Leitsatz

  • Bestandskräftiger - nicht nichtiger - Eigentümerbeschluss bindet auch Rechtsnachfolger

    Balkonverglasung als nachteilige bauliche Veränderung

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 WEG, § 10 Abs. 2, 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 25 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

1. Ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluss, der ausdrücklich eine Regelung der Gemeinschaftsordnung abändert, bindet spätere Erwerber einer Eigentumswohnung auch ohne Eintragung im Grundbuch (sog. Zitterbeschluss).

Im vorliegenden Fall wurde durch bestandskräftigen Beschluss auf das Beschlussfähigkeitserfordernis von Eigentümerversammlungen ( § 25 Abs. 3 WEG) verzichtet. § 25 Abs. 3 WEG gehört nun nicht zu den zwingenden Vorschriften des Gesetzes, sondern kann durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer abgeändert werden ( § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG). Auch die Gemeinschaftsordnung, die eine Summe von Vereinbarungen im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG darstellt, kann ihrerseits wieder durch eine Vereinbarung abgeändert werden. Die Regelungen der Gemeinschaftsordnung und abdingbare Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes können aber auch durch Mehrheitsbeschlüsse abgeändert werden, wenn diese nicht angefochten und deshalb bestandskräftig werden. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 4 WEG, weil nach dieser Vorschrift nur solche Beschlüsse unwirksam sind, die entweder gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG für ungültig erklärt sind oder gegen eine zwingende Rechtsvorschrift verstoßen (vgl. BGHZ 54, 65; BayObLG, NJW-RR 1993, 85/86; Demharter MittBayNot 1992, 138; Hauger, WE 1993, 231).

Ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluss bindet nach § 10 Abs. 3 WEG auch Sondernachfolger, die eine Wohnung erst nach dem betreffenden Eigentümerbeschluss erworben haben. Eine Eintragung im Grundbuch ist dazu nicht notwendig und gar nicht zulässig (BayObLG, Rechtspfleger 1983, 348; Demharter DNotZ 1991, 28/30).

2. Auch wenn in einer Gemeinschaftsordnung Balkone dem Sondereigentum zugeordnet sind, stellt eine nachträgliche Verglasung eines Balkons eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums dar (Veränderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes). Ohne Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer ist eine solche Balkonverglasung nicht zulässig (Beeinträchtigung des architektonischen Gesamtbildes des Gebäudes in nachteiliger Weise). Auch ein bestandskräftiger Gestattungs-Mehrheitsbeschluss lag im vorliegenden Fall nicht vor.

3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung durch die unterlegenen anfechtenden Antragsteller in der Rechtsbeschwerdeinstanz bei Geschäftswert-Ansatz von DM 3.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 04.11.1993, 2Z BR 89/93)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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