Verfahrensgang
OLG Köln (Entscheidung vom 10.11.2020; Aktenzeichen 9 U 224/19) |
LG Köln (Entscheidung vom 04.09.2019; Aktenzeichen 23 O 464/18) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. November 2020 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3.457,41 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung der Klägerin.
Rz. 2
Die Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen umfassen unter anderem als "Teil I" die "Musterbedingungen 2009 - MB/KK 2009 - des Verbandes der privaten Krankenversicherung" sowie als "Teil II" die "Tarifbedingungen" der Beklagten. In den Muster- und Tarifbedingungen heißt es:
"§ 8b Beitragsanpassung
Teil I
1. Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z.B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung für eine Beobachtungseinheit eines Tarifs eine Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. […]
2. Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist.
[…]
Teil II
Zu § 8 b Abs. 1 Beitragsanpassung
[…]
Ergibt die Gegenüberstellung nach Absatz 1 Satz 2 bei den Versicherungsleistungen eine Abweichung von mehr als 10 %, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. Bei einer Abweichung von mehr als 5 % können alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst werden. […]"
Rz. 3
Die Klägerin unterhält in der Krankheitskostenversicherung den Tarif V. Die Beklagte informierte sie mit Schreiben vom Februar 2016 nebst Anlagen über eine Beitragserhöhung zum 1. April 2016 um 86,36 € sowie mit Schreiben vom Februar 2017 nebst Anlagen über eine Beitragserhöhung zum 1. April 2017 um 28,93 €.
Rz. 4
Im Schreiben vom Februar 2016, dem unter anderem ein Nachtrag zum Versicherungsschein beigefügt war, hieß es auszugsweise:
"[…]
Warum ändert sich Ihr Beitrag?
Der wichtigste Grund sind die gestiegenen Gesundheitskosten. Diagnose- und Therapiemethoden entwickeln sich stets weiter. Diese haben ihren Preis. Doch sie helfen Ihnen, schneller gesund zu werden. Und mehr Lebensqualität zu genießen.
Weitere Gründe für die Beitragsanpassung entnehmen Sie bitte der Beilage 'Medizinischer Fortschritt - Ein Praxisbeispiel der [Versicherer]'.
[…]"
Rz. 5
Das Schreiben vom Februar 2017, dem unter anderem ein Nachtrag zum Versicherungsschein beigefügt war, lautete auszugsweise:
"[…]
Warum ändert sich Ihr Beitrag?
Der wichtigste Grund sind die gestiegenen Gesundheitskosten. Diagnose- und Therapiemethoden entwickeln sich immer weiter. Diese haben ihren Preis. Doch sie helfen Ihnen, schneller gesund zu werden. Bei vielen chronischen Erkrankungen erhöhen sie die Lebensqualität.
Weitere Gründe für die Beitragsanpassung entnehmen Sie bitte der Beilage 'Medizinischer Fortschritt - Ein Praxisbeispiel der [Versicherer]'.
[…]"
Rz. 6
Die Klägerin hält die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig. Mit Anwaltsschreiben vom 22. November 2018 forderte sie die Beklagte unter anderem zur Rückzahlung der ihrer Ansicht nach zu viel gezahlten Prämien einschließlich der daraus gezogenen Nutzungen auf.
Rz. 7
Soweit für die Revision noch von Interesse hat die Klägerin mit ihrer Klage neben der Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten die Rückzahlung der auf die genannten sowie weitere Erhöhungen in den Tarifen P und im gesetzlichen Beitragszuschlag R entfallenden Prämienanteile nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass die Beitragserhöhungen unwirksam seien und sie nicht zur Zahlung der Erhöhungsbeträge verpflichtet sei. Bezüglich der Erhöhungen im Tarif P und im gesetzlichen Beitragszuschlag R hat die Klägerin den Feststellungsantrag sowie die insoweit geltend gemachte Zahlungsklage zurückgenommen und erstinstanzlich zuletzt noch Zahlung von 3.635,20 € beantragt. Den Feststellungsantrag im Übrigen hat die Klägerin für erledigt erklärt; die Beklagte hat sich dem nicht angeschlossen. Die Klägerin hat daraufhin die Feststellung beantragt, dass der Feststellungsantrag ursprünglich zulässig und begründet war.
Rz. 8
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin ihre Anträge weiterverfolgt, wobei sie mit der Zahlungsklage zuletzt 3.457,41 € geltend gemacht hat. Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zur Zahlung von 3.457,14 € nebst Zinsen seit dem 8. Februar 2019 und zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 808,13 € verurteilt worden ist.
Rz. 9
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 10
Die Revision hat keinen Erfolg.
Rz. 11
I. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Tarifanpassungen zum 1. April 2016 und 1. April 2017 wegen der Unwirksamkeit der Beitragsanpassungsklausel in § 8b Abs. 1 und 2 MB/KK 2009 - Teil I AVB - in Verbindung mit § 8b Abs. 1 der Tarifbedingungen der Beklagten - Teil II AVB - endgültig unwirksam seien. Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 8 b Abs.1, 2 MB/KK werde dem Versicherer die Möglichkeit eingeräumt, auch im Falle einer nur vorübergehenden Veränderung der Versicherungsleistungen eine Beitragsanpassung vorzunehmen. Dies widerspreche insoweit §§ 12b Abs. 2 Satz 2 VAG a.F., § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG, § 203 Abs. 2 VVG, nach denen eine Prämienanpassung nur zulässig sei, wenn die Veränderung nicht nur vorübergehender Art sei.
Rz. 12
Unabhängig davon erfüllten die Begründungen für die Beitragsanpassungen aus Februar 2016 und Februar 2017 die zu stellenden Mindestanforderungen an die Mitteilung der maßgeblichen Gründe nicht. Es fehle jeweils schon an einer eindeutigen Mitteilung dazu, welche geänderte Rechnungsgrundlage für die konkreten Prämienerhöhungen maßgeblich gewesen sei, sowie an der Angabe, dass die Erhöhung aufgrund einer Überschreitung des hierfür geltenden Schwellenwerts vorgenommen worden sei. Die zu viel gezahlten Beträge für alle Tarife errechneten sich unter Berücksichtigung des Klagebegehrens, das eine Rückforderung bis einschließlich Dezember 2018 vorsehe, in Höhe von insgesamt 3.457,41 €.
Rz. 13
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
Rz. 14
1. Das Berufungsgericht hat den erforderlichen Inhalt der nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden maßgeblichen Gründe zutreffend bestimmt. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 16. Dezember 2020 (IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56) entschieden und im Einzelnen begründet hat, erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 aaO Rn. 26).
Rz. 15
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die von der Beklagten mitgeteilten Gründe für die Prämienerhöhungen zum 1. April 2016 und 1. April 2017 diese Voraussetzungen einer nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Mitteilung nicht erfüllen. Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 aaO Rn. 38). Revisionsrechtlich relevante Fehler sind hier nicht zu erkennen.
Rz. 16
Nach der im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung des Berufungsgerichts konnte ein Versicherungsnehmer den Mitteilungen nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen über dem geltenden Schwellenwert die konkreten Beitragserhöhungen ausgelöst hat. Das Berufungsgericht hat diesen Schreiben nur die Erwähnung gestiegener Gesundheitskosten entnommen. Seine Annahme, es fehle an einer Bezugnahme auf die konkreten Tariferhöhungen und die Angabe, dass eine Veränderung der Versicherungsleistungen den im Gesetz oder den in den Versicherungsbedingungen festgelegten Schwellenwert überschritten habe, ist nicht zu beanstanden. Für dieses Ergebnis kam es nicht darauf an, ob das Berufungsgericht - insoweit ggf. abweichend von den zuvor zutreffend bestimmten Anforderungen an die Begründung einer Prämienanpassung - darüber hinaus auch das Fehlen der Angabe beanstandet hat, ob der gesetzliche oder ein in den Versicherungsbedingungen festgelegter Schwellenwert überschritten wurde.
Rz. 17
Soweit das Berufungsgericht eine Bezugnahme auf die konkreten Tariferhöhungen vermisst hat, bezieht sich dies auf die Überschreitung einer bestimmten Rechnungsgrundlage im festgelegten Umfang als Voraussetzung der Prämienanpassung, und nicht auf die Frage, in welchem Tarif die Beklagte eine Prämienanpassung vorgenommen hat. Entgegen der Ansicht der Revision ist es daher nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht auch die beigefügten Nachträge zum Versicherungsschein, in denen für jeden Tarif die jeweilige Prämienerhöhung aufgeführt war, nicht als ausreichende Mitteilung angesehen hat.
Rz. 18
3. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in den am 24. April 2019 und 13. Juni 2019 zugestellten Schriftsätzen nachgeholten Angaben zu den Gründen der Prämienanpassungen nur zu einer Heilung ex nunc führen (vgl. Senatsurteile vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rn. 42; vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 66). Es hat der Klägerin daher zutreffend die Prämienanteile für den Zeitraum vom jeweiligen Erhöhungszeitpunkt am 1. April 2016 bzw. 1. April 2017 bis zum 31. Dezember 2018 - wie beantragt - in Höhe von 3.457,41 € zugesprochen (86,36 € x 33 Monate + 28,93 € x 21 Monate). Es ist auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Rückgewähranspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Erhöhungsbeträge, die sie ohne wirksame Prämienanpassungserklärung gezahlt hat, der Höhe nach uneingeschränkt umfasst. Die Höhe des Rückzahlungsanspruchs wird von der Revision zu Recht nicht angegriffen. Der Betrag ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - ab Verzugseintritt zu verzinsen.
Rz. 19
4. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen die Prämienanpassungen über die formelle Unwirksamkeit hinaus mit der Begründung für endgültig unwirksam gehalten, dass es für diese Erhöhungen an einer wirksamen Prämienanpassungsklausel fehle.
Rz. 20
a) Bei den Prämienanpassungen lag die Veränderung der Versicherungsleistungen unterhalb des gesetzlich vorgesehenen Schwellenwerts von 10 % gemäß § 203 Abs. 2 VVG in Verbindung mit § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG. Diese gesetzlichen Vorschriften erlauben jedoch eine Herabsetzung des Schwellenwerts in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte nach § 8b MB/KK 2009 (im Folgenden: MB/KK) in Verbindung mit § 8b Abs. 1 der Tarifbedingungen den Schwellenwert auf 5 % gesenkt; dieser Wert wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch die Veränderung der Versicherungsleistungen bei den hier in Rede stehenden Prämienanpassungen überschritten.
Rz. 21
b) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 22. Juni 2022 (IV ZR 253/20, VersR 2022,1078) entschieden und im Einzelnen begründet hat, stehen die Regelungen in § 8b MB/KK zu den Voraussetzungen einer Prämienanpassung einer Anwendung des niedrigeren Schwellenwertes für eine Prämienanpassung aus den Tarifbedingungen des Versicherers nicht entgegen. Zwar ist § 8b Abs. 2 MB/KK unwirksam (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 2022 aaO Rn. 31 f.), dies lässt aber die Wirksamkeit von § 8b Abs. 1 MB/KK und einer Regelung wie § 8b Abs. 1 der Tarifbedingungen der Beklagten unberührt (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 2022 aaO Rn. 33 ff.).
Rz. 22
c) Die materiellen Voraussetzungen der Prämienanpassungen im Übrigen liegen hier unstreitig vor.
Rz. 23
5. Da die Prämienanpassungen in dem hier maßgeblichen Zeitraum formell unwirksam waren, hat deren materielle Wirksamkeit keine Auswirkungen auf die Höhe der begründeten Klageforderung. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht daher auch im Ergebnis zutreffend der Zurückweisung des Klageantrags auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache zugrunde gelegt, dass die ursprünglich erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen und der Nichtzahlungspflicht zulässig und begründet war. Es kann damit vorliegend offenbleiben, ob die für den Erledigungsausspruch erforderliche Feststellung, dass der mit der Klage geltend gemachte Anspruch bis zu dem erledigenden Ereignis zulässig und begründet war, überhaupt an der materiellen Rechtskraft des Erledigungsurteils teilnimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2017 - III ZR 540/16, juris Rn. 13). Durch die - unzutreffende - Annahme des Berufungsgerichts, aufgrund einer materiellen Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen ohne Heilungsmöglichkeit sei kein erledigendes Ereignis eingetreten und der Feststellungsantrag deswegen abzuweisen, wird die Beklagte dagegen nicht beschwert.
Rz. 24
6. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzung aus §§ 280, 257 BGB hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in der ausgeurteilten Höhe angenommen.
Rz. 25
a) Das Berufungsgericht hat die nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründungen der Prämienanpassungen als Vertragsverletzung der Beklagten angesehen. Ungeachtet dessen, ob dies bereits eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung darstellt, liegt eine solche jedenfalls in der unberechtigten Geltendmachung der nicht geschuldeten Erhöhungsbeträge aus der unwirksamen Prämienanpassung bei der Beitragsabrechnung der Beklagten. Entgegen der Ansicht der Revision kann diesem Anspruch nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber als Folge einer unzureichenden Begründung in § 203 Abs. 5 VVG allein das Nichtwirksamwerden der Prämienanpassung vorgesehen habe. Eine Vertragspartei, die von der anderen Vertragspartei etwas verlangt, das ihr nach dem Vertrag nicht geschuldet ist, verletzt ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2022 - IV ZR 291/20, VersR 2022, 503 Rn. 26 m.w.N.). Wenn ein Partner eines gegenseitigen Vertrags aus diesem Vertrag Ansprüche gegen den anderen Partner ableitet, die ihm nicht zustehen, kommt daher ein Anspruch aus der Verletzung vertraglicher Pflichten aus § 280 Abs. 1 BGB in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2022 aaO).
Rz. 26
b) Von dem Vorwurf des nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermuteten Verschuldens hat sich die Beklagte nicht entlastet. Soweit sich die Revision darauf beruft, die Beklagte habe ihren Rechtsstandpunkt bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Begründungsanforderungen aus § 203 Abs. 5 VVG für plausibel halten dürfen, beruft sie sich auf einen Rechtsirrtum, der im Allgemeinen nicht entschuldigt (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2022 - IV ZR 291/20, VersR 2022, 503 Rn. 27 m.w.N.). Insoweit werden an die Sorgfaltspflicht strenge Anforderungen gestellt; es reicht nicht aus, dass sie sich ihre Meinung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat; entschuldigt wäre sie erst, wenn mit der Möglichkeit des Unterliegens im Rechtsstreit nicht zu rechnen war (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2022 aaO). Davon ist hier nicht auszugehen. Der Versicherer hat die Gestaltung seiner Mitteilungen zu Prämienanpassungen selbst in der Hand und kann auch angesichts der Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift, zu der noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist, im Zweifel eine rechtssichere Formulierung wählen (Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rn. 37).
Prof. Dr. Karczewski |
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Harsdorf-Gebhardt |
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Dr. Brockmöller |
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Dr. Bußmann |
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Dr. Bommel |
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Fundstellen
Dokument-Index HI15503388 |