Leitsatz (amtlich)
›Wird in einem Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens ein Mangel des Bauwerks hinreichend konkret bezeichnet, so tritt die Unterbrechung der Verjährung auch dann ein, wenn der im Beweisverfahren bestellte Sachverständige den Mangel nicht bestätigt.‹
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger fordern Vorschuß zur Mangelbeseitigung.
Sie beauftragten die Beklagte Ende 1990, für sie ein Einfamilienhaus zu planen und zu errichten. Die Beklagte hatte den Klägern einen Auftragsvordruck zur Verfügung gestellt, den diese ausgefüllt hatten. Danach sollte u.a. die VOB/B Vertragsbestandteil sein; sie sollte "dem Bauherrn auf dessen Wunsch kostenlos zur Verfügung gestellt werden".
Die Gewährleistungsfrist für Bauleistungen sollte sich nach VOB, die für die Planung nach BGB richten.
Die Dachdeckerarbeiten führte der Streithelfer der Beklagten als Subunternehmer aus. Nach Abnahme des Hauses am 22. Juli 1992 überprüfte der Streithelfer im Juni 1993 das Dach auf schadhafte Schieferplatten. Im Juli 1994 leiteten die Kläger ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Beklagte unter anderem zu den Fragen ein, ob die verwendeten Schieferplatten minderer Qualität seien und ob das Dach ordnungsgemäß eingedeckt worden sei. Der Sachverständige bezeichnete die verwendeten Schieferplatten als nicht verwitterungsbeständig und die Befestigungen als von mangelhafter Qualität. Er stellte fest, das Dach müsse neu eingedeckt werden; die Deckung der kegelförmigen Dachteile sei jedoch fachgerecht.
Die Kläger haben wegen dieses und weiterer Mängel einen Kostenvorschuß in Höhe von 88.000 DM geltend gemacht.
Die Beklagte hat die Notwendigkeit der Neueindeckung des Daches bestritten und sich auf Verjährung berufen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Streithelfers der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Verurteilung nach Beweisaufnahme lediglich in Höhe von insgesamt 9.596,25 DM aufrechterhalten und die Klage im übrigen abgewiesen. Der Anspruch auf Kostenvorschuß für eine vollständige Neueindeckung des Daches sei unbegründet. Der Anspruch auf Neueindeckung des Daches des gartenseitigen Turms sei verjährt. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihre Klage weiter, soweit ihr Klagebegehren bezüglich des letzteren Mangels, dessen Beseitigungskosten sie mit 15.000 DM beziffern, abgewiesen worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht führt aus, der Anspruch auf Vorschuß für die Neueindeckung des Daches des gartenseitigen Turms sei verjährt. Die VOB/B sei wirksam vereinbart worden. Die Beklagte habe den Klägern mit dem Angebot, ihnen auf Wunsch die VOB/B kostenlos zur Verfügung zu stellen, die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise vom Inhalt der VOB/B Kenntnis zu nehmen. Eine unaufgeforderte Obersendung der VOB/B sei nicht notwendig gewesen; es könne dem Auftraggeber überlassen bleiben zu entscheiden, ob er sich mit der VOB/B befassen wolle.
Die Verjährung habe mit Abnahme des Hauses am 22. Juli 1992 begonnen und sei am 23. Juli 1994 eingetreten. Die erstmals im Berufungsverfahren gerügte fehlerhafte Eindekkung des Daches des gartenseitigen Turms habe die Verjährung nicht mehr unterbrechen können. Die bis zu diesem Zeitpunkt gerügten Mangelerscheinungen wegen angeblich schadhafter Schieferplatten und Abschieferungen, auf die sich auch das selbständige Beweisverfahren allein bezogen habe, hätten keine gemeinsame Ursache mit der fehlerhaften Dacheindeckung des Turmes. Die allgemein gehaltene Fragestellung im selbständigen Beweisverfahren, ob das Hausdach ordnungsgemäß eingedeckt worden sei, habe in keinem erkennbaren Zusammenhang mit den gerügten Mangelerscheinungen gestanden.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Anspruch auf Kostenvorschuß ist nicht verjährt.
Die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob die Parteien die VOB/B wirksam vereinbart hatten, kann offenbleiben.
Der Anspruch der Kläger auf Kostenvorschuß für die Neueindeckung des Daches des gartenseitigen Turms ist auch dann nicht verjährt, wenn die VOB/B wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist und die zweijährige Verjährung nach § 13 Nr. 4 VOB/B gilt.
1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Dach des gartenseitigen Turms fehlerhaft eingedeckt worden. Die Verjährung des Anspruchs auf Kostenvorschuß hat mit der Abnahme des Hauses am 22. Juli 1992 begonnen. Sie ist durch den am 14. Juli 1994 bei Gericht eingegangenen Antrag der Kläger auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens unterbrochen worden (§§ 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 BGB).
Die Unterbrechung tritt für Ansprüche aus denjenigen Mängeln ein, auf die sich das selbständige Beweisverfahren bezieht (Senat, Urteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329). Der Mangel der Dacheindeckung des gartenseitigen Turms war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts mit der Fragestellung, ob die Dacheindeckung ordnungsgemäß ausgeführt worden war, hinreichend konkret bezeichnet. Auch der im Beweisverfahren bestellte Sachverständige hat die Frage in diesem Sinne verstanden. Seine vom Berufungsgericht nicht geteilte Feststellung, die Dacheindeckung sei beanstandungsfrei, führt nicht dazu, daß die Unterbrechungswirkung des selbständigen Beweisverfahrens nachträglich entfällt. § 477 Abs. 2 BGB knüpft die Verjährungsunterbrechung allein an den Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens.
Ohne rechtliche Bedeutung ist es, daß nach den Ausführungen des vom Berufungsgericht bestellten Sachverständigen die von den Klägern gerügten Mangelerscheinungen, nämlich Herabfallen einzelner Schieferplatten sowie Abschieferungen, nicht auf die von ihm festgestellte fehlerhafte Art der Dacheindeckung zurückzuführen sind. Maßgeblich für die Unterbrechungswirkung war der objektive Inhalt des Antrages der Kläger auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens. Das Motiv für den dort konkret bezeichneten Mangel ist gleichgültig. Es können daher unstreitig zutage getretene Mangelerscheinungen Anlaß zur Bezeichnung eines Mangels geben, ohne daß sich später ein Zusammenhang zwischen festgestelltem Mangel und den vorhandenen Mangelerscheinungen ergeben muß.
2. Die Verjährung des Anspruchs der Kläger auf Kostenvorschuß begann Anfang Januar 1995 mit der Obersendung des schriftlichen Gutachtens an die Parteien erneut (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, aaO.). Diese Verjährung wurde aufgrund der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts vom 17. Dezember 1996, in der die Kläger den Mangel der nicht fachgerechten Eindeckung des Daches des gartenseitigen Turms in den Rechtsstreit einführten, erneut unterbrochen (§ 209 Abs. 1 BGB, § 261 Abs. 2 ZPO).
III. Nach alledem kann das Berufungsurteil im Umfang der Anfechtung nicht bestehenbleiben; es ist insoweit aufzuheben. Da Feststellungen zur Höhe des Vorschußanspruchs fehlen, ist die Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2993541 |
DB 1999, 44 |
BGHR BGB § 477 Abs. 2 Beweissicherungsantrag 4 |
BauR 1998, 826 |
DRsp I(138)850-6b |
NJW-RR 1998, 1475 |
WM 1998, 1980 |
ZAP 1998, 750 |
MDR 1998, 963 |
VersR 1999, 67 |
ZfBR 1998, 246 |