Verfahrensgang
LG Bochum (Entscheidung vom 21.01.2022; Aktenzeichen 2 KLs 20/20) |
Tenor
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 21. Januar 2022, soweit es die Angeklagte T. H. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 21. Januar 2022 betreffend den Angeklagten M. H. wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hatte im ersten Rechtsgang die Angeklagten mit Urteil vom 9. Januar 2019 vom Vorwurf der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen freigesprochen. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft hob der Senat mit Urteil vom 30. Juli 2020 das Urteil mit den Feststellungen auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.
Rz. 2
Im zweiten Rechtsgang hat das Landgericht die Angeklagten erneut aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hinsichtlich der Angeklagten T. H. hat die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Den Angeklagten M. H. betreffend ist die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft unbegründet.
I.
Rz. 3
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legt der Angeklagten T. H. zur Last, in der Zeit bis zum 1. November 2016 an drei nicht näher bestimmbaren Zeitpunkten ihrem am 2. September 2016 geborenen Sohn L. H. erhebliche Verletzungen, nämlich zahlreiche Knochenbrüche sowie ein Hämatom am Auge, zugefügt zu haben. Der Angeklagte M. H. habe, obwohl ihm die Misshandlungen seines Sohnes nicht verborgen geblieben seien, nichts veranlasst, um (weiter) drohende Übergriffe von dem Kind abzuwenden.
Rz. 4
2. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde L. H. eine Woche nach seiner Geburt aus dem Krankenhaus entlassen. In der Folgezeit betreute hauptsächlich seine Mutter, die Angeklagte T. H., den Säugling. Er wurde auch von seinem Vater, dem Angeklagten M. H., betreut, wenn dieser nicht arbeiten musste. Möglicherweise waren auch in der Nähe wohnende Verwandte wie die Großmutter mütterlicherseits zeitweise in die Kinderbetreuung eingebunden. Die Familie wurde zunächst täglich, später mehrmals wöchentlich von einer Hebamme unterstützt. Am 26. Oktober 2016 wurde eine äußerlich sichtbare Auffälligkeit, nämlich eine Schwellung an den linksseitigen Rippen des Kindes, bemerkt. Am folgenden Tag wurde L. H. daher bei einer Kinderärztin vorgestellt. Am 1. und 2. November 2016 wurde er deswegen und wegen einer eingeschränkten Beweglichkeit des linken Armes („Schonhaltung“) im kinderärztlichen Notdienst einer Kinder- und Jugendklinik untersucht. Die hierbei gefertigten Röntgenaufnahmen ergaben mindestens 14 Frakturen an allen vier Extremitäten sowie an mehreren Rippen. Nach Gutachten von Sachverständigen wurden die nach außen nicht erkennbaren Verletzungen dem Geschädigten zu mindestens zwei unterschiedlichen Zeitpunkten zugefügt und beruhten auf einer nicht-akzidentiellen stumpfen Gewalteinwirkung. Das Landgericht hat noch festzustellen vermocht, dass der Bruch der Speiche des linken Arms erst zwischen dem 27. und dem 31. Oktober 2016 entstanden sein kann. Zu den übrigen Verletzungen hat das Landgericht die Entstehungszeit auf die letzten zwei Wochen vor den Röntgenaufnahmen am 1. und 2. November 2016 eingegrenzt.
Rz. 5
3. Das Landgericht hat nicht festzustellen vermocht, wer L. H. die Verletzungen wann genau und wie zugefügt hat. Nach Auffassung der Strafkammer gebe es keine konkreten Anhaltspunkte, dass gerade die Angeklagte T. H. oder der Angeklagte M. H. das Kind misshandelten.
Rz. 6
Eine Strafbarkeit wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen bzw. Körperverletzung durch Unterlassen oder wegen unterlassener Hilfeleistung, weil die Eltern die gebotene ärztliche Versorgung des Kindes nicht veranlassten, scheide aus, weil nicht festzustellen sei, dass einer der Angeklagten eine körperliche Misshandlung durch den Täter oder die Frakturen bemerkte.
II.
Rz. 7
Der Freispruch der Angeklagten T. H. ist bereits auf die Aufklärungsrüge, mit der die Staatsanwaltschaft die unterbliebene Vernehmung der drei Berufsrichter des ersten Rechtsgangs beanstandet, aufzuheben (§ 244 Abs. 2 StPO), so dass es auf die Sachrüge nicht mehr ankommt.
Rz. 8
1. Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde: Im ersten Rechtsgang hatten sich beide Angeklagte zur Sache eingelassen. Die Eltern der beiden Angeklagten und die Ehefrau des Bruders des Angeklagten M. H. hatten als Zeugen Angaben gemacht. Im zweiten Rechtsgang haben beide Angeklagte weitgehend von ihrem Schweigerecht Gebrauch gebracht. Lediglich die Angeklagte T. H. hat sich über eine Verteidigererklärung dahin eingelassen, dass sie die Hebamme bzw. die Kinderärztin auf die Schwellung an L. s Brustkorb aufmerksam gemacht habe und nicht umgekehrt. Die mit den Angeklagten verwandten Zeugen haben sich im zweiten Rechtsgang auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen.
Rz. 9
2. Die Aufklärungsrüge die Angeklagte T. H. betreffend ist zulässig erhoben. Die Rüge genügt der durch § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Form. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin die Beweismittel, deren Verwertung sie vermisst, und die zu erwartenden Beweisergebnisse jeweils konkret bezeichnet (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2021 - 6 StR 214/20 Rn. 3), indem sie mit dem Ziel, eine Aktivtäterschaft der Angeklagten T. H. zu beweisen, im Einzelnen vorgetragen hat, welche Bekundungen der namentlich benannten Berufsrichter über die Einlassungen der beiden Angeklagten und über die Angaben der Zeugen (Eltern der beiden Angeklagten, Ehefrau des Bruders des Angeklagten) in der Hauptverhandlung im ersten Rechtsgang zu erwarten waren.
Rz. 10
3. Die Aufklärungsrüge ist begründet, denn das Landgericht hätte sich zu der Vernehmung der Berufsrichter des ersten Rechtsgangs gedrängt sehen müssen (§ 244 Abs. 2 StPO).
Rz. 11
a) § 244 Abs. 2 StPO gebietet es, von Amts wegen Beweis zu erheben, wenn aus den Akten oder aus dem Stoff der Verhandlung Umstände und Möglichkeiten bekannt oder erkennbar sind, die bei verständiger Würdigung der Sachlage begründete Zweifel an der Richtigkeit der - auf Grund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten - Überzeugung wecken müssen bzw. geeignet sind, noch vorhandene Zweifel, die einer Überzeugungsbildung entgegenstehen, auszuräumen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - 4 StR 208/14 Rn. 7 mwN). Ergibt die Beweisaufnahme weder den Nachweis noch die Widerlegung eines entscheidungserheblichen Umstands, so muss das Gericht, bevor es zu dem fraglichen Punkt zugunsten des Angeklagten entscheidet, von Amts wegen nach eventuellen weiteren Aufklärungsmöglichkeiten forschen und anordnen, dass bekannte oder erkennbare weitere, bisher nicht genutzte Beweismittel, die eine Aufklärung erwarten lassen, herbeigeschafft und gebraucht werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1959 - 1 StR 488/59, BGHSt 13, 326 Rn. 5 f.; Becker in Löwe-Rosenberg, 27. Aufl., § 244 Rn. 61).
Rz. 12
b) Hieran gemessen war die Strafkammer gehalten, die aus dem Urteil im ersten Rechtsgang ersichtlichen Einlassungen der Angeklagten und Angaben der Zeugen durch Vernehmung der Berufsrichter zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen. Die Vernehmung der Berufsrichter drängte sich auf, da für das Gericht im zweiten Rechtsgang das abweichende Einlassungs- bzw. Aussageverhalten der Angeklagten und Zeugen aus dem Urteil im ersten Rechtsgang erkennbar war und die unterbliebene Beweiserhebung zu einer anderen Sachverhaltsfeststellung hätte führen können. Denn die in das Wissen der benannten Zeugen gestellten früheren Äußerungen der Angeklagten und Zeugen können Feststellungen ermöglichen, die im Rahmen der Gesamtwürdigung der Beweisergebnisse wesentliche indizielle Bedeutung für eine (Aktiv-)Täterschaft der Angeklagten T. H. haben.
Rz. 13
aa) Die Bekundungen der Berufsrichter über Angaben des Vaters des Angeklagten, wonach die Angeklagte T. H. ihn gebeten habe, in einer eidesstattlichen Versicherung gegenüber dem Jugendamt anzugeben, er habe das Kind am Arm gezogen, obwohl es den Vorfall tatsächlich nie gegeben habe, haben Bedeutung für die Frage, ob die Angeklagte von eigenem Fehlverhalten ablenken wollte. Dasselbe gilt für Angaben der Berufsrichter über verschiedene weitere Erklärungen und Rechtfertigungen der Angeklagten für die Entstehung der Verletzungen ihres Sohnes in der ersten Hauptverhandlung (u.a. äußerst rabiate Übungen der Hebamme; Einrenkversuche durch die Kinderärztin; Vorfall, bei dem L. H. durch ein Tragetuch gerutscht sein soll und die Angeklagte ihn fest am Brustkorb gepackt haben will). Dem daraus ersichtlichen Nachtat- und Aussageverhalten der Angeklagten T. H. kann indizielle Bedeutung für ihre (Aktiv-)Täterschaft zukommen.
Rz. 14
bb) Die (unterbliebenen) Beweiserhebungen hätten ferner zu näherer Feststellung lediglich eingeschränkter Kontakte des Angeklagten M. H., der Eltern der beiden Angeklagten und der Ehefrau des Bruders des Angeklagten zu dem Kind führen können. Die Bekundungen der Berufsrichter über Angaben der Mutter der Angeklagten im ersten Rechtsgang, wonach L. zweimal in ihrem Haushalt übernachtet habe, über die Aussage der Mutter des Angeklagten, wonach sie und ihr Mann das Kind jeweils nur kurz gesehen hätten, über die Angaben der Schwägerin, wonach sie mitunter fünf bis zehn Minuten auf L. aufgepasst habe, während die Angeklagte mit dem Hund draußen gewesen sei, und über die Einlassung des Angeklagten M. H., wonach er von fünf Uhr bis 20 Uhr wegen seiner Arbeitstätigkeit außer Haus gewesen sei und ihm die Angeklagte das Kind zudem nie überlassen habe, hätten Feststellungen dazu ermöglichen können, welchen Umfang die Kontakte weiterer Personen (außer der Angeklagten) zu L. H. hatten. Angesichts des Umstands, dass die Misshandlungen zu mindestens zwei unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgten, kann ein nur sehr geringer Umfang dieser Kontakte zum Tatopfer eine erhebliche indizielle Bedeutung gegen eine (Aktiv-)Täterschaft der anderen Personen haben, die die Strafkammer als mögliche Verursacher der Verletzungen angesehenen hat.
Rz. 15
c) Auf dem dargelegten Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO beruht der Freispruch der Angeklagten T. H.. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht, wenn es die Berufsrichter in der Hauptverhandlung vernommen hätte und diese wie von der Beschwerdeführerin behauptet ausgesagt hätten, unter Berücksichtigung der sich daraus ergebenen Indizien zu anderen Feststellungen hinsichtlich der (Aktiv-)Täterschaft der Angeklagten T. H. gekommen wäre.
Rz. 16
4. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Rz. 17
Das neue Tatgericht wird bei der Bewertung des Einlassungsverhaltens der Angeklagten T. H. zu beachten haben, dass die bloße Widerlegung von Entlastungsbehauptungen eines Angeklagten für sich allein kein Schuldindiz ist, weil auch ein Unschuldiger Zuflucht zur Lüge nehmen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 1 StR 503/15 Rn. 8; Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 364/03 Rn. 17; Urteil vom 21. Januar 1998 - 5 StR 469/97 Rn. 5, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 30 mwN; Urteil vom 5. Juli 1995 - 2 StR 137/95, BGHSt 41, 153 Rn. 13).
III.
Rz. 18
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch des Angeklagten M. H. ist unbegründet.
Rz. 19
1. Eine Verfahrensrüge ist im Revisionsverfahren den Angeklagten M. H. betreffend nicht erhoben. Der Senat versteht das Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft dahin, dass die Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung der Berufsrichter des ersten Rechtsgangs beanstandet wird, allein hinsichtlich der Angeklagten T. H. erhoben ist.
Rz. 20
Für das Angriffsziel einer Revision ist der Sinn der Rechtsmittelbegründung maßgeblich. Bei Revisionen der Staatsanwaltschaft ist hierbei Nr. 156 Abs. 2 RiStBV in den Blick zu nehmen, wonach die Staatsanwaltschaft ihre Revision stets so rechtfertigen soll, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils sie eine Rechtsverletzung erblickt und auf welche Gründe sie ihre Rechtsauffassung stützt (vgl. BGH, Urteil vom 3. August 2022 - 5 StR 203/22 Rn. 14 mwN).
Rz. 21
Vorliegend sind zwar die Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift zur Verfahrensrüge - anders als die zur Sachrüge - nicht nach den beiden Angeklagten getrennt gegliedert. Das Beweisziel ist aber eindeutig allein darauf gerichtet, eine Aktivtäterschaft der Angeklagten T. H. - bei Ausschluss einer Aktivtäterschaft des Angeklagten M. H. - zu beweisen. Denn die Ausführungen der Staatsanwaltschaft zur Verfahrensrüge betreffen nur die Angeklagte T. H. und nach dem Vortrag der Staatsanwaltschaft hätte die unterbliebene Beweiserhebung erbracht, dass der Angeklagte M. H. „weder Zeit, Gelegenheit noch Motiv zu einer - zumindest zweifachen - aktiven Tatbegehung“ hatte. Im Übrigen lässt sich dem Vorbringen der Staatsanwaltschaft zur Aufklärungsrüge auch nicht entnehmen, dass sie insoweit einen untrennbaren Zusammenhang zwischen der Feststellung der Aktivtäterschaft gerade der Angeklagten T. H. und der Prüfung der Unterlassungsstrafbarkeit des Angeklagten M. H. geltend macht.
Rz. 22
2. Der angefochtene Freispruch des Angeklagten M. H. hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
Rz. 23
a) Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass das Tatgericht solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt werden. Schließlich unterliegt der revisionsgerichtlichen Überprüfung auch, ob das Tatgericht überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2021 - 5 StR 127/21 Rn. 11; Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13 Rn. 8 f., jeweils mwN).
Rz. 24
b) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung der Strafkammer zu sämtlichen im Rahmen des Anklagevorwurfs in Betracht kommenden Verhaltensweisen des Angeklagten M. H. revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Rz. 25
Soweit sich das Landgericht keine Überzeugung davon gebildet hat, dass der Angeklagte M. H. selbst durch aktives Tun seinen Sohn verletzte, zeigt die Revision keine Rechtsfehler in der Beweiswürdigung des Landgerichts auf. Die Schlüsse, die die Strafkammer bei ihrer Gesamtwürdigung auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen insbesondere zur Art der Verletzungen und zu den Zeitpunkten der Verletzungshandlungen gezogen hat, sind möglich. Widersprüche oder Lücken sind nicht gegeben.
Rz. 26
Dasselbe gilt für die Annahme des Landgerichts, es habe nicht feststellen können, dass der Angeklagte M. H. während der stumpfen Gewalteinwirkung auf den Geschädigten anwesend war und trotz Wahrnehmung der Verletzungshandlungen nichts zum Schutz seines Sohnes unternahm. Auch insoweit sind die Schlussfolgerungen und Wertungen des Landgerichts tatsachenfundiert, lassen keine Rechtsfehler erkennen und halten sich im tatgerichtlichen Beurteilungsspielraum. Widersprüche oder wesentliche Erörterungsmängel liegen nicht vor. Das Landgericht hat bei seiner Gesamtbewertung neben der Möglichkeit einer Verletzung des Geschädigten durch Dritte insbesondere die Fallgestaltung in den Blick genommen, dass die Gewalteinwirkung durch den anderen Elternteil erfolgte, der Angeklagte dies aber aufgrund der Tatzeit oder des Tatorts nicht wahrnahm.
Rz. 27
Schließlich hat sich die Strafkammer ohne Rechtsfehler die Überzeugung gebildet, dass die Frakturen äußerlich nicht erkennbar waren und sich der Angeklagte M. H. daher auch nicht durch unterbliebene Maßnahmen zum Schutz seines Sohnes vor weiteren Übergriffen oder durch verspätete Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe strafbar gemacht hat. Die Schlüsse zur fehlenden Erkennbarkeit der Misshandlungsfolgen, die die Strafkammer auf Grundlage der Angaben der Hebamme und von Ärzten sowie der Gutachten (rechts-)medizinischer Sachverständiger gezogen hat, sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Quentin |
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Rommel |
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Maatsch |
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Scheuß |
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Messing |
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Fundstellen
Haufe-Index 15671139 |
StRR 2023, 13 |