Leitsatz (amtlich)
a) Hat der Rechtsanwalt eine zu einem bestimmten Zeitpunkt gebotene Maßnahme unterlassen und entsteht dem Mandanten daraus später ein Schaden, ist dieser dem Rechtsanwalt grundsätzlich selbst dann zuzurechnen, wenn der Mandant das Auftragsverhältnis zu einem Zeitpunkt gekündigt hat, als der Schaden noch vermieden werden konnte (Abgrenzung zu BGH NJW 1993, 2676).
b) Hat der Rechtsanwalt durch eine schuldhafte Vertragsverletzung verursacht, daß Ansprüche des Mandanten verjährt sind, wird der Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nicht bereits dadurch unterbrochen, daß der Mandant vor Ablauf der Verjährungsfrist einen anderen Rechtsanwalt mit der Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen den ersten Anwalt beauftragt.
Normenkette
BGB §§ 675, 249
Verfahrensgang
OLG Stuttgart |
LG Stuttgart |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. März 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe eines Schadensersatzanspruchs von 303.435,89 DM zuzüglich Zinsen wegen Verjährenlassens der Amtshaftungsansprüche gegen das Land Baden-Württemberg abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und der Anschlußrevision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger kaufte mit notariellem Vertrag vom 7. Juni 1993 ein in W. gelegenes Grundstück von den Eheleuten Theodor und Karin M. zum Preise von 300.000 DM. Die Verkäufer bewilligten die Eintragung einer Auflassungsvormerkung.
Theodor M. hatte zuvor in einem notariellen Vertrag vom 1. Oktober 1992 namens der Eheleute dieses Grundstück der W. G. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Firma G.) übertragen. Hintergrund des Vertrages war die Tatsache, daß Theodor M. als Buchhalter der Firma G. Unterschlagungen in Höhe von mehr als 1 Mio. DM begangen hatte. M. erkannte in dem Vertrag den Schadensersatzanspruch an und erklärte, das Grundstück solle in Anrechnung auf diesen Anspruch an die Gläubigerin übergehen. Eine Auflassungsvormerkung wurde bewilligt. Frau M. bestätigte gegenüber dem Notar die Vollmacht. Die Firma G. stellte am 12. Oktober 1992 beim Grundbuchamt W. den Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung. Das Grundbuchamt teilte ihr mit Schreiben vom 28. Oktober 1992 mit, gegen die Eintragung der Auflassungsvormerkung bestünden insbesondere im Hinblick auf § 313 BGB Bedenken, weil die Gegenleistung für das Grundstück in dem Vertrag nicht wirksam beurkundet sei.
Später klagte die Firma G. gegen Theodor M. Schadensersatzansprüche ein. Dieser wandte sich daraufhin an den beklagten Rechtsanwalt. Der Beklagte stellte sich gegenüber der Gläubigerin auf den Standpunkt, der notarielle Vertrag vom 1. Oktober 1992 sei nicht wirksam geworden, und focht mit Schreiben vom 22. April 1993 die Erklärungen der Eheleute M. wegen Irrtums und widerrechtlicher Drohung an. Diese verschwiegen den notariellen Vertrag vom 1. Oktober 1992 bei Abschluß des Kaufvertrages mit dem Kläger und erklärten ihm gegenüber die Auflassung. § 11 Abs. 3 des notariellen Vertrages vom 7. Juni 1993 lautet:
„Die Angaben zum Grundbuch beruhen auf Angaben der Beteiligten. Der Notar hat das Grundbuch nicht eingesehen. Die Beteiligten wünschen nach Hinweis auf die damit verbundenen Gefahren und Risiken gleichwohl die sofortige Beurkundung.”
Der Kläger behauptet, der Notarvertreter habe vor der Beurkundung beim Grundbuchamt W. angefragt, ob dort Umstände bekannt seien, die einer Beurkundung des Kaufvertrages und einer darauf beruhenden Eintragung des Erwerbers als Eigentümer ins Grundbuch entgegenständen. Dies sei trotz des damals anhängigen Eintragungsantrags der Firma G. verneint worden.
Am 23. Juni 1993 erließ das Grundbuchamt W. eine Zwischenverfügung, in der der Firma G. aufgegeben wurde, die in der Verfügung aufgeführten Hindernisse für den Vollzug des Eintragungsantrags binnen acht Wochen zu beseitigen. Das Grundbuchamt vertrat insbesondere die Auffassung, im notariellen Vertrag vom 1. Oktober 1992 seien das Grundstück unzureichend beschrieben sowie der Rechtsgrund des Vertrages und die Gegenleistung unvollständig beurkundet worden. Am 29. Juli 1993 wurde ein Vertragsnachtrag hergestellt; dabei trat aufgrund der am 1. Oktober 1992 erteilten Vollmacht eine Notariatsangestellte für die Eheleute M. auf. Am 4. August 1993 wurde daraufhin die Auflassungsvormerkung zugunsten der Firma G. sowie nachrangig auch die Vormerkung zugunsten des Klägers im Grundbuch eingetragen. Der Notar, der den Vertrag vom 7. Juni 1993 beurkundet hatte, teilte dem Kläger am 11. August 1993 mit, die zu seinen Gunsten eingetragene Vormerkung sei praktisch wertlos. Der Kläger wurde am 30. September 1993 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Durch Anwaltsschreiben vom 2. Februar 1994 wurde der Kläger aufgefordert, seine Zustimmung zur Eintragung der Firma G. als Eigentümerin im Grundbuch zu erteilen. Der Kläger beauftragte daraufhin den beklagten Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Als dieser namens des Klägers die Zustimmung verweigerte, erhob die Firma G. Klage. Durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 1994 wurde der Kläger zur Erteilung der Zustimmung verurteilt. Seine Rechtsmittel hatten keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluß vom 11. Juli 1996 (V ZR 278/95) die Annahme der Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. Juli 1995 abgelehnt.
Theodor M. hat den vom Kläger erhaltenen Erlös für das Grundstück alsbald verspielt. Seither sind die Verkäufer einkommens- und vermögenslos.
Der Kläger, der behauptet, den Kaufpreis nicht vor dem Vertragsschluß, sondern durch seinen Vater etwa eine Woche nach der Beurkundung an die Eheleute M. geleistet zu haben, hat den Beklagten auf Ersatz des Kaufpreises, der Vertragskosten von 3.435,89 DM sowie der Kosten des Rechtsstreits gegen die Firma G. sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht der Eheleute M. in Höhe von insgesamt 354.244,74 DM in Anspruch genommen. Er hat dem Beklagten vorgeworfen, die Eheleute M. unzutreffend beraten, die Erfolgsaussichten des Prozesses gegen die Firma G. falsch eingeschätzt und es versäumt zu haben, rechtzeitig die Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs gegen das Land Baden-Württemberg unterbrochen zu haben. Der Kläger hat dazu vorgetragen, er habe den Beklagten über die vor Beurkundung des Vertrages erfolgte Anfrage des Notars beim Grundbuchamt informiert. Der Kläger hat den Beklagten erstmals mit Anwaltsschreiben vom 13. Oktober 1997 zur Leistung von Schadensersatz aufgefordert und am 31. Dezember 1997 einen Prozeßkostenhilfeantrag eingereicht. Nach Gewährung von Prozeßkostenhilfe durch Beschluß vom 15. März 1999 wurde dem Beklagten die Klage am 9. April 1999 zugestellt. Der Beklagte hat eine Verletzung seiner vertraglichen Pflichten bestritten und die Verjährungseinrede erhoben.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 303.435,89 DM stattgegeben, weil der Beklagte es versäumt habe, den Kläger auf den Amtshaftungsanspruch gegen das Land Baden-Württemberg hinzuweisen; im übrigen wurde die Klage abgewiesen. Dagegen hat der Beklagte Berufung und der Kläger Anschlußberufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat der Berufung des Beklagten entsprochen und auf die Anschlußberufung den Beklagten verurteilt, dem Kläger die Kosten der Revision im Rechtsstreit gegen die Firma G. in Höhe von 14.084,50 DM zuzüglich Zinsen zu erstatten. Mit der Revision verfolgt der Kläger den vom Landgericht zuerkannten Anspruch weiter. Die Anschlußrevision des Beklagten hat der Senat nicht angenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils in dem angegriffenen Umfang und zur Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat seiner rechtlichen Prüfung den Tatsachenvortrag des Klägers zugrunde gelegt. Von diesem ist daher auch in der Revision auszugehen. Der Tatrichter ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Kläger, wenn seine Darstellung der Wahrheit entspricht, bei einem Verlust des Rechtsstreits gegen die Firma G. ein Amtshaftungsanspruch gegen das Land Baden-Württemberg aus Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB zugestanden hat.
1. Das Vorbringen des Klägers soll ersichtlich besagen, der Notar habe beim Grundbuchamt unter Hinweis auf den bei ihm anhängigen Vorgang angefragt, ob dort ein Hindernis bekannt sei, welches einem Vollzug des Vertrages mit den von den Parteien gewünschten Rechtsfolgen im Wege stehe. In diesem Falle hätte das Grundbuchamt wegen des in § 17 GBO normierten Prioritätsprinzips bei seiner Auskunft auf den bei ihm seit Oktober 1992 anhängigen, noch nicht erledigten Eintragungsantrag der Firma G. hinweisen müssen. Das Unterlassen eines solchen Hinweises war, wie das Berufungsgericht zutreffend begründet hat, unabhängig davon amtspflichtwidrig, ob eine Verpflichtung zur Auskunft bestand; denn Auskünfte müssen in jedem Falle richtig, eindeutig und vollständig erteilt werden (BGHZ 117, 83, 87 f.; BGH, Urteil vom 13. Juni 1991 – III ZR 76/90, NJW 1991, 3027). Der zuständige Beamte hat schuldhaft gehandelt, weil die Anfrage des Notars nach der Darstellung des Klägers sich auch auf anhängige Eintragungsanträge Dritter bezog und der hier maßgebliche Vorgang bei sachgerechter Nachprüfung ohne weiteres in den Akten auffindbar gewesen wäre. Die beschriebene Auskunftspflicht besteht gegenüber jedem Dritten, in dessen Interesse die Auskunft eingeholt wird (BGHZ 137, 11, 16). Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger als derjenige, der das betreffende Grundstück erwerben wollte.
2. Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB) kam nicht in Betracht, weil die Eheleute M. finanziell nicht mehr in der Lage waren, den Kaufpreis zu erstatten.
II.
Der Beklagte hat den Kläger unstreitig nicht darauf hingewiesen, daß ihm bei negativem Ausgang des Rechtsstreits mit der Firma Goldschmidt eventuell ein Amtshaftungsanspruch gegen das Land zustehe, und demzufolge auch keine Maßnahmen zur Vermeidung des Eintritts der Verjährung veranlaßt.
Das Berufungsgericht meint, der Beklagte habe gleichwohl dem Kläger für den erlittenen Schaden nicht einzustehen, weil die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs nicht zu dem Zeitpunkt eingetreten sei, zu dem eine Belehrung des Klägers in Betracht gekommen sei. Der Kläger habe die nötige Kenntnis vom Schaden frühestens durch das dem Beklagten als seinem Prozeßbevollmächtigten am 22. November 1994 zugestellte Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 1994 erhalten. Die Verjährung der Amtshaftungsansprüche sei daher erst Ende November 1997 eingetreten. Der Kläger sei jedenfalls seit dem 13. Oktober 1997 anderweitig anwaltlich vertreten gewesen. Dem Beklagten könne die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs nicht angelastet werden, weil er zu dem Zeitpunkt der Beauftragung des neuen Anwalts seine Pflichten noch nicht endgültig verletzt gehabt habe. Zumindest liege ein dem Kläger zuzurechnendes Mitverschulden des zweiten Anwalts vor, das bei einer Abwägung nach § 254 BGB eine Haftung des Beklagten ausschließe.
Diese Erwägungen sind rechtlich nicht haltbar. Auf der Grundlage des Klägervortrags ist sowohl eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten als auch die Zurechenbarkeit des entstandenen Schadens zu bejahen.
1. Der Auftrag, den der Kläger dem beklagten Rechtsanwalt damals erteilt hat, betraf (nur) die Abwehr der Ansprüche der Firma G. Trotzdem ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Kläger auf die Gefahr der Verjährung von Ansprüchen gegen Dritte, die für den Anwalt ohne weiteres ersichtlich waren, hinzuweisen.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats braucht der Anwalt Vorgänge, die ihm lediglich bei Gelegenheit des Mandats bekannt geworden sind, die jedoch in keiner inneren Beziehung zu der ihm übertragenen Aufgabe stehen, nicht daraufhin zu untersuchen, ob sie Veranlassung zu einem Rat oder Hinweis geben (BGHZ 128, 358, 361; Senatsurteil vom 20. Juni 1996 – IX ZR 106/95, NJW 1996, 2929, 2931). Jedoch muß der Anwalt den Mandanten auch innerhalb eines eingeschränkten Mandats vor Gefahren warnen, die sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen, wenn er Grund zu der Annahme hat, daß sein Auftraggeber sich dieser Gefahr nicht bewußt ist. Eine solche Verpflichtung kommt vor allem in Betracht, wenn Ansprüche gegen Dritte zu verjähren drohen (Senatsurteil vom 29. April 1993 – IX ZR 101/92, NJW 1993, 2045; vom 9. Juli 1998 – IX ZR 324/97, WM 1998, 2246, 2247).
b) Für einen durchschnittlichen Anwalt lag es nach dem vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt auf der Hand, daß bei ungünstigem Ausgang des Rechtsstreits gegen die Firma G. ein Amtshaftungsanspruch gegen das Land Baden-Württemberg ernsthaft in Betracht kam. Der Beklagte hat in jenem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 16. Januar 1995 selbst ausgeführt, der Notarvertreter habe sich am 7. Juni 1993 bei Beurkundung des Kaufvertrages zwischen dem Kläger und den Eheleuten M. telefonisch an das Grundbuchamt W. gewandt und sich erkundigt, ob dort Voreintragungen vorlägen, was verneint worden sei. Offenbar habe man beim Grundbuchamt dem Eintragungsantrag der Firma G. vom 1. Oktober 1992 damals keine Bedeutung mehr beigemessen. Im Hinblick auf diesen vom Beklagten selbst vorgetragenen Sachverhalt hätte es sich ihm aufdrängen müssen, daß dem Grundbuchamt möglicherweise ein haftungsbegründendes Versehen unterlaufen war. Grund zu der Annahme, der Kläger kenne diese Ansprüche und bedürfe insoweit keiner Belehrung, hatte der Beklagte nicht. Er hätte den Kläger daher während des Mandats über die Möglichkeit eines Anspruchs gegen das Land Baden-Württemberg sowie von Maßnahmen zur Unterbrechung der Verjährung solcher Ansprüche aufklären müssen.
c) Die Verpflichtung des Rechtsanwalts, den Mandanten vor der Verjährung von ohne weiteres erkennbaren Ansprüchen gegen Dritte zu schützen, setzt nicht erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist ein. Vielmehr sind Vorkehrungen dagegen, daß es nicht zur Verjährung kommt, erforderlich, sobald infolge des dem Anwalt erteilten Auftrags oder der von ihm gewählten Vorgehensweise die Gefahr besteht, daß der Anspruch gegen den Dritten aus dem Blick gerät. Dieses Risiko muß ein sorgfältiger Rechtsanwalt besonders bei Ansprüchen beachten, die erst bei ungünstigem Ausgang der aktuell geführten rechtlichen Auseinandersetzung Bedeutung gewinnen. Dort ist regelmäßig nicht absehbar, zu welchem Zeitpunkt Ansprüche gegen den Dritten eventuell gerichtlich geltend gemacht werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1993 – IX ZR 120/92, NJW 1993, 1779, 1780). In solchen Fällen gehört es grundsätzlich zu den Aufgaben des rechtlichen Beraters, dem Mandanten die Streitverkündung (§ 72 ZPO) oder eine andere verjährungsunterbrechende Maßnahme anzuraten, wenn die Verjährungsfrist des Anspruchs gegen den Dritten möglicherweise bereits in Lauf gesetzt ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1993 – IX ZR 101/92, NJW 1993, 2045).
d) Im Streitfall hatte die Verjährungsfrist des Amtshaftungsanspruchs lange vor Abschluß des Rechtsstreits gegen die Firma G. zu laufen begonnen.
aa) Das Berufungsgericht sieht den Kläger schon mit der Zahlung des Kaufpreises im Juni 1993, spätestens aber mit Eintragung der vorrangigen Auflassungsvormerkung der Firma G. am 4. August 1993, als geschädigt an. Dagegen ist rechtlich nichts einzuwenden, obwohl der Kläger später als Eigentümer eingetragen wurde, weil dessen Rechtsstellung ab Eintragung der Vormerkung zugunsten der Firma G., die sich als berechtigt erwiesen hat, beeinträchtigt war.
bb) Das Berufungsgericht meint, der Kläger habe den Schaden und die Person des Ersatzpflichtigen noch nicht mit dem Erhalt des Schreibens des Notariats R. vom 11. August 1993 gekannt. Ob dem zuzustimmen ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hatte er die erforderliche Kenntnis nach der am 23. November 1994 erfolgten Zustellung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 1994.
Im Amtshaftungsrecht kommt es nach § 852 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt an, zu dem der Verletzte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen in der Lage ist, gegen den Ersatzpflichtigen mindestens eine Feststellungsklage zu erheben, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussichten hat, daß sie ihm zumutbar ist (BGHZ 122, 317, 325; Senatsurteil vom 25. Februar 1999 – IX ZR 30/98, NJW 1999, 2041, 2042; beide m.w.N.). Grundsätzlich beginnt die Verjährung, sobald der Betroffene die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen sich der Schaden und die Person des Schädigers ergeben. Nicht vorausgesetzt wird die zutreffende rechtliche Würdigung des bekannten Sachverhalts. Rechtlich fehlerhafte Vorstellungen des Geschädigten beeinflussen den Beginn der Verjährung nur, wenn die Rechtslage so verwickelt und unübersichtlich ist, daß sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht einzuschätzen vermag (Senatsurteil vom 25. Februar 1999, aaO).
Spätestens durch das erste Urteil im Vorprozeß waren die Tatsachen hinreichend geklärt. Rechtlich ging es im wesentlichen darum, ob der notarielle Vertrag der Eheleute M. mit der Firma G. in dem von § 313 BGB geforderten Umfang beurkundet war, obwohl die Höhe des die Gegenleistung darstellenden Anrechnungsbetrages auf die Schadensersatzforderung nicht genannt war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es zulässig, die Bestimmung des Betrages dem Erwerber zu überlassen, sofern ein solcher Wille der Vertragspartner in der Urkunde zum Ausdruck kommt (BGH, Urteil vom 8. November 1985 – V ZR 113/84, NJW 1986, 845; vom 18. April 1986 – V ZR 32/85, DNotZ 1987, 741, 744). Nach der vom Landgericht vertretenen Auffassung war im Vertragstext hinreichend zum Ausdruck gebracht worden, daß die Erwerberin das Grundstück verwerten sollte und zugleich verpflichtet war, sich um einen möglichst günstigen Erlös zu bemühen. In diesem Sinne sei ihr die Bestimmung des Anrechnungsbetrages überlassen worden. Diese Beurteilung beruhte auf einer Vertragsauslegung, die unter Berücksichtigung der Interessen der Vertragspartner naheliegend war und insbesondere in tatsächlicher Hinsicht keine wesentlichen Mängel erkennen ließ. Das hat das Berufungsgericht bei Prüfung des Anspruchs auf Erstattung von Prozeßkosten zu Recht selbst so gesehen und es zutreffend als Vertragsverletzung des Beklagten gewertet, daß er den Kläger nicht hinreichend über die ungünstigen Aussichten, das erstinstanzliche Urteil mit Erfolg anzugreifen, belehrt hat. Da für die Zumutbarkeit der Klage in erster Linie auf die Tatsachenkenntnis abzustellen ist und Unsicherheit in der rechtlichen Beurteilung nur ausnahmsweise ein Hinausschieben des Beginns der Verjährung rechtfertigt, hatte der Kläger aufgrund des Urteils vom 28. Oktober 1994 Kenntnisse vom Schaden – und der Person des Ersatzpflichtigen, weil er über die Fehlerhaftigkeit der Auskunft des Grundbuchamts inzwischen informiert war –, die zumindest eine Feststellungsklage gegen das Land Baden-Württemberg zumutbar erscheinen ließen.
cc) Bei fahrlässigen Amtspflichtverletzungen muß sich die Kenntnis vom Schaden auch auf das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit erstrecken (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999, aaO). Das hat im Streitfall indessen keine Auswirkung. Ansprüche gegen die Firma G. bestanden nicht. Ansprüche gegen die Eheleute M. waren zu diesem Zeitpunkt, wie der Kläger wußte, nicht mehr durchsetzbar, weil der Ehemann M. den Erlös für das Grundstück sofort verspielt hatte und die Verkäufer seitdem einkommens- und vermögenslos sind.
Die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs begann folglich spätestens mit Zustellung des Urteils des Landgerichts Stuttgart im Vorprozeß an den Beklagten am 22. November 1994. Der Geschädigte muß sich auch im Rahmen des § 852 BGB das Wissen des von ihm eingeschalteten Rechtsanwalts zurechnen lassen (BGH, Urteil vom 16. Mai 1989 – VI ZR 251/88, NJW 1989, 2323).
e) Demnach hätte der Beklagte den Kläger jedenfalls nach Abschluß der ersten Instanz im Vorprozeß über den Amtshaftungsanspruch belehren und ihm Maßnahmen zur Unterbrechung der Verjährung empfehlen müssen. Das Versäumnis des Beklagten gereicht ihm zum Verschulden; denn für einen mit verkehrsüblicher Sorgfalt arbeitenden Rechtsanwalt war die Notwendigkeit einer entsprechenden Belehrung ohne weiteres ersichtlich.
2. Der Schaden des Klägers besteht darin, daß er einen Amtshaftungsanspruch in Höhe von 303.435,89 DM nicht mehr durchsetzen kann.
Der Kläger hätte den Kaufvertrag mit den Eheleuten M. nicht beurkunden lassen, wenn er gewußt hätte, daß wegen des zeitlich vorgehenden Eintragungsantrags der Firma G. der Erwerb des Eigentums an dem Grundstück nicht hinreichend gesichert war. Nach der Darstellung des Klägers ist der Kaufpreis erst nach Beurkundung des notariellen Vertrages entrichtet worden, so daß der Verlust dieser Summe ebenfalls als Schaden gegenüber dem Land Baden-Württemberg hätte geltend gemacht werden können. Der spätestens am 23. November 1997 verjährte Amtshaftungsanspruch ist nicht mehr durchsetzbar.
3. Der Verlust des Regreßanspruchs gegen das Land Baden-Württemberg ist dem Beklagten haftungsrechtlich zuzuordnen.
a) Die Unterlassung der gebotenen Maßnahmen ist für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden. Der Beweis des ersten Anscheins spricht dafür, daß der Kläger den Beklagten beauftragt hätte, für eine Unterbrechung der Verjährung zu sorgen, wenn er über die Rechtslage ins Bild gesetzt worden wäre; denn dies wäre die allein interessengerechte Entschließung gewesen (vgl. BGHZ 123, 311; st.Rspr.).
b) Der Beklagte hat für den eingetretenen Schaden haftungsmäßig einzustehen. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen begründen keine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs zwischen der vom Beklagten zu vertretenden Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden.
aa) Entgegen der Meinung des Oberlandesgerichts ist es für die Haftungsfrage nicht wesentlich, ob der dem Beklagten vom Kläger erteilte Auftrag noch bestand, als die Verjährung eintrat. Die haftungsmäßige Verknüpfung zwischen der anwaltlichen Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden vollzieht sich dann, wenn der rechtliche Berater Ansprüche des Mandanten hat verjähren lassen, in gleicher Weise wie bei anderen durch pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen ausgelösten Nachteilen des Auftraggebers. War der Anwalt verpflichtet, den Kläger auf die Gefahren der Verjährung hinzuweisen, und ist wegen des von ihm zu vertretenden Versäumnisses der Anspruch gegen den Dritten nicht mehr durchsetzbar, so ist in der Regel der Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden zu bejahen.
bb) Der Zurechnungszusammenhang ist nicht dadurch unterbrochen worden, daß der Kläger vor Ablauf der Verjährungsfrist einen anderen Anwalt mit der Wahrung seiner Interessen, hier speziell der Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen den Beklagten, beauftragt hat.
(1) Ein eigener selbständiger Willensakt des Mandanten löst die Zurechnung nur dann auf, wenn es sich dabei um ein nicht vertretbares, völlig unsachgemäßes Verhalten handelt (BGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – IX ZR 204/93, NJW 1994, 2822, 2823; vom 2. April 1998 – IX ZR 107/97, NJW 1998, 2048, 2050). Die Beauftragung eines anderen Anwalts, weil der Mandant meint, Erstattungsansprüche gegen den ursprünglichen Berater zu haben, kann in der Regel nicht als ungewöhnliche, völlig unangemessene Entschließung gewertet werden. Besondere Umstände, die im Einzelfall zu einer anderen Bewertung führen können, sind nicht dargetan.
(2) Das Berufungsgericht hat offenbar an die Rechtsprechung zur Sekundärverjährung gedacht, wonach die Pflicht des Anwalts, auf einen eventuellen Ersatzanspruch gegen sich selbst und dessen Verjährung hinzuweisen, entfällt, wenn der Mandant einen Anwalt mit der Prüfung von Regreßansprüchen beauftragt hat (Senatsurteile vom 9. Dezember 1999 – IX ZR 129/99, WM 2000, 959, 961; v. 21. Juni 2001 – IX ZR 73/00, WM 2001, 1677, 1679). Diese Rechtsprechung beruht jedoch auf der besonderen Rechtsnatur des Sekundäranspruchs, einer im Wege der Rechtsfortbildung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geschaffenen Rechtsfigur zum Ausgleich unerträglicher, verfassungsrechtlich bedenklicher Rechtsfolgen einer wortlautgetreuen Auslegung der Verjährungsvorschrift des § 51 b BRAO (vgl. Zugehör, Anwaltshaftung Rdn. 1261 ff.). Nur bei Verletzung der Pflicht, den Mandanten auf Regreßansprüche gegen die eigene Person und deren Verjährung hinzuweisen – was keinen Schadensersatzanspruch im eigentlichen Sinne begründet, sondern nur dazu führen kann, daß der Rechtsanwalt für eine gewisse Zeit mit der Verjährungseinrede ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 1995 – IX ZR 228/94, NJW 1996, 48, 51; vom 2. Juli 1996 – IX ZR 19/96, NJW 1996, 2797, 2798) –, wird die Zurechnung wegen der Subsidiarität des Sekundäranspruchs in der genannten Weise eingeschränkt. Diese Regel kann nicht allgemein auf Beratungsfehler übertragen werden, die darin bestehen, daß der Anwalt es pflichtwidrig unterlassen hat, den Mandanten über naheliegende Ansprüche gegen Dritte zu belehren. Der Gedanke der Subsidiarität paßt hier nicht. Für die Wirkungen eines solchen Versäumnisses gelten die üblichen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Zurechnungsregeln. Dies ist schon deshalb geboten, weil die Beauftragung eines neuen Anwalts nach der Lebenserfahrung keineswegs regelmäßig dazu führt, daß dieser alsbald alle Punkte erkennen kann, in denen seinem Kollegen ein Beratungsfehler unterlaufen ist. Gerade in Fällen, denen ein umfangreicher, noch nicht in allen Punkten aufgeklärter Sachverhalt zugrunde liegt, läßt sich die Sach- und Rechtslage häufig erst nach einer beträchtlichen Einarbeitungszeit hinreichend beurteilen.
(3) Selbst ein Fehler des neu zugezogenen Anwalts unterbricht den Zurechnungszusammenhang grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt lediglich dort, wo der zweite Anwalt eine Entschließung trifft, die schlechterdings unverständlich, also gemessen an sachgerechter Berufsausübung sachfremd und nicht nachvollziehbar erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1990 – IX ZR 113/89, NJW 1990, 2882, 2884; vom 14. Juli 1994 aaO S. 2824) oder den Geschehensablauf so verändert, daß der Schaden bei wertender Betrachtungsweise in keinem inneren Zusammenhang zu der vom beklagten Rechtsanwalt zu vertretenden Vertragsverletzung steht (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 1996 – IX ZR 294/95, NJW 1997, 250, 253). Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Vielmehr deutet das Schreiben des neuen Anwalts vom 13. Oktober 1997 darauf hin, daß jener damals die Problematik der Amtshaftung noch nicht erfaßt hatte, möglicherweise deshalb, weil er mit dem komplexen Sachverhalt noch nicht hinreichend vertraut war.
cc) Das Berufungsgericht sieht eine Bestätigung der von ihm vertretenen Auffassung in dem Senatsurteil vom 8. Juli 1993 (IX ZR 242/92, NJW 1993, 2676). In jener Sache ging es darum, daß der Anwalt versäumt hatte, Beweis zu sichern, und der Mandant deshalb nicht in der Lage war, seinen Schaden zu belegen. Im Schlußteil jener Entscheidung, bei den Hinweisen für den Tatrichter, an den die Sache zurückzuverweisen war (aaO S. 2678 unter III.), hat der Senat damals ausgeführt, die Verantwortlichkeit des beklagten Rechtsanwalts, dessen Mandat Ende Juli 1988 gekündigt worden war, könne für den Teil des Schadens, der die erst später, also ab August 1988, veräußerte Ware betreffe, entfallen; denn in diesem Umfang habe der Beklagte seine Pflicht noch nicht endgültig verletzt. Mit diesem Sachverhalt ist der vorliegende Fall schon deshalb nicht vergleichbar, weil hier dem Beklagten nicht das Mandat vorzeitig gekündigt wurde, sondern erst mit Rechtskraft der im Prozeß gegen die Firma G. ergangenen Entscheidung der Auftrag beendet war. Der Beklagte ist daher keinesfalls durch ein für ihn nicht absehbares Ereignis daran gehindert worden, den Kläger in dem erforderlichen Umfang zu beraten.
Davon abgesehen geben die Ausführungen in jenem Urteil Veranlassung, folgendes klarzustellen: Hat der Anwalt eine zu einem bestimmten Zeitpunkt des Auftragsverhältnisses gebotene Maßnahme unterlassen, ist ihm diese Vertragsverletzung grundsätzlich auch dann zuzurechnen, wenn der Vertrag endet, bevor der Schaden eintritt. Dies ist in der Regel schon deshalb gerechtfertigt, weil er trotzdem noch den bisher unterlassenen Hinweis erteilen kann (zur nachvertraglichen Belehrungspflicht vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1996 – IX ZR 39/96, WM 1997, 321, 322). Selbst wenn ihm indessen mit Beendigung des Auftrags die Möglichkeit genommen wird, Versäumtes nachzuholen, ändert das nichts an seiner einmal begründeten Verantwortlichkeit. Hat der rechtliche Berater zurechenbar die Kausalkette in Gang gesetzt, wird nicht schon dadurch, daß der Mandant einen anderen Berater hinzuzieht, die Zurechnung unterbrochen. Selbst wenn diese Beauftragung gerade zu dem Zweck geschieht, Fehler des ersten Anwalts zu beheben – und sei es durch gegen ihn gerichtete Regreßansprüche –, begründen Vertragsverletzungen des zweiten Anwalts allenfalls den Einwand des Mitverschuldens. Die den ersten Anwalt treffende Verantwortung bleibt in der Regel davon unberührt (vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 1994 – IX ZR 46/93, NJW 1994, 1211, 1212; vom 14. Juli 1994, aaO S. 2824; vom 13. März 1997 – IX ZR 81/96, NJW 1997, 2168, 2170). Gründe für eine von dieser Regel ausnahmsweise abweichende Beurteilung sind im Streitfall nicht gegeben.
4. Die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch. Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist davon auszugehen, daß das Mandatsverhältnis bis zum rechtskräftigen Abschluß des gegen die Firma G. geführten Rechtsstreits bestand, also nicht vor Zustellung des die Annahme der Revision ablehnenden Beschlusses des Bundesgerichtshofs am 29. Juli 1996 endete. Die Verjährung wurde daher mit Zustellung der Klage am 9. April 1999 rechtzeitig unterbrochen; sie war zudem zuvor schon seit Anbringung des Prozeßkostenhilfegesuchs gehemmt. Auch zwischen dem Eintritt der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs als dem für die Entstehung des Schadens maßgeblichen Zeitpunkt und der Klageerhebung liegt ein Zeitraum von weniger als drei Jahren. Schon die Primärverjährung ist daher nicht abgelaufen. Auf die ansonsten naheliegende Frage einer Sekundärverjährung braucht daher nicht eingegangen zu werden.
5. Die Hilfserwägung des Berufungsgerichts, der Kläger habe bei einer Abwägung nach § 254 BGB wegen des von seinem neuen Berater zu verantwortenden Beratungsfehlers den Schaden allein zu tragen, hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
a) Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen, die geeignet sein könnten, ein vom Kläger gemäß § 254 Abs. 2, § 278 BGB zu vertretendes Mitverschulden des Zweitanwalts zu begründen.
Begann die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs erst mit Kenntnis des vom Landgericht gefällten Urteils im Vorprozeß, war sie allerdings noch nicht abgelaufen, als der Kläger seinen neuen Anwalt – spätestens am 13. Oktober 1997 – beauftragte. Der Zweitanwalt hatte folglich objektiv noch die Möglichkeit, die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs rechtzeitig zu unterbrechen. Er war – was nach der Rechtsprechung des Senats erforderlich ist (vgl. Senatsurt. v. 20. Januar 1994, aaO; v. 13. März 1997, aaO) – dazu beauftragt, die Folgen der vom Beklagten begangenen Fehler zu beseitigen. Der bisherige Prozeßvortrag läßt jedoch nicht erkennen, ob er die dazu notwendige Kenntnis von dem behaupteten Telefonat des Notarvertreters anläßlich der Beurkundung des Vertrages vom 7. Juni 1993 besaß. Das Anspruchsschreiben vom 13. Oktober 1997 enthält keine Ausführungen, aus denen hervorgeht, daß der neue Rechtsanwalt diesen Sachverhalt damals schon erfahren hatte. Ob eine eventuelle Unkenntnis auf ungenügender Erforschung des Sachverhalts beruht oder den Vorwurf rechtfertigt, der Kläger habe seine Informationspflicht schuldhaft verletzt, läßt sich auf der Grundlage des angefochtenen Urteils nicht abschließend beurteilen.
b) Selbst wenn aus diesen Gründen ein Mitverschulden anzunehmen sein sollte, könnte es keinesfalls dazu führen, daß der Kläger den Schaden allein zu tragen hat. Der Beklagte hat den Kläger jahrelang betreut und beraten. Wenn demgegenüber der neue Anwalt nur wenige Wochen zur Verfügung hatte, um den komplexen Sachverhalt aufzuklären und die in Anbetracht dessen gebotenen rechtlichen Maßnahmen zu treffen, kommt eine Kürzung der Haftungsquote wegen Mitverschuldens allenfalls in Höhe eines deutlich unter 50 % liegenden Anteils in Betracht.
III.
Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:
1. Ein Amtshaftungsanspruch gegen das Land Baden-Württemberg scheidet nicht allein dann aus, wenn es die vom Kläger behauptete telefonische Anfrage des Notars beim Grundbuchamt nicht gegeben hat. Je nach deren Inhalt kann eine Amtspflichtverletzung auch zu verneinen sein.
a) § 11 Abs. 3 des Vertrages vom 7. Juni 1993 besagt, daß die Angaben zum Grundbuchinhalt auf den Angaben der Beteiligten beruhen, der Notar das Grundbuch nicht eingesehen und die Beteiligten auf die damit verbundenen Risiken und Gefahren hingewiesen hat, diese jedoch gleichwohl die sofortige Beurkundung wünschen. Die Vertragsparteien konnten den Notar wirksam von den in § 21 BeurkG normierten Pflichten befreien (§ 21 Abs. 1 Satz 2 BeurkG).
b) Ohne eine solche Befreiung hat sich der Notar bei Geschäften, die im Grundbuch einzutragende Rechte zum Gegenstand haben, über den Grundbuchinhalt zu unterrichten. Er hat in diesem Falle zu prüfen, ob das im Vertrag bezeichnete Grundstück mit dem im Grundbuch eingetragenen identisch ist, der Verfügende wirksam als Berechtigter eingetragen ist, ob Belastungen eingetragen sind und der Vollziehung nach dem Grundbuchinhalt rechtliche Hindernisse entgegenstehen (Sandkühler, in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 4. Aufl. § 14 Rdn. 108; vgl. auch BGHZ 131, 200, 207). Die Kenntnis, die sich der Notar verschaffen muß, betrifft grundsätzlich nur den Inhalt des Grundbuchs und dort das aktuelle Grundbuchblatt. Dagegen braucht er die Grundakten nur dann einzusehen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, daß sich aus ihnen eine Gefährdung der rechtlich geschützten Interessen der Beteiligten, insbesondere unerledigte Eintragungsanträge, ergeben (Sandkühler, aaO § 14 Rdn. 114; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 12. Aufl. § 21 BeurkG Rdn. 13 f.; Ganter WM 2000, 641, 643).
c) Nimmt der Notar, der berechtigterweise davon abgesehen hat, das Grundbuch einzusehen, eine telefonische Anfrage beim Grundbuchamt vor, so handelt er in Anbetracht dessen grundsätzlich nicht pflichtwidrig, wenn er sie auf den Grundbuchinhalt in dem beschriebenen Sinne beschränkt und nicht um eine Überprüfung der Grundakten bittet. Dementsprechend darf das Grundbuchamt in einem solchen Falle seine Antwort auf den Inhalt der Anfrage beschränken. Folglich kam ein Anspruch gegen das Land Baden-Württemberg aus Art. 34 GG, § 839 BGB nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen einer der nachstehend aufgeführten Alternativen erfüllt waren:
- die Anfrage des Notars erstreckte sich inhaltlich auf eventuell unerledigte Anträge;
- die Anfrage betraf zwar nur den Grundbuchinhalt, das Grundbuchamt hat jedoch im umfassenden, also eventuelle Anträge einschließenden Sinne geantwortet oder den ihm bekannten Antrag bewußt verschwiegen;
- die Anfrage betraf nur den Grundbuchinhalt, obwohl der Notar konkreten Anlaß hatte, sich auch nach eventuell unerledigten Anträgen zu erkundigen.
2. Sollte aufgrund der noch zu treffenden Feststellungen ein Amtshaftungsanspruch zu bejahen sein, erstreckt er sich auf den Verlust des Kaufpreises nur, wenn der Kläger beweist, daß die Eheleute M. die Zahlung nach der Beurkundung des Vertrages erhalten haben.
3. War der Amtshaftungsanspruch mindestens teilweise begründet, wird das Berufungsgericht erneut prüfen müssen, ob den Kläger selbst oder dessen neuen Anwalt ein Mitverschulden daran trifft, daß die Verjährung des Anspruchs nicht rechtzeitig unterbrochen wurde.
Unterschriften
Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof, Fischer, Raebel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.11.2001 durch Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 675327 |
BB 2002, 484 |
NJW 2002, 1117 |
NWB 2002, 1432 |
BGHR 2002, 278 |
EBE/BGH 2002, 52 |
EWiR 2003, 53 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2002, 505 |
ZAP 2002, 263 |
AnwBl 2002, 300 |
MDR 2002, 580 |
VersR 2003, 108 |
BRAK-Mitt. 2002, 64 |
KammerForum 2002, 196 |
Mitt. 2002, 558 |