Leitsatz

  1. Unterschied zwischen "Begehungsprotokoll" und "Abnahmeprotokoll"
  2. Keine Bindung eines Spät-Ersterwerbers vom Bauträger an dem Erwerb vorausgehende Abnahmeerklärungen eines vom Bauträger oder auch Verwalter bestimmten Sachverständigen
  3. Kein anwaltlicher Pflichtverstoß gegen Gebote, in verjährungsrechtlicher Hinsicht den sichersten Weg zu gehen
 

Normenkette

§§ 195, 198, 304, 307, 634a BGB

 

Kommentar

  1. Der Mängelgewährleistungs-Schadensersatzanspruch des Späterwerbers ("Nachzüglers") war durch die fristhemmende Klageeinreichung vorliegend (entgegen der Auffassung des Landgerichts) noch nicht verjährt, d.h. innerhalb der 5-Jahres-Frist nach Abnahme rechtzeitig bewirkt (§ 634a I Nr. 2 BGB).
  2. Die Verjährung für die Schadensersatzklage des Erwerbers begann auch nicht mit der ersten Begehung durch einen Sachverständigen Monate vor dem Nacherwerb des Klägers oder mit der Übersendung des damaligen Protokolls zu laufen. Auslegungsweise war insoweit auch nur von einem "Begehungsprotokoll als Arbeitsabnahme" die Rede, nicht von einem willentlichen "Abnahmeprotokoll" mit entsprechenden Rechtsbewertungen einer förmlichen Abnahme. In dem Protokoll dort festgehaltene erhebliche Mängel waren deshalb auch nicht als Billigung der Bauträgerleistung aufzufassen.
  3. Die vorgenommene Begehung konnte für den Nachzügler nicht als hypothetische Abnahmeerklärung mit Bindungswirkung und Verjährung für einen Schadensersatzanspruch des Klägers aufgefasst werden (vgl. hierzu Vogel, Baurecht 2010, S. 1992, 1995 ff.). Außerdem können Erwerber von Wohnungseigentum ohnehin nicht formularmäßig an Abnahmeerklärungen eines ihnen vom Bauträger vorgegebenen Sachverständigen gebunden werden, ebenso wenig an solche des 1. Verwalters (h.M.).
  4. Der Rechtsanwalt verstieß vorliegend auch nicht allein dadurch gegen das Gebot des sichersten Wegs, dass er nicht vorsorglich lange vor Eintritt einer möglichen Verjährung die Klage für den Mandanten einreicht und dadurch das Risiko fernliegender gerichtlicher Fehlbeurteilungen (wie vorliegend durch die Vorinstanz) zum Verjährungsfristablauf vermeidet.
  5. Auch wenn Schadensersatzansprüche gegen den Bauträger den einzelnen Erwerbern aus den Bauträgerverträgen – aktivlegitimiert – zustanden, war die Gemeinschaft als gesetzliche Prozessstandschafterin zur Prozessführung befugt, weil der auf Mängeln des Gemeinschaftseigentums beruhende kleine Schadensersatzanspruch gemeinschaftsbezogen und deshalb auch von der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband geltend zu machen ist.
Anmerkung

Zur ungültigen Vereinbarung in formelhaften Erwerbsverträgen hinsichtlich einer "Abnahme des Gemeinschaftseigentums an einen bauträgerseits bestimmten Erstverwalter" vgl. zuletzt auch Beschluss des BGH v. 12.9.2013, VII ZR 308/12 (NZM 2013 S. 738).

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 30.9.2013, 1 U 18/12, NZM 2013 S. 772

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge