Leitsatz
Ein Ehemann jordanischer Abstammung hatte seine Ehe mit einer jordanischen Staatsangehörigen scheiden lassen. Zu diesem Zwecke hatte er in Jordanien eine sog. Privatscheidung durchgeführt. Im Anschluss daran heiratete er in Jordanien erneut und lebte sodann mit seiner - zweiten - Ehefrau in Deutschland. Außer der jordanischen Staatsangehörigkeit besaß er auch die deutsche Staatsangehörigkeit.
Einige Jahre später beantragte das Regierungspräsidium beim FamG die Aufhebung der zweiten Ehe mit der Begründung, die Scheidung der ersten Ehe des Ehemannes in Deutschland sei nicht anerkannt worden, so dass eine Doppelehe vorliege. Beide Ehegatten beantragten, ihnen für die Verteidigung gegen den Aufhebungsantrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die erste Ehe des Ehemannes sei inzwischen auch nach deutschem Recht geschieden.
Das FamG gewährte keine Prozesskostenhilfe mit der Begründung, ein Ausnahmefall nach § 1315 Abs. 2 Nr. 1 BGB liege nicht vor, da die neue Ehe nach Ausspruch, aber vor Rechtskraft der Scheidung der früheren Ehe geschlossen worden sei.
Gegen den zurückweisenden PKH-Beschluss legten die Eheleute und Antragsgegner Beschwerde ein. Ihr Rechtsmittel hatte Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde für begründet. Anders als das erstinstanzliche Gericht sah es Erfolgsaussicht für die Rechtsverteidigung der Antragsgegner, die auch nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe erfüllten.
Zwar sei ein gesetzlich normierter Ausnahmefall i.S.d. § 1315 BGB, nachdem eine Aufhebung der Ehe ausgeschlossen wäre, nicht gegeben. Gleichwohl könne sich eine Antragstellung seitens des Regierungspräsidiums auf Aufhebung der Ehe gem. § 1316 Abs. 3 BGB als unzulässige Rechtsausübung darstellen, weil die in Jordanien wirksame, in Deutschland aber aus Gründen des ordre public nicht anerkennungsfähige Scheidung der früheren Ehe inzwischen auch hier erneut ausgesprochen worden sei.
Eine solche Abwägung im Rahmen des § 1316 Abs. 3 2. Hs. BGB sei um so mehr geboten, als der BGH bereits auf die Konsequenzen der Reform durch das Eheschließungsrechtsgesetz hingewiesen habe (BGH, Urt. v. 9.1.2002 - XII ZR 58/00, FamRZ 2002, 604-606).
Die bigamische Ehe werde nicht mehr rückwirkend für nichtig erklärt, sondern nur noch mit Wirkung ex nunc aufgehoben. Die mit der Aufhebung der bigamischen Ehe bezweckte Durchsetzung des Grundsatzes der Einehe könne deshalb uneingeschränkt nur noch dann greifen, wenn die erste Ehe im Zeitpunkt der Aufhebung der bigamischen Ehe noch bestehe, weil sonst mit der ex nunc wirkenden Aufhebung ein in die Zukunft weisendes Ziel nicht mehr erreicht werden könne.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.01.2007, 5 UF 200/06