Vergleichbarkeit der Jahresergebnisse sichern sollen. Indem der Gesetzgeber die Banken von diesen Angaben freigestellt hat, hat er zugleich den Einblick in die Vermögens- und Ertragslage, den sie im Einklang mit dem Grundsatz des § 149 AktG vermitteln sollen, insoweit eingeschränkt. Hierin wird bei Gesamtbetrachtung des § 26 a KWG erkennbar, daß die Banken nicht genötigt sein sollen, die durch eine niedrigere Bewertung von Forderungen und Wertpapieren des Umlaufvermögens gebildeten Reserven offenzulegen; nur in dieser auf den Jahresabschluß insgesamt und nicht allein auf den Geschäftsbericht bezogenen Deutung ergibt § 26 a Abs. 2 KWG überhaupt einen Sinn. Damit wäre es unvereinbar, wenn der Gesetz- oder Verordnungsgeber den Banken eine Gliederung der Erfolgsrechnung hätte vorschreiben wollen, bei der jene Reserven offen auszuweisen oder auch nur als Gewinnverwendung vom echten Aufwand getrennt aufzuführen wären (Scholz, WPg 1967, 342 ff; a.M. Gummlich, WPg 1967, 281, 286 u. 577 ff; Engel WPg 1967, 471 ff).
f) Sollen die Banken demnach mit Hilfe des § 26 a KWG die Möglichkeit haben, branchenbedingt besondere Rücklagen zur Risikovorsorge „still” zu bilden, so wäre es widersprüchlich und mit dem Zweck des § 26 a KWG nicht zu vereinbaren, wenn sie die so angesammelten Reserven gerade in dem Augenblick offenlegen müßten, in dem sie diese zum Ausgleich von Gewinnrückgängen oder Verlusten benötigen. Denn nach den Zielvorstellungen, wie sie in dem erwähnten Ausschußbericht niedergelegt sind, sollen die Banken nicht nur die Möglichkeit haben, in ertragreichen Jahren vorsorglich Rücklagen still zu bilden und so zu vermeiden, daß im Publikum falsche Schlüsse über die Höhe des zur Risikodeckung notwendigen Aufwands gezogen werden. Sie sollen auch durch eine Inanspruchnahme dieser Rücklagen zeitweilige Verschlechterungen ihrer Ertragslage vor allem durch konjunkturelle Einflüsse auffangen und so ihre ausgewiesenen Jahresergebnisse stabilisieren können, um sich dadurch unter sachlich vertretbaren Bedingungen das Vertrauen im Publikum möglichst gleichbleibend zu erhalten (vgl. hierzu Birck, WPg 1964, 415 ff). Dieses Ziel würde vereitelt werden, wenn die Kreditinstitute ihre nach § 26 a KWG still gebildeten Rücklagen nicht auch still wieder auflösen dürften. Es bliebe auch nicht ausreichend gewahrt, wenn der Ertrag aus der Auflösung solcher Reserven etwa unter Nr. 4 des Formblatts („Andere Erträge”) voll auszuweisen wäre. Denn das würde Rückschlüsse auf die Höhe der Reserven einerseits, der durch sie abgedeckten Verluste andererseits erlauben und so die Befreiung der Banken von der Erläuterungspflicht nach § 160 Abs. 2 Satz 2 – 5 AktG weitgehend gegenstandslos machen.
g) Diesen Gedanken trägt die Formblattverordnung Rechnung. Sie faßt in den Posten 4 und 7 der Gewinn- und Verlustrechnung (Staffelform) bei den Forderungen und Wertpapieren echten Bewertungsaufwand und bestimmte echte Erträge mit zusätzlich gebildeten Rücklagen, also auch mit unechten, als Gewinnverwendung anzusehenden Aufwendungen oder den Erträgen aus der Auflösung solcher Rücklagen zu einem Mischausweis zusammen und erlaubt es in § 4, alle diese Aufwendungen und Erträge so zu saldieren, „daß Außenstehende ihre genaue Höhe nicht erkennen können” (Kropff, DB 1966, 669, 673).
Den dadurch gebotenen Möglichkeiten sind jedoch Schranken gesetzt, die auch für die Auslegung und Anwendung des § 4 FormblattVO zu beachten sind. So gestattet die – ohnehin auf Forderungen und Wertpapiere des Umlaufvermögens beschränkte – Vorschrift des § 26 a Abs. 1 KWG ein Unterschreiten der Wertgrenzen des § 155 AktG nur im Rahmen dessen, was nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zur Sicherung gegen die besonderen Risiken des Bankgeschäfts notwendig ist. Zur Kontrolle, ob dieser Rahmen eingehalten worden ist, können nach § 26 b Abs. 2 Nr. 2 KWG Sonderprüfer eingesetzt werden. Schließlich wurde schon bei den Gesetzesberatungen darauf hingewiesen, daß die Kreditaufsicht Mißbräuchen der Befugnisse des § 26 a KWG entgegenwirke und die von ihr aufgestellten Grundsätze über eine Begrenzung von Krediten auf das 18-fache des haftenden Eigenkapitals ein krasses Mißverhältnis zwischen stillen und offenen Rücklagen ausschließe (Kropff, AktG, S. 550).
Nach alledem ist § 4 FormblattVO durch die Ermächtigung des § 161 AktG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Nr. 1 EGAktG und dem zweckgerecht auszulegenden § 26 a KWG gedeckt. Dabei verkennt der Senat nicht, daß der aus den Gesetzesmaterialien an sich deutlich ersichtliche Wille der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Bundestagsausschüsse im Gesetz selbst nur sehr unvollkommen zum Ausdruck gekommen ist, was zumal bei einer Regelung, die Informationsrechte einschränkt, auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen könnte. Nach dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz ist der Gesetzgeber nämlich gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie es nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfGE 49, 168, 181). Dieses Gebot erscheint hier im Hinblick auf die weitgehende Freistellung der Banken von sonst vorgeschriebenen Angaben in § 26 a Abs. 2 KWG, die Rückschlüsse auf den Zweck der Gesamtregelung erlaubt und damit eine Grundlage für deren Auslegung bildet, gerade noch gewahrt, zumal die in § 26 b KWG vorgesehene Sonderprüfung und die weiteren, noch näher zu erörternden aktienrechtlichen Behelfe gewisse Kontrollmöglichkeiten und Rechtsschutz gegenüber Mißbräuchen bieten. Immerhin wäre es im Interesse der Anteilseigner und der interessierten Öffentlichkeit sowie zur Ausschaltung rechtlicher Zweifel dringend erwünscht, wenn der Gesetzgeber eine Neufassung der hier behandelten Bilanzierungsvorschriften im Rahmen einer Durchführung der Vierten EG-Richtlinie zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts zum Anlaß nehmen würde, das Gewollte auch klar auszusprechen.
h) Einige der Fragen, die der Kläger in der Hauptversammlung der Beklagten gestellt hat (zu 2 c und 3) zielten auf eine – möglicherweise auch bei der Beklagten geübte – Praxis ab, Zuführungen zu Rückstellungen im Kreditgeschäft und die Erträge aus ihrer Auflösung in die Verrechnung gemäß § 4 FormblattVO einzuschließen. Diese Praxis entspricht den Richtlinien des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen in der Bekanntmachung Nr. 1/68 vom 22. Juli 1968 (Beil. z. Bundesanzeiger Nr. 161/1968), Abschn. III zu Posten 4 und 7 (Staffelform), jeweils Abs. 2. Hiergegen hat der Kläger geltend gemacht, durch die Befolgung dieser Richtlinien, die keinen Gesetzesrang haben, sei die Beklagte über die ohnehin schon unzulässigen Kompensationsmöglichkeiten nach § 4 FormblattVO noch hinausgegangen (kritisch dazu auch Reischauer/Kleinhans, aaO, § 26 a Anm. 13).
Richtig ist, daß diese Bestimmung nicht ausdrücklich von Rückstellungen und deren Auflösung, sondern nur von Abschreibungen und Wertberichtigungen spricht. Es trifft auch zu, daß die §§ 151 ff AktG deutlich zwischen den Wertberichtigungen als einem passivischen Korrekturposten zu bestimmten, auf der Aktivseite auszuweisenden Vermögensgegenständen und den Rückstellungen für nach Grund oder Höhe noch ungewissen künftigen Ausgaben oder Verlusten unterscheiden (vgl. § 152 Abs. 6 und 7 AktG). Aber auch insoweit räumt das Gesetz dort, wo die Besonderheiten eines Geschäftszweigs dies bedingen, größere Freiheiten ein; so kann der Verordnungsgeber im Rahmen der Ermächtigung des § 161 AktG auch von den Vorschriften des § 152 AktG abweichen. Demgemäß hat er in dem Aufwandposten 7 des Musters für die Gewinn- und Verlustrechnung der Aktienbanken (Staffelform) Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen mit Zuführungen zu Rückstellungen im Kreditgeschäft zusammengefaßt sowie in § 3 Abs. 3 Satz 4 der FormblattVO bestimmt, „Sammelwertberichtigungen zu nicht auf der Aktivseite ausgewiesenen Rückgriffsforderungen unter den Rückstellungen auszuweisen”. Die darin zum Ausdruck gekommene Gleichbehandlung von Rückstellungen im Kreditgeschäft mit Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen durfte der Verordnungsgeber deshalb als eine sachgerechte, durch den Geschäftszweig bedingte Abweichung von den gesetzlichen Gliederungsvorschriften ansehen, weil es sich bei allen drei Komponenten um typische, wirtschaftlich verwandte Verlustrisiken im Kreditgeschäft aus einem Hauptbereich der Banktätigkeit handelt. So lassen sich insbesondere Avalkredite und sonstige Bankbürgschaften, bei denen Rückstellungen wegen drohender Inanspruchnahme in erster Linie in Betracht kommen dürften, wirtschaftlich als eine Form der Kreditgewährung ansprechen, bei der die Gefahr, daß die Bank für den zahlungsunfähig gewordenen Schuldner eintreten muß, einen dem Ausfall einer Forderung vergleichbaren Aufwandsfaktor bildet. Dessen Einbeziehung in die Verrechnungsmöglichkeiten nach § 4 FormblattVO liegt daher noch im Rahmen einer sinngemässen Anwendung dieser Vorschrift entsprechend den in ihr zum Ausdruck gekommenen Grundgedanken des § 26 a KWG.
3. Ist somit von der Rechtmäßigkeit der vom Kläger beanstandeten, offenbar auch bei der Beklagten befolgten Bilanzierungspraxis auszugehen, so bedeutet dies noch nicht, daß der Vorstand damit ohne weiteres befugt gewesen wäre, die Antwort auf seine Fragen zu verweigern.
a) Weder § 26 a KWG noch die FormblattVO bestimmen nämlich ein über § 131 Abs. 3 Satz 1 AktG hinausgehendes Auskunftsverweigerungsrecht des Vorstands. Ein solches Recht besteht daher nur, wenn und soweit einer der Gründe des § 131 Abs. 3 Satz 1 AktG – hier also der vom Vorstand angeführte Tatbestand der Nr. 1 – erfüllt ist (Eckardt aaO, § 131 Anm. 116, 117; vgl. auch BGHZ 32, 159, 162; a.M. Barz aaO, § 131 Anm. 18).
In tatsächlicher Hinsicht kann die Einschränkung der Grundsätze des § 149 AktG durch § 26 a KWG allerdings insofern von Bedeutung sein, als eine Auskunft der Bank über erlaubte Verrechnungen nach § 4 FormblattVO, wie sie der Kläger verlangt hat, gerade diejenigen Gefahren für die Gesellschaft heraufbeschwören könnte, die der Gesetzgeber mit § 26 a KWG vermeiden wollte. Wenn daher zu befürchten ist, daß die gewünschte Aufklärung die Kundschaft und die Öffentlichkeit unnötig beunruhigen oder zu Fehlschlüssen zum Nachteil der Bank verleiten könnte, bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung, ob die von einer Auskunft drohenden Gefahren nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung so groß sind, daß sie eine Auskunftsverweigerung nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AktG zu rechtfertigen vermögen. Im Rahmen dieser Prüfung ist auch abzuwägen, ob nicht andererseits von einer offenen Antwort auf die in der Hauptversammlung gestellten Fragen auch Vorteile für die Gesamtheit der Aktionäre und die Gesellschaft selbst zu erwarten sind, die zu befürchtende Nachteile aufwiegen.
Das kann namentlich dann der Fall sein, wenn der begründete Verdacht besteht, die Geschäftsleitung habe, z.B. durch eine fehlerhafte Kreditpolitik, erheblich gegen ihre kaufmännische Sorgfaltspflicht (§§ 93, 116 AktG) verstoßen, und wenn die geforderten Auskünfte geeignet sind, diesen Verdacht zu bestätigen oder zu erhärten. Denn die Auskunftsverweigerung darf kein Mittel des Vorstands sein, eigenes pflichtwidriges Fehlverhalten vor der Hauptversammlung zu verbergen und sich dadurch der Verantwortung zu entziehen. Sonst könnte die Befugnis zur Auskunftsverweigerung auf einen durch die Eigenart der Mitgliedschaft nicht mehr gedeckten Eingriff in das auch grundgesetzlich geschützte Recht des Aktionärs hinauslaufen, Rechenschaft über die Verwaltung seines im Unternehmen investierten Kapitals zu verlangen. Wenn daher objektiv begründete Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung vorliegen, der Vorstand dies weiß oder erkennen muß und nicht schon ein wirksames Eingreifen des Aufsichtsrats zu erwarten ist, wird sich der Vorstand in aller Regel nicht darauf berufen dürfen, eine Offenlegung der für ein richtiges Urteil über seine Amtsführung maßgebenden Tatsachen könnte für die Gesellschaft nachteilig sein. Daß dieser Einwand gegenüber einem vorrangigen Aufklärungsinteresse unter Umständen zurücktreten muß, ergibt sich schon aus dem Gesetz. So bestimmt § 145 Abs. 4 Satz 2 AktG, daß bei einer nach § 142 AktG eingeleiteten Sonderprüfung auch solche Tatsachen, deren Bekanntwerden der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen könnten, in den Prüfungsbericht aufzunehmen sind, wenn ihre Kenntnis zur Beurteilung des zu prüfenden Vorgangs durch die Hauptversammlung erforderlich ist. Dasselbe gilt für eine Sonderprüfung nach § 26 b KWG, z.B. zur Feststellung, ob Forderungen oder Wertpapiere des Umlaufvermögens mit einem niedrigeren als dem nach § 26 a KWG zulässigen Wert angesetzt worden sind (§ 26 b Abs. 2 KWG mit § 259 Abs. 1 Satz 3, § 145 Abs. 4 Satz 2 AktG). Aber auch unabhängig hiervon wird die Offenbarung von pflichtwidrigen Versäumnissen der Verwaltung vielfach gerade im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegen, wenn die Hauptversammlung sich hierdurch vernünftigerweise veranlaßt sehen könnte, der Verwaltung die Entlastung zu verweigern oder dem Vorstand das Vertrauen zu entziehen und dadurch zum Nutzen der Gesellschaft einen Wechsel in der Geschäftsleitung herbeizuführen.
b) Um unter diesen Gesichtspunkten ein Auskunftsverlangen über Buchungsvorgänge, über die der Vorstand sonst schweigen darf, zu begründen, reicht freilich die bloße Behauptung eines Aktionärs, die Verwaltung habe unsorgfältig gearbeitet, nicht aus, da sonst das gesetzliche Auskunftsverweigerungsrecht des Vorstands leicht unterlaufen werden könnte. Es müssen vielmehr bestimmte Tatsachen vorliegen, die objektiv geeignet sind, den hinreichenden Verdacht einer schwerwiegenden, die Gesellschaft schädigenden oder gefährdenden Versagens der Verwaltung zu begründen.
c) Solche Tatsachen hat der Kläger, wie die Revision mit Recht rügt, namentlich in seiner Berufungsbegründung (S. 6 ff) vorgetragen und, soweit sie bestritten sind, unter Beweis gestellt. Danach soll der frühere Vorstand der Beklagten etwa seit 1972 laufend und in steigendem Umfang unter Verstoß gegen die Satzung sehr leichtfertige Kreditgeschäfte betrieben haben, insbesondere in der Weise, daß er an branchenfremde Personen ohne entsprechende Sicherheiten und Unterlagen hohe Kredite ausgegeben habe. Das hätten der Vorsitzende des Aufsichtsrats und sein Stellvertreter gewußt und geduldet. Durch die schweren Pflichtverletzungen der Geschäftsleitung seien ganz ungewöhnlich hohe Forderungsausfälle im Kreditgeschäft aufgetreten, die man im Jahresabschluß und vor allem auch im Nachtragsbericht für das erste Halbjahr 1979 unter Beteiligung des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters zu verschleiern gesucht habe. Unterstützend hat der Kläger auf eine Reihe weitgehend unstreitiger Tatsachen verweisen können. So ergeben Jahresabschluß und Geschäftsbericht für 1978 einen ungewöhnlich niedrigen Jahresüberschuß von nur 101,01 DM sowie den schon erwähnten Abschreibungs- und Wertberichtigungsaufwand von über einer Mio. DM, und zwar jeweils nach Saldierung – offenbar unter Auflösung stiller Rücklagen.
Im März 1980 sollen die Großaktionäre der Beklagten nach weiteren Millionenverlusten „in Panik” ihre Beteiligungen abgestoßen haben. Unstreitig sind Vorstand und Aufsichtsrat im ersten Halbjahr 1980 größtenteils neu besetzt worden. Diese Vorgänge liegen zwar erst nach dem Zeitpunkt der Hauptversammlung vom 20. Juli 1979, der für die Beurteilung, ob der Vorstand die Fragen des Klägers beantworten mußte, maßgebend ist. Sie könnten aber bei rückschauender Betrachtung in Verbindung mit dem übrigen Sachverhalt als Beweisanzeichen dafür zu werten sein, daß objektiv schon damals schwere Versäumnisse in der Führung der Geschäfte zu verzeichnen gewesen sind. Gleichgültig ist dabei, wann der Kläger von diesen Anzeichen erfahren hat. Es würde genügen, wenn der Vorstand die Mängel der Geschäftsführung, auf die sie nach der Darstellung des Klägers schließen lassen, in der Hauptversammlung gekannt hat oder bei gehöriger Sorgfalt hätte kennen können und damit zu rechnen gewesen wäre, eine Unterrichtung der Hauptversammlung könnte deren Entscheidungen bei Ausrichtung auf das Unternehmensinteresse und die Belange aller Aktionäre wesentlich beeinflussen.
Hinzu kommt schließlich der Vortrag des Klägers, er sei sich bei einem Gespräch mit dem Aufsichtsratsmitglied der Beklagten Dr. Nolte darüber einig gewesen, daß es zu „Fehlentscheidungen” gekommen sei; in diesem Sinne haben sich sowohl der als Partei vernommene Kläger als auch Dr. Nolte bei einer informatorischen Anhörung geäußert.
d) Alle diese Umstände hat das Berufungsgericht nicht gewürdigt, weil es dem, wie es meint, unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten gefolgt ist, sie habe einen eng umgrenzten Kundenkreis, so daß die vom Kläger verlangten Auskünfte zu konkreten Vermutungen über die wirtschaftliche Lage bestimmter Kunden hätten führen können und so ihr Berufsgeheimnis verletzt worden wäre; dadurch hätte ihr oder den Kunden ein Schaden entstehen können. Auch hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Eine Bank verletzt ihr Berufsgeheimnis nicht schon dadurch, daß sie pflichtgemäß über eigene Verluste im Kreditgeschäft Auskünfte gibt, die bloße Mutmaßungen über die Lage bestimmter Kunden auslösen könnten (vgl. zur Verschwiegenheitspflicht im Rahmen des § 131 AktG allgemein: Zöllner, aaO, § 131 Anm. 34; Eckardt, aaO, § 131 Anm. 92). Zudem hat der Kläger entgegen der Annahme des Berufungsgerichts den Vortrag der Beklagten bestritten.
4. Demnach ist nach dem bisherigen Stand der Sache von der Möglichkeit auszugehen, daß der Vorstand der Beklagten auch bei Berücksichtigung der Belange der Gesellschaft verpflichtet gewesen ist, die vom Kläger gewünschten Auskünfte ganz oder teilweise zu geben, weil dies für eine richtige Bewertung der Amtsführung von Vorstand und Aufsichtsrat unerläßlich war. Trifft dies zu, und läßt sich nicht ausschließen, daß auch nur ein Teil der Auskünfte, wären sie gegeben worden, verständig urteilende Aktionäre dazu veranlaßt hätte, nicht nur eine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat abzulehnen, sondern auch für das folgende Geschäftsjahr einen anderen Abschlußprüfer in der Annahme zu wählen, die für 1978 bestellte Prüfungsgesellschaft habe ihrer Warnpflicht nach § 166 Abs. 2 AktG nicht genügt, so wären die Klageanträge begründet.
Da es hierzu weiterer Feststellungen bedarf, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 650035 |
BGHZ, 1 |
ZIP 1983, 163 |