Entscheidungsstichwort (Thema)
freihändige Vergabe für den Abschluss von Verträgen über die Konzeption und Durchführung von berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen
Tenor
1. Der Nachprüfungsantrag wird verworfen.
2. Der ASt trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckmäßigen Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Ag.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerin (Ag) schrieb zunächst im Rahmen einer freihändig-wettbewerblichen Vergabe die Vergabe berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen (BvB neu) aus, an der lediglich die Teilnahme eines von der Ag definierten Kreises gemeinnütziger Bildungsträger vorgesehen war. Aufgrund eines Beschlusses der 1. Vergabekammer des Bundes vom 13. Mai 2004 (VK 1-42/04), der die von der Ag vorgenommen Abgrenzung des Kreises gemeinnütziger Bildungsträger für vergaberechtswidrig erklärte, hat die Ag das Verfahren umgestellt und den Großteil der in dieser Ausschreibung enthaltenen Maßnahmen im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung weiterverfolgt. Die öffentliche Ausschreibung „BvB neu” umfasst dabei die Lose 1 – 65 und die öffentliche Ausschreibung „BvB neu 2” die Lose 200-307. Das Ende der Ausschreibungsfrist wurde für die Ausschreibung „BvB neu 2” und für das Verfahren „BvB neu” auf den 18. Juni 2004 festgelegt. Ursprünglich lief die Angebotsfrist für die Ausschreibung „BvB neu” am 24.05.2004 ab. Die Antragstellerin (ASt) gab zu den ausgeschriebenen Losen 63 und 305 fristgerecht ein Angebot ab.
Entsprechend § 13 VgV informierte die Ag die ASt jeweils mit Schreiben vom 19. und 20. Juli 2004, dass sie beabsichtige, den Zuschlag nicht der ASt zu erteilen, weil diese nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte. Auf Antrag der ASt vom 30. Juli 2004 wurde hinsichtlich der Lose 63 und 305 des Regionalen Einkaufszentrums … von der Vergabekammer ein Nachprüfungsverfahren unter dem Aktz. VK 1 – 126/04 eingeleitet.
Mit Schreiben vom 1. September 2004 wurde der ASt seitens der Ag mitgeteilt, dass die Ausschreibung hinsichtlich der Lose 63 und 305 aufgehoben worden sei. Zur Begründung der Aufhebung führte die Ag aus, dass § 4 Abs. 2 des in den Verdingungsunterlagen enthaltenen Vertragsentwurfs eine Klausel enthalte, die von der Vergabekammer (Beschluss vom 26. August 2004, VK 1 – 105/04) als ungewöhnliches Wagnis im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A zu Lasten der Bieter angesehen worden sei. Zudem könne hinsichtlich der noch anhängigen Nachprüfungsverfahren aufgrund der Verfahrensdauer nicht sichergestellt werden, dass die Bildungsmaßnahmen zu einem fachlich sinnvollen Termin beginnen könnten. Damit seien schwerwiegende Gründe für eine Aufhebung gegeben. Da die Ag aber an der Vergabe der Maßnahmen festhalten wollte, entschied sie ausweislich der Vergabeakten, unter anderem die Lose 63 und 305 wegen besonderer Dringlichkeit freihändig zu vergeben. Ebenfalls am 1. September erteilte sie den Zuschlag an die Bieterin B GmbH. Mit anderen Bietern wurde nicht verhandelt.
Daraufhin stellte die ASt am 2. September 2004 einen Nachprüfungsantrag.
Zur Zulässigkeit trägt sie vor, das freihändige Vergabeverfahren habe sich nicht durch Zuschlag erledigt. Dieser sei nach § 13 Satz 6 VgV und nach § 138 BGB nichtig.
Das OLG Dresden (VergabeR 2002, 142ff) habe entschieden, dass die im technischen Sinne geeigneten Bieter einer öffentlichen Ausschreibung Bieter im Sinne des § 13 VgV auch in einem freihändigen Vergabeverfahren seien, wenn die öffentliche Ausschreibung aus von der Vergabestelle zu vertretenden Gründen aufgehoben und dann ein Verhandlungsverfahren bzw. eine freihändige Vergabe eingeleitet werde. So liege der Fall auch hier. Die Ag habe die Ausschreibung aus von ihr zu vertretenden Gründen aufheben müssen, weil sie eine vergaberechtswidrige Bestimmung in ihre Leistungsbeschreibung aufgenommen habe. Die ASt hätte daher vor Erteilung des Zuschlags auch im Rahmen des freihändigen Vergabeverfahrens nach § 13 VgV unterrichtet werden müssen. Eine solche Auslegung entspreche den Anforderungen des EuGH, der entschieden habe, dass die Rechtsmittelrichtlinie so ausgelegt werden müsse, dass möglichst effektiv Rechtsschutz gewährt werde (EuGH 1999 (Rs C 81/98)).
Darüber hinaus sei die Erteilung des Zuschlags gemäß § 138 BGB nichtig. Der Ag und der erfolgreichen Bieterin sei bekannt gewesen, dass das Vorgehen der Ag vergaberechtswidrig und eine freihändige Vergabe nicht zulässig sei. Die Ag habe den Weg gerade gewählt, um Nachprüfungsverfahren zu verhindern. Sie sei zeitlich so vorgegangen, dass für einen Primärrechtschutz kein Raum mehr blieb.
Zur Begründetheit macht die ASt geltend, die Ag sei verpflichtet, nach Aufhebung der Ausschreibung eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen. Auf Dringlichkeit gemäß § 3 Nr. 4 f) VOL/A könne sie sich nicht berufen, da sie die Dringlichkeit selbst verursacht habe. Aufgrund früherer Entscheidungen der Vergabekammern und -senate hätte die Ag wissen können, dass die Regelung § 4 Abs. 2 des Vertragsentwurfs der ersten Ausschreibung ein unzumutbares Wagnis enthielt. Zudem habe da...