Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfung eines Zusammenschlussvorhabens nach § 39 GWB
Tenor
1. Das mit Schreiben vom 9. Dezember 2002 angemeldete Zusammenschlussvorhaben wird nicht untersagt.
2. Die Gebühr für die Anmeldung wird auf […] EUR festgesetzt und den Beteiligten zu 1. bis 5. als Gesamtschuldnerinnen auferlegt.
Tatbestand
I. Gang des Verfahrens
1. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2002, eingegangen im Bundeskartellamt am 10. Dezember 2002, hat die Verfahrensbevollmächtigte der Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH, Frankfurt am Main (VGF), zugleich auch im Namen der Stadt Hanau angemeldet, dass die VGF beabsichtigt, die (gemeinsame) Kontrolle über die Hanauer Straßenbahn AG, Hanau (HSB), zu erwerben. Die Anmeldung ist bisher nicht vollständig im Sinne von §§ 39 Absatz 3, 40 Absatz 1 GWB, da zumindest die Umsätze der Stadt Hanau aus wirtschaftlicher Betätigung nur unvollständig vorliegen.
2. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 hat das Bundeskartellamt den Verfahrensbeteiligten gemäß § 40 Absatz 1 GWB dennoch vorsorglich mitgeteilt, dass das Hauptprüfverfahren eingeleitet worden ist.
3. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 hat die Deutsche Bahn AG (DB AG) gemäß § 54 Absatz 2 Nummer 3 GWB die Beiladung zum Zusammenschlusskontrollverfahren beantragt. Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 8. Januar 2003 Gelegenheit erhalten, zu dem Beiladungsantrag der DB AG Stellung zu nehmen. Dies haben die Verfahrensbevollmächtigten der VGF mit Schreiben vom 16. Januar 2003 getan. Sie haben im Ergebnis keine Einwände gegen die Beiladung der DB AG erhoben. Mit Beschluss vom 20. Januar 2003 ist die DB AG zu dem Verfahren beigeladen worden. Mit Schreiben vom 02. April 2003 hatte das Bundeskartellamt der DB AG seine Absicht mitgeteilt, das Zusammenschlussvorhaben freizugeben und ihr zugleich Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. In einem Telefonat vom 7. April 2003 hat der Vertreter der DB AG daraufhin mitgeteilt, keine Einwände gegen die beabsichtigte Freigabe zu haben.
4. Mit Schreiben vom 2. April 2003 haben die Verfahrensbevollmächtigten der VGF mitgeteilt, dass sich die Zusammenschlussbeteiligten auf die ersatzlose Streichung von § 3 Ziffer 5 des zwischen der Stadt Hanau/Stadtwerke Hanau und der VGF abgeschlossenen Konsortialvertrages geeinigt hätten, der ursprünglich die Stadt Hanau verpflichtete, bei der Vergabe von Verkehrsdienstleistungen auf Ausschreibungen, so weit wie rechtlich zulässig, zu verzichten.
Entscheidungsgründe
II. Die beteiligten Unternehmen
5. Bei der VGF, der unmittelbaren Erwerberin, handelt es sich um einen Anbieter von Verkehrsdienstleistungen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) mit Schwerpunkt im Bereich des innerstädtischen Verkehrs in Frankfurt am Main und den angrenzenden Gebieten des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV). Die VGF hat eine Ende 2002 durchgeführte Ausschreibung der Stadt Hanau zur Beteiligung an der HSB gewonnen. Die VGF erbringt bereits Verkehrsdienstleistungen im Busund Schienenverkehr (Bus, U-Bahn, Straßenbahn) und ist dabei ausschließlich auf der Grundlage des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) und damit im öffentlichen Straßenpersonennahverkehr (ÖSPV) tätig. Zugleich hält die VGF eine Beteiligung in Höhe von 51 % an der In-der-City-Bus GmbH, Hofheim (ICB), die ebenfalls im Gebiet der Stadt Frankfurt am Main Nahverkehrsdienstleistungen mit Bussen erbringt und im Jahre 2001 einen Umsatz von [≪10] Mio. EUR erzielte. Die ICB fährt ausschließlich als Subunternehmer der VGF auf drei für die VGF konzessionierten Linien. Das von der VGF betriebene, konzessionierte Liniennetz hat eine Länge von mehr als 500 Kilometern. Im Jahr 2001 betrug dabei die konzessionierte Verkehrsleistung (einschließlich der von verbundenen Unternehmen erbrachten Fahrleistungen) mehr als 30 Mio. Nutzwagenfahrten-Kilometer bzw. über 500 Mio. Personenkilometer. Die Umsatzerlöse der VGF im Jahre 2001 betrugen […]. Bis zum September 2001 hat die VGF auch die der Stadt Frankfurt am Main obliegende Regiefunktion für den Bereich des ÖPNV (Finanzierung sowie Gewährleistung von Planung, Organisation und Durchführung) erfüllt. Diese Aufgabe hat jedoch seit September 2001 eine lokale Nahverkehrsgesellschaft der Stadt Frankfurt am Main (traffiQ) übernommen. Die konsolidierten Umsätze der Muttergesellschaft der VGF, der Stadtwerke Frankfurt am Main Holding GmbH, Frankfurt am Main (Stadtwerke Frankfurt) betrugen im Geschäftsjahr 2001 rund 1,27 Mrd. EUR. Die Stadtwerke Frankfurt sind wiederum eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Stadt Frankfurt am Main. Diese erzielte Erlöse aus wirtschaftlicher Betätigung in Höhe von rund 4 Mrd. EUR.
6. Die HSB erbringt momentan auf 13 Stadtbus-Linien im Stadtgebiet von Hanau Verkehrsleistungen im ÖSPV. Das gegenwärtig von der HSB befahrene, konzessionierte Liniennetz hat eine Länge von unter 150 Kilometern. Die HSB hält -über ihre 100 %ige Tochtergesellschaft Kraftverkehr Kinzigtal GmbH – auch eine Minderheitsbeteiligung an der Stadtverkehr Maintal GmbH . ...